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Wilsdruffer Tageblatt : 24.05.1939
- Erscheinungsdatum
- 1939-05-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193905244
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19390524
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19390524
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1939
-
Monat
1939-05
- Tag 1939-05-24
-
Monat
1939-05
-
Jahr
1939
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 24.05.1939
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«vor muß dir Außenpölitiker des Blatte? zugebcn, daß Velde Länder heute enger verbündet seien, als sie es 1914 waren. Der Vorkriegsbund habe Lchwächeleime in sich getragen, die in dein neuen deutsch-italienischen Pall nicht enthalten seien. Die beiden Länder — so schimpft „Epoque" giftig — hätten sich zu- sannuengstan, um die Weltherrschaft zu erobern. Aus solchem und ähnlichem Geschrei geht hervor, wie maßlos der Groll des von seinem Hegemoniethron gestoßenen Frankreich ist. — Der berliner Berichterstatter des „Journal" hat das-Schreckwort „der deutsche Generalstab" in den Vordergrund gestellt, der trotz Versailles schlagkräftiger denn" je durch seine Auferstehung den Bankrott der Entente bezeugt. — Der Autzenpolitiker des „Populairc" regt sich über die Erklärung des Reichsaußen- ininisters von dem Millionenblock der Stärke auf. WmfOau ist besorgt Den polnischen Chauvinisten hat die Unterzeichnung des Bündnispaktcs ziemlich die Sprache verschlagen. Bezeichnenderweise verzichten gerade die der Negierung nähcrstrhendcn Blätter auf eine eigene Stellungnahme zu diesem Ereignis, das so ganz den geheimsten polnischen Hoffnungen und Wünschen zuwiderläuft, Das Regierungsblatt „Erpreß Porannv" versucht seine Leser durch die eifrige Versicherung zu beruhigen, daß das Abkommen in Europa und außerhalb Europas gar reinen Eindruck gemacht Habs. Der schwerindustrielle „Kurier Polski" betet das Stichwort Londons und Paris' nach, wonach die deutsch-italienische Allianz keine neuen Elemente berge. Wie stark die Verärgerung und Besorgnis in Warschau über das Bündnis ist. geht aus folgender Feststellung des „Kurier Polski" hervor: Polen wird sich Italien gegenüber ent sprechend verhalten, wenn Italien die Unabhängigkeit seiner Politik wahren sollte: andernfalls müßte Italien von der polnischen Politik alle Konsequenzen erwarten! — „Kurier Warszawski" warm vor einem Vergleich des morschen Vor- kriegs-Drelerbundes mit dem neuen Pakt. Starte Wirkung in New Nott Der deutsch-italienische Aündnispakt hat in Amerika eine außerordentlich starke Wirkung. Die Nachrichten von der Unterzeichnung behaupten in den Zeitungen noch weit den Vorrang vor anderen Meldungen, wie etwa vor den Berichten über die Veranstaltungen des englischen Königs besuches in Kanada, der sich jetzt den Vereinigten Staaten nähert. Heimreise Manos Herzlicher Abschied von Berlin. Nachdem das offizielle Programm des Staatsbesuches mit einer Abendtafel im Hause des Reichsautzenministers in Anwesenheit des Führers und Besprechungen Ribben trops mit Ciano über die Durchführung des Paktes ab geschlossen war, verliehen Graf Ciano und General Pariani mit ihrer Begleitung am Dienstagmittag die Reichshauptstadt. Graf Ciano wurde von dem Reichsminister des Aus wärtigen von Ribbentrop vom Hotel abgeholt und zum Bahnhof geleitet. Die Berliner Bevölkerung, die dicht gedrängt in den Anfahrtstraßen wartete, bereitete dem Ab gesandten des Duce einen triumphalen Abschied. Vor dem Anhalter Bahnhof schritten der italienische Außenminister und der Reichsminister des Auswärtigen mit Italiens Botschafter die Front der Ehrenkompanien ab. Auf dem Bahnsteig überbrachre der Chef der Präsi dialkanzlei des Führers, Staatsminister Dr. Meitzner, die Abschiedsgrüße des Führers. Nachdem Graf Ciano sich von den deutschen Vertre tern mit Handschlag verabschiedet hatte, geleitete Neichs- außenminister von Ribbentrop den italienischen Gast zum Salonwagen und verabschiedete sich auf das herzlichste von Graf Ciano. Armeegeneral Pariani und den Herren ihrer Begleitung. Pünktlich um 11 Uhr verließ der Sonderzug den Anhalter Bahnhof. * Aus Anlaß der Unterzeichnung des deutsch-italie nischen Freundschafts- und Bünvnispattes hat der König von Italien und Albanien, Kaiser von Aethiopien dem Reichsminister des Auswärtigen von Ribbentrop telegraphisch mitgeteilt, daß er ihm den Annun- ztatenorden verliehen habe. Eral Ciano in der SanMadt der Bewegung Aus ver Rückfahrt von Berlin nach Rom traf der italieni sche Außenminister Gras Ciano am Dienstag um 20.32 Uhr im Sonverzug aus dem Hauprbahnhos in München ein. In seiner Begleitung befanden sich der Staatssekretär im iia- liemschen Kriegsministertum und Oberbefehlshaber des ita lienischen Heeres. General Partant, sowie weitere Herren seines Gefolges Die Haupistadt der Bewegung bereitere den naüentschen Gästen während ihres kurzen Aufenthaltes in München einen herzlichen und begeisterten Empfang Reichs- stanbalier General Ritter von Epp hieß den Grafen will kommen. Hierauf schrill Ciano die Front der Ehrenkompanie und des Fascio ab. Im Fürstensalon stellte der Retchsstatthal- ter dem italienischen Außenminister Vie zu seinem Empsanp er schienenen Ehrengäste vor. Vor der Abfahrt des Sonvcrznges nahm Graf Ciano in seiner liebenswürdigen Art Abschied vom Reichsstattbalter und den Ehrengästen. Siudeni einst und jetzt Der Reichsstudentenführer aus dem Deutschen Studententag In Würzburg findet zur Zeit der Deutsche Stu dententag 19 39 statt. Bei der Totenehrung und der Namensverleihung an neue junge studentische Mannschaf ten führte der Reichsstudentenführer Dr. Scheel in einer Rede u. a. aus: Es liegt ein tiefer Sinn darin, daß wir National sozialisten immer das Bedürfnis haben, an den Feier tagen unserer Bewegung, wenn wir unsere Seele bis auf den Grund mit neuer Lebenskraft erfüllen wollen, vor unsere Toten zu treten. Ein tiefer Ausdruck unserer Lebensauffassung ist es, wenn wir mit dem Gedanken an die toten Kameraden unseres Volkes die Verleihung ehr würdiger Namen an neuerstandene Gemeinschaften junger Menschen verbinden. Daß ich heute wieder 90 Mannschaf ten Namen verleihen darf, ist mir ein Beweis dafür, wie unsere Arbeit in immer festere Formen hineinwächst. Am Langemarck-Stein legte Reichsstudentenführer Dr. Scheel einen Lorbeerkranz nieder. 59 MnWe Seeleute ertranken Fischerboot und Rettungsboot im Sturm untergegangen Vor Santander in Spanien ereignete sich ein furchtbares Schifssunglück. bei dem insgesamt 59 Seeleute umkamen. An der Nähe der, Hafeneinfahrt wurde ein Fischerboot mit 49 Mann Besatzung von heftigem Sturm überrascht und kenterte. Ter Vorgang war von der Hafenwache gesichtet worden, und sofort lief ein Rettungsboot mit zehn Mann Besatzung aus. An dem hohen Seegang konnte sich dieses jedoch nicht behaup ten und ging gleichfalls unter. Die Besatzungen beider Schffse sind ertrunken. Amerikanisches L-Boot gesunken 62 Mann eingeschlossen Nach einer Tauchübung ist das amerikanische Untersee boot „Sgualus" in der Nähe von Portsmouth vor der Küste von New Hampshire gesunken und liegt nun in über 70 Mir. Tiefe hilflos auf dem Meeresgrund. 62 Mann Besatzung be finden sich an Bord des Bootes. Nachdem das gesunkene U-Boot durch ein rotes Rauch bombensignal angezeigt halte, daß es sich in Schwierigkeiten beiänve, eilten mehrere Hilssschisfe, darunter Vas U-Boot- Hcbeschifs „Falcon" zur Unsallstelle. Auch acht Taucher sind unterwegs. In den frühen Nachmittagsstunden gelang es nach mehrstündiger Arbeit dem Unterseeboot „Sculpin", eine Tele- phonverbinvung mit dem verunglückten U-Boot „Sgualus" herzustellen. Dabei teilte die Besatzung dieses Schiffes mit, -aß während der Tieftauchübung ein Ventil nicht gerschlos- scn war und so Wasser in die Mannschastsräume und den Ma schinenraum eingedrungen sei. Das U-Boot „SqualuS" ist erst im vergangenen Septem ber vom Stapel gelaufen. Außer der Besatzung befinden sich vier Werstbeamte und ein Schiffsbauvertreter an Bord. Die „Sgualus" ist mit den neuesten Sicherheitsvorrich tungen ausgerüstet und soll nach Ansicht der Sachverständigen mindestens 24 Stunden unter Wasser aushalten. Unter den Ofsizeren des gesunkenen U-Bootes befindet sich auch der be kannte Leichtathlet Joseph Patterson, der bei den Berliner Olympischen Spielen Vierter im 400-Meter-Hürdenlausen wurde. MoralMLW Churchills Wer MWlm Im englischen Unterhaus gab es im Laufe der Palästina- Aussprache eine kleine „Sensation", als Churchill erklärte, ge gen die Regierung stimmen zu müssen. Er könne es, so sagte er u. a., nicht ansehen, wie feierlich von England vor der ganzen Welt eingegangene Verpflichtungen einfach ans Gründen ver waltungsmäßiger Bequemlichkeit oder eines ruhigeren Lebens wegen beiseite geschoben würden. Er müsse sein Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, daß sowohl die Balfour Erklärung wie auch die Bedin gungen, unter denen England das Mandat erhalte« habe, durch Regierungsvorschläge verletzt würden. Es würde sicherlich nur klug und anständig sein, wenn die Regierung erst die Stellungnahme der Mandatskommission ab warte, ehe sie eine Parlamentsentscheidung fällen lasse. Churchill sügle dann hinzu, daß längst, ehe die in dem Weißbuch vorgesehenen süns Jahre abgelausen sein würden, es entweder ein England geben werde, das wisse, wie es sein in der Balfour-Erklärung gegebenes Wort zu halten habe, und sich.auch nicht fürchte, es zu halten, oder aber England werve viele überseeische Verpflichtungen losgeworden sein, nicht nur die des Palästina-Mandats. Man müsse die Regierung auch sehr ernsthast fragen, ob man mit diesen» Garantien nicht viele von den Vorteilen der Garantie an Polen und des „wunder baren türkischen Bündnisses", durch das man auch zu einem sowjetrussifchen Bündnis zu gelangen Hosse, wieder beseitige» würde. Ler Brand der „Barls" Anarchie bei der Bekämpfung des Feuers Eine Anfrage des Senators Hachette bot dem franzö sischen Senat Gelegenheit, sich mit dem Brand des franzö sischen Ozeandampfers „Paris" zu befassen und gewisse Auf klärungen des Handelsministers cinzuhörcn. Senator Hachette kritisierte die verantwortlichen Persön lichkeiten der französischen „Transatlantique Schiffahrtsgesell schaft", die ihre Pflicht nicht in vollem Maß erfüllt haben. Er stelle fest, daß die Dienstauffassung der Besatzungen der französische» Handelsschiffe sich seit dem Krieg ständig ver schlechtert habe, weil man ihnen Ideen eingeimpst habe, daß die Matrosen der Handelsmarine genau so Arbeiter wie alle anderen und daß ihre Schiffe Fabriken seien, deren Kapitäne und Offiziere et wa den Direktoren und Abteilungsleitern entsprächen. Die Of fiziere seien entmutigt worden, weil ihre Autorität geschmälert worden sei und weil sie keinen Rückhalt bei den Schiffahrtsgesellschaften fanden. Die Vermutung der Brand stiftung sei um so leichter geglaubt worden, als zur Zeit des Brandes Frankreich einen jener Augenblicke der internationa len Spannung durchlebte, die die Empfindsamkeit des Landes bis zum Paroxismus steigerte. Er glaube jedoch nicht a« Brandstiftung. Handelsminister Chappedelaine erklärte, daß die Frage, ob es sich um einen Unglücksfall oder Brandstiftung handele, noch nicht geklärt sei. Die Schiffahrtsgesellschaft liesse jedoch eine große Schuld. Die Untersuchung habe bisher ergebens daß die Bewachung auf dem Ozeandampfer nichr ver stärkt worden sei. Die Bekämpfung des Brandes sei ohne ein heitliche Leitung erfolgt. Die Befehle wurden von fünf ver schiedenen Seiten erteilt. Aus diese Anarchie sei es vor allem zurückzuführcn, daß das Schiss schließlich kenterte. Die In genieure hätten das Schiss um 5 Uhr früh verlassen, geradeso, als ob die Gefahr schon behoben wäre, aber das Schifs sei um 8 Uhr srüh gekentert. Ter Minister habe einen Wechsel in der Leitung der Transatlantique Gesellschaft verlangt. Anschließend erklärte der Minister, daß er den Plan für einen neuen Ueberfeedampfer ausarbetten lasse, der 1940 aus Kiel gelegl werde und der vem französischen Ozcanvampser „Normandie" entsprechen soll. Der neue Dampfer werde den Namen „Bretagne" erhalten. England will seine Schulden nicht begleichen Die britische Botschaft antwortete aul die "übliche Mah nung aus Washington, die Mitte Juni fällige Kriegsschulden- raie zu zahlen, daß England zu Verhandlungen über die Schuldenfrage bereit sei, sobald sich Aussicht auf eine befrie digende Lösung biete. England will also auch diesmal nicht zahlen. Rumäniens Antrag auf Schuldenrevision ist vorläu fig auf Eis gelegt. Das Schatzamt sucht nach dem Weg, um dem Kongreß eine weitgehende Herabsetzung der Schuldsumme schmackhaft zu machen. MÄea deMrßNUllW R<N4roi44,-t0or4. ^»^014444/ 19j (Nachdruck verboten.) „Sie kennen ihn?" fragt der alte Mann rasch, setzt die Rumflasche, die er aufgestöbert hat, achtlos aus den Tisch, so daß sie beinahe umgekippt wäre, und behält das klobige Glas gedankenlos in der Hand. „Haben Sie Hen drik gesehen? Haben Sie ihm den Namen jenes Mannes genannt?" „Den Namen Barka, meinen Sie? Nein. Nichts von alledem. Ich habe Ihren Sohn nicht gesehen und kenne ihn auch nicht." „So", erwiderte der andere enttäuscht. „Ich dachte nur —" „Kennt Ihr Sohn denn Herrn Barka?" Larsen gießt das Glas voll und schüttet es in einem Zug durch die Kehle. „Sie können sich die Mühe sparen", sagt er dann. „Mein Sohn würde den Mann auch nicht wiedererkennen, selbst wenn er ihn früher gesehen hätte. Er ist blind." „Und Sie?" sragt Gehlsen, „Sie kennen Barka doch?" „Ich weiß nicht, was Sie wollen", brummt Larsen und kippt das frischgefüllte Glas. „Ich Weitz nicht, was Sie alle damit wollen. Vor Ihnen war schon einer hier und fragte rum. Was geht mich das an. Daran, was er tut, sehe ich, wer es ist. Auch wenn ich ihn gar nicht kenne. An seinem schlechten Gewissen sehe ich es. Und wenn es so weit kommt, datz ich, der alte versoffene Larsen, allein noch so viel Mut habe, dem Schuft die Meinung zu sagen und ihm den Schädel einzuschlagen, so weiß ich, daß ich an der richtigen Adresse bin." Gehlsen steht ihm schweigend zu, wie er das dritte Glas hinunterschüttct. Es ist ganz still im Zimmer, die Vögel schweigen verschüchtert, nur von den kleinen Katzen hört man zuweilen einen piepsenden Laut. „Wie ist es denn gekommen", fragte Gehlsen, „daß Ihr Sohn erblindete, Herr Larsen? Auf dem Bilde scheint er doch gesund? Und trotz allem lebt er doch noch." Larsen wiegt müde den Kopf. „Trotz allem lebt er noch", wiederholt er bitter. „Das sagen Sie richtig, mein Herr." „Herr Larsen, sagen Sie mir doch ruhig, was Barka Lhnen oder Ihrem Sohn angetan hat." Der Lehrer Larsen Hai die Hände vor sich hin auf den Tisch gelegl und stiert auf seine Finger, die sich rastlos bewegen. Plötzlich geht ein Ruck durch den Mann, und er hebt das Gesicht. „Ich werde Ihnen einmal sagen", murmelt er, „was dieser Mann uns angetan hat. Sie wollen es wissen? Sie sollen es wissen! Wenn ich bis jetzt darüber nicht ge sprochen habe, so vielleicht der Frau wegen, die mir leid tat. Sie kommt immer wieder her. ich weiß nicht warum, aber sie kann ja mit reinem Gewissen hier sein. Daß er die Stirn Hst, hierher zurückzukommen, sich einzumischen in das, was geschehen ist, und umherzugehen wie einer, der den Kopf hoch tragen darf Haha! Jetzt will ich Ihnen einmal sagen, was die Wahrheit ist. Und Sie können Meta fragen, ob ich lüge — wie ihre Schwester gelogen hat." Er erhebt sich ein wenig mühsam, geht an Gehlsen vorbei, das Glas, aus dem er bisher getrunken hat, in der Hand. Jasper verharrt abwartend, er fürchtet nur, daß das Tor in die Vergangenheit, das sich eben vor ihm zu öffnen beginnt, durch einen Anfall wieder zugeschlagen werden könnte. Jetzt oder nie, das spürt er, würde der alte Mann sich aussprechen. Und Jasper will um jeden Preis wissen, was jener zu sagen hat. Selbst um den Preis, daß er dadurch zu spät kommen sollte, um Frau Josephine aus ihrem Hotel abzuholen, wie er es sich vor genommen hat. Offenbar kennt der Alte auch sie und ihr Schicksal. Verstohlen blickt Gehlsen nach der Uhr, steckt sie aber rasch wieder ein, als er Larsen von draußen zurück kommen hört. Der Alte schüttelt die Tropfen von dem ausgespülten Glas; dann füllt er es sorgsam bis zum Rande und reicht es Gehlsen. „Bitte — Sie müssen schon entschuldigen, ich bin ein unaufmerksamer Wirt — das wird man, wenn man viel allein ist und nur auf seine eigene verkommene Gesell schaft angewiesen. Nehmen Sic nur, er ist gut." Ohne Widerspruch nimmt Gehlsen das Glas, dankt und gießt das scharfe Getränk hinunter, er ist zwar an puren Rum nicht gerade gewöhnt, muß aber zugeben, daß er wirklich nicht schlecht ist. Ohne weitere Umstände füllt Larsen das Glas noch einmal und leert es selbst. „Die Ehe war erst sehr glücklich", erzählte der Alte und nimmt das Bild des Sohnes und der jungen Frau wieder aus dem Kasten, um es nachdenklich zu betrachten. „Was man so glücklich nennt. Hendrik glaubte es zu sein. Das Kind kam sehr bald. Wer braucht darum Böses zu denken? Hendrik war ohne Arg. Er war glücklich. Da ¬ mals Hai er ein Wiegenliev komponiert. Ja. Unv Barka hat auch geheiratet. Aber es war wohl kein Segen vabei. Wie sollte vas auch sein? Seine Frau mutz es eher erfah ren haben als einer von uns hier, vah vas Kind, das mein Sohn für das seine hielt und für vas er Lieder in seinem Herzen dichtete, nicht das feine war. Vrouke — das ist Metas Schwester gewesen, vessen Eltern vort in der Nähe das alte Haus besitzen. Sie kennen es." Gehlsen nickt. Er hätte es sich denken können. Aber so was kommt vor, und ihm Hai es immer ferngelegcn, sich als Sittenrichter aufzuwerfen. „Ich Weitz, was Sie denken, Herr", sagt Larsen, „Sie denken so: ein Mann Ihres eigenen Standes, nicht wahr, heiratet sein Verhältnis nicht. Er soll das nicht, und er braucht es nicht zu tun. Ich Weitz. Er braucht nur für das Kind zu sorgen." „Und das hat Barka nicht getan?" Der alte Larsen lätzt ein galliges Lachen hören. „O doch", sagt er dann, „vas hat er. Obwohl es gar nicht nötig gewesen wäre. Denn Pranke hat doch noch rechtzeitig meinen Sohn geheiratet, Herr. Wie finden Sie das? Alles in Ordnung? He? Und gerade durch dieses ver dammte Geld ist alles herausgekommen, durch Zufall, wie so was meistens herauskommt." „Das ist wirklich nicht in Ordnung", sagt Gehlsen scharf, „eine solche Unehrlichkeit!" „Jawohl", nickt Larsen, „da haben Sie recht! Alle Dinge, die man auf Lug und Trug aufbaut, fallen einmal mit Krach zusammen. Das kam denn auch, nach einer Reihe von Jahren kam das so. Das ist nun ungefähr zehn Monate her." Gehlsen überlegt rasch. Zehn Monate? Im letzten Winter also. „Und was geschah da?" fragt er. „Es geschah", murmelt Larsen, „daß Vrouke krank wurde und daß mein Sohn einen Brief aufmachte, der aus Amerika kam, und der eine Antwort war. Und dann fragte er seine Frau, wieso sie Geld von diesem Herrn Barka aus Amerika auf eine Hamburger Bank überwiesen bekomme« hätte und warum sie es zurückgeschickt hätte und warum dieser Mann ihr schrieb, sie habe nichts zu fürchten, den« er käme nie zurück, und seine, Frau habe sich von ihm getrennt. Warum —? das fragt er sie. Und er sah seinem Kind in die Angen und erkannte, datz sie weder de» seinen noch denen seines Weibes glichen, denn sie wa^ zweifarbig. Ja." (Fortsetzung folgt.)
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