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Wilsdruffer Tageblatt : 15.12.1939
- Erscheinungsdatum
- 1939-12-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193912153
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19391215
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19391215
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1939
-
Monat
1939-12
- Tag 1939-12-15
-
Monat
1939-12
-
Jahr
1939
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 15.12.1939
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Ore Ansetzung deutscher Bauern im Osten iStaalSsekretär WiMcnS über die Voraussetzung für die Neu- besicdlung Der Staatssekretär im Rcichsernährungsmimsterinm, ferner Willikens, behandell in einem Aufsatz die Be siedlung unserer alten, letzt wieder zurückgewonnenen Pro vinzen Posen und Westpreußen. die als Reichsgaue Danzig- We st Preußen und Warthegau wieder in den Verband pes Grobdeutschen Reiches eingegliederl worden sind. Der Staatssekretär weist darauf hin. daß dieser Raum früher die Kornkammer des Deutschen Reiches war. Dank der Vor sorge des Reichsernährungsministers ist die Ernte dieses Jahres eingebracht und der Boden für die Ernte des nächsten Wahres sosori wieder bestellt worden. Sobald es die Umstände erlauben, soll dieses Land wieder Eristenzgrundlage für Zehntausende tüchtiger deutscher Bauern- ffamilien werden Der deutsche Boden ist aber keine Ware und nicht dazu da, die Kapitalanlage für irgendwelche inter- «stierte Kreise zu bilden. Würdig, als Neubauer angesetzt zu jwerden, ist nur der, der alle nationalsozialistischen Anforde rungen in politischer, weltanschaulicher und rassischer Hinsicht Erfüllt. In erster Linie wird der deutsche Soldat, der Diesen Boden mit der Waffe zurückgewonnen hat, berechtigt fein, seine Ansprüche zu stellen Aus diesen Er- -wägungen folgt, datz, solange der Kampf im Westen nicht sieg reich beendet ist, an eine Ansetzung deutscher Bauern als Eigentümer in den neuen Provinzen nicht gedacht werden kann. Vorerst wird also die bisherige treuhänderische Bewirt schaftung des Bodens beibehallen werden. Lediglich den bäuerlichen Familien unter den auf den Ruf des Führers zu rückkommenden Volksdeutschen mutz schon vorher in Diesem Raum eine neue Heimat und neue Existenz gegeben werden. MMs Ms Msr Welt, Vie Träger des -Hilf mtt!"- und -Hans Schemm"-Preiles Der Neichswalter des NS.-Lehrerbundes, Gauleiter Wächtler, nahm auf einer Feierstunde in der Moltkeschule in Berlin die Verteilung und Neuausschreibung des „Hils- Mit!"-Preises und des Hans-Schemm-Preises vor. Die Preis- träger im „Hilf-mit!"-Wettbewerb sind u. a. Unteroffizier Ger hard Dabel-Berlin (für die Erzählung „Das Tal der Treue"), Unteroffizier Wilhelm Nauck-Möritzsch, Kreis Merseburg (Er- zählung „Hemmschuhleger Franz"), und Unteroffizier Earl Springschmid-Salzburg (Erzählung „Der Bunker"). Die drei ersten Preisträger im Hans-Schemm-Wettbewerb für die besten erschienenen Jugendbücher des Jahres sind Erhard Wittek-Neu strelitz (Steuben-Bände), Werner Voigt-Dunzlau (koloniales Schrifttum) und Friedrich Bochmann-Dresden sür drei Bilder bücher. Schon 10000 Bricfvermittlungen für einsame Soldaten. Die von der Reichsfrauenführung ins Leben gerufene Brief vermittlung für Soldaten, die keine Angehörigen haben oder sonst keine Post empfangen können, hat ein lebhaftes Echo ausgelöst. Ueber 10 000 Anschriften einsamer Soldaten wurden bisher in die Heimai vermittelt. Tausende von Bitten aus der Heimat konnten noch nicht erfüllt werden. Die ersten Dank- brtese von der Front treffen ein. Sie schildern, wieviel uner wartete Freude ein überraschender Heimatbrief oder ein uw Erwartetes Feldpostpäckchen brachte. Judenschmuggel nach Rumänien. In Czernowitz wurde eine Schmugglerorganisaiion aufgedeckt, die aus dem heute fowjetrussischen Ostgalizien Juden über die Grenze nach Ru mänien schmuggelte. Die Schmuggler sind zwei Juden aus der Bukowina, die verhaftet wurden. Sie hatten von den galizi schen Juden, die sie über die Grenze gebracht hatten, Beträge von 100 bis 1000 Dollar je Person gefordert und erhallen. Bei dieser Gelegenheit konnten auch drei Lemberger Juden verhaftet und dem Czernowitzer Kriegsgericht eingeliesert wer den, die nach erfolgter Grenzüberschreitung im Kraftwagen der Schmuggler sich rasch ins Innere Rumäniens begehen wellten. > Die britische Admiralität teilt über den Verlust des Zer- störers „Ducheß" noch mit, daß nur ein Offizier und 22 Mann gerettet werden konnten. Die übrige Besatzung van insgesamt j145 Mann ist also ums Leben gekommen. io Memchen ertrunken Nördlich der japanischen Insel Hokkaido strandete der sowzetrussische 2400-Tonnen-Dampfer „Indigirka", der (1000 Passagiere und 36 Mann Besatzung an Bord hatte. 75 Menschen kamen dabei umS Leben. 395 Neberlebcndc trafen an Bord des Fährschiffes „Karasuto Maru" in Wakkana <Aapan) ein. Kriegshetzer Wren das große Wort Halifax betont erneut britischen Vernichtnngswillcn — Frank reichs Finanzminister fordert neue Opfer § Im britischen Oberhaus fand eine Aussprache über den an dem starren britisch-französischen Kriegswillen gescheiterten belgisch-holländischen Friedensschritt statt. Gegenüber gewissen Zweifeln und Kritiken einiger Oberhausmitglieder an der britischen Kriegspolitik wies Außenminister Lord Halifax, unterstützt von weiteren Rednern der englischen Kriegspartei, derartige Bedenken zurück und bekannte sich erneut zu den noch in der letzten Woche wiederum aussührlich dargelegteo radikalen englischen Kriegszielen Am gleichen Tage kam in der französischen Kammer ein Kriegshetzer zu Worte. Der Finanzminister Revnaud setzte die Abgeordneten über das englisch französische Finanz- und Wirtschaftsabkommen, das die französische Wirtschaft in den Dienst der britischen Kriegspoli'il stellt, in Kenntnis. Um die Opfer, die er sowohl vom Unternehmer wie vom Arbeiter verlangt, zu rechtfertigen, erklärt? Revnaud. das deutsche Re gime sei zwar eine verabscheuungswürdige, aber starke Sache, der nicht so leicht beizukommen sei. Frankreichs Pflicht sei es daher, sich auf einen langen militärischen Krieg vorzubereiten, da Deutschland Hosse, datz die Demokratien trotz ihrer Reich tümer und trotz ihres Goldes zusammenbrechen würden, weil sie nicht in der Lage seien, sich ähnliche Opfer aufzuerlegen wie das deutsche Volk Frankreich führe einen Krieg des Wil lens, und daher müsse sich auch der Franzose entschliehen. mehr zu produzieren, weniger zu verbrauchen und mehr zu sparen. Frankreich sott mit seinem Soiv einspringen Der englische Schatzkanzler Sir John Simon hat im Unterhaus eine Erklärung über seine Besprechungen mit dem französischen Finanzminister Reynaud abgegeben und dabei vor allein mitgeteilt, das; zwischen beiden Ländern ein Finanzabkommen abgeschlossen wurde. Als Hauptziel dieses Abkommens zeigt sich der britische Wunsch, mit Frank reich eine „monetäre Solidarität" zu erzielen, weshalb be- schlossen wurde, während des Krieges ein „stabiles" Kurs- verhällnis zwischen dem französischen Franken und dem eng lischen Pfund zu halten und sich gegenseitig freie Deviseu- verwcndnng ohne Abdeckung der bestehenden Salden in Gold zuzusichern. Es zeigt sich also, daß Frankreich jetzt mit England einen neuen S I e r l i n g b l o ck bildet, nachdem der alte Sterling block schon vor Wochen völlig zerfallen ist. In England wird man vielleicht glauben, datz es gelingen könnte, mit Hilfe des französischen Franken und der hinter ihm stehenden immer noch beträchtlichen Goldreserven von nahezu 100 Milliarden Franken das schwankende englische Pfund zu stützen. Zweifel- los wird die Entwicklung aber damit enden, daß das den britischen Zwecken dienstbar gemachte französische Gold weg schmelzen und das nicht auszuhaltende Absinken des eng lischen Pfundes auch den französischen Franken mit in den Abgrund reißen wird. Dafür wird allein schon die Be stimmung des Abkommens sorgen, die besagt, datz beide Län der die in gemeinsamem Interesse liegenden Ausgaben teilen müssen. Nicht uninteressant ist mich die Absicht beider Länder, wegen der Preispolitik ständige Verbindung zu halten. Es ist bekannt, datz das englische Wirtschaftsleben einer hem mungslosen Preissteigerung aus allen Gebieten qegenüberstehi. In Frankreich, das in einer günstigeren Vsr- sorgungslage ist, ist der Preisstand jedoch noch fühlbar besser gehalten als in England. Eine Anpassung der beiderseitigen Preispolitik ist untei diesen Umständen schwer vorstellbar und kann sicherlich für Frankreich nnr mit wirtschaftlichen Rach- teilen verbunden sein. Nachdem Frankreich bis jetzt schon militärisch weit über wiegend die Hanptlast des englischen Krieges trägt, wird es künftig nach dem neuen Finanzabkommen anch finanziell und wirtschaftlich die ernsten Sorgen und Nöte Englands „er- leichtern" dürfen. Geheimsitzung im Ltnierhaus Chamberlain beantragte Vertagung. Die Geheimsitzung des englischen Unterhauses bat 7 Stunden 33 Minuten gedauert und war nach 23 Uhr be endet. Rach der Sitzung wurde eine Verlautbarung ver öffentlicht. Sie bestand, wie der Londoner Rundfunk meldet, nur aus 27 Worten. Darin hieß es, datz der Premiermini ster die Vertagung des Hauses beantragt hat. Es fand eine Debatte über die Versorgnngsorganisation für die weitere Fortführung des Krieges statt. Dies war, wie der Londoner Rundfunk hervorhebt, die erste Geheimsitzung seit 22 Jahren. An der Sitzung haben „einige Peers und der Herzog von Kent" teilgenommen. Finnland durch England unterstützt Chamberlain teilte im Unterhaus mit, die britische Regie rung .habe ohne Befragen des Parlaments Finnland weit- getzenve nmersklitzuna ängedciyen raffen. Zunächst sei kW Flugzeuge und dann auch sür anderes Kriegsmaterial die Ausfuhrgenehmigung erteilt worden. Diese Mitteilung wurde, wie der Londoner Rundfunk hervorhebt, vom ganzen Hause mit dem größten Beifall ausgenommen. Spori , Sachsens Fußball-Ganelf 193b , ' Sachsens Fußball-Gauelf trug tm Jahre 1939 fünf Spiele! aus, von denen drei gewonnen und zwei verloren wurden. Nach einem Sieg über Mittelrhein im Dezember 1938 folgte im Neichsbundpokal-Wettbewerb im Januar in der Zwischenrunde ein 3:0-Sieg gegen Ostpreußen. Am S. Februar mußte die Sachsenelf dann aöer in der Vorschlußrunde gegen Bayern durch eine unglückliche 1:2 - Niederlage aus dem Pokalkampf schei den. Nach viermonatiger Pause folgte am 4. Juni der Freund schaftskampf in Aussiig gegen das Sudelenland, das Sachfen mit 2:1 die zweite Niederlage brachte. Am 8. Oktober spreite die Sachsenelf dann in Chemnitz gegen eine Städtemannschaft und gewann 2:1. Am Schluß des Jahres steht schließlich der wert volle 6:3-Sieg Sachsens, der am 3. Dezember in Hamburg in der Reichsbund-Pokalvorrunde gegen Nordmark erfochten wurde. Die Handball-Gauels Adlerpreis-Sieger Für die sächsische Handball-Gouelf stand das Jahr 1939 im! Zeichen des erfolgreichen Kampfes um den Adlerpreis des^ Neichssportführers. Erstmalig konnte Sachsen diesen Preis ae- winnen. Vier Siege folgten im Frühjahr aufeinander, die diesen Ichönen Erfolg brachten. Am 19 Februar wurde in Leipzig Bayern mit 15:8 geschlagen am 5. März in Chemnitz Baden mit 9:7 aus dem Rennen geworfen, am 19. März in Wuppertal durch einen 8: 7-Sieg gegen Niederrhein die Endrunde erreicht und schließlich im Endspiel am 2. April in Leipzig auch Bran-j denburg mit 10:4 besiegt. Sachsens Endspielgegner Brandens bürg war dann im Oktoher und Dezember Sachsens Gegner inj zwei Freundschaftsspielen, die beide mit Niederlagen für unseres Gauels endeten. Im ersten Treffen siegte Brandenburg 12:5 und im Rückspiel am 3. Dezember in Leipzig hatte Sachsen 5:7! das Nachsehen. Großer Dresdner HI.-Skita», § Um allen Dresdner Hitlerjungen ohne besondere Ausgaben einmal eine Wettkampfmöglichkeit zu geben, veranstalten am kommenden Sonntag der NSRL.-Kreis Dresden und die Dres dener HI. gemeinsam einen „Großen Dresdner H2.°Skitag" in der Dresdner Heide. Die Strecken betragen für Jungvolk und HL.-Angehörige bis zu 15 Jahren 3 Kilometer, für HJ.-Anae- hörige bis zu 19 Jahren 6 Kilometer. Für Läufer des NSRL, findet ein 12-Kilometer-Lauf statt. Start und Ziel sind an der Gaststätte „Volkswohl" im Heidepark. Dort können alle bis eine halbe Stunde vor dem Start ihre Meldungen abgeben. Beginn ist 9.30 Ubr. Melde- und Startgeld wird nicht erhoben. Michssender Leipzig. Sonnabend, 16. Dezember. 6.30: Aus Frankfurt: Konzert. — 8.20: Aus Hamburgt Konzert. — 10.00: Bunte Unterhaltung (Jndustrieschallplatten und Ausnahmen des deutschen Rundfunks). — 11.45: Erzeu gung und Verbrauch. — 12.00: Konzert. Der Chor des Reichs senders LeipM. Das Orchester des Reichssendcrs Leipzig. —< 15.00: Mit Musik und froher Laune ins Wochenend'. Ein bunter Nachmittag mit Gretl Neufahrt (Sopran), Marion Lindt (Chansons), Carl Söllner (Gitarreliedcr), dem Hehn- Quartett und der Kapelle Otto Fricke. — 17.10: Wir bitten zum Tanz (Jndustrieschallplatten). — 18.00: Gegenwarts lexikon. Deuischlandsender 6.30: Aus Franc«»«: »rumon;.,». - Aus Ham burg: Musik am Vormittag Dazwischen um 9.00: Aus Ham burg: Politisches Kurzgespräch. — I0.00: Fröhlicher Kinder garten. — 10.30: Bunte Unterhaltung. Dazwischen: 10.50 bis (1.00 (nur für den Deutschlandseuder): Normalton. — 12.10: Aus Franksurt: Mittagskonzert. Das Kleine Orchester des Reichsscnders Frankfurt. — 13.00: Sius Leipzig: Politisches Knrzgespräch Anschließend: Nus Leipzig: Konzen. Der Chor und das Orchester des Reichssenders Leipzig. — 14.10: Aus Hamburg: „Hoch don im Norden ein Eiland strahlt." Nor dische Lieder und Musiken. - 14.40: Polka und Walzer. (Jn dustrieschallplatten.) — 15.00: Beschwingte Weisen. Kapelle Bernard Derksen. Dazwischen: „Der Wellensittich" von Riedel M. Holzhaus. - 16.00: Aus Köln: Klingende Liebesgaben. Eine fröhliche Sendung für die Kameraden am Westwall. — 18.00: Mit klingendem Spiel. Mnsikzug der SA.-Stan- darte 6. — 20.15: Ein Kamcradschaftsabend bei unserer Wehr macht. Bekannte Rundsunkkünftler und das Kleine Orchester des Reichssenders Berlin. — 22.30: Die Kapelle Wilfried Krüger spielt. Dazwischen 23.00: Politisches Knrzgespräch. An schließend bis 24.00: Musil zur guten Nacht. Das Große Orchester des Reichssenders Berlin. — Mmeseir-irLenrssLnvrr ovnvn veni-zo osicalr lomsrea, Enoxv (52. Fortsetzung.) Nichts, gar nichts Verdächtiges gab es an dem Mann ßu sehen. Wachslichter aufsteckeu! Der Rittmeister fluchte leise in sich hinein. Und doch gab es jenes ver dächtige Deckchen, das Lite damals an dem Knecht ent deckt hatte. Ueberhanpt, wie kam Mirko dazu, dem (Knecht die Wachslichter anzuvertrauen? Man müßte xinmal nachforschen. I Plessow drückte den Türgriff nieder. Ein kalter Luft zug wehte vom Flur durch den Saal. Nur Wossil Petrowitsch fühlte ihn und schauerte zu sammen. Stunden hatte er schon draußen lauschend an Her Türe gestanden. Ein Beisammensein Plessows mit jdem junge» Dacherode ließ eine militärische Aussprache vermuten. Statt dessen sprach man über ihn, den Zreund. Der Russe stöhnte auf. Die Lichter zitterten in einen Händen. Wie ein ewig Verdammter erschien er ich, für den es keine Rettung mehr gab. Hinter allem aber lebte die Frage: „Warum, warum stellt mir das Schicksal immer wieder jene Menschen als Feinde gegenüber, diö durch unzertrennbare Freundschafts bande an mich gekettet?" In diesem Augenblick erhob sich Hellmut am Flügel, wollte einmal nach Plessow schauen. „Und mich läßt du ganz alleine?" Lite schmollte ein wenig. „Nicht ein mal de» Satz haben wir zu Ende gespielt." „Such dir einen Ersah!" Hellmut lachte. „Da, Wilhelm — er ist bestimmt musikalisch. Wenigstens hat er den Mädchen in der Küche heute ein sehr schönes Lied vorgesungen." „Ist das wahr?" Lite merkte gar nicht, daß die Türe hinter dem Bruder zuschlug. Wossil Petrowitsch sah in zwei bittende braune Augen, Lie eine Welt voll Glück und Seligkeit hätte» bedeuten können, wenn er es verstanden hätte, dieses Glück recht zeitig an sich zu binden. Langsam trat er einen Schritt näher. „Gewiß, ich singe ein wenig!" Seine Augen umfaßten die mädchenhafte Gestalt am Flügel. Ielisa- weta, warum schenkt das Schicksal mir nicht die Gnade, dich nie wiederzusehen? Warum sanken so viele schon ins Grab, nur ich muß mit dem Fluch dieses doch ver pfuschten Lebens herumlaufen? Doch Lite verstand nicht die Qual in des Mannes Blick. Ein paar Tasten drückte sie nieder. Ein kleines Volkslied, wie man es hier an der Grenze sang. Leise, auffordernd gab ihre Stimme de» Klang an. Da konnte Wossil Petrowitsch nicht anders. Er siel ein, weich, warm, ein wenig schwermütig. Lite fühlte sich wie gebannt. Die Stunde war aus gefüllt von dem Reichtum eines unendlichen Glückes, für das keiner von den beiden Menschen, die es erleb ten, einen Namen hätte finden können. Das ver zaubernde Glück trug sie alle beide in dieser Stunde. Draußen trieb der Wind ein paar flammendrote Blätter gegen das Fenster. Aus dem dunklen Himmel fielen die Sterne fast zur Erde, durch die Scheiben in den Saal, in dem es nach Wachs dusrcte, sich opfernd verzehrendem Wachs. Lite schaute längst nicht mehr auf die Tasten. Ihre Finger drückten sich in der richtigen Weise wie von selbst nieder. Ihr erhobenes Gesicht mit den strahlen den wie entrückten Augen war dem Mann zugewandt, der nichts anderes mehr im Saal empfand als die Frau, die er liebte und die ihm in diesen Herzschlägen so nahcgerückt schien wie noch nie. Wie von ungefähr glitt Lite von den deutschen Lie dern zu schlichten russiscben Volksweisen hinüber, die man sie mährend eines Besuchs in Petersburg vor ein paar Fahren bei weit entfernten Verwandten gelehrt. „Näh nicht liebes Mütterlein ." Wossil Petro witsch wußte nicht, daß er zu der russischen Weise plötz lich russische Warte formte. „Ich sang auch einst Lie der ". Leise, wehmütig klang es durch den Raum, in dem über dem Flügel knisternd eine Wachskerze ver zückte. Lite saß halb im Dämmern. Desto schärfer aber hob sich für sie des Mannes Gesicht aus dem noch erhellten j Teil des Raumes. Ihre eigene Stimme war längst verstummt. Diese Stunde wurde einzig beherrscht von des Mannes weichem vollen Bariton. Er umfaßte mit dem Blick die junge Gestalt am Flügel, ihr Helles Kleid, die goldbraunen glänzenden Löckchen auf der kindlich gerundeten Stirne. Es schien ihm das Leven selbst, das ihn in diesen Minuten mit seiner Fülle überschüttete. ! In Wahrheit aber bedeutete Lite nichts weiter als den erbarmungslosen Tod. Langsam, ungewiß stieg von dem Herz der Frau eine unbestimmte Vorstellung in das Hirn. In dem Augen blick, da Wossil Petrowitsch verstummte, nachdenklich in das erloschene Wachslicht starrte, formte sich das Gefühl in ihr zu einem festen Begriff. Diese Stimme, dies Ge sicht, das sich so seltsam unter den fremden dunklen Haaren ausnahm — und diese Hände, die jetzt in einer wie wesenlosen Zärtlichkeit um den Leuchter gelegt . .. Ein einziger Schrei beherrschte den Raum, nicht laut, ! mehr gestöhnt, aber das Echo gellte ihn tausendfach nach: Wossil Petrowitsch!" > Lite fand nur noch die Kraft, vom Stuhl aufzu springen. Dann stand sie mit nach vorn geneigten Schultern vor dem Mann. Die Nacht jene Moor- i »acht! Aber sie gab in dieser Stunde nicht den Aus schlag. Die Grenze behauptete sich hinter dem Moor, die Grenze, die die Heimat schützte, war das einzig Lebendige. Noch einmal, ganz hell schrie der Frau Stimme: ' „Wossil Petrowitsch!" Die Verzweiflung raubte ihr fast die Besinnung. ! Noch ehe Wossil Petrowitsch die Lage klar erkannte, sich aus dem Zauber der seligschönen gemeinsamen Stunden aufraffte, wurde von draußen die Tür ausge rissen. Mit schußbereiter Waffe standen Plessow und Hellmut von Dacherode auf der Schwelle. „Was ist ge schehen?" Lite gab keinen Lant mehr von sich. Sie wies nur ! noch mit schwacher Bewegung auf den Freund, dessen Schicksal sich jetzt in dem Saal erfüllte, den er immer so geliebt, dann sank sie aus einen der kleinen spie lerischen Sessel. Ganz wenig nur zuckten ihre Schultern. In diesem Zucken, aber zerriß ibr das Schicksal das Herz stückweise, (Forts, folgt.)
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