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Wilsdruffer Tageblatt : 06.11.1939
- Erscheinungsdatum
- 1939-11-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193911068
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19391106
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19391106
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1939
-
Monat
1939-11
- Tag 1939-11-06
-
Monat
1939-11
-
Jahr
1939
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 06.11.1939
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sMWSflänST "SlMe Mße Schule zurirc^elen in den Schoß des Reiches, während an Deutschlands Grenzen unsere Sol daten das Reich beschützen, zugleich ein Symbol für den kulturellen Aufbauwillen des neuen Reiches. Reichsstudentenführer Dr. Scheel betonte den früheren selbstlosen Einsatz und zeichnete die gegenwärtigen und zukünf tigen Aufgaben der Prager Hochschüler in klaren und eindring lichen Worten. Anschließend sprachen dann die Rektoren der Prager deut schen Hochschulen.. ReichsmWter Mstim VraMMWdterNMWS I Am Sonntag besuchte der Reichserziehungsminister Rust !!n Begleitung des Reichsstudentenfüürers Dr. Scheel das Alt städter Rathaus in Prag, wo er im Primatorensaal vonPri- !mator Dr. Klapka und Oberbürgermeister-Stellvertreter SA.- Standartenführer Prof. Dr. Pfitzner begrüßt wurde. Professor Pfitzner hieß den Reichsminister namens der Prager Deutschen willkommen. Diese erlebten nunmehr voller Freude, wie der Zustand des Unrechts, der zwanzig volle Jahre gewährt habe, Dtück für Stück abgebaut werde. Gerade deswegen feierten die Prager Deutschen aus innerster Anteilnahme die Wiedergut machung des den Prager deutschen Hochschulen zugesiigtcn Nn- lkechtes mit und gelobten, ihnen stets helfend zur Seite zu stehen. Erstes Vrager WunWonzert Das erste Prager Wunschkonzert fand am Sonnabendabend Katt. Neben den vielen Vertretern von Partei, Staat und Wehrmacht, darunter den Beauftragten für das Kriegswinier- Lilfswerk, füllten den Festsaal der „Lucerna" viele Tausende von Volksgenossen. Der Kreisobmann der NS-Gemetnschast ^Kraft durch Freude" konnte stolz verkünden, daß über 4 0 0 0 0 Kronen für das erste Prager Wunschkonzert gespendet Wor ten sind, ein Ergebnis, aus das die Prager Deutschen mit stecht stolz sein können. Ein Heer von Künstlern und Künstle rinnen hatte sich zur Verfügung gestellt, darunter Hernis Niel !mit seinem Musikzug des Rsichsarbeitsdienstes. Das Wunsch konzert erreichte mit der Uraufführung des Marschliedes „Es sgeht ums Vaterland" von Herms Niel den Höhepunkt. Oie Franzosen find verärgert Der Streit um den Fünf-Uhr-Tee an der Front s" Die englischen Soldaten, die eher aus psychologischen Er wägungen heraus an die französische Front geschickt worden find, wollen nicht etwa aus die Bequemlichkeiten des täglichen Lebens verzichten. Für sie, die andere Völker als Kanonen- futter vorzuschicken Pflegen, ist der Krieg nur eine Episode, der an ihrer eigenen Lebensweise nichts ändern darf. So wird z. B. der Fünf - Uhr - Tee den englischen Sol- baten auch in Frankreich serviert, was bei den „Poilus" hef tigen Aerger erregt hat. Es ist daher schleunigst verfugt worden, daß auch den französischen Soldaten im Laufe des Nachmittags warme Getränke verabreicht werden. Zusammenschluß des Afnkaneriums Dr. Malan unterstellt sich General Hertzog Der frühere Ministerpräsident der Südafrikanischen Union, General Hertzog, gab in einer Rede bekannt, daß ir die Führung des „Wicdervereinigtcn Afrikancrtums" über nommen habe. Dr. Malan, der Führer der Nationalen Partei, habe sich ihm unterstellt. Das „Wiedervcreinigte Afri- mncrtum" umfaßt die ursprüngliche „Vereinigte Partei", die Kch wegen der Teilnahme Südafrikas am Kriege gespalten hat, und die Gruppe Malan. General Hertzog erklärte in einer Rede, daß die Haltung Ws Ministerpräsidenten Smuts zu einer Zerstörung der Be- siehungen zu Großbritannien beitrage. Werde Südafrika nicht >ls freies und unabhängiges Land regiert, dann werde seine tzctciligung an der britischen Staatengemeinschaft nicht von langer Dauer sein. Pflicht aller Südafrikaner sei es. dafür m sorgen, daß der Krieg nicht länger geführt werde, als es den tatsächlichen Interessen Südafrikas entspreche. Die Be ziehungen zwischen der englischsprcchenden und der afrikanisch sprechenden Bevölkerungsgruppe hätten, so meinte General Hertzog, einen ernsten Stotz erhallen. Trotzdem bleibe er über zeugt, daß sich eine rein afrikanische Nation in einem reinen Afrikancrstaat aus den beiden Bevölkerungsgruppen werde schassen lassen. i ZugWM auf dem Bahnhof Stuttgatt-Mst ! Aus dem Bahnhof Stuttgart-West stietz der Schnellzug Zürich—Berlin mit einer Leerlokomotive zusammen. Dabei wurde die Stirnwand eines Schnellzugwagens eingedrückt. Ein 18jähriges Mädchen trug schwerere Verletzungen davon, während zehn Personen leicht verletzt wurden. V«UL8M-M0Nr88L»VI2 OV86» VLIWLS 08«L« MI87M, ULU0L0 (9. Fortsetzung.) ' Wosstl Petrowitsch fühlte sich plötzlich beruhigt. Die Eifersucht vom Spiel am Nachmittag erstarb im Ernst der Stunde. „Sehen Sie, daß Jelisaweta nichts zu Leide geschieht!" Der Mann wandte sich schnell ab, sprang in den Wagen. Die Pferde zogen an. In wenigen Sekunden war das traumhafte Bild von Schloß Markehnen verflogen. Die Landstraße schluckte den Traum. Und sie war einzig Wirklichkeit. „Ich wünsche, daß ich Sie recht bald Wiedersehen kann!" Hellmut von Dacherode empfand beim Abschied einen überstarken Händedruck. Hinter den Worten des Russen stand mehr, als er aussprechen wollte. „Grüßen Sie mir Jelisaweta!" Der abfahrende Zug zerriß die Worte, trug sie über das Land hinaus, saß sich Ler Grenze entaeaenschob, In der gcmcyen Stunde ging Lite auf Schloß Mar kehnen durch die Räume. Sie konnte keine Ruhe finden, nachdem die beiden Brüder Plessow sich verabschiedeten. Bis sie endlich in ihr eigenes Zimmer kam, das von dem Bild der Ahnen aus den Freiheitskriegen be herrscht wurde. Sie mochte kaum älter sein als das Mädchen. Ein entschlossenes festes Gesicht mit dem gleichen energischen kleinen Kinn wie Lite es selbst be saß. Sie-Hatw bestimmt keine Stunde der Unentschlos senheit erlebt, genau so wenig wie all die Männer Und Frauen, deren Bilder drunten in der Bücherei hingen. Verschlossen schauten sie alle drein. Und manch einer trug ein großes, bedeutsames Schicksal. Staats- männer waren darunter, verwegene Offiziere, die Schlachten im letzten Augenblick durch tollkühne An griffe entschieden. Haltung predigten sie alle, Beherr schung nach außenhin. Lite schämte sich plötzlich. Diese äußere Haltung war das Kennzeichen eines Geschlechtes, dessen Tradition durch viele Jahrhunderte reichte. Sie durfte sich nW Jugoslawischer Besitz beschlagnahmt — Schar fer Protest aus Belgrad Die jugoslawische Zeitung „Narodno Blagostanjc", eine angesehen« Belgrader Wochenschrift, die der bekannte VolkSwirtschastler Prof. Dr. Bajkitsch herausgibt, nimmt gegen die Aufnahme jugoslawischer Firmen auf die englische „Schwarze Liste* energisch Stellung. Wörtlich heißt cs: „Zu unserer grenzenloses Ueberraschung und Erregung erfuhren wir, daß in den letzten Tagen einige jugoslawische Firme« f« die .Schwarze Liste' ausgenommen wurden und ihr Besitz der Beschlagnahme verfiel. Diese Nachricht überrascht uns» weil es im Weltkriege nicht üblich war, Unternehmungen neu traler Länder unter dem Verdacht oder unter der Voraus setzung, daß st« wirtschaftlich mit dem Feind in Verbindung Maden, zu verfolgen und mit Beschlag zu belegen. Man tat dies aus dem einfachen Grunde, weil Firmen, dir in neutralen Ländern beheimatet sind, als Untertanen drr betreffenden Länder behandelt werden, denn es ist un möglich, einwandfrei festznstellen, welche verschiedenen frem den Interessen in den betreffenden Unternehmungen vertre te« sind. Das feindliche Vermögen ist im Kriegsfälle voll kommen schutzlos, das einheimische Vermögen untersteht der Verschwiegenheit der Behörden. Das neutrale Vermögen aber ist durch Verträge und durch das Völkerrecht ge schützt. Was immer als Eigentum der Firma eines neu tralen Landes in ein kriegführendes Land gelangt und was sich dorr befindet, das ist neutral und nicht feindlich. Ohne diese Annahme erwüchsen Unrecht und Verwirrung. Geht man umgekehrt vor, wie dies England und Frankreich jetzt tun, so kommt es zn einer Schädigung »ugoslawi- scher Interessen. Unsere ganze Ausfuhrordnung wird sich doch nicht nach den .Schwarzen Listen' des Auslandes umstellen. Wir haben heute sehr viele Käufer für unsere Waren. Diese Waren werden eben dann eine andere Rich tung cinschlageu als dorthin, wo man sie einer Beschlag nahme aussetzt." Vie künftige LhinapoM Japans Die Neuorganisierung eines unabhängigen chinesischen Staats wesens. Wie „Tokio Asahi Schimbun" ans gnt unterrichteter Quelle erfährt, wird die künftige Chinapolitik Japans auf folgende grundsätzliche Punkte abgestellt sein. Japan werde Wangchingwet uneingeschränkte Unterstützung bet seinen Bemühungen um die Einrich- tuug einer neuen Zeutralregierung gewähren und eine eigene unabhängige Entwicklung nnler Achtung der chinesischen Ober hoheit als Grundlage sür die neue Negierung anerkennen. Demgegenüber sei Japan jedoch an der politischen Zusammen- setzung des neuen China, insbesondere der nenen Regierung, interessiert. Besonderer Werl werde aus die Stellung Nord- chinas und der Mongolei gelegt. Nach dem Zustandekommen der nenen Negierung sei Japan unverzüglich zur formellen Anerkennung nnd Entsendung eines bevollmächtigten Botschafters bereit. Mit der Anerken nung der neuen Negierung werde Japan an die Beilegung des Chinakonflikts gehen Alle Vereinbarungen über die Lösung des Konfliktes ans allen Gebieten des politischen Lebens wür- - den mit der neuen Regierung getroffen werden. Hicsichtlich der innenpolitischen Maßnahmen in China ans allen Gebieten der Knltnr, der Erziehung usw werde die neue Regierung eine unabhängige Politik verfolgen, wobei jedoch Japan zur Unterstützung und Zusammenarbeit bereit sei. Japan werde jede Unterstützung vermeiden, die den Ein druck einer Einmischung Japans in die Innenpolitik Chinas erwecken könnte, wie z, B. die Entsendung politischer Berater. Hinsichtlich der schwierigen Ausgabe der Schnssung einer sinan- ziekien Grnndlagc der neuen Negierung werde Japan aus aus drücklichen Wunsch der Zentralregierung einen Finanzberaier entsenden. Desgleichen werde Japan bei Aufbau Wissenschaft, Technik, technische und personelle Hilse gewähren. Zur wirk samen Gestaltung wirtschaftlicher Zusammenarbeit sei die Bil dung eines sogenannten japanisch-chinesischen Wirtschaftsrates beabsichtigt in Anlehnung au die bereits bestehende Einrichtung zwischen Iapav und Nordchina. FMWrMaWrung ans 16068 Meter höhe Der russische Ingenieur Solodovnik hat die bemerkens werte Leistung vollbracht, aus 10 000 Meter Höhe mit dem Fallschirm abzuspringen. Er hatte zu diesem Zweck einen be sonderen hermetisch verschlossenen Anzug angelegt, der ihm die künstliche Atmung in den höheren Luftregioneu gestattete. Der Sprung dauerte 22 Minuten. Ames Äs aller Welt. Das ganze Büro — ein Pappkarton Ein Schwindelunternehmen, das nur von Wechselreite reien lebte, hatte der 54jährige Halbjude Ernst Herrnstadt iu Berlin-Moabit ausaezogcn. Aus seiner früheren Tätig keit als Direktor einer chemischen Fabrik besaß er noch Ge< schäftsbriefe aus dem Auslande, die er nunmehr Nachdrucken ließ und zur Beschaffung von Krediten für seine „Drogen- grotzhandlung, Ex- und Import" verwandte. Er legte Banke« und privaten Geldgebern fingierte Anstragsschrciben vor und erbeutete auf diesem Wege etwa 50000 RM., die er in Bars oder am Spieltisch in Baden-Baden durchbrachte. Sein gan zes Büro bestand aus einem Pappkarton, in dem die Formulare mit den ausländischen Briefköpfen aufbewahrt wurden. Die 7. Berliner Strafkammer verurteilte den rücksichtslosen Schwindler zu drei Jahren Gefängnis, wäh rend seine beiden „Kompagnons", die in einzelnen Fällen seine Wechsel akzeptierten, amnestiert wurden. Reichstheaterzug spielt vor Soldaten nnd Arbeitern im Osten. In diesen Tagen ist der Reichstheaterzug des Propa gandaamtes der Deutschen Arbeitsfront in die besetzte« Gebiete des Ostens gestartet. Der Reichstheaterzug, der über fünf Jahre eingesetzt ist und der in den letzten Woche« an der Westfront war, wird auch in den besetzten Gebieten des Ostens dankbare Zuschauer finden. Das Programm, das von 25 erstklassigen Artisten bestritten wird, wird für die Soldaten und Arbiter in den nächsten Monaten spielen. Selbstmord ans Verärgerung. Zu einem unseligen Ende führte eine häusliche Auseinandersetzung zwischen Vater und Sohn in Klafeld im Siegerland, in deren Verlauf der Vater den 19jährigen Sohn strafte. Gekränkt und aus Ver ärgerung rannte her junge Mann fort, „um sich den Kopf abfahren zu lassen". Er begab sich anch tatsächlich sofort zur Bahn, und hier fand man später, daß er seine Ankündigung ausgeführt hat. Schreckensnachrichten durchs Telephon. Verschiedene Fami lien in Thale (Harz» wurden durch einen gemeinen Streich in argen Schrecken versetzt. Ein junger Bursche rief von einer öffentlichen Fernsprechstcüe die Familien an. deren Ver hältnisse er genau kannte, um ihnen irgendeine Schreckensnach richt mitzuteilen. In einem Falle behauptete er, daß der Menn verunglückt sei. Die Polizei hat den Uebeltäler fest genommen, jetzt erwartet er die Strafe für seinen Unfug. Ein bedauerlicher Unfall ereignete sich in dem Pommer- schen Orte Loitz. Ein 16jähriger Schlosserlehrling rutschte bei Neparaturacbeiicn in einem Getreidespeicher in die Ablauj- leittma und erstickte unter den Getreidemassen. 726 Stunden in der Luft. Die amerikanischen Flieger Caroll und Schieper landeten wieder auf einem kalifor nischen Flugplatz, nachdem sie nicht weniger als 726 Stunden, also mehr als 30 Tage, sich mit ihrer Maschine in der Luft befunden hatten. Das Tanken und die Verproviantierung während des Dauersluges fanden in der Luft statt. Die Flie ger haben damit eine außerordentliche physische Leistung gezeigt, und auch die Motoren haben eine unerhörte Zerreißprobe bestanden. Kehraus in Karlshorst. Auf der Rennbahn in Berlin- Karls Horst fanden die letzten Nennen des Vereins für Hindernisrennen in diesem Jahre statt. Das 10100. Rennen des Vereins sühne sieben Dreijährige über 3000 Meter. Sie ger wurde der Favorit „Condottiere" unter Jockei Mißling. Dentsch-italienischcs Schauturnen. Die Turner Deutsch lands und Italiens marschierten zu einem gemeinsamen Schauturnen, zum ersten Kriegsländertrefsen, im Dresdener Zirkus Sarrasani auf Man bekam einen turnerischen Lecker bissen nach dem anderen zu kosten und Gipfelleistungen deutsch-italienischer Turnkunst zu sehen. Es gab keine Besiegten in diesem Schauturnen, sondern nur Sieger, die sich allesamt durch hervorragendes Können den jubelnden Beifall der Tau sende von Zuschauern verdient hatten. LaWastwageuMbelgWenSoldalenoerM 3 Tote, 18 Schwerverletzte. Ein schrecklicher Verkehrsunfall, bei dem drei belgisches Soldaten getötet und 18 schwer verletzt wurden, ereignete sich in der Nähe von Hasselt in Belgisch-Limburg. Ein Militär-i lastwagen, in dem sich 28 Soldaten befanden, raste infolge- Versagens der Steuerung mit voller Geschwindigkeit gegen einen Baum und überschlug sich. Ein Soldat wurde aus der Stelle getötet, zwei weitere starben kurz nach der Einlieferung ins Krankenhaus. Von den Verletzten haben vier Soldaten sch schwere Verletzungen erlitten, daß man an ihrem Auskommens zweifelt. irgendwelchen Träumen hingeben. Selbst in diesen Stunden der inneren Unruhe, für die es keine Er klärung gab. Es lag eben im Blut. Doch gegen das Blut hatte es bei denen auf Schloß Markehnen noch immer den Willen gegeben, hart und unbeugsam. Der Wille führte immer zum Ziel. Die Uhren schlugen zwei, silbern, klingelnd. Da streckte Lite sich in den Kissen. Es tat gut, diese Stimm- Hen längst vergangener Zeit zu hören. Man fühlte sich eingebettet in den Schutz eines großen Geschlechtes, Las man nicht verraten durfte, das einen dafür aber umfing mit unendlicher Sicherheit. Das einzige, was man tun mußte, war, sich würdig zu zeigen. Als der Zug mit Wossil Petrowitsch die Grenze pas sierte, schlief Lite längst. Der Mono schwamm sanft über den dunklen Himmel, verwischte die Grenzpfähle Wossil Petrowitsch empfand nicht eher daß er in seinem Vaterland fuhr, bis die ersten russischen Laute an sein Ohr schlugen. * » * Die Nächte waren schwül, als ob es ein Gewitter geben sollte. Der alte Mirko schlich durch die Näumc von Schloß Markehnen, war ein Gespenst, das vor dem eigenen Schritt erschrak. Er hätte etwas darum gegeben, wenn die alte Herrschaft wieder zurück gekommen wäre. Aber Mirko war so lange im Haus daß er sich dessen Wahlspruch: „Haltung in jeder Lage" KU eigen gemacht hatte. Es gab auch keiu Ohr, daß des Alten Sorge zugehört. Den jungen Herrn konntz man von unbegründeter Furcht nichts sagen. Hellmut von Dacherode packte das Leben mrt kräftigen jungen Fäusten, über denen Helle Augen strahlend standen „Dummes Zeug!" Hütte er gesagt. „Nimm am Abend mal einen guten Schluck, es ist dir von Herzen gegönnt, alter Freund. Aber laß mich mit Leinen Ammenmär chen zufrieden." Mirko seufzie. Drunten im Schloßhof tollte Lite mit dem Hund her um. Der Förster war in einer wichtigen Angelegenheit vor einer halben Stunde heraufgekommen nnd hatte Waldi mitgebracht. „Sie bettelt ihm den Waldi doch noch einmal ab!" Mirko stellte seine Betrachtung an, die nicht so ganz unrecht war. Denn Karl Heger meinte vorhin, als er dem Mädchen den Hund zur Aufsicht übergab: „Eigentlich könnte Waldi ja wirklich seinen i Stammplatz in Markehnen finden." Das war bei Lem schweigsamen Mann so gut wie ein überreichtes Ge« schenk. Lite zog den heißgeliebten glänzend schwarzen Dackel jubelnd auf den Arm, würgte ihn ab, daß der Förster sein Geschenk fast bereute. Doch er wußte, nach dieser ersten allzu stürmischen Liebesbezeigung, der Waldi mit einem gefährlichen Blecken der Zähne selbst ein Ende bereitete, würde er keine treuere und be- ! sorgtere Herrin finden als die Komteß Elisabeth. ! Sie pfiff jetzt dem Hund, tief drinnen im Park hatte sie sich ein Fleckchen eingerichtet, eine breite bequeme Lchaukel, die sie bis in die Baumwipfel hinauftrug« Aber man konnte hier auch still sitzen und träumen, j unendlich viel denken. Hier hatte das Mädchen auch den ersten und bis jetzt einzigen Brief von Wossil Pe trowitsch erhalten. Er schrieb zwei Tage nach seiner Ankunft in Petersburg, also am gleichen Tag, da die Schüsse von Serajewo die Welt aufhorchen ließen. Der Brief war kurz. Er fragte an, wann ihre Eltern aus England zurückkehrten. Es stand überhaupt eine be klemmende Besorgnis zwischen den Zeilen. „Ein Träumer ist er!" Lite verwahrte den Brief in ihrem Geheimfach, wo er gleich den anderen unschul digen Geheimnissen ihres jungen Lebens ruhte. Sie hatte den Brief sogar vor dem Bruder verborgen, ob wohl keine seiner Zeilen von einem Geheimnis sprach« ^Nicht, du, er ist ein feiner Kerl, der Wossil Petro witsch!" Das Mädchen beugte, auf der Schaukel sitzend, sein bräunliches Gesicht so tief zu dem Hund auf ihrem Schoß herab, daß ihre weiche Wange das seidig-glän zende Fell berührte. ! Waldi hob aufmerkend den Kopf. Er war schon ein verstanden mit Wossil Petrowitsch. Obschon er es wohl lieber gehört, wenn seine neue Herrin ihn von Ritt meister von Plessow unterhalten hätte. Seit Wochen bereits war sein Urlaub zu Ende. Aber Waldi wußte es mit sicherem Instinkt, saß er im Spätherbst wieder kam, um auf die Jagd zu gehen. Er hätte sich gerne dazu geäußert. Dow selbst ine so tierliebe Lite verstand seine Sprache nicht immer. Da zog er es vor, den Kopf m ihren Schoß zu schmeicheln und sich die warme Augustsonne auf das Fell scheinen zu lassen. Lite nahm das für Zustimmung anf ihre Frage. Nur eins wunderte sie, daß Wossil Petrowitsch ihr nie wie der geschrieben hatte. Auch Hellmut hatte keinen Gruß , von ihm erhalten. 1 fFortkehuna ko!M .
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