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Wilsdruffer Tageblatt : 19.12.1939
- Erscheinungsdatum
- 1939-12-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193912198
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19391219
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19391219
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1939
-
Monat
1939-12
- Tag 1939-12-19
-
Monat
1939-12
-
Jahr
1939
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 19.12.1939
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GedMe Ladungen als Mrgengruß Deutscher Spähtrupp überlistete die Franzosen — Durch den Bach an den feindlichen Gefcchtsuntcrstand — Der Posten unsanft aus dem Schlaf gerissen PK. . . „ 18. Dezember. Tagaus, tagein vom Waldrand ans auf die ausgebauten französischen Stellungen spähen zu müssen, bildet sür den Landser ein wachsendes Äergeruis, zu mal wenn der Feind nicht einmal aus seiner gesicherten Stel lung heraustritt. Am hellichten Tage sieht der Spähtrupp die Franzmänner am Waldrand entlangspazieren, beobachtet er die Posteit, die gelangweilt hin und wieder einen Blick in die Gegend werfen. Bor allem dahin, wo sich für Stunden die Landser eingenistet haben. Einige Tage schant der Landser geduldig zu. Dann ist der Plan zu einem nächtlichen Unternehmen gereift. Zwei Spähtrupps pürschcn sich in früher Morgenstunde an die Stellung heran. Fast geräuschlos gelangen sie an den Bach, der sich durch die Talsenke windet. Bis an die Schenkel reicht das Wasser, das die Landser durchwaten müssen. Kein angenehmes Morgenbad. Aber die Aussicht, dem Poilu eins ausznwischen, läßt sie alles auf sich nehmen, auch den Stolper- drah;, der sich durch den Bach spannt Auf der rechten Flanke arbeiten sich sechs Mann an die Drahthindernisse heran, andere decken den Rückweg über den Bach. Aber nichts geschieht. Die Stellungen zwischen dem kleinen und dem großen Drahthindernis sind feindfrei. Da die Luft rein ist, beginnen die Männer mit dem Durchschneiden des großen Drahthindernisses, das sich durch das Gelände zieht. Da, ein Anruf! Niemand weiß, woher! Späher, die ihre Drahtzange sofort aus der Hand legen und mit der abzugbereiten Handgranate vorgehen, kehren unverrichteter Dinge zurück, nehmen ihre Tätigkeit wieder aus. Als die Ballerei und das Feuerwerk des Unternehmens zur Linken den Erfolg des Borstotzes verkündet, kennt die Begeisterung der Landser keine Grenzen mehr. Und als beim Rückzug über den Bach ein Gefreiter plötzlich in den kalten Finten versinkt, weil er zu wenig auf den Stolperdrahi achtele, bricht jäh ein Gelächter durch. Mochte das Wasser in den Stieseln quietschen, die Glieder steif vor Nässe und Kälte sein; den Männern ist es warm ums Herz. Sie brennen daraus, am Tage die Wirkung ihres nächtlichen Spazierganges beim Gegner zu erfahren. Inzwischen hat auch der Trupp zur Linken nach leichtem Morgenbad im Bach den Weg zur befestigten Höhe gefunden und sich eine Gasse durch den Drahtverhau gebahnt. Ein Ge freiter arbeitet sich an einen Gefechtsunterstand vor, sucht den Eingang und kann ihn nicht finden. Durch die Schießscharte vernimmt er deutlich Schnarchen und unruhiges Herumwälzen der Posten auf der Pritsche. Vorsichtig tastet er zum zweiten Unterstand weiter. Kein Laut. Rasch geht er zurück, um Mel dung zu erstatten. Mit einem Kameraden und zwei ge ballten Landungen beziehen sie ihre Posten. Was brau chen sie lange nach einem Eingang zu suchen, wenn die Schieß scharten so treffliche Möglichkeiten bieten, die Unterstände auf schlichte Weise zu „bereinigen". Was auch geschieht. Kurz hin tereinander explodieren die Ladungen, lodern die Stichflam men am nächtlichen Himmel empor, kurz gegen 5.45 Uhr. Ohne beschossen zu werden, kehren die Landser heim. Wie der vollbesetzte Graben und der zusammengerollte Drahtbausch erkennen ließen, bezeigte der Poilu sür die Tat der Landser wenig Verständnis. Auch die Ballerei hinterher konnte ihm nicht mehr zu den beiden Unterständen und den 120 Meter Drahthindernis verhelfen. Dr. Knoll. Giunden in Geenoi Deutsches Flugzeug mußte auf der Nordsee notlandcn. — Be fehl im Fliegerhorst: Maschine suchen! — In Kurven über den Kameraden. — Flugsicherungsschiff brachte Rettung. 18. Dezember. (LK.) „Deutsche Flugzeuge klärien über der Nordsee auf. Eine Maschine mutzte notlanden. Be satzung und Maschine wurden durch Flugsicherungsschiff ein- geyolt" — so oder so ähnlich konnte man gelegentlich im Wehrmachtbericht lesen. Gestern hatte ich Gelegenheit, in einem Fliegerhorst mit den Führern zweier Flugzeuge zu sprechen, die auf die Funkmeldung ihrer Kameraden hin, datz sie mit ihrer Maschine eine Notwasserung hätten vornehmen müssen, die notgelandete Maschine suchten. Früh gegen 8.42 Uhr erhielten wir von der Besatzung „Cäsar" Funkmeldung, daß Notlandung auf See wegen Scha den vorgenommcn werden mutzte und Hilfe gebraucht werde. Unser Staffelkapitän gab uns beiden den Auftrag, die not gelandeten Kameraden zu suchen und so lange bei ihnen zu bleiben, bis sie durch ein Flugsicherungsschiss ausgenommen werden könnten. Meine Maschine, so berichtet Leutnant B., sollte zuerst starten und nach einer gewissen Zeit von der meines Kameraden abgelöst werden. Ich startete kurze Zeit später. Das Wetter war gut, und es gelang mir, gegen 11.40 Uhr die notgewasserte Maschine zu Mven. Tie war gut aufs Wasser gekommen, so datz für den Augenblick keine besondere Gefahr für die Kameraden bestand. Wir konnten uns durch Funk verständigen. Unten war an Bord alles wohlauf. Wir kurvten ununterbrochen über der norgewasserten Maschine. Die See war inzwischen recht unruhig geworden. Das merkten wir auch oben. Mehrere Male müßten wir eine Zeitlang blind fliegen. Nach ungefähr vier Stunden wurde ich durch meinen Kameraden abgclöst, der Ihnen den Nest erzählen wird. „Ja", fuhr dann der Leutnant fort, „ich löste meinen Kameraden ab. Eine halbe Stunde später wurde die Sache noch bedeutend schwieriger. In der Dämmerung konnten wir das notgewasserte Flugzeug kaum noch ausfindig machen. Das Flugzeug war auch bereits durch das ewige An rol len der See weiter beschädigt worden. Ich mußte mit meinem Bogel immer tiefer herunter. Von Zeil zu Zeit ver ständigten wir uns mit Morselampe und erhielten die Ant wort, datz unten mach alles wohlauf sei. Es war inzwischen fast K Uhr geworden. Wir standen bereits durch Peilzeichen mit dem Flügsichernngsschiff in Verbindung. Endlich hörten wir. datz es käme. Eine Tlunde später konnten wir es dann durch Sichtzeichen heranholen nnd die Kameraden überneh men, die rund erf lange Stunden ans dem Was ser gelegen hatten." Volksdeutsche bei lebendigem Leibe verscharrt Sechs polnische Untermenschen zum Tode verurteilt. Das deutsche Sondergerichi in Warschau verurteilte sechs polnische Banditen, die es fertiggebracht haben, zwei Volks deutsche im Alter von 19 und 20 Jahren nach bestialischer Be handlung bei lebendigem Leibe zu verscharren, wegen zwei fachen Mordens je zweimal zum Tode. Die beiden Haupt- läter konnten noch nicht zur Verantwortung gezogen werden, va sie noch flüchtig sind. Die beiden jungen Volksdeutschen waren offenbar aus einem Sammeltransport entflohen, dann aber von polnischen Feldgendarmen gestellt und nach Nowy Dwor gebracht worden. Hier nahm sich dann eine „Sanitätskolonne" der beiden be dauernswerten Opfer an und schlug zunächst einmal eine halbe Stunde lang mit Knüppeln und Stöcken auf sie ein. Dann wurden die beiden Halbohnmächtigen mit Karabinern zur Kirchhofsmauer getrieben und hier mutzten sie sich unter wei teren Mißhandlungen auf die Erde legen, damit das polnische Nntermenschentnm die Länge ihrer Gräber bemessen konnte! Mii Fausischläaen und Hieben wurden sie dann dazu getrieben, ihre Grnben selbst zu schaufeln. Bor den Augen der Schwerverletzten entspann sich schließlich ein widerliches Gebalge zwischen den polnischen Henkersknechten um die Hand habung des Karabiners. Erst der dritte war in der Lage, ihn zu entsichern und die Schüsse abzuseuern. Nach übereinstim- mender Aussage der sechs Verbrecher brach einer der be>.m deutschen sofort tot zusammen, während der andere noch Le- Kensjeichen von sich gab Dieser noch halb bei Besinnung be findliche Deutsche wurde von den Bestien dann bei lebendigem Leibe verscharrt. MMS Ms Mee Welt Jüdischer Generaldirektor m Belgrad erschossen In Belgrad wurde der jüdische Generaldirektor der staat lich privilegierten Ausjuhrgeselischan sür landwirtschaftliche Erzeugnisse, Edo Markowitsch, der auch dem ständigen jugoslawischen Ausschuß sür Wirlschasls- und Handelsvertrags verhandlungen angebörte, erschossen Markowitsch- Tochter, die an der Belgrader Universität studierte, stand unter dem Verdacht, bei der Organisierung von Slratzenunruhen mitgewirki zu haben. Sie sollte deshalb in der Wohnung des Vaters vernommen werden. Als zwei Geheimpolizisten das Haus von Markowitsch betraten, um eine Haussuchung durchzusühren. feuerte Markowitsch auf die bei den Polizeibeamien, die die Schüsse erwiderten. Dabei wurde der Jude tödlich getroffen. Eine gefährliche Unsitte, die gerade während des Winters bedrohlich wird bat in Solünaen ein Todesopfer gefordert. Eine ältere Frau bediente sich zum Ofenanzünden eines mn Petroleum getränkten Lappens Die Flammen loderten sofort hell empor und ergriffen die Kleider der Frau. Obwohl ihr Sohn gleich zur Hilse Herbeieille, hatte die Frau doch schon so schwere Brandverletzungen erlitten, datz sie daran starb. Auch der Sohn wurde erheblich verletzt. 100 Verdunkciungssünder erhielten Polizeistrasen. In den letzten zwei Wochen mutzien in Oldenburg lOO Verdunke- lungssünder mit empsindlichen Polizeistrasen belegt werden. Ans der Art der Verstöße ergeben sich Lehren auch sür andere Orte. 45 Radfahrer waren ohne jede Beleuchtung gefahren, 12 hatten eine ungenügend abgewinkelte Lampe Wohnungs- und Geschäftsinhaber wurden in 31 Fällen bestraft, Wagen führer erhielten in 10 Fällen Strafen Außerdem mußten noch einige Fußgänger wegen nicht abgedunkelter Taschenlampe in Polizeistrase genommen werden Außerhalb der Gesamtbilanz wurde eine Anzahl Kraftfahrer wegen zu großer Lichtaustritts- öffnung bestraf! Versenkte polnische Schiffe werden gehoben. Im Verlaus des polnischen Feldzuges sind in den Häsen von Goten hasen. Hela und der Putziger Wiek etwa 50 kleinere und größere Schisse teils von den Polen selbst versenkt worden, teils von deutschen Fliegerbomben getrosten in die Tiefe ge gangen Die Marine-Bergungslruppe ist nun darangegangen, die Hafenanlagen von den versenkten Schissen frei zu machen. Einige der Schisse konnten schon hochgebrachi und abgeschleppt werden Die Schiffe werden ie nach ihrem Zustand entweder instandgesetn oder aber abgewrackt und verschrottet E>port Sportfreunde Leipzig beim Berliner Hallenturnier Die Handballelf der Sportfreunde Leipzig beteiligte sich am Sonntag an dem in der Berliner Deutschlandhalle' ausaetra- genen Hallen-Handballturnier Die Leipztger bezwangen in der Vorrunde den Berliner Meister SV Elektra mit 4: 2 <3 ; 2> unter- lagen aber in der Zwischenrunde dem späteren Turniersieaer Berliner SV 93 mit 5:10 (2 4s. Abgesagte Fußballspiele Die Gastspiele der Fußballmannschaften von Admira Wien und 1. FE Nürnberg am zweiten Weihnachtsfeiertag in Dres den beim Dresdner SC bzw den Dresdner Sportfreunden 01 finden nicht statt. Der Dresdner SC tritt dafür am 26. De zember im Ostragehege gegen die NS.-Turngemeinde Tevlitz an. während die Dresdner Sportfreunde 01 über ein Spiel gegen den Sudetenmeister NS-Turngemeinde Warnsdorf verhandeln das am gleichen Tag in Warnsdorf stattfinden soll. Reichssender Leipzig. Mittwoch, 20. Dezember. 6.30: Konzert. Das Orchester des Reichssenders Leipzig. — 8.20: Aus Frankfurt: Konzert. — 10.35: Erzeugung und Ver brauch. — 10.45: Blut und Boden. Buchbericht. — 11.00: Eine Stunde Kurzweil. Kapelle Otto Fricke. — 12.00: Aus München: Konzert. — 15.15: Des Kindes Tageslauf. Hörfolge. — 15.45: Schenken bringt Freude. — 16.00: Zwei frohe Stunden — wie gefunden mit dem Töpfer-Duett Wilhelm Ulbricht (Tenors, Heinrich Löffler <Baß), den Baniosinsonikeru und der Kapelle Otto Fricke. — 17.45: Nordsee — deutsche See! Ein paar Blätter zum Andenken an ihren Sänger Gorch Fock, Hörfolge. — 18)25: Musikalisches Zwischenspiel. — 20.15: Vom Deutschlandsender: Großes Wunschkonzert für die Wehrmacht. Deutfchlandsender 6.30: Aus Leipzig: Konzert. Das Orchester des Reichs senders Leipzig. — 8.20: Aus Frankfurt: Musik am Vormittag. Dazwischen um 9.00: Aus Frankfurt: Politisches Kurzgespräch. — 10.00: Wir singen nnd erzählen im NSV.-Kindergarten. — 10.30: Kleine Musik. Dazwischen nm 10.50: Nur für den Deutsch- landseuder: Normalton. — 11.00: Aus Leipzig: Eine Stunde Kurzweil. Kapelle Otto Fricke. — 12.10: Aus München: Mit tagskonzert. Das Kleine Rundfunkorchester. Josef Preißler mit seinen Solisten. — 13.00: Ans München: Politisches Kurz gespräch. — 14.10: Heiter und bunt. Maia Vietor lSoprani, Albert Bräu (Saxophons, das Kleine Orchester des Reichs senders Berlin. Dazwischen um 14.50: Nur für den Reichs- seuder Berlin: Bücher für den Weihnachtstisch. — 15.30: Zeit spiegel der Jugend. — 16.00: Aus Köln «über den Deutschland sender): Für unsere Soldaten. Das Kleine Orchester. — 16.00: Nur für den Reichssender Berlin: Zwei bunte Stunden bei unserer Wehrmacht. Das Kleine Orchester des Reichssenders Berlin und Solisten. — 18.00: Nach des Tages Arbeit spielt Otto Dobrindt. — 20.15: Großes Wunschkonzert für die Wehr macht. — 22.30: Winterliche Bollsweisen. — 23.00: Politisches Kurzzespräch. Anschließend bis 24.00: Sinfoniekonzert. Das Große Orchester des Deutfchlandsenders. mwkskg-gcottrrexurr vkoc»«. mkurc«, mciro-u," „Bier Mark fünfundzwanzig, vielen Dank — fünfund- siebenzig zurück. Bitte, hier Ihr Kassenzettel." Benedikte Zedlitz schob einer vergeßlichen Kundin das Stück Papier zu und nahm von der nächster, bereits Zettel und Geld in Empfang. Leise klirrte das Silber auf dem geriffelten Holz des Zahlbrettes, wurde fort genommen. Schon lag wieder ein neuer Zettel vor Benedikte; sie gab heraus, blätterte schnell die Listen um, trug die gekauften Waren nebst dem vereinnahmten Geld mit winzigen Zeichen in die entsprechenden Rubriken ein. „Bitte sehr, vielen Dank. — Bitte von rechts heran treten, dann geht es schneller. — Verzeihung, ich kann nicht wissen, wer zuerst da war —sie sprach immer mit dem gleichen verbindlichen Ton. Niemand hätte ihrem blassen beherrschten Gesicht angemerkt, wie entsetzlich ab gespannt sie war. Nahm denn die Geschäftszeit heute überhaupt kein Ende? Schnell sah sie zwischen zwei Eintragungen auf ihre Armbanduhr. Gott sei Dank, es war dreiviertel sieben. Noch eine Viertelstunde, dann wurde keiner mehr eingelassen. Aber jetzt kurz vor dem Osterfeste drängten sich die Menschen bis zur letzten Minute in den Gängen des großen Geschäftshauses. Aus die Angestellten, die Ver käuferinnen und die Kassiererinnen, die Packer und Boten nahm niemand Rücksicht. So viele dieser elegan ten Frauen hätten sicherlich ihre Besorgungen etwas früher legen können. Aber nein, eine Stunde vor Ge- fchäftsfchluß kamen sie vorgefahren in ihren gepflegten Wagen, schlenderten erst einmal als „Sch-Leute", wie man in der Geschäftssprache sagte, durch alle Abtei lungen, um dann kurz vor Toresschluß zu kaufen. Natürlich kamen die Angestellten um soviel später aus dem Geschäft. Es hätte nur einmal eine von diesen verwöhnten, nichtstuerischen Frauen einen einzigen Tag an der Kasse sitzen, hinter dem Ladentisch stehen, in der Pack- abteilnng arbeiten sollen, dann wären sie vielleicht ge duldiger und verständnisvoller gewesen. Wie diese rotblonde Frau dort drüben, der man das Wasserstoffsuperoxyd auf zehn Meter Entfernung an sah, die kleine Aushilfsverküuferin bei den Geschenk artikeln behandelte! Es war einfach entwürdigend. Man hörte die schrille Stimme der Rotblonden bis hier her über. „Beschweren werde ich mich über Sie," vernahm Benedikte. Natürlich, da war auch der Aufsichtsherr nicht weit. Der blassen Kleinen standen die Tränen in den Augen. Benediktes Herz war heiß vor Empörung: am lieb sten wäre sie aus ihrem Glasverschlag tzerausgestürzt — sie konnte nun einmal keine Ungerechtigkeit ver tragen. „Na, Fräulein, wollen Sie uns denn nicht gefälligst weiterabfertigen?" fuhr eine grobe Männerstimme in chre zornigen Gedanken. Sie schrak ans. „Verzeihung, bitte —" Benedikte zwang ihre Gedanken, sich ganz auf die Arbeit zu richten) aber sie war zu abgespannt. Sie ver rechnete sich ein paarmal, und jetzt kamen sogar einige Reklamationen von der Packstelle herüber. Das war ihr noch nie passiert. „Sie haben mir zwanzig Mark zuviel herausge geben," sagte plötzlich eine angenehme Männerstimme. Ein festgefügtes Gesicht war da vor ihr, braun gebrannt, c ich der Frühling noch kaum seine erste Sonne gc mite. Merkwürdig Helle durchscheinende Augen beg. .er Mann, mit blonden Wimpern und Augenbrauen, dazu einen herben Mund und eine strenge Nase. Benedikte begriff selbst nicht, wie sie das Gesicht des Fremden so schnell in sich aufnehmen konnte. Tenn eigentlich hatte sie ganz anderes zu denken: daß nämlich bei der Abrechnung zwanzig Mark in der Kasse gefehlt haben würden, wenn dieser Herr weniger ehrlich ae- wesen wäre. Und zwar zwanzig Mark, die man aus seiner eigenen Tasche hätte ersetzen müssen. Das aber hätte geheißen, auf den Osterausflug zu verzichten, auf den man sich schon seit Wochen freute. Tief errötend nahm sie den Geldschein zurück. „Vielen, vielen Dank, mein Herr!" „Nichts zu danken, mein Fräulein." Der blonde Mann hatte bei dem warmen Ton von Bsnediktes Stimme aufgeschaut. Einen Augenblick blieb sein Blick an ihrem Antlitz haften, streifte über das blasse Gesicht mit seinen reinen Linien, von keiner Schminke, keinem Puder irgendwie verfälscht, über das aschblonde Haar, im Nacken zu einem schweren, weichen Knoten zusammengenommen. Wie weiblich und lind sah dies Haar auf dem dunklen Kragen des Kleides aus. Man bekam richtig Sehnsucht, dies weiche, goldene Gespinst einmal in seinen Händen zu fühlen. Der junge Mann wurde rot, beinahe ärgerlich schüt telte er den Kopf. Was fiel ihm denn nur ein? Was ging ihn diese fremde Kassiererin an? Er verschwand in der Menge der Käufer. Aber am Ende des Ganges, beinahe ohne es zu wissen und zu wollen, wandte er noch einmal den Kopf und konnte ge rade noch ein Stück des zarten Profils erspähen. Ganz versunken blieb er stehen, bis ein paar Passanten den im Wege Stehenden ärgerlich anstießen. Da ging Jens Petersen langsam weiter und verließ das große Haus, in dem es unausgesetzt summte und brandete von nie abreißendem vielsältiqen Stimmen gewirr. Dieses Getriebe war ihm in tiefster Seele zu wider. Er hatte plötzlich wieder einmal genug, über genug von der großen Stadt. Hätte er nicht für die Jungens eines Freundes ein nettes Ostergeschenk kau fen wollen, keine zehn Pferde würden ihn noch einmal in das von sich selbst berauschte Gelärme zurückgeführt haben. Am liebsten wäre er sofort nach der Beendigung der Tagung, die der Anlaß seines Aufenthalts hier ge wesen war, heimgekehrt in sein kleines Jnseldorf. Ex paßte nicht in die große Stadt. Und doch war er ein wenig nachdenklich und irgendwie leise beglückt in seinem Innern, als er jetzt langsam und gelassen den Weg nach dem Babuhof nahm. (LortjetzMLMM
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