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Gegen jeden Angriff geschützt jOer Westwall macht Deutschlands Westgrenze unverwundbar-Front in Beton und Stahl vom Mederrhein bis Basel Die unerschrockensten Soldaten mit den besten Wassen stehen zur Verteidigung der deutschen Heimat bereit Der Westwall ist ein GemeinWastswerk im tiefsten und edelsten Sinne des Wortes: Vom schöpferischen Geist des Führers erdacht, erging sein Befehl, diesen gewaltigen Schutz deutschen Grenzlandes zu errichten. Die besten Köpfe der Wehrmacht vereinten sich in der Planung dieses Werkes. Mehr als eine Million Menschen stellten sich an den Baustellen und in der Industrie freudig zur Ver fügung, um durch ihre unermüdliche Arbeit den Plan Wirklichkeit werden zu lassen. Der Pionieroffizier, der Konstrukteur am Zeichentisch, der Unternehmer und Arbei ter— vor allem der Arbeiter — sie alle gaben ihre Kräfte her, ihre letzten Kräfte, so oft es sein mutzte, um das Werk zu vollenden. Am 28. Mai 1938 erging der Befehl des Führers, der jene gewaltige Organisation des Planens und der Vor bereitung in Bewegung setzte, und Anfang Juli stachen die ersten Spaten und Hacken in die Erde, fprengten die ersten Ladungen Dynamit Felsen auseinander. Heute, nur wenig mehr als ein Jahr später, ist der Westwall schon vollendete Wirklichkeit: das stärkste Befestigungs- shstem aller Zeiten und Völker, ein unüberwindbarer Riegel für jeden Angreifer. Viel haben Opferbereitschaft und einsatzfreudige Energie des deutschen Volkes in den letzten sechs Jahren geschaffen; der Westwall ist die Krönung, auf die Führer und Volk gleichermaßen stolz sein dürfen. Stolz auf ein gelungenes Werk von Geist und Hand, stolz vor allem, weil dieses Werk ein starkes Unterpfand des Friedens ist und — wenn es sein muß — in einem von den Feinden erzwungenen Krieg ^-">js<*'landL Westgrenze unbezwing bar macht. Fünf Minnien Feuerzaube» Jeder alte Feldsoldat, der draußen im Westen oder Osten im Trommelfeuer gelegen hat und im Peitschen der MG.-Garben gegen einen Trichter oder Graben gestürmt ist, hatte einen Wunsch. Er wollte, sobald die Hörner „Das Ganze halt!" bliesen, von einem Berg oder aus dem Korb des Fesselballons einen Blick über dis eigene und die feindliche Stellung werfen, um Gräben und Nester und Stände zu überschauen und die geheimnisvolle Systematik ihres Wirkens zu ergründen. Da liegt ein Berg im westlichen Grenzland. Weit schweift von seiner Nase der Blick über das Tal und den gegenüberliegenden Hang mit seinen Wäldchen und Wiesen und Feldern, von denen das letzte Korn abgefahren ist. Im Süden schmiegt sich ein Dorf an den Bach im Tal. Friedliches und schönes Land im frühherbstlichen Sommer, der uns bezaubert. Eine rote Leuchtkugel steigt plötzlich von der Bergnase auf, eine grüne Leuchtkugel folgt und eine blaue. Und ehe wir uns Gedanken darüber machen können, welche Bedeutung diese bunten Zeichen haben, entflammt auf den gegenüber liegenden Hängen ein wahrer Feuerzauber. Notes Licht an rotes Licht über eine Länge von etwa zwei Kilometern und ebensoviel Tiefe; grelles grünes Licht sticht überall aus dem Rot hervor, und blaues. Es sind viele hundert Flammen, die da auflodern, wir können sie nicht zählen. Hier wird dem alten Frontsoldaten der Wunsch er füllt, er sicht die Nester und Stände des Kampfes, nur nicht aus dem Weltkrieg, sondern einen schmalen Aus schnitt aus dem Westwall. Denn diese Lichter zeigen die Lage der in diesem Abschnitt liegenden Werke an: rot die leichten, mittleren und schweren der Infanterie, grün die Panzerabwehr und blau die Artiller«'. Aus jeder Ge- ländefalte, aus den gelben Stoppeln und grünen Wiesen, von den Waldrändern und aus den Wäldchen selbst und dem Dorf leuchtet es auf, und sogar hinter den Hängen ist der Feuerzauber entflammt. Die Erde scheint mit Werken zugedeckt. Und so ist es in der Tat. Betondecke an Betondecke, Panzerkuppel an Panzerkuppel — Infanterie und Beob achter, MG., Panzerabwehrkanonen und leichte Geschütze verbergen sich unverwundbar darunter. Regellos sind sic scheinbar über die Hänge gestreut und doch in einer über- legcnen Systematik. Jedes Werk ist ein Steinchen, der Ab schnitt ein kaum erkennbarer Bildausschnitt, der Westwall aber insgesamt ein großzügiges Mosaik, in dem sich viele tausend Steinchen gesetzmäßig ineinanderfügen. Wer von den alten Frontsoldaten einen Blick für Feuerwirkung hat, erkennt das Feuerfystem aus den verschiedenen Waffen: MG. und Infanteriegeschütz und Granatwerfer. Keine Anlage steht in diesem System, von der ein Feind nicht flankierend gefaßt wird, keine Anlage, die nicht von seitwärts und rückwärts und überhöhend gedeckt wird. Und man erkennt an diesem Feuerzauber das Tiefensystem. Viele Kilometer weit rückwärts reicht hier die erste Linie; die zweite Linie von derselben Stärke aber, das wissen wir, schließt sich an und schließlich die Artillerie, die gleichfalls in betongeficherten Ständen eingebaut ist. Denken wir daran, daß auch die Artillerielinie und sogar die anschließende Lnftverteidigungszone mit den Beton- und Panzerwerken der Infanterie nach den gleichen Grundsätzen wie die vordere Linie durchsetzt sind. Der Feuerzauber ist verschwunden. Die Hänge liegen grün und gelb . .. Nichts ist zu sehen als Wald, Feld und Wiese im Sonnenschein. Durch das Glas mutz man auf merksam suchen, bis sich hier und da eine Kuppel, eine Scharte abheben. Und das ist eine weitere Stärke dickes Walles aus Stahl und Beton, der vom Niederrhein bis Basel reicht: Er liegt zum größten Teil und an den wich tigsten Stellen von Baum und Strauch, von Wiese und Feld verborgen. Aber etwas anderes entdeckt der Beobachter. Wo die Straße, die von dem vor den Hängen liegenden Berg ins Tal führt, den Bach kreuzt, verbreitert üch das Tal. Straße und Talgrund bieten dem Kampfwagen Möglich keiten zur Entfaltung. Deshalb liegen vor der Linie jene Hindernisse, die dem Tank das Vorwärtskommen unmög lich machen: Höcker in vielen Reihen hintereinander, ein tiefer Graben hinter der Höckerreihe und dahinter schließ lich das Hemmkurvenhindernis. Und da entdecken wir, daß der östliche Hang des Berges, auf dem wir stehen, mit Dynamit, Hacke und Bagger abgebrochen wurde, da mit an dem künstlichen Steilhang der Weg eines jeden anrollenden Tanks sein Ende finde. Em Loch, Herr Oberst! Der Kampfwagen ist der gefährlichste Feind des In fanteristen, sofern das Gelände seinen Einsatz zuläßt. Wohin der Soldat des Weltkrieges auch an den Westwall kommt, er sieht, daß dieser Wall auch für Tanks nn un überwindbares Hindernis ist. Wo das Gelände jede Ent faltung unmöglich macht, kann die Linie eines besonderen Der Schlüssel Die Zeiten haben sich gewandelt, was die Bedeutung der Festungen betrifft. Festungen, d. h. der befestigte Ort, haben geringere Bedeutung als Anno dazumal, und der festungsartige, d. h. zusammenhängende Ausbau einer Stellung macht das, was sich während des Weltkrieges als wirksam gegen den Angriff erwiesen hat und bei den heutigen Waffen erweisen wird: die Tiefengliederung unmöglich. Zudem stärkt die festungsartige Anlage zwar den Verteidigungswillen, stärkt aber andererseits nicht unbedingt den Angriffsgeist. Eine Festung dient zum großen Teil dem Schutz der Verteidiger, und in ihrer Kon zentration von Anlagen fordert sie den konzentrierten An griff heraus. Der vom Führer befohlene Ausbau des Westwalls laßt erkennen, daß die iu vier schweren Kriegsjahren ge sammelten Erfahrungen des Frontsoldaten den Plan weitgehend beeinflußt haben. Der Westwall bedeutet Ab kehr vom festungsartigen Ausbau. Hier werden nicht Waffen auf einigen Plätzen angehäuft, sondern in den viele Kilometer tiefen Linien vom Niederrhein bis zur Schweizer Grenze fast einzeln, wenn auch mit geringen Abständen, aufgestellt. Zu ihrem Schutze wurden jene un durchdringlichen Betonwände und stahlharten Panzer auf gestellt. Zur Erhöhung der Waffenwirkung und Erhal tung des Systems in erster Linie, und erst zuletzt zum Schutze der Verteidiger. Die gegliederte Anlage verlangt ein neues Kampf verfahren, sie erzwingt die Zersplitterung der feindlichen Kräfte an Menschen und Material, und damit ist die Zeit Dcyutzes emveyren; aver wo nu- die geringste Durch bruchsmöglichkeit besteht, wachsen die festverankerten Hin dernisse aus dem Boden. Vereinzelt an schmalen Tal- stratzen und unübersehbar breit in den breiten Tälern rind weiten Senken. Breite Wasserstreifen, natürlich und künst lich entstandene, tiefe Höckerreiheu, tückische Drahtgeflechte und Hemmkurvenhinderuisse. Aber Hindernisse allein, das weiß jeder Pimpf, machen den Tank nur bewegungs-, nicht aber (samt Be satzung) kampfunfähig. Deshalb liegt jeder Zentimeter aller Tankhindernisse im meist flankierenden Feuer der durch Betonwände und Stahlpanzer geschützten MG., Pak und Infanteriegeschütze. Es müßte mit dem Teufel zu- geyen, wenn der Kampfwagen den Wsüwall auch nur an knabbern sollte. Als wir 1915 im Priesterwald lagen, konnten wr von der Kuppe des Berges das Moseltal einsehen, dm der Franzose für damalige Verhältnisse besonders stav gesichert hatte. Der Musketier Huber aus dem Saargebis stand eines Tages hinter der Stahlblende und richtest seine Augen durch den Schlitz auf den Feind. Der Regi- mentskommandeur ging durch den Graben und betrat den Postenstand des Huber. Nach einem Blick durch den Schlitz fragte er: „Was ist das?" Das nun folgende Mißver ständnis auf beiden Seiten brachte Huber einen soliden Anpfiff ein. Huber antwortete auf die Frage des Obersten: „Ein Loch, Herr Oberst!" Der Oberst hatte an Pont- L-Mousson gedacht, das im Moseltal lag, und Huber an das Moseltal, das hier die Front durchstach. Der Oberst aber meinte, Huber stelle sich dämlich und spiele auf den Sehschlitz an. Musketier Huber hat den Weltkrieg überstanden nn8 ist in seine Heimat zurückgekehrt. Vielleicht ist er einer von den hunderttausend fleißigen und entsagungsbersiten Arbeitern, die unermüdlich am Westwall schaffen. Viel leicht hat er sogar bei seinen Wanderungen durch die Hei mat entdeckt, daß im saarpfälzischen Raum viele Löcher sind, ähnlich dem bei Pont-L-Mousson von anno 1915. Uber er kann sich trösten, diese Löcher wurden für heutige Verhältnisse besonders stark gesichert; sie werden von Beton und Stahl versperrt, von Wasser verriegelt, von Steilhängen jäh unterbrochen und liegen zudem im Ernst fall unter einem Hagel von verderbenbringenden Ge schossen. Und nicht nur im saarpfälzischen Naum, sonder« überall, wo der Westwall steht. Hier ist kein Loch mehr, Kamerad Huber! der Festung der überraschenden Massenängrisfe vorbei. Artillerie äFer Kaliber wird diese Beton- und Stahlklötze erfolglos be- hämmern, kein Stein bricht aus dem System; alles bleibt dem Kampfwagen und vor allem der Infanterie über lassen. Nun ist die beste Waffe gegen stürmende Infanterie das MG. Tausende und aber Tausende von MG.s liegen unverwundbar in dem tiefen Gürtel der Jnfanteriepanzer- werke. Der alte Weltkriegssoldat, der in den Schlachten an der Westfront kämpfte, weiß, wie ihre aus den Türmen und Scharten gejagten Garben die in den Drahtverhauen hängenden Angreifer aus den Flanken niedermähen wer den. Es gibt hier keinen toten Winkel, durch den der Feind eindringen kann. Der Gegenstoß der Mannschaft des Werkes vollendet schließlich den Zusammenbruch des Angriffes des Feindes. In dieser Linie fällt die Entscheidung nicht in den Werken, sondern vor und in den Hindernissen, bestenfalls zwischen den Werken und immer im Freien. Jeder ein zelne Mann ist Verteidiger und Angreifer zugleich, aber ein Angreifer, den aus dem eigenen und den benachbarten Türmen unversehrt gebliebene furchtbare Waffen unter stützen, dessen Nerven stahlhart und dessen Kräfte unver braucht geblieben sind. Unten: Eingang zu einem Jnfantericpanzerwerk km West- wall. Links: Höckerhindernisse und Straßensperren vcr- hindern neben anderen Hindernissen den Durchbruch von Tanks. Aufnahmen (2-1: Weltbild — M.