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MNnOrTagebküt Nationale Tageszeitung für (andwirtschast und Dal „Wilsdrusser Tageblatt' erscheint werktags nachm. 4 Uhr Bezugspr. monatl 2RM. frei Haus, bei Postbestcllung 1,80 RM. zuzügl. Bestellgeld Einzelnummer >0 Rps Alle Postanstalten, Postboten, unsere Austräger u. Geschäftsstelle nehmen zu jeder Zeit Be- .. ,, . stellungen entgegen. Im Fall-höherer Gewalt oder Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend sonstiger Betricbsstörun. gen besteht kein Anspruch aus Lieserung der Zei ¬ tung oder Kürzung des Bezugspreises Rücksendung eingesandter Schriftstücke ersolgt nur, wenn Rückporto bciliegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreise laut aufNegender Preisliste Nr. 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Die Leiter der Außenpolitik Großbri tanniens sind in der nächsten Zeit mit Fragen be schäftigt, die für das britische Weltreich von einschneiden der Bedeutung sind. Da gibt es die französisch-russische Annäherung, die Sorge um die Olsperre und über die Zusammenschlußbestrebungen in der islamitischen Welt, das Scheitern der Flottenkonferenz — alles Fragen, die eine Neuorientierung der englischen Politik erforderlich machen und Großbritannien vor sehr schwierige Ent scheidungen stellen. Eine der wichtigsten dieser Fragen ist unbedingt die Bündnispolitik, die Frankreich im osteuropäischen Raum angebahnt hat. Während bisher Frankreich be müht war, wenigstens nach außen hin, als Grundlinie seiner politischen Bestrebungen in Europa den Völker bundspakt erscheinen zu lassen und bei seinen zahlreichen Verträgen mit anderen Staaten die Bezeichnung „Bünd nis" peinlich vermied, ist jetzt in einem Aufsatz des fran zösischen Politikers Saint Brice eine für die Zu kunft bemerkenswerte Wendung angekündigt worden. Stach seiner Auffassung sind die Erfolge der französischen Völkerbundspolitik rein theoretischer Natur. Aus diesem Grunde habe die französische Regierung auf festere Staatengruppen znrückgreifen müssen und habe daher auch den Pakt mit den Sowjets abgeschlossen. Dieser Pakt bereitet der englischen Öffentlichkeit, da er ein bündnis gleiches Gepräge trägt, erhebliche Sorgen. Das kommt deutlich zum Ausdruck in einer Zuschrift des englischen Politikers D. G. Williams ay die große Londoner Zeitung „Times", in der Williams schreibt: „Ter Wann auf der Straße ist der Ansicht, daß der französisch-russische Pakt lediglich ein Teil eines Planes für die Einkreisung Deutschlands ist. Mit dieser Meinung hat der Mann aus der Straße nicht völlig Unrecht. Man unterzeichnet nicht Pakte im Reiche der Phantasie. Aber auch als ein bloßer Fetzen Papier stellt der Pakt erneut eine europäische Feindseligkeit gegenüber einer Nation in Europa dar." Man ersieht aus dieser englischen Äußerung, daß in einem großen Teil des englischen Volkes ernste Besorgnisse wegen des französisch-russischen Paktes herrschen, die nicht ohne Eindruck auf die englische Regierung bleiben dürften. Um die Entscheidung in der Frage der Ol- sperre gegen Italien scheint die englische Negierung herumzukommen. Die Genfer Sachverständigen haben einen platonischen Bericht verfaßt, der die großen Schwie rigkeiten einer Olsperre betont. Tie Frage der Olsperre versickert langsam nn Sande. Es ist daher erklärlich, daß auch der Ton der englischen Presse darauf abgestimmt ist, die „Olsperre sei schwerlich durchführbar", wobei man deutlich ein leises Aufatmen in der englischen Presse zu verspüren meint. Aus dem ScheiternderFlotten- konferenz hat dagegen die englische Regierung bereits die notwendigen Folgerungen gezogen. Sie bestehen in der gewaltigen Aufrüstung zur See und in der Luft, wie sie aus dem gewaltigen englischen Rüstungsprogramm be- kanntgcworden ist. Schließlich ist es die Frage der Zusammen- schlutzbestrebungen in der islamitischen Welt, die die englische Regierung vor Entscheidungen stellt. Diese Bestrebungen sind vorhanden in Syrien, Palästina, Transjordanien und im Irak, unter der Be völkerung des britischen Kaiserreichs Indien, und sie tragen in Ägypten den Charakter einer nationalistischen Unabhängigkeitsbewegung, die zu entsprechenden Ver handlungen in Kairo demnächst führen wird. Groß britannien beherrscht die Völker des Islams mit großer politischer Geschicklichkeit, indem es die verschie denen Bestrebungen dieser Völker gegeneinander aus spielt. Es fördert die wirtschaftliche Entwicklung und macht scheinbare Zugeständnisse auf dem Gebiete der Selbständigkeit. Dabei hält es aber in wichtigen Fragen immer die Zügel fest in der Hand. Sein poli tisches Ansehen in der Welt, das aus seiner Seemacht be gründet ist, die Macht des Sterlings und die raffinierte Politik seiner Vertreter tun das übrige. Aber das braucht nicht immer so zu sein. Die Entwicklung der mohammedanischen Völker geht auf einen Zusammenschluß hinaus, der ihnen ein höheres politisches Ansehen, größere militärische und wirtschaftliche Macht verleihen soll. Wenn diese Entwicklung auch noch im An fangsstadium steht und noch große Schwierigkeiten zu überwinden hat, so wäre es doch ein schwerer Fehler der englischen Regierung, ihre Bedeutung zu unterschätzen. Die englische Regierung tut dies gewiß nicht. Sie Weitz vor allem, datz ein europäischer Krieg die schwersten Gefahren in den englischen Kolonien und Mandatsländern für ein durch einen Krieg geschwächtes England herbei führen würde. Aus diesem Gedanken heraus sind die englischen Bemühungen zu verstehen, dem Drängen Frank reichs und Sowjetrußlands nach politischen Verwicklun gen in Europa einen kräftigen Riegel vorzuschieben. Jie dritte Goldmedaille ilir MWM Der Führer als Zuschauer bei den Olympia-Kümpfen Bis zum Schlusstag am Sonntag ist jetzt in Garmisch- Partenkirchen Grosstampsstimmung. Die Ereignisse jagen einander. Eishockey, Sprunglauf, Paarlaufen und Schnell lauf über 1508 Meter. Das war das Programm für Donnerstag. Die Goldmedaillen werden jetzt täglich mehr mals errungen. Die Begeisterung der Zuschauer steigert sich bis zum Siedepunkt. Man eilt von einem Ereignis zum anderen, um nur nichts zu versäumen. Und über dem Kampsseld strahlt eine herrliche Sonne. Zum Wochenende strömen immer neue Massen in die Olympiastadt. Die Autokctte reisst gar nicht mehr ab. Selbst die Erkenntnis, datz im ganzen Werdcnselser Tal kein Bett mehr frei ist, kann die Begeisterten, die unbedingt dabei sein wollen, nicht abschrecken. Die nicht in Garmisch-Partenkirchen Unterkommen, bleiben eben in München und fahren täg lich zur Kampfstätte. Die Reichsbahn hat auf die Untcr- bringungsschwierigkeiten weitestgehend Rücksicht genom men. Sie bringt die auswärtigen Gäste alle heim, und der letzte Zug in Richtung München fährt erst dann i» Gar ¬ misch ab, wenn alle Wettkämpfe vorüber sind. Man braucht nicht einmal im Galopp zur Bahn z.u laufen. Am Donnerstag bekamen die Olympischen Spiele ein besonderes Gepräge dnrch den Besuch des Führers und Reichskanzlers. In Begleitung Dr. Goebbels', des Reichssportführers und Dr. Ritter von Halts, des Präsidenten der Winterspiele, erschien der Führer im Skistadion. Schon vorher hatte er sich im Eis stadion das Eishockeyspiel England—Ungarn angesehen. Als die Menge Hitler erkannte, setzte ein unbeschreiblicher Jubel ein. Lange weilte der Führer aus dem Balkon des Olympiahauses und sah sich die Sprünge von der Kleinen Schanze an, die die Entscheidung im Skisprunglauf der nordischen Kombination brachten. Auch Ministerpräsident Göring, Stabschef Lutze, Botschafter von Ribben trop, Staatssekretär Pfundtner, Reichsleiter Dr. Ley sahen mit Spannung von der Tribüne den Kämpfen zu. Vom Skistadion begab sich der Führer wieder ins Eisstadion, um dem Paarlaufen zuzusehen. Triumph deutschen Eiskunstlaufes: Herber-Baier gewannen das Paarlaufen Die dritte Entscheidung des Tages fiel am Nach mittag mit dem Paarlaufen im Knnsteisstadion. Der Führer hatte sich mit anderen Mitgliedern der Reichs- rcgierung zu diesem wertvollen Wettbewerb eingcsundcn, der mit einem großen deutschen Sieg endete. Das zweimalige Europameisterpaar Maxie Herber und Ernst Baier gewann das Paarlaufen trotz der schweren Konkurrenz der ausländischen Paare, unter denen sich auch die viermaligen Weltmeister Rotter- Szollas befanden. Damit hat Deutschland seine dritte Goldmedaille bei diesen Olympischen Winterspielen gewonnen. Die nächsten Plätze besetzten Geschwister Pausin (Österreich) und Rotter-Szollas (Un garn) mit knappem Abstand. Die Enlscheidung im Paarlaufen, die wieder vor rest los gefüllten Tribünen im Kunsteisstadion vor sich ging, brachte einen Kamps, wie man ihn sich spannender nicht denken kann. Es ging dabei um Zehntelpunkte, und nur die Punktrichter selbst waren in der Lage, zu ent scheiden, welches Paar tatsächlich die besten Leistungen zeigte. Als erstes Paar starteten die Kanadier Ger- land-Sweatman, die vielfach als heiße Favoriten angesehen wurden. Wie auch nachher alle anderen Paare, liefen die Kanadier erst vor die Mitteltribüne, um den Führer zu grüßen. Dann zeigten sie ihr oftmals recht artistisches Programm, das von den Richtern mit einer Durchschnittsziffer von etwa 4,5 Punkten (bei best möglichen 6 Punkten) bewertet wurde. Nach dem schwachen lettischen Paar lief das englische Ehepaar Cliff, das bei den Europameisterschaften den zweiten Platz besetzt hatte. Sie.erhielten immer wieder während ihrer Darbietunaen Die Olympiasieger im Paarlaufen. Maxie Herber und Ernst Baier in ihrem wunderbaren Lauf. (Wagenborg-Archiv.) starken Applaus. Die Richter werteten sie knapp Wer 5 Punkte. Nach der Vorführung des belgischen Paares traten die Deutschen und Europameister Maxie Herber und Ernst Baier in die Arena. Frl. Herber trug ein silbergraucs, schwarz ausgefüttertes Kostüm mit einem schwarzen Barett dazu, während Ernst Baier ganz in Schwarz gekleidet war. Nach dem Gruß zum Führer begannen sie mit ihren Vorführungen, zu denen die eigens für diesen Lauf komponierte Musik des Komponisten Zeller gespielt wurde. In wunderbarer Haltung und ganz exakter Durchführung zeigten sie ihre Kür, alle Sprünge und gemeinsamen Figuren klappten restlos gut. Totenstille herrschte während ihres Laufes in dem weiten Stadion. Als sie mit der voll endeten Schlußfigur ihren Laus abgeschlossen hatten, brauste minutenlanger Beifall aus. Die Welt meisterin Sonja Henie lief aus Maxie Herber zu, umarmte und küßte sie und schüttelte Baier begeistert die Hände. Mit einem Wcrtungsdurchschnitt von etwa 5,6 Punk ten hatten die Deutschen das bis dahin weitaus höchste Ergebnis aufzuweisen. Nach den Vorträgen eines österreichischen und de- zweiten kanadischen Paares, die beide nicht sehr hoch be wertet werden konnten, weil es besonders in der Haltung und exakten Durchführung ihres Laufes mangelte, starteten die Norweger Bakke-Christensen und das unga rische Geschwisterpaar vonSzekrenyessy, von denen die Ungarn mit einem Durchschnitt von etwa fünf Punkten recht gut abschnitten. Nach ihnen betrat, lebhaft begrüßt, das Weltmeisterpaar Rotter-Szollas (Ungarn) die Eisfläche. Sie führten ihr ganz harmonisch aufeinander abgestimmles Programm mit herrlicher Leichtigkeit und Eleganz vor, zeigten auch eine ganze Reihe von Schwierig keiten, die der Weltmeister würdig waren. Großer Bei fall belohnte sie für ihre Vorführungen. Die Stimmen der Richter brachten Wertungen zwischen 5,3 und 5,7 Punkten, so daß erst das offizielle Endergebnis die Heitz erwartete Entscheidung über den olympischen Sieg im Paarlaufen bringen konnte. Nach ihnen startete das amerikanische Ge schwisterpaar Madden, das für seine hübschen Vor führungen eine Bewertung von etwa 4,5 Punkten bekam. Die Amerikaner Vinson und Hill waren die nächsten Läufer. Sie bekamen eine verhältnismäßig gute Note, obwohl sie offenbar besser im Einzel- als im Paar laufen sind. Das deutsche Paar Pra witz-Weiß, das erst seit diesem Winter zusammen läuft und recht an sprechende Leistungen zeigte, erhielt ebenfalls viel Beifall. Mit dem österreichischen Geschwisterpaar Ilse und Erich Pausin starteten dann die schärfsten Konkur renten der beiden Deutschen Meister. Ilse Pausin ist mit 14 Jahren noch ein Jahr jünger als Maxie Herber, und ihr Bruder zählt auch erst ganze 16 Jahre. Frl. Pausin trat in einem blauen Atlaskleid und ebenfalls blauem Kopfschmuck auf. Ihr Programm war mit überraschenden Figuren und Sprüngen gespickt, die aber niemals in das Artistische ausartetcn. Zum Schluß klang ihr Lauf in einen Wiener Walzer aus. Die Zuschauer waren sehr beifallsfreudig, und dieser Ap plaus steigerte sich zu einem Orkan, als die beiden Jugendlichen zum Schluß vor die Ehrentribüne traten und den Führer mit dem Olympischen Gruß be grüßten, Die Richter bewerteten den Lauf der beiden