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Wilsdruffer Tageblatt : 08.12.1939
- Erscheinungsdatum
- 1939-12-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193912080
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19391208
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19391208
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1939
-
Monat
1939-12
- Tag 1939-12-08
-
Monat
1939-12
-
Jahr
1939
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 08.12.1939
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DMAlSKZ und die ftnnWe Frage Berlin,?. Dezember. Im Zusammenhang mit der nun mehr zum offenen Konflikt gewordenen sowjetrussisch-finnifchen Krise ist von verschiedenen Seiten und vor allem aus der Lügen- kiiche englischer und französischer Amts- und Redaktionsstuben versucht worden, Deutschland die Mitverantwortung an den Er eignissen im Norden zu unterschieben. Insbesondere wurde be hauptet, Deutschland verletze die von ihm selbstverständlich er wartete Verpflichtung, Finnland zu helfen mit dem es so viel gemeinsame Bande verknüpfen. Angesichts solcher ebenso bös willigen wie törichten und politisch kindlichen Unterstellungen erscheint es nötig, die Beziehungen Deutschlands zu den nordi schen Ländern in den letzten zwanzig Jahren einer kurzen kri tischen Prüfung zu unterziehen. Es gibt kernen Zweifel, daß die Völker des Nordens in Deutschland immer eine besondere, auf historischen und gefühls mäßigen Gründen beruhende Sympathie genossen haben. Diese Sympathie ist aber im Verlauf der letzten zwanzig Jahre mehr und mehr eine einseitige geworden. Das Deutsche Reich war in seiner Machtposition in Europa von jeher der natürliche Freund nordischer Interessen. Es ist diesem Grundsatz auch in seiner ganzen Geschichte immer treugcblieben und hat diese Ein stellung den kleinen nordischen Ländern gegenüber unzählige Male unter Beweis gestellt. Als nun das Deutsche Reich am Ende des Weltkrieges durch den Wvrtbruch der Alliierten in einen Zustand der Ohnmacht versetzt wurde, in dem es allen ungerech ten und masslosen Forderungen der sogenannten „Siegermächte" wehr- und hilflos ausgeliefert war, hatte man in Berlin we niger auf eine aktive Hilfe — denn dazu waren natürlich diese Länder nicht in der Lage —, als doch zumindest auf die Sym pathie und moralische Unterstützung der nordischen Länder in dem Unglück des deutschen Volkes gerechnet. Das Gegenteil aber trat ein. In den für Deutschland so bitteren Jahren hat keines der Länder sein Gewicht gegen das dem deutschen Volke un geheuerliche Unrecht in die Waagschale geworfen. Jeder vernünftig Denkende mußte sich klar darüber sein, dass dieses Unrecht früher oder später seine Vergeltung nach sich ziehen und dass damit die Welt erneut in schwerste Unruhe ge raten musste, wenn cs nicht gelang, rechtzeitig Revision zu schaffen. Anstatt nun aber in dieser Richtung zu wirken, wa ren die nordischen Staaten von Anbeginn der Gründung des Genfer Völkerbundes die treuesten Anhänger und Verfechter dieses Systems, das in seiner ganzen Struktur auf nichts an deres als die Niederhaltung Deutschlands auf ewige Zeiten ab zielte. Tie nordischen Länder haben dem Völkerbund auch dann noch die Treue gehalten, als seine wahre Natur als Exekutor von Versailles und als Hüter des Statusquo auch dem naivsten politischen Gemüte klargeworden sein musste. > Immer mehr geriet der Norden in das Fahrwasser der englischen Politik. Symptomatisch hierfür war auch die Haltung im Abessinienkonflikt, als diee Nordländer sich als eifrige Ver fechter des Ra-chkriegssystems entpuppten, dass sie sich nicht nur in treuer Ergebenheit an den Sanktionsbeschlüssen gegen Italien beteiligten, sondern diese mit einer fast selbstmörderisch zu nennenden Gewissenhaftigkeit gegen Italien durchführten. Die wenigen erfreulichen Ausnahmen bestätigen nur diese Grundeinstellung. Als in Deutschland der Nationalsozialismus die Macht übernahm, da wurde von dem überwiegenden Teil der Presse des Nordens dieses Ereignis nicht etwa freudig begrüßt, son dern fast jeder Schritt zur deutschen Selbständigkeit und jede Tat des Führers zur Beseitigung des Versailler Vertrages einer hemmungslosen Kritik unterworfen. Im Namen des Fortschrit tes, namens der Humanität, im Namen des Liberalismus und der Demokratie wurde Deutschland in Verruf getan, beschimpft und wirtschaftlich boykottiert. Besonders auffällig zeigten sich die Folgen der systematischen Hetze gegen Deutschland in den nordischen Ländern, als Deutschland sich im Lause dieses Jahres bereit erklärte, mit den kleinen Staaten des Nordens Nicht- ongriffsverträge abzuschließen. Während mit Dänemark und den baltischen Staaten die Verträge zum Abschluss kamen, wa ren es Schweden. Norwegen und Finnland, die sich desinter essiert zeigten. Schweden und Norwegen erklärten aus prinzipiellen Gründen, Finnland aber hat damals den Abschluss eines Nicht angriffspaktes mit dem Deutschen Reich abgelehnt, obwohl Deutschland nicht das erste Land gewesen wäre, mit dem Finn land einen solchen Palt abgeschlossen hätte. Wenn auch damals in deutschen politischen Kreisen die Haltung Finnlands unver ständlich war, so geht man nach den Erfahrungen der seitheri gen Entwicklung nicht fehl in der Annahme, daß der seinerzeitige finnische Entschluss in weitgehendem Masse von den englischen Kriegshetzern beeinflusst war, von denen über andere skandina vische Politiker seither die lebhaftesten Fäden nach Helsinki ge sponnen wurden. Diese Länder haben damit zu erkennen gegeben, daß ihnen in Wirklichkeit trotz ständig wiederholter Neutralitätsbeteue rungen an einer entschlossenen und gleichmäßigen Friedenshal tung gegenüber allen Seiten nicht so viel gelegen war wie an der Hoffnung auf das politische lleberwiegen jener Seite, mit der man aus allerhand unneutralen Gründen sympathisierte. Es ist in diesem Zusammenhang für die eigenartige Auf fassung von Neutralität im Norden bezeichnend, daß es gerade die skandinavischen Länder waren, die der Valencia-Regierung nicht nur bis zum Ende, sondern über dieses Ende hinaus, als sie überharrpt nicht mehr existierte, ihre Anerkennung und mo ralische Unterstützung gewährten, die Franco längst gesundens Anerkennung dagegen noch zu einem Zeitpunkt verweigerten, als jedes Hinausschieben nur als eine einseitige Parteinahme gegen Franco, gegen Italien und gegen Deutschland ausge legt werden konnte. Weiter ist bezeichnend, daß alle diese Län der bis zum heutigen Tage noch jenem Genfer Völkerbünde an gehören, dessen Artikel 16 noch nicht abgeschafft ist, jener be rüchtigte Sanktionsartikel, durch den die kleinen Staaten sür die Interessen Großbritannien eingespannt werden. Seit Ausbruch des Krieges mit den Westmächten nun hat sich die Haltung der nordischen Staaten nicht etwa geändert, sondern Deutschland, das keinerlei Divergenzen mit den nor dischen Staaten hat und von jeher in seiner Geschichte für deren Interessen eingetreten ist, musste wiederum erleben, dass es grade die Staaten des Nordens waren, die in ihrer Presse und in ihren Handlungen alles andere als eine wohlwollenlde Haltung deutschen Belangen gegenüber einnahmen. Jedes Land möge seine Sympathie da wählen, wo es ihm am basten dünkt. Es soll sich dann nicht darüber beklagen, wenn ihm seinerseits nicht jenes Mass an Sympathie entgegenge bracht wird, auf das man bei ihm seit Jahren vergeblich ge wartet hat. Dem deutschen Volke ist durch die britischen Kriegs hetzer. die nicht zum wenigsten durch skandinavische Journalisten und Politiker unterstützt wurden, der jetzige Krieg aufgezwun gen worden. Es ist naiv und sentimental zugleich,, zu erwarten, dass das deutsche Volk in dem Kampf um seine Zukunft nun plötzlich all den kleinen Staaten beistehen soll, die sich vorher nicht genug tun konnten, Deutschland zu schmcchen und zu verunglimpfen. Das Deutsche Reich kennt sehr wohl die Verpflichtung der Dankbarkeit und Treue, aber seine Freundschaft liegt nicht auf der Gasse, wo sie jeder nach Belieben sich wiedernehmen könnte, nachdem er sie vorher ausgeschlagen hatte. Das deutsche Volk hat nichts gegen das finnische Volk, im Gegenteil. Das deutsche Volk hat keinerlei Feindschaft ge gen die Völker des Nordens. Es ist zu hoffen, daß die Leiter der Geschicke unserer nördlichen Nachbarn eines Tages sich darüber Gedanken machen und sich die Frage verlegen werden, ob es besser ist, wie in den vergangenen Jahren, den Einflüste rungen englischer Bölkerbundsapostel und Kriegshetzer ein willi ges Ohr zu leihen oder dem natürlichen Interesse ihrer Völker nach einer Freundschaft mit dem deutschen Volke sichtbaren Ausdruck zu verleihen. Da; Lariehe» der Raffen in Finnland Nach der letzien russischen Meldung sind die von Kanra- lahtt aus operierenden russischen Truppen bereits achtzig Küo- meler von Kcmiiärvi emierm bis nach Kuotaiärvl voracvrun- gen. Eine weitere Offensive von russischer Seite iss von Kansas lahti nach Süden bin vorgetragen worven, wobei das Ziel de« Russen Kuusanio ist. das ungefähr 11H Kilometer südlich von Kuolaiärvi entfernt liegt Auch dieser Angriff richtet sich gegen Tornea als Endziel unv mit der ersten Etappe gegen Kenn« särvi. Sollte es den Russen gelingen, dieses Ziel zu erreichens so wäre die für die Verteidigung des Nordens strategisch wicb« tige Eisenbahnlinie von Süden aus abgeschnitten, woraus sicht eine äusserst ernste Lage für Finnland ergeben müsste. Noch weiter im Süden stehen die russischen Truppen zur Zeit bei dem Torf Snomissalmi ans ihrem Vormarsch ge- aen Uleaborg. Weiter wird aus den am Mittwochabend von der Front einlaufenden Berichten erkenntlich, dass ein Vorstoss gegen Nurmes, an der Eisenbahnlinie Joensuu—Kaiana gelegen, vost der Gegend um Repolu im Kanae ist. Schliesslich wird aus dem Frontabschnitt zu beiden Seiten des Ladoga-Sees berichtet^ dass die binnen dem Druck der Russen bisher haben standbal^ ten können. Im Falle einer Aufgabe Suojärvis könnten diel Russen die finnischen Verteidigunastruppen auf der karelisches Landenge aus ihren stark befestigten Stellungen ohne Schwieg rigkeiten vertreiben. Bor einem EMangM M Beisamo Der russische Druck auf Petsamo verstärkt sich nach einem^ Telegramm, das in Stockholm eingelaufen ist. Die Russe« hätten Verstärkungen von Tanks, Panzerwagen und gut aus« gerüsteten Truppen erhallen. Kür die nächsten zwölf Stunden erwarte man einen Grossangriff aus Petsamo, wobei man in militärischen Kreisen Helsinkis der Auffassung ist, dass die Kin nen ihm nicht standhallen könnten, zumal ihre Verstärkungen noch.nicht stm Petsamo-Tistrikt eingetrosfen seien. Britischer Geheimdienst am Werk Schon wieder eine geheimnisvolle Brand« kakastrophe im rumänischen Erdölgebiet. Die Serie der geheimnisvollen Brände im rumäni schen Erdölgebiet reisst nicht ab. Jetzt ist bereits ei«! fünfter grosser Brand zu verzeichnen, und zwar in der Ras« finerie Äpollon-Pctrol in Targoviste. Es ver« brannten eine moderne Anlage zur Paraffingewinnung sowie zwölf Waggons Paraffin und etwa drei Waggons Gasöl. Der Brand, der auch weitere Anlagen der Rafsinerie 1x11« weise beschädigte, konnte nur nach schwerer siebenstündiger Arbeit der Feuerwehr gelöscht werden. Bemerkenswert ist, dass die rumänische Presse zum erstenmal die Möglichkeit einer Brandstiftung zngibt und dass in der rumänischen öffent lichen Meinung immer stärker von der Wahrscheinlichkeit eng», 'ischer Sabotageakte gesprochen wird. Rumäniens Außenpolitik Die Wirtschaftspolitik zu Deutschland ein Instrument des Friedens Das griechische Blatt „Nea Hellas" bringt eine Unter-« redung seines Sonderkorrespondenten Veros mit dem rumäni schen Aussenminister Gasen cu. der erklärte, Rumänien ver- sucht mit allen sein Gleichgewicht zu erhalten. Es wolle mit de« kriegführenden Siaaicn in gleichen freundschaftlichen Beziehung gen wie mit den Neutralen lebew Der Aussenminister fügle hinzu: „Die wirtschaftlichen Be ziehungen speziell mii Deutschland bedeuten nicht nur ein her vorragendes Mittel des Güteraustausches, sondern ein In strument des Friedens unter den heutigen schwierige« Umständen. Unsere freundschaftlichen Verbindungen zu alle« Staaten verpflichten uns nicht zur Kriegsteilnahnn, sondern unsere Friedenspolitik entfernt die Kriegsgefahr aus dem Donauraum und dem Balkan." Von England gemordet Wieder 15 Leichen ermordeter Volksdeutscher in Polen gefunden? Obwohl die Suchaktionen nach ermordeten Volksdeutsche« bereits seit mehr als zwei Monaten im Posener Gebiet im Gange sind, werden immer noch neue entsetzliche Funde gemacht. So wurden in den ersten Dezembcrtagen von der dafür eingerichteten Zentralstelle weitere 15 Leichen von den Polen buchstäblich hingeschlachteier wehrloser Frauen und Männer aufgefunden. Die Leichen waren so grausam zugerich- tet, daß ihre Identifizierung bislang noch nicht möglich war. In einem Falle handel« es sich offenbar nm ein greises Ehepaar im Alter von 60 bis 70 Jahren, das nach den Be kundungen eines Geistlichen aus Befehl eines Hauptmanns von polnischen Soldaten erschossen wurde. „Ich sterbe für Deutsch land!". sollen die letzten Worte des wie ein Förster gekleideten betagten Mannes gewesen sein. Außer diesen beiden wurden am 1. und 2. Dezember weitere 13 Ermordete geborgen, dis lediglich an Hand der entnommenen Stoffproben identifiziert werden können. UPlMMG » v vuk r > „Wenn wir nicht bald die vollständige Lage des Fein des erkennen, nimmt es mit unseren nördlichen Trup penteilen das gleiche Ende wie mit der Südarmee bei Tannenberg." Wossil Petrowitsch hörte noch jetzt seines Vorgesetzten Stimme. Seit Tagen war man über die Bewegung ! der deutschen Truppen im unklaren. Jede Stunde ! konnte unter Umständen den entscheidenden Schlag her- ! beiführen. Schwelgend sahen die Offiziere aneinander vorüber. Aber an einem blieb der Blick haften. Wossil ! Petrowitschs bleiches Gesicht war jäh mit einer Flam menröte überzogen. Er wußte, alle dachten in dieser Stunde nur das eine: Wossil Petrowitsch, rette das heilige Mütterchen Rußland, bewahre die Kameraden vor dem gleichen Geschick ihrer Freunde bei Tannen berg. j Der Mann verstand den stillen Ruf. Er meldete sich i freiwillig, die Gegend noch einmal zu erkunden, wie in den allerersten Tagen des Krieges. Diesmal allerdings hatte sich die Lage bedeutend erschwert. Man mutzte mit einer unmittelbaren Nähe des Feindes rechnen. Auch genügte nicht die einfache Feststellung seiner Lage. Plü.:e sollten beschafft werden. Es galt festzustellen, zu welchem Schlag oie Deutschen auszuholen gedachten. Wossil Petrowitsch stand jede Notwendigkeit klar vor Augen, als er die Uniform anszog und in den Rock eines ostpreußischen kleinen Bauern schlüpfte, sich eine dunkle Perücke über das Helle Haar zog. Man rechnete damit, daß die Deutschen wohl gerne einen kräftigen Mann zur Arbeit auf ihren Gütern anstellsn würden. So war die beste Gelegenheit zum Auskundschaften ge geben. Markehnen, das als Schlüsselstellung zuerst be obachtet werden sollte, würde hier keine Ausnahme machen. Wossil Petrowitsch holte weit aus, während die Bilder der vergangenen Tage noch einmal an ihm vorüber zogen. Es hatte Kameraden gegeben, die ihn von die- ! jem Auftrag befreien wollten. Seit jener furchtbaren Moornacht schien er nnr noch ein Schatten seiner selbst. Keiner hatte ihn seit den Tagen von Markehnen ie wieder lachen gesehen. Man munkelte sogar davon, daß er damals über die, die er liebte, bas Schuldig hatte sprechen müssen. Aber als ein Freund ihn frapte, um zu Helsen, schwieg der andere hartnäckig. „Es ist j meine Pflicht!" weiter war nichts aus ihm hsrauszu- j chbüMeu. Und MjMiL üattL er M tteiwMa aemLldet. t vmiimm-irronissonvrr ovirv« osxxir meirren, mmww (44. Fortsetzung.) k Das Wetter war unfreundlich geworden. Unter dem schützenden Dunkel der Nacht tropfte unsichtbar der Herbst über das Land an der Grenze. Plessow dachte än die Erntebestände, die noch immer nicht geborgen. Es kam ihm hart an, daß er gerade zu Beginn seiner Herrschaft nicht in der notwendigen Weise durchgreifen konnte. Doch es gab jetzt wichtigere Dinge. Vor sich sah er plötzlich eine schmale Gestalt auf tauchen. Er schritt schneller ans, rief an. Es mutzte Lite sein. Als er die Gestalt aber gestellt hatte, erkannte er trotz der Dunkelheit, daß es ein Junge war, der in der landesüblichen Tracht seines Weges ging, die Mütze tief ins Gesicht gezogen. Er war also falsch gegangen. Plessow verwünschte die Dunkelheit der Nacht, die ihn kaum drei Schritte wett einen Baum erkennen ließ. Derb schüttelte er den Jungen zusammen. Was ihm einfiel, hier mitten in der Nacht herumznstreifen. Aber seinem Ziel kam er Deshalb nicht näher. Mit einer letzten Verweisung schritt er vorüber. Der Bursche blieb zurück. Er bog jäh von der Straße ab, schlug einen weiten Bogen, um endlich imf Heidkuhner Besitz zn entschwinden. Rittmeister von Plessow aber wartete in dieser Nach! vergeblich am Waldeingang. Nichts Verdächtiges ließ sich blicken. Wenn nicht der verräterische Zettel gewesen wäre, er hätte an eine Sinnestäuschung der durch dic Verwundung übermäßig gereizten Nerven geglaubt Finster kehrte er zum Schloß zurück. Die ausgehende Sonne fiel in schrägen Strahlen in das Schlafzimmer, toste über die weißen Decken und Kissen. In ihnen lag Lite, scheinbar ruhig schlafend, in voller Unschuld. Der Mann stietz einen Flnch ans, warf sich noch für eine Stunde aufs Lager, um dann mit der Tagesarbeit zu beginnen. H F- «X 2 Daß ihre stummen Blicke ihn gezwungen, wußte keiner. Endlich war Wossil Petrowitsch ja auch der einzige wirkliche Kenner dieser verfluchten Gegend mit ihren Mooren, Sümpfen, Seen und endlosen Wäldern. Der Einsame zog den Kittel fester über der Brust zu sammen. Er trug in dieser Stunde nur den einen Wunsch in sich, daß Markehnen von ihm Fremden be« setzt und datz Jelisaweta in das unbesetzte Deutschland geflüchtete sein möge. „Wenn ich ihr Mann wäre, hätte es für sie nichts anderes gegeben." Er verfluchte inner« lich Plessow, der in seinen Augen nicht für die ge nügende Sicherheit seiner Frau Vorsorge traf. Wie e as Feindliches empfand der Mann die schrägen Sohlen, die die Sonne abschiednehmend in das Dun« kel der Wälder um Markehnen warf. Im Herbst hätte er wiederkehren sollen. Zur Jagd. Wossil Petrowitschs Hand strich über die Blätter des Unterholzes. Troy aller Kriegsschrecken — der Wald hütete sein Geheim nis, über den Tag hinausgerückt, in dem gleichmäßigen Gesetz, in dem auch die Sterne am Himmel kreisten. Ein Knacken im Gehölz vernahm der Mann plötzlich, Mit allen Sinnen fühlte er sich in der ihm über tragenen, so verantwortungsvollen Aufgabe. Wenige Minuten später gab das Gebüsch einen Mann frei mit wirrem Haar. Pawel Nikolaiwitsch! Fast hätte der Ueberraschte den Namen laut herausgerufen. Was tat der Leutnant hier, über dessen seltsames Doppelleben man sich bereits seit Tagen im Kameradenkreis Ge danken machte? Unternahm Pawel Nikolaiwitsch Kund« schaftsdienst auf eigene Gefahr? Der Mann verfolgte den jungen Menschen, der vor sichtig tastend dem Waldeingang zustrebte, da, wo dis Straße sich nach Heidkuhncn abzweigte. Jeden Schlupf benutzend stahl er sich so sicher durch den Wald, datz er diesen Weg bestimmt nicht zum erstenmal machte. Wos- stl Petrowitsch hätte den anderen anrusen können. Aber er war sich klar, daß der Leutnant ihm jetzt genau so wenig Reoe und Antwort stehen würde, wie damals ein paar anderen Kameraden, die ihn über sein selt sames Verhalten ausfragten. Vielleicht gab es einen dunklen Punkt bei dem Jungen — Wossil Petrowitsch glaubte im Augenblick an ein Liebesverhältnis, das der Knabenjunge angr^nüpft haben mochte und das ihn zu dieser Zuchtlosigkeit und Hinriß. '» MsrüsLuya folgt.) /
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