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MsdmsserTageblatt Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Das „Wilsdruffer Tageblatt' erscheint werktags nachm. 4 Uhr. Bezugspr. monatl. 2RM. frei Haus, bei Postbestelung 1,80 RM. zuzügl. Bestellgeld. Einzelnummer la Rpf. Alle Postanstalten, Postboten, unsere Austräger u Geschäftsstelle nehmen zu jeder Zeit Bc- . ftcllungen entgegen Im Falle höherer Gewalt oder Wochenblatt für Wilsdruff U. Umgegend sonstiger Betriebsstorun- gen besteht kein Anspruch aus Lieferung der Zci- tuns oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beilicgt. alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks ? " preise laut aufliegender Preisliste Nr 6. — Ziffer-Gebühr: A'Rptg. — Vorgeschri«. bene Erscheinungstage und Platzwünsche werden nach Möglichkeit berücksichtigt. —Anzeigen-Annahme dürch Ernrm Lbcrm^. Fernsprecher: Amt Wilsdruff 206 tMenAnzMn'^ men wir keine Gewahr. ——U _ ^ei Konkurs und Zwangsvergleich erlischt leder Anspruch auf Nachlaß Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmanrischast Meisten, des Stadt rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 82 — 95. Jahrgang Drahtanschrift: „Tageblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Montag, den 6. Avril 1936 AMM bearbeitet eim GegeaOn Loearnobesprechungen in Genf. AesterKurs in der deutschen Wirtschaft Völlig unbegründete Dcvalvationsgerüchte — Zellwolle, die junge, begehrte Schwester der Kunstseide — Wieder mehr Schweine! Im Auslände sind, wie schon so oft in den letzten Jlchren, die letzten Wochen wieder einmal dazu benutzt worden, das Gerücht auszustreuen, daß sofort nach den deutschen Wahlen eine Abwertung der Mark erfolgen würde, und daß gleichzeitig mit dieser Maßnahme ein Wechsel in der obersten Leitung der deutschen Währungs- und Wirtschaftspolitik erfolgen werde. Diesen Gerüchten gegenüber verdient der Leitartikel der neuesten Ausgabe der bekannten wirtschaftlichen Zeitschrift „Der deutsche Volkswirt" besondere Beachtung. In diesem Aufsatz heißt es u. a.: „Wir können hier auf Grund unserer Informa tionen erklären, daß all diese Gerüchte und Kombi nationen um die Währung und den Leiter der Wäh- rungspolitikjedersachlichenBegründung entbehren." Im Zusammenhang mit der Tendenz meldung von der Abwertung der deutschen Währung hieß es weiter, daß sich auch eine gründliche Auflocke rung und Erweiterung des angeblich völlig bürokrati sierten und sich immer unfruchtbarer gestalteten Außen handels, z. B. durch ein Privatclearing sowie die Auf nahme von Auslandskrediten, als notwendig erweisen werde. Der angeführte Artikel erklärt hierzu: „In Wirk lichkeit kann auch heute weder an eine Durchlöcherung der Grundlinien des „Neuen Planes" noch an eine Deval vation gedacht werden. Die unmittelbare Folge eines Privatclearings würde bei dem starken, bisher durch die Regulierung der Einfuhr in Schranken gehalte nen Hunger nach Auslandswaren ein sehr starkes Aufgeld und damit eine Bevorzugung der Einfuhr solcher Waren sein, die das Agio am leichtesten zu tragen bereit sind. Das Würden aber vielfach gerade die sein, die für die Aufrecht erhaltung bei der derzeitigen Konjunktur nicht so sehr not wendig sind. Ferner würde infolge der im Durchschnitt erheblichen Erhöhung der Einfuhrpreise das ganze.in- ländischePreisgefügein Bewegung geraten, und eine allgemeine Lohnerhöhung unvermeidbar werden. Weiter würde durch das dauernde Bekanntwerden schwan kender Privatclearingkurse das deutsche Publikum in seinen sowieso schon übertrieben reagierenden Währungs vorstellungen aufs stärkste beeindruckt und dadurch ein ge fährliches psychologisches Moment in der Richtung neuer Unsicherheit von Währung - und Wirtschaft ausgelöst werden. Schließlich wäre es auf die Dauer überhaupt fraglich, wieweit tatsächlich im ganzen eine Steigerung des deutschen Exports eintreten würde." Gerade diese Un gewißheit ist in all den Jahren der Hauptgrund gegen eine offene einmalige Abwertung gewesen. Solange die Welt nicht grundsätzlich zu einer Ausweitung des internatio nalen Handels bereit ist, kann, nachdem gegen 40 Staaten im Laufe der letzten Jahre ihre Währung abgewertet haben, ein Nutzen aus einer Devalvation nicht mehr er warte* werden. Auch diesen Überlegungen trägt der „Volkswirt" Rechnung. „Selbstverständlich muß das deutsche Preisniveau gegenüber dem Ausland — und das ist ja der Kern des Währungsproblems — irgendwie in Ordnung gebracht werden. In dem Übergangszustand, in dem wir uns seit einigen Jahren befinden, geschieht das durch die bekannten Mittel. Es ist abwegig, anzunehmen, daß auf die Dauer eine Devalvation der einzige Weg dazu und deshalb unvermeidlich wäre. Welche Maßnahmen schließlich ergriffen werden, ist eine Frage des Aus- maßes und der politischen Kraft. Jedenfalls werden wir dann am besten und sichersten fahren, wenn wir als Realpolitiker zunächst die inneren Dinge, d. h. vor allem die Finanz- und Wirtschaftspolitik, auf eine Wäh rung einrichten, die eines Tages wieder ohne bürokratische, aber zur Zeit nicht entbehrliche Krücken funktioniert." Auf der Suche nach neuen heimischen Rohstoffen hat die Kunstseide, die vor rund 50 Jahren ihren Siegeszug durch die Welt antrat, eine Schwester erhalten, die so genannte Zellwolle. Genau so wie ihre heute in aller Welt bekannte und begehrte Schwester scheint auch die Zell wolle sich die Welt in schnellster Frist erobern zu wollen. Nicht nur in dem rohstoffarmen Deutschland ist sie heute zu Hause, sondern in fast allen größeren Industriestaaten der Welt. Die Herstellung dieses neuen Rohstoffes, der sich vorzüglich als Beimischungsfaser zum Baumwollgewebe eignet, kommt dem Bestreben der großen Industriestaaten der Welt entgegen, sich von den natürlichen, aber einseitig in der Welt verteilten Rohstoffen unabhängig zu machen. Heute wird Zellwolle bei uns in Deutschland bereits zu Stoffen, Schals, Trikolagen und sogar zu Gabardine für Regenmäntel verwendet. Im Jahre 1935 betrug der deutsche Zellstoffverbrauch 388 000 Doppelzentner. In der Zwischenzeit ist eine Reihe neuer Fabriken in den ver schiedensten Gegenden des Landes errichtet worsen, die heute schon so vorzüglich arbeiten, daß wir im laufenden Jahr mit einer Erzeugung von 39 000 Tonnen und 1937 mit einer solchen von 70 000 Tonnen rechnen können. Was aber das Bedeutsamste an der Zellwolle ist, ist die Tat sache, daß sie nicht nur uns durch die ersparte Einfuhr von Dreizehnerausschu- nach Genfeinberufen. Auf Wunsch der französischen Regierung Zusammentritt am Mittwoch. Wie aus Gens gemeldet wird, ist der Dreizeh nerausschuß des Völkerbundsrates auf Mittwoch, den 8. April, einberufen worden. Wie man hört, ist die Vorverlegung dieser Tagung, die ursprünglich erst nach Ostern stattfinden sollte, auf den Wunsch der fran zösischen Regierung zurückzuführen, die bei dieser Gelegenheit eine gemeinsame Besprechung der Nest- locarnomächte über den deutschen Friedensplan herbei führen möchte. Dieses Verfahren soll gewählt worden sein, um die Schwierigkeiten, die der Einberufung einer besonderen Konferenz der Locarnomächte augenblicklich im Wege stehen, zu umgehen. Mitte -er Woche Locarnobesprechungen. Die englische, belgische und italienische Regierung haben der französischen Regierung mitgeteilt, daß sie ein verstanden sind mit dem Vorschlag, Besprechungen der Locarnomächte in Genf anläßlich der Beratungen des I3er-Nusschusses stattfinden zu lassen. Diese Konferenz der Locarnomächte Wird am 9. oder 10.' April stattfindeu, da der belgische Ministerpräsident van Zeeland nicht vor Donnerstag oder Freitag in Genf anwesend sein kann, 1- . . - Immer noch die alten Rezepte. * Paris, 5. April. Die Pariser Sonntagspresse beschäftigt sich vornehmlich mit dem noch in Bearbeitung befindlichen fran zösischen Plan, ohne viel Neues dazu zu bringen. Mehrere Blätter lassen durchblicken, daß bei der Bearbeitung des fran zösischen Planes auch seine propagandistische Wirkung auf die öffentliche Meinung berücksichtigt werde. Man glaubt, daß nach der Locarnobefprechung am Ende der Woche General- stabsbefprechungen zwischen Frankreich, England und Belgien ausgenommen werden und daß die Prüfung des allgemeinen Problems des europäischen Neubaues erst nach den französi schen Wahlen im Mai in Genf beginnen werde. Der Außenpolitiker des „Petit Parisien", der in seiner verständnislosen Einstellung bisher mit am weitesten gegangen ist, hofft, daß die Konferenz der Locarno-Vertreter von kurzer Dauer sein werde, da sie sich darauf beschränken könne, die Ab lehnung der im Weißbuch enthaltenen Vorschläge durch Deutschland und weiter die Unmöglichkeit, festzustellen, die Ver handlungen mit dem Reich fortzusetzen. Man werde den deut schen Plan dann dem Völkerbund zur Prüfung überlassen. Heber den französischen Gegenplan weiß das Blatt zu berich ten, daß sein Schwergewicht auf dem Grundsatz der kollektiven Sicherheit beruhen werde. An die Seite eines westlichen Regi onalpaktes könnten ähnliche Pakte für den Osten, für das Do naubecken und das Mittelmeer treten. Zwecks Festigung der Baumwolle Devisen einsparen, sondern sogar Devisen schaffen hilft, da die deutsche Zellwolle bereits eine Reihe ausländischer Käufer für sich zu gewinnen verstanden hat. Ebenso wie wir alle Kräfte anwenden, um unsere Rohstoffbasis zu erweitern, müssen durch die Erzeugungs schlacht alle Kräfte in Gang gefetzt werden, auch unsere Lebens Mittelgrundlage zu vergrößern. Mit Erfolg ist uns das im vergangenen Jahr in bezug auf die Schweinehaltung gelungen. Während noch im März 1935 gegenüber dem Vorjahr ein Minus von über 10 Prozent im Schweinobestand zu verzeichnen war, hat sich dieser in den letzten Monaten so weit ergänzt, daß nach der Zählung vom 3. Dezember nur noch eine Diffe renz von zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr bestand Das Ergebnis der letzten Schweinezählung vom 3. März 1936 hat mit 21,14 Millionen Schweinen in Deutschland eine Steigerung unseres Schweinebestandes um 920 000 Tiere oder rund 4,5 Prozent gebracht. Auch die Zahl der Schlachtschweine ist ganz beträchtlich angewachsen. Daß die Schweinehalter auch für die Zukunft vorgesorgt hoben, geht aus dem Bestand der noch nicht acht Wochen alten Ferkel hervor. Nachdem die Schweinebestände sowohl im ganzen als auch ihrem Aufbau nach auf der durchschnitt lichen Höhe der letzten sechs Jahre angelangt ist, ist es notwendig, daß der einzelne Schweinehalter seinen Schwcinebestand seiner wirtschaftseigcncn Futtermittcl- erzeugung angepaßt hält. Bindungen des gegenseitigen Beistandes könnte man in gewis sem Umfange auf den Gedanken der Europäischen Union Briands (!) oder auf das Genfer Protokoll vom Jahre 1924 (!) zurückkommen. Dieser Hinweis auf die verstaubten Rezepte einer überholten Epoche ist für die geistige Haltung gewisser französischer Kreise bezeichnend: Der Außenpolitiker des „Excelsior" nimmt an, daß der französische Plan aus vier Teilen bestehen werde: 1. Eine Widerlegung der „geschichtlichen Fehler" (!) in der Ein leitung der deutschen Denkschrift. 2. Eine Feststellung der deutschen Ablehnung der Vorschläge der Rest-Locarnomächte vom 19. März. 3. Ein Nachweis, welche „Gefahr" (!) für Europa die deutsche Auffassung vom Frieden bedeute, die unvereinbar sei mit den Grundsätzen des Völkerbundes und 4. einen „aufbaucnden" französischen Plan im Rahmen des Völkerbundes. Die französische Regierung werde nicht zustimmen, daß <m die Stelle des Systems der kollektiven Sicherheit ein System zweiseitiger Verträge oder Beistandsgarantien gesetzt werde. Ebensowenig werde die französische Regierung eine unter schiedliche Behandlung der großen Westmächte und der mittel- cder osteuropäischen Staaten zulassen. Der deutsche Vorschlag, ein Schiedsgericht einzusetzen, sei, so meint das Blatt, von vornherein durch die Ablehnung des Haager Gerichtshcses er ledigt. Lieber den aufbauenden Teil des französischen Planes weiß das Blatt keine Einzelheiten zu berichten. Der „Populair" äußerte sich sehr kritisch über den franzö sischen Plan, soweit bisher Einzelheiten über ihn durchgesickert find. Der erste Teil, der eine geschichtliche Auseinandersetzung mit der deutschen Austastung darstelle, sei völlig überslüssig. Die Polemik mit Deutschland habe schon zulange gedauert. Auch das, was man vom zweiten Teil wisse, sei unbefriedigend. England habe Frankreich und Belgien Garantien gegeben, die ihre Sicherheit gegen einen etwaigen Angriff erhöhten. Frank reich könne also ruhig an der europäischen Friedenskonferenz teilnehmen. Das Rheinlandprvblem müsse unter dem Gesichts punkt der Ergebnisse dieser Friedenskonferenz geprüft werden. Es sei nicht zweckmäßig, von vornherein gegen ein Hindernis anzurennen. Gegen den dritten Teil kündigt das Blatt ssinen Widerstand an, wenn es sich bewahrheiten sollte, daß er zurück greife auf Vorschläge aus dem Jahre 1932. Der „Quotidien" fordert, daß man offen verhandele, ohne dem Partner Mückenstiche zuzufügen. Die französische Regie rung solle die „Genugtuung" fallen lassen, die nichts anderes seien, als falsche „Symbole". Sie solle sich nicht aufhalten las sen durch kleine Hosfnungen ohne Erfolg und durch militärische Besprechungen, die zu nichts führten. Sie solle ein osfenes, un mittelbares, modernes Spiel spielen. Auch der rechtsstehende „Jour" meldet eine Reihe von Vorbehalten an. Er billigt zwar den Versuch der französischen Regierung, die diplomatische Initiative wieder selbst zu er greifen. Aber er befürchtet, daß die französischen Vorschläge zu schnell ausgearbeitet würden. Wenn es sich bewahrheite, was über den Plvn gesagte werde, so wäre er der reine Wahn sinn. Werde Flandin aus innenpolitischen Gründen gezwungen sein, die Kinder, Paul-Doucour und Herriot, auf seinen Armen zu tragen? Frankreich habe seit 1924 seine Verhandlungspart ner niemals für diese Ideen zu gewinnen vermocht. Der englische Verteidigungsminister: Vorwärts den Blick! In diesem Zusammenhang interessiert errie Rede des englischen Verteidigungsministers Sir Thomas Inskipaus einer konservativen Versammlung in Ports mouth, in der er erklärt hat: „In einer solchen Lage, wo die Völker den Frieden wünschen, sollte es den Staats männern sicherlich nicht unmöglich sein, einen dauernden Frieden zu bringen. Deutschland, so betonte der Minister, habe Vorschläg« gemacht, die einer sorgfältigen Prüfung wert seien. Das deutsche Schriftstück enthalte viele verlockende Tinge, die, wie er Yoffe, in eine wirkliche Vereinbarung zwischen den Nationen umgeschweißt werden könnten. Der Verteidi gungsminister erklärte weiter, es wäre begrüßenswert, wenn man etwas Zeit zur Erwägung.haben würde, anstatt stets mit halsbrecherischer Geschwindigkeit zu verhandeln. Es würde aber keinen Zweck haben, wenn man auf beiden Seiten des Kanals Dinge täte, die den Schluß zuließen, daß man die Pause benütze, um die Lage noch schwieriger zu machen. Während England die deutschen Vorschläge in dem offenen und ehrlichen Wunsch, das Beste aus ihnen herausznholen, prüfe, werde, so hoffe er, auf beiden Seiten des Rheines der Wunsch vorhanden sein, über das .streng juristische Dokument hinauszugehen und vor wärtszublicken, anstatt rückwärtszugehen.