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Wilsdruffer Tageblatt : 28.11.1939
- Erscheinungsdatum
- 1939-11-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193911288
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19391128
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19391128
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1939
-
Monat
1939-11
- Tag 1939-11-28
-
Monat
1939-11
-
Jahr
1939
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 28.11.1939
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Zn Sie Heimai übergeführt Militärische Ehrung der gefallenen Flieger in Belgien Die drei deutschen Flieger, die im Luftkampf bei Calais 'Odllch getroffen und mit ihrer Maschine aus belgischem Gebiet abgestürzt waren, wurden in ihre Heimat über geführt. Der Ueberfnhrung ging in dem flandrischen Städtchen Ty er haut eine kurze ergreifende Feier voraus. Auch der vierte Inkasso des im jcyirm hatte retten können, nahm daran teil. Belgische Flleger- vfsizierc hielten an der Ausbahrungssintte die Ehrenwache. Die Särge waren mit den Waffenröcken der Gefallenen, den Shmbolen des Reiches, mit Kränzen der Deutschen Botschaft und zwei Kränzen der belgischen Fliegertruppe und Armee geschmückt. Eine kriegsstarke Kompanie der belgischen Wehr macht mit aufgepflanztem Seitengewehr bildete Spalier Der Befehlshaber" ver belgischen Fliegertruppe, General major Legers, sowie Vertreter des Generalstabschess der belgischen Luftwaffe und des Chefs der belgischen Luftver teidigung erwiesen den Gefallenen die letzten Ehren und begrüßten die Vertreter des Reiches. Nach Abschluß der Trauerseierlichkeiten wurden die Gefallenen von belgischen Soldaten zum Bahnhof getragen. Bisher 40000Deutsche ausLettland ausgebürgert Das aekamie lettländische Staatsgebiet mit Ausnahme der Städte Riga und Libau ist von den Deutschen geraum! wor den. Nur in den genannten beiden Städten sind noch deuttche Volksgenossen vorhanden, die sich bis zum 15. Dezember dieses Jahres auf Grund des demsch^ettischrn Vertrages ansbnrgern lasten müssen. Insgesamt sind bereits von den 60 OM Deut schen rund 40 000 aüsgebürgert worden, Abfchiedsfeier für Landesgruppenleiter Eiiel Die Ortsgruppe Rom der NSDAP, und die Reichs deutsche Vereinigung Rom bereiteten dem scheidenden Landes- gruppenleiter ^-Obergruppenführer Erwin Ettel, der als Gesandter nach Teheran gelU. in Anwesenheit zahlreicher Hoheitsträger Italiens einen überaus herzlichen Abschieds abend . , Als Sprecher aller Italien-Deutschen würdigte Botschafter von Mackensen die Arbeit und die großen Verdienste des Landesgruppenleiters. Den tiefen Dank aller Italien- Deutschen an ihren scheidenden Landesgruppenleiter brachte Botschafter von Mackensen durch Verlesen eines Schreibens von Gauleiter Bohle zum Ausdruck. Es folgten dann Ab schiedsansprachen von Lette»» sämtlicher Parteigliederungen. Hei lewei noch! Grausig zu melden, doch wirklich wahr. Ein Totgesagter erschien auf der Bildfläche. Kein Geist, nein, ein lebendiger Mensch aus Fleisch und Blut. Sein Name ist Professor Messerschmitt, weltbekannt als Erbauer der ebenso schnellen wie bei den Feindmächten gefürchteten Messerschmitt- Flugzeuge. Die Auslandspreste hatte Professor Messerschmitt für tot erklärt. Er sollte das Schicksal der vielen teilen, die in Deutschland erschossen oder sonst irgendwie um die Ecke ge bracht worden sein sollen. Andere ausländische Schreiberlinge, die es. nicht ganz genau wußten, begnügten sich damit, zu mel den, Professor Messerschmitt sei den Verfolgungen (natürlich der Gestapo! — Schriftl.j entkommen und sei ins Ausland geflohen. So genau kommt es der ausländischen Lügen- sournaille nicht auf Wahrheit an. Die Hauptsache ist immer: man hat eine Sensation Und es klingt doch gar zu grausig schön, wenn die englische oder französische Presse ihren Lesern irgend etwas Furchtbares aus Deutschland vorsetzen kann... Erstens liest man so etwas in London und Paris gern — meinen die Lügenjournaillen, und zweitens hofft man durch die Greuelhetze die immer mehr nachlastende Kriegs stimmung schüren zu können. Wir haben die infamen Lügner der Westmächte nun wie der einmal bei einem Greuelmärchen ertappt. Professor Messerschmitt, der Totgesagte, der Erschossene, der Geflohene, erschien leibhaftig vor Vertretern der deutschen Presse und meldete sich gesund. Es gehl ihm ausgezeichnet, er ist bester Stimmung und hofft, noch recht viel arbeiten zu können. So brach denn wieder eine Lügenhetze zusammen und die Schmierfinken in den Redaktionsstuben in London und Paris müssen sich eine neue ausdenken. Was sie ja sicherlich auch tun werdend IMNLSLlr-ireLurssOuvrr mwcm vemzn «Aon «etsu p ccikw-w (84. Fortsetzung.) So schön war das Leben doch. Unsichtbare Musik glaubte sie zu hören. Langsam begann sie sich zu drehen. Das Rauschen des Sees, das Raunen der Bäume aus dem Park — Man konnte die Welt um sich vergessen. Lite schaute über sich das dunkle harte Gesicht des Ge liebten. Er neigte sich zu ihr nieder. Nicht mehr dem Soldaten gehörte es, sondern dem Herrn auf Heid- kuhnen, der mit Tatkraft und Umsicht das zerschossene Schloß wieder aufbaute. Und sie durste ihm helfen, die Grenzwacht in Treue und Tapferkeit zu halten. Die Frau bog den Kopf zurück, während sie selbstvergessen über die blanke Fußbodenfläche schwebte. Wie entrückt! Wossil Petrowitsch stieg die Röte ins Gesicht. Scham überkam ihn, daß er die geheimsten Gefühle der Frau überwachte. Er wandte sich ab, ging in sein Arbeits zimmer zurück. Doch er konnte keinen festen Gedanken fassen. Immer wieder glaubte er über Karten und Aufzeichnungen das zierliche Figürchen Jelisawetas, zart wie ein köstliches Porzellan, schweben zu sehen. Die Dämmerung kroch graufingrig aus den Ecken. Er merkte- es nicht. Die Nacht entzündete die blasse Schale des Mondes. Der Mann saß andächtig vor dem inneren Bilde seiner Phantasie, die ihm das ersehnte Wunder schenkte. Bis jäh die Türe aufgerissen ward. Fackelschein schlug grell iu seine Träume. „Herr Hauptmann, die Frau Gräfin hat Markehnen verlassen!" Der Adjutant meldete in dienstlicher Straffheit. Wossil Petrowitsch schrak auf. „Die Frau Gräfin hat Markehnen verlassen?" Er wiedc ' e mechanisch die Worte. Draußen im Hof brach eü.. Streife auf. „Ich komme!" Wossil Petrowitsch warf seine Aufzeichnungen in das Fach. Durch das Dunkel der Nacht brannten die Fackeln, tanzten gespenstisch auf den See hinaus, wo sie sich abzublenden versuchten. Mere AMSrer Wer EMM (P.K.) Bekanntlich meldete der Bericht des Oberkommandos 0er Wehrmacht, daß die deutsche Luftwaffe in den letzten Tagen eine rege Flugtätigleit über Nord- und Südengland und über den im hohen Norden Englands gelagerten Shetland-Inseln ausgeführt hat. Wir haben die mit dieser Aufklärung betraute Staffel besucht und berichten in folgendem von ihren Erlebnissen. Luftfrühstück — stark gepfeffert Lassen wir jetzt einmal einen Flieger erzählen: „Die Wol kendecke betrug 200 Meter, als wir uns dem englischen Kriegs hasen Scapa Flow näherten", berichtet Oberleutnant PH. „Wir sichteten mehrere englische Zerstörer und Flakstellungen. Das heißt, wir nicht allein, sie sichteten uns auch und schickten uns ihre gepfefferten Grüße entgegen. Wir quittierten mit einem eleganten Schwung in die Wolkendecke hinein, die sich schützend über uns breitete Der Engländer schoß verdammt gut. Seine Ladung knallte uns in die Tragflächen und verhalf unse ren Vogel zum Bocken Es hätte nicht viel gefehlt, dann wären wir in den Bach gefallen In der Wolkendecke fühlten wir uns sauwohl. Beim Durchbruch stießen wir unvermittelt auf einen englischen Flugplatz, der voller Jqqdmasckinen stand Die Eng länder hielten uns wohl iü» einen gesunden Happen, denn gleich zu fünften stiegen sie hoch, um uns zünftig reihum zu jagen. Nebenbei — wenn die Wolken nicht gewesen wären, wir hätten keinen Pfifferling mehr um unseren Bogel gegeben. Fünf Jäger gegen einen Aufklärer — die Rechnung geht schlecht auf. trotz unserer schönen Warfen, die wir an Bord Haven Also man kaut dann nm allerbesten ab. zumal wir ja auch unsere Aufgabe so weit erfüllt und Bilder genau ausgenommen hatten. Fünf Ma schinen flogen sofort Sperre, damit wir ihnen nicht entgegen sollten. Aber schließlich können wir ja auch fliegen und über legen. und unser treuer Vogel war ja auch nicht von schlechten Eltern. Wir drehten auf was wir drin hatten und schickten den Maschinen schon von weitem unsere Stahlgrüße entgegen. Diese Grüße sind unangenehm und infolgedessen hielten sich die Jäger vorläufig in respektvoller Entfernung. Sie warteten auf eine andere Gelegenheit Dann hatten wir plötzlich die Wolken decke vor uns. Was kann uns noch passieren? Nichts! Mit hohem Schwung flogen wir in die Decke hinein Jetzt hatte ich Früh stückspause, wir wollten heim Raus aus der Wolkendecke und wieder Sicht nach vorn. Plötzlich kam durchs Mikrophon vom Bordfunker der Ruf „Jäger" gleich daroui das hämmernde Ge räusch unseres Maschinengewehrs aus dem Heckstand. Den letzten Bissen verkrümmelte ich am Maschinengewehr. Vor uns stand etzt eine Reaenwand, ein hübscher dunstiger Dreck, den wir onst meiden, der uns aber jetzt sehr angenehm war. Wir um- logen die Wand, und als die Jäger nahe genug waren, schwenk ten wir ein in die Himmelsbrause. Sie kamen nicht nach. Als wir naß wie eine Katze — der Dreck ist durchgekommen — her auskamen. sahen wir nichts mehr. Sie hatten aufgegeben. Tref fer haben wir keine mehr bekommen, es war bei uns alles in Ordnung." Mil Seelenruhe durch eisige Luft und britisches Feuer Welche physischen Leistungen die Besatzungen unserer Auf klärer in den letzten Tagen vollbracht haben, erhellt wohl am m-eisten die Tatsache, daß sie bisweilen bis zu zehn Stunden mit ihren Maschinen unterwegs waren, um die Austräge zu erfül len, die ihnen beim Abflug durch den Staffelkapitän gegeben wurden. In großen Höhen fliegen sie mit Sauerstoffgerät. Es darf ruhig mitgeteilt werden: Die Gefahr der Vereisung der Luft zufuhr liegt sehr nahe. So alle fünf Minuten muß der Schlauch einmal gepullt werden, damit das Eis sich nicht festfetzen kann. Sonst geht es mit dem Atem bergab, und man schiäst langsam ein, wie es dem Staffelkapitän schon einmal gegangen ist. Seine Besatzung erzählt, daß er im Unterbewusstsein furchtbar geschimpft habe über irgendeine Sache, die mit dem augenblicklichen Flug keine Berührung hatte. Zum Glück hatte er einen Funker an Bord, der über eine Mordslunqe verfügt und der ihm fein Sauerstoffgerät zur Verfügung stellte. Er hat seinen Stajsel- kapitän gerettet, bis der Flugzeugführer den freien Ozean ge wonnen hatte und tiefer gehen konnte. Bordkameradschaft, wie sie nicht schöner gedacht werden kann So ist wieder mal ein Aufklärer unterwegs. Er streift Nord england und Schottland ab. Die Wolkenböhe ist um die 606 Meter herum. Beim Anflug an die Küste haut der Vogel ist die Wolken hinein und gleich darauf wieder heraus. Was sieht der Beobachter? Da kommt ihm ein englisches Flugzeug ent» gegen, das einen Schießsack schleppt. Na. die Sache konnte gleich richtig gehen. Die Praxis kam in Gestalt eines deutschen Kampf flugzeuges. Unsere Jungen sandten dem Engländer fo einig« blauen Bohnen, nicht in den Schießsack, sondern auf das Orü ginal. Heilfroh war der Engländer, als er entweichen konnte. ' Der Pelz als Panzer Daß man es hier absolut nicht mit Vsrkehrsflügen zu tun hat, davon habe ich mich kürzlich überzeugen können, als um di« Dämmerstunde am späten Nachmittag ein Vogel vom Frontflug zurückkam. Sie hatten die Shetland-Inseln besucht und sich um gesehen, was sich da tut, und gerieten in zielgerechtes Flakfeuer. Ein Splitter sauste durch die Kanzel, riß ein anständiges Loch ins Fenster, durchbohrte die Kombination des Flugzeugführers unten am rechten Knie und verletzte ihn — zum Glück nur leicht. Der Splitter hätte das Knie zertrümmert, wenn der Pelz del Kombination der Schußwirkung nicht eine andere Richtung gege ben hätte. Winzige Glasscherben setzten sich im Gesicht des Beob achters fest, und ein Splitterchen hatte die Netzhaut geritzt. Mit dem Schlafen ist es für Tage aus; aber das nehmen sie alle in Kauf. Sie sind im Einsatz, und wer etwas abbekommt, nimmt es hin. Die Hauptsache ist für sie. daß der Auftrag erfüllt wird, den sie empfangen haben. Großaufnahme aus 600 Meter Noch ein kleines Beispiel dafür. Da fliegt ein Aufklärer mitten über England, und der Beobachter stellt fest, daß sich unten ein Flugplatz befindet. Erkennen kann er ihn schlecht. Also runter aus 600 Meter. Und von dieser geringen Höhe aus photographiert der Beobachter' Eine tapfere Leistung! Man, soll sich nur vorstellen, daß ein Engländer einen deutschen Flugs platz von dieser geringen Höhe pkotographieren sollte. Er wird es aber nicht, dazu ist der Engländer zu vorsichtig. So kommen die Aufklärer Tag um Tag zurück und melden dem Staffelkapitän in soldatischer Schlichtheit das Ergebnis des Fluges. Und manchmal bleibt auch einer aus: denn der Feind kann auch schießen, und er ist kein geringer Gegner, vo- lo» die Heimat wissen. Neichsfender Leipzig. Mittwoch, 39. November. 5.00: Aus Berlin: Frühkonzeri. — 6.00: Aus Berlin:! Morgenruf, Gymnastik. — 6.30: Konzert. Das Orchester des Reichssenders Leipzig. — Dazwischen 6.50: Mitteilungen für> den Bauern. — 7.00: Nachrichten. — 8.00: Aus Berlin: Gym nastik. — 8.20: Aus Frankfurt: Konzert. — 10.00: Fröhliche Weisen (Jndustrieschallplatten und Aufnahmen des deutschen Rundfunks). — 10.35: Wasserstandsmeldungen. — 10.40: Sendepause. — 11.30: Erzeugung und Verbrauch. — 11.45: Aus Zucker wird Fett. — 12.00: Aus Köln: Konzert. — Da zwischen 12.30: Nachrichten. — 14.00: Nachrichten. — Anschlie ßend: Musik nach Tisch (Jndustrieschallplatten und Aufnahmen des deutschen Rundfunks). — 15.10: Von tapferen Franen. Aus der Zeit des Weltkrieges. — 15.30: Der Sänger der frohen Herzen. Hörspiel um Joseph von Eichendorfs von Herbert Maruschak. — 16.00: Zwei frohe Stunden — wie gesunden mit Betty Sedlmayr (Sopran), Lilly Towska (Chansons), Erwin Hartung (Tenor), dem Jnstrumentalquartett Georg Freundorfer und der Kapelle Otto Fricke. — Dazwischen 17.00: Nachrichten. ReiVssenSer Berlin «nv Gsuischlandsender 6.30: Aus Leipzig: Frühkonzeri. Das Orchester des Rekchs- senders Leipzig. — 8.20: Aus Frankfurt: Musik am Vormittag. Das Kleine Orchester des Reichssenders Saarbrücken. Da zwischen um 9.00: Aus Frankfurt: Politisches Kurzgespräch. —- 10.00: Wir singen und erzählen in RSV.-Kindergärten. — 10.30: Kleine Musik. - 11.00: Aus Hamburg: Musik zur Unter haltung. Die Unterhaltungskapelle des Äeichssenders Ham burg. — 12.10: Aus Köln: Die Werkpause. — 13.00: Aus Köln: Polnisches Kurzgesprüch. Anschließend: Aus Köln: Musik am Mittag. Leo Evsoldt spielt. — 14.10: Musikalische Kurzweil. — 15.30: Zettspiegel der Jugend. — 16.00: Aus Leipzig: Zwei frohe Stunden, wie gefunden! Das Jnstrumentalquartett Georg Freundorfer, die Kapelle Otto Fricke und Solisten. — 18.00: Heitere Melodien, gespielt von Otto Dobrindt. — 20.15: Großes Wunschkonzert für die Wehrmacht. — 22.30: Zum Tagesaus- tlang. Dazwischen um 23.00: Politisches Kurzgespräch. — 23.15: Ludwig van Beethoven: Septett. Die Kammermusikvereinigung der Berliner Staatsover. Lite sah, daß ihrem Boot vom Ufer aus ein Heer seltsamer Lichtfünkchen folgte. Es war nicht der be- ruhigende Widerschein der jenseitigen Sternenwelt. ! Ein Heißes, Unruhiges und Bedrängendes glühte hin- ! ter diesen Lichtpunkten. Doch seltsam — sie kamen ihr nicht näher, blieben immer in der gleichen Entfernung. An den Armen der Frau spannten sich die Muskeln. Wer konnte es wissen — vielleicht kämpfte sie schon in. dieser Stunde um ihr Lebem Und um das des Ge liebten. An einer anderen Stelle als gewöhnlich legte sie an, um etwaige Verfolger irre Hu führen. Das Schilf peitschte ihr ins Gesicht, schlug ihre Arme blutig. Beim Attssteigen verfehlte sie den Boden, glitt im Wasser aus. Schlammbespritzt und bis an die Knie durchnäßt, fand sie endlich einen Weg zur Hütte des alten Bar- now. Der Schrei des Wasservvgels klang als Zeichen. Da wurde innen die Tür aufgerissen. Zwei starke Arme legten sich um die kleine Frau. „Lite!" Ritt meister von Plessow kostete für einen Augenblick das Glück seligen Selbstversmkens in das Herz des Men schen, den er am meisten auf der Welt liebte. Wenige Herzschläge später erschien es ihm unmännlich, würde los, in einer solchen Stunde an nichts anderes als an den ersten Kuß gedacht zu haben. Er wußte durch Var- nows EiWhluugcn alles, selbst Hellmuts Kundschafts dienst. „Du bist eine tapfere Frau!" Er nahm Lites Hände fest in seine. „Wir werden auch Hwdkuhnen wieder aufbaueu!" Seit dem vergangenen Tag war der Mann wieder im Vollbesitz seines Bewußtseins. Zwar, die Wunden waren noch nicht endgültig verheilt. Aber es gab jetzt anderes, Wichtigeres als ein paar Schuß- und Stichwunden. Durch Barnow kannte er die ungefähre Lage der Deut schen. Er wollte heute nacht hinüberreiten und Lite sollte mitkvmmen. Der Manu preßte die Hände der Frau so stark ineinander, daß sie aufschrie. „Es ist Pflicht, auf seinem Posten auszuharrcn, wie du es auf Markehnen getan hast. Aber es ist jetzt zwecklos." Gustav von Plessows Sorge verschanzte sich hinter einem finster-drohenden Gesicht. Nach allem, was er heute mittag von Barnow, der nach feiner Ge wohnheit in diesen Stunden den Wald durchstreifte, er fahren, war Lites Leben aufs höchste gefährdet. Man verdächtigte sie als Spionin, ilud nach dem Vorfall mit Hellmut hatte mau auf russischer Feite eine gewisse Handhabe. „Zudem hast du heimlich einen deutschen Rittmeister gepflegt. Das genügt als Verdachtmate« rial." „Er ist aber doch mein Mann!" Lite stand -er Schroff-« heit ihres Gatten entsetzt gegenüber. „Danach fragt der Krieg nicht. Er rechnet nicht nach Weibersentimentalitäten." Plessow wehrte alle Fragen von sich ab. Es galt bei klarem Verstand nur mit Tat sachen zu rechnen. Und Tatsache war, daß die Herrin von Heidkuhnen unter schwerem Verdacht stand. „Wossil Petrowitsch kann mir doch nicht den Pro- zest machen!" Lite duckte sich klein, erschrocken vor der entsetzlichen Möglichkeit, die Gustav hart andeutete. „„Wossil Petrowitsch ist Soldat. Er kann im Kriege keine Freundesrücksichten nehmen." Die Frau schwieg. Sie dachte an das Stückchen Papier mit der geheimen Warnung, das ihr wohl kein anderer als Wossil Petrowitsch auf den Schreibtisch ge legt hatte. Wossil Petrowitsch, den sie seit Kriegsaus bruch als ihren Feind haßte! Sie kannte sich nicht mehr aus. Es war gut, daß von dieser Stunde ab ein ande rer ihre Schicksalsführung in die Hand nahm. „Wir können nicht auf Varnow warten!" Plessow trat an der Feuerstelle die letzten Funken aus, mn die Hütte nicht zu gefährden. „Wenn wir die Moor brücke benutzen, können wir bis zum Anbruch der Mor gendämmerung vor der deutschen Linie sein." Er löste den verwundeten Arm aus der Binde, die ihn jetzt nur hinderte. Lite hielt seinen Helm in der Hand, den der Mann wegen seiner Kopfverwundung nicht tragen konnte Vorsichtig öffnete der Rittmeister die Türe. Da — das Licht von zwanzig bis dreißig Fackel« blendete ihn. Russische Uniformen blitzten ihm ent gegen. „Verrat!" Plessow ritz die Türe hart hinter sich zu, um die Frau zu schützen. Sie mochte sich auf dem kleinen Heuboden verbergen. Hoffentlich fand sie die Geistes gegenwart dazu. Er durfte ihr jetzt nicht mehr zu- rufen, da es sie nur gefährdet hätte. Mit Riesenkraft riß Plessow dem Nächststehenden die Fackel aus der Hand, schlug sie halbkreisförmig ein paarmal durch die Luft, um sich Raum zu schaffen. Die Hand des ver wundeten Armes bediente scharf die Pistole. Die Russen wichen zurück. In dem Mann mit dem weißen Kopfverband, unter dem unheimlich die dunk len Augen in einem totenbleichen Gesicht brannten, vermuteten sie einen Dämon, den man nicht mit mensch licher Waffe treffen konnte ^vrts. folgt.)
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