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Dev schlesische Apollo. Hrimin»lfki;;e von tzans-Sberkarck v VeNer. Der blaue Rauch der Importen zog duftschwer und Kreise bildend über die Kopse der beiden Ätönner dahin, die vor dem Schachbrett saßen. Die geschnitzten Elfenbeinfiguren schimmerten cm matten Licht der Lampe. Professor Hellmann hatte soeben einen gewagten und doch wohlüberlegten Zug getan. Jetzt lehnte er sich behaglich zurück- und wartete gespannt, was der Gegner unternehmen würde. Kommissar Süring starrte auf die Figuren, blickte dann mit seinen grauen, durchdringenden Augen zu dem Freunde hin, der zur abendlichen Schachpartie in seine Wohnung gekommen, und brummte etwas in sich hinein. Er brauchte diese Partie Schach, denn sie lenkte seinen rastlosen Geist ab. Besonders wenn er einen schwierigen Fall unter den Händen hatte, tüt ihm das Spiel gut. Um so klarer und schärfer sah er dann. Doch heute konnte ihn das Spiel nicht fesseln. Selbst der gewagte Zug des Freundes brachte ihn nicht von den Gedanken ab, die wieder und immer wieder sein fieberhaft arbeitendes Hirn kreuzten. Da war seit Wochen die Geschichte mit den gestohlenen Modellzeichnungen der großen Flngzcug- firma — der Fall, an dem man sich mal wieder die Zahne ausbeißen konnte. Es ging und ging nicht vorwärts! Der Wandtresor im Hause des Chefs der Firma war erbrochen, die Zeichnungen verschwunden. Das Werk setzte eine Riescn- belohnung aus. Doch alle Kunst schien vergebens. Nichts war bisher erreicht. Kein Anhalt, keine Spur fand sich — nichts, nichts. Dunkel ringsum — da sollte der Teufel wissen, was man anfangen sollte. „Na, frisch auf, Süring! Du bist an der Reihe." Finster blickte der Kommissar auf das Schachbrett. Der entscheidende Zug, das war es, der entscheidende Zug! Er strich die Asche seiner Zigarre ab. Hellmann lächelte. Er kannte den Freund. Der war wieder einmal ganz abwesend und fern. Ein Rätsel mußte ihn stark beschäftigen ... In diesem Augenblick schwebte' ein Schmetterling durch die Bläue des Rauches, durch das flimmernde Licht. Hellmann sah verdutzt auf das dahingaukelnde Tierchen. „Wie kommst du denn zu diesem Schmetterling? Schau einer an, ein Schle sischer Apollo!" Der Sammler wurde in ihm lebendig, er haschte geschickt nach dem Schmetterling. „Stimmt nicht. Bin ich doch wirklich im ersten Augen blick hereingefallen. Das ist kein echter, kein Schlesischer Apollo aus den Riesenbergen... Aha, Peter Stöckel, ich erkenne ihn, die alte Sache, aus die so viele Sammler hereinfallen." Süring starrte unverwandt auf den Schmetterling. „Gewiß kann man sich täuschen. Beide haben auf weiß lichem Grund in den oberen Flügeln fünf schwarze Punkte und in den unteren je zwei rote Punkte mit schwarzem Kreis. Aber bei dem Schlesischen Apollo ist die Farbe der roten Augen viel leuchtender und eindringlicher, der schwarze Kreis, der sie umgibt, breiter. Dieser Apollo hier — übrigens ein gut aus- gekommen.es Exemplar! — ist Natürlich aus der Schweiz, und der gute Peter Stöckel har dir'die Puppe verlaust, als echten Schlesischen Apollo natürlich. Seit wann gehörst du übrigens auch zu den Schmetterlingssammlern?" Hellmann betrachtete entzückt den Schmetterling. „Man findet den Apollo auf dem Balkan", fuhr er fort, „in den Karpathen, im Wiener Wald, in Bayern und eben viel in der Schweiz. Doch der Schlesische Apollo übertrifft sie alle an Schönheit. Leider ist er fast ausgestorbcn. Daher das Geschäft mit den eingeführten Puppen... Mein guter Stöckel verdient damit gewiß ganz schön." Süring saß unbeweglich. Er hörte Hellmanns dozierende Stimme aus weiter Ferne. Er sah sich vor dem erbrochenen Tresor, erinnerte sich wieder, wie er das Personal verhörte, schließlich wieder und wieder das Zimmer absuchte und die Puppe unter dem Schrank fand, sie gewohnheitsmäßig zu sich steckte. Ein Nachtschmetterling, der sich verpuppt. Was war das weiter? Und doch legte er die Puppe vorsichtig daheim in die Schale auf dem Kamin. Er hatte sie bald vergessen. Aber nun — der Schmetterling! Sürings Züge hatten sich aufgehellt. Er spielte gemütlich Schach, hin und wieder sah er zu dem Schmetterling hin, der auf dem Rande des Klubsessels Platz genommen. 'Hellmann fragte nicht viel. Süring war der sonderbarste Kauz. Daß er jetzt.sogar Schmetterlinge sammelte... Wunderbar! Süring tat rasche Züge und setzte Hellmann matt. Er lachte befreit. Dann paffte er blaue Wolken zur Decke empor: Jener Stöckel mußte im Hause des Flugzeugfabrikanten gewesen sein, im Zimmer mit dem Wandtresor; gewiß trug er stets Puppen bei sich; ein Schächtelchen fiel ihm aus der Tasche, er nahm es hastig auf, die Puppe glitt unter den Schrank, er bemerkte es nicht, denn er war in höchster Erregung und Spannung, weil... Süring rieb sich die Hände und blickte fast zärtlich auf deu kleinen Schmetterling nieder. — Im Nachtschnellzug nach Zürich saß wenige Tage später Peter Stöckel. Er hielt eine lederne Mappe aus den Knien. Seine dünnen Finger lagen wie fest geschmiedet um die Tasche. Der Zug raste durch die Nacht. Die Grenze kam, Zollrevision, Paßkontrolle. Ein Lächeln huschte um die Lippen des Mannes: Drüben lag die Schweiz. Da legte sich ihm eine Harle Hand ans die Schulter. Kommissar Süring stand hinter ihm. Mit festem Griff nahm er dem verstört Aufblickenden die Leder mappe aus den Händen. „Die neusten Flngzugkonstruktionen bleiben im Lande", sagte er mit beißender Ironie. „Sie hatten bei Schmetter lingen bleiben sollen." — Kommissar Süring war und wurde kein Schmettcrlings- sammler. Aber den Parnasius Apollo hatte er doch unter Glas. Er zeigte ihn gern, und noch lieber erzählte er die Geschichte, ine sich daran knüpfte. Das VohtwlifeK. Eine fröklicke Geschickte om Peter Paul Kobens. Von 9. vrolte-hülskoff. Es war hauptsächlich der ehrenwerte Nat Pleter Ger- vaerts, der seinen Freund Peter Paul Rubens durchaus zu einer Eheschließung mit der reichen Antwerpener KausmannS- tochter Jantje van Doelen überreden wollte. Meister Rubens mochte aber nicht viel davon hören. Ihm gefiel eine ganz andere: die hübsche, junge Helene Fourment, deren blühender Gestalt, wenn sie irgendwo auftauchte, der Künstler stets mit Vergnügen nachzublicken pflegte. Doch Pieter Gervaerts bewies ihm mit dürren Wortes daß eine Verbindung zwischen Peter Paul, dem fünfzigjährigen Witwer, und dem blutjungen Mädchen Helene blanker Unsinn sei. Die passendste Ehefrau für ihn wäre einzig und allein die Mitte der Dreißigerjahre stehende Jantje van Doelen. Sie gelte als überaus tüchtige Wirtschafterin, bekomme eine beträchtliche Mitgift, verstünde es ausgezeichnet, einem großen Hauswesen vorzustehen, sei „Nicht hübsch und eine alte Jungfer!" unterbrach Mei ster Paul lachend die wohlmeinende Rede seines Freundes. Der schüttelte ärgerlich den Kopf. Was Rubens denn noch wolle? In seinen vorgerückten Jahren? Ueberhaupt und dann begann er wieder alle Vorzüge der Jungfer Jantje zu Preisen und brachte Meister Peter Paul endlich doch dahin, daß er versprach, sich die Sache reiflich zu überlegen. Am anderen Tag besuchte Pieter Gervaerts die tüchtige Jungfrau Jantje van Doelen im prunkvoll eingerichteten Kaufmannshause ihres Vaters, erzählte allerlei von seinem alten Freunde Rubens und redete ein wenig hin und her. Jantje war klug, sie begriff sofort, um was es hier ging, und meinte mit freundlichem Lächeln, es würde sie und ihre Anverwandten sehr freuen, wenn Ohm Gervaerts und sein Freund Rubens an der Feier des Bohncnfestes in ihrem Hause teilnehmcn wollten. Worauf der gute Pieter Gervaerts sich beeilte, seinen Freund in Kenntnis zu setzen. — Das Bohucnfcst war ein lustiges Spiel, an dem sich in ganz Holland, in Belgien und am Rheine nach altem Brauch an einem der ersten Sonntage des Jahres alt und jung zu erfreuen pflegten. Im ländlichen Bauernhof, in den Schenken der Vor städte wie in den reichen Patrizierhäusern backte man an diesem Tage den leckeren „Königskuchen" und lud zu dessen Vertilgung möglichst viele Gäste ein. Beim Backen wurde eine dicke Bohne in den Teig versenkt, und wer von den Gästen später in seinem Kuchcustück diese Bohne fand, erhielt die Würde des „Bohnenkönigs". Man hob ihn unter Scherzen und Lachen dreimal in die Höhe, setzte ihm eine Krone aus Flittergold aus, er mußte sich hierauf unter den anwesenden Damen eine Königin erwählen und war nun die Hauptperson bei dem festlichen' geselligen Treiben, das bis zum Morgen grauen währte... Dieses Bohnenfest wurde auch im Hause des reichen Kauf mannes van Doelen der Sitte gemäß alljährlich gefeiert. Jungfer Jantje traf alle festlichen Vorbereitungen mit größ ter Umsicht und mischte beim Backen des Königskuchens die Bohne eigenhändig unter den Teig. Und zwar an erster ganzs bestimmten Stelle,, die sie sich genau merkte. Als der Kuchen fertig war, verzierte sie ihn mit kunstvollen Zuckerfiguren und eingelegten Früchten, wobei jenes Plätzchen, wo die schicksal bestimmende Bohne sitzen mußte, eine besonders große kandierte Nuß als Zeichen erhielt. Am Abend des Bohnenfestes strahlten die schöne« Räume im Hause des Kaufmanns van Doelen im Lichte von Hunderten von Wachskerzen. Eine große Gesellschaft lachender und plaudernder Menschen war versammelt und wartete mit Spannung, wen das Schicksal zum Bohnenkönig ausersehen würde. Auch Meister Rubens befand sich unter den Gästen; und die vielen heiteren Leute, die Fülle von leuchtenden Farben und Lichtern verscheuchten ein wenig die unbehagliche Stim mung, in der er van Doelens Haus betreten hatte. Die Silberplatte mit dem riesenhaften Königskuchen wurde mitten auf die Tafel gestellt. Jungfer Jantje schnitt ihn selbst in Stücke und verteilte diese auf die Teller der Gäste. In erwartungsvoller Neugierde begann man zu schmausen. Meister Rubens steckte ein großes Stück seines Kuchens in den Mund und spürte plötzlich erwas Hartes: die Bohne!! Er erschrak und behielt das Ding ein paar Sekunden unschlüssig zwischen den Zähnen. Alle möglichen Folgen des Bohnen königtums fielen ihm ein: Er mußte natürlich die Tochter des Hauses zur Königin erwählen, das erforderte schon die Höf lichkeit. Und wenn sie erst einmal für diesen Abend seine „Königin" war... Meister Peter Paul sah scheu zu Jantje van Doelen hinüber. Steif saß sie auf ihrem Sessel. Die reiche Kleidung konnte ihre dürftigen, altjüngferlichen Formen nur wenig verbergen; und wenn sie lachte, bildeten sich viele kleine Fält chen um ihren Mund. „Säuerlich — als ob sie in eine Zitrone gebissen hätte!"' dachte der Künstler. Da hob Jungfer Jantje auf einmal den Kopf, und Rubens begegnete ihrem gespannt und lanernd ans ihn gerichteten Blick. Blitzschnell stieg ein Verdacht in ihm auf: Wußte sie womöglich genau, daß sich die Bohne in winem Kuchenstück befand? Na warte! Meister Peter Paul griff rasch nach seinem Weinglase, tat einen kräftigen Zug — und fort war die Bohne! Sie kratzte zwar ein wenig cm Halse und drückte auch etwas im Magen, aber das schadete nichts. Meister Rubens verspeiste seinen Kuchen trotzdem mit bestem Appetit bis znm letzten Krümel und freute sich, daß Jantje van Doelens Miene von Minute zu Minute enttäuschter schien. Alle Gäste wunderten sich sehr, als du Bohne in keinem der Kuchcustücke zum Vorschein kam. Man glaubte, ^aß sie aus Versehen nicht mit eingebackcn worden sei, und der Meister ließ alle ruhig bei dieser Meinung. Schließlich verlief das Fest »uch ohne Königswahl so vergnügt wie nnr möglich, und Rubens war einer der lustigsten Gäste. Nur Jungfer Jantje saß mit ärgerlich znsammengekniffenem Munde steif und würdevoll in einer Ecke. Der Maler aber wanderte im grauenden Morgen sehr zufrieden nach Hause. Einige Zeit später heiratete er, allem Kopfschütteln seiner Freunde zum Trotze, die blühend junge, schöne Helene Fourment, die dem genußfrohcn Künstler einen neuen Lebens- und Kunstfrühling schenkte und ihn noch ein mal zur höchsten Anspannung seiner schöpferischen Kraft begeisterte. Der Baktenenfresier und die junge Luzerne. lieber höchst interessante Beobachtungen an den Knorren, Wurzeln und Siengetn der Hüljcnfrüchte berichtete jüngst der Gelehrte A. Demolon auf einer wissenschaftlichen Tagung. Man Halle bei dielen Pflanzen Bodenmüdigleit festgestellt. Und es handelte sich darum, die Ursache oieser Erscheinung zu er mitteln. Die sand sich bei der Luzerne rn der Gestalt eines Baktenensrefsers. Der ist regelmäßig nicht in der sungen Pflanze, >ondern vor allem in den älteren Knöllchen festzustellcn. Aus jungen Feldern lral dieser Bakteriophage nicht auf. Aber es fanden sich ähnliche auch m anderen Leguminosen. Jodhaltige Medaillons. Seit einiger Zeil wird im In- und Anslande lebhaft für das Tragen sogenannler Jodmedaillons geworden, also einer Art Medaillon, das Jod enthält und das Sen Träger oder Vie Träge- nn gegen Erkältungen, Rheumatismus und zahlreiche andere Krankheiten tchützen soll. Es bleibe dahingestellt, ob Vie Medail lons tatsächlich Sie ihnen ,»geschriebene heilkräftige Wirkung Haden; es muß aber voraus hingcwiesen werden, daß ihre Be nutzung ntchi ohne >ede Gefahr ist. So berichteten erst kürzlich die englischen Aerzie Kläber und Archer von einer siebenund- vreißigjährigen Frau, die ein Medaillon der erwähnten Art am Halse trug. "Sie erkrankte an einem Hauiausschlag, der nur auf vaS Jod zurückqesührl werden kann. Das ergibt sich voraus, daß er fofort verschwand, als die Frau das Medaillon für einige Tage nicht trug. Eine gewisse Vorsicht ist bei den Joömedaillons jedenfalls am Platze. Die Adols-Hitler-Brücke über den Rhein. Bei Krefeld geht die Adolf-Hitler-Brücke über den Rhein ihrer Fertigstellung entgegen. Die Brücke soll im Frühjahr dem Verkehr übergeben werden. Sie verbindet das Ruhrgebiet mit der linken Niederrhein-Auwbahnstrecke. (Atlantic — M.) Langsam, aber sicher! Hier probiert eine junge Sportlerin !n Garmisch-Partenkirchen Skijöring auf eine neue Art. (Weltbild — M.)