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Wilsdruffer Tageblatt 2. Blatt zu Nr. 55. — Montag, den 6. März 1939 Wahre Lebensfreude RcichStagung „Volksgesundheit und Genußgiste" Dr. Len spricht Reichsorganisationsleiter Dr. Ley sprach auf einer großen Kundgebung in Frankfurt am Main, mit der die 2. Reichs- wgung „Volksgesundheit und Genußgiste" erösinet wurde. Diese Ausstellung findet in einem Gau statt, der, wie Gau- lciier Sprenger erklärte, im Kamps gegen den Alkoholmiß-. brauch schon in der Vergangenheit nicht untätig gewesen ist. Das in den Lehr- und Versuchsanstalten für gärungslose Früchteverwertung in Obererlenbach bei Frankfurt enlwickelie Verfahren für Süßmost ist bereits In 49 Staaten der Welt tulgesührt. An Stelle des verhinderten Reichsärzteführers Dr. Wag ner sprach Geheimrat Staatsrat Prof. Dr. Sauerbruch über die Aufgaben und Ziele der Tagung. Wir wollen, daß der einzelne sein Leben in freier Entscheidung sühn, und wir wissen auch, daß zu gegebener Zett ein Glas Wein oder Bier ein Sorgenbrecher aus Seelennot sein kann. Der Kampf gilt dem Mißbrauch der Genutzmittel. Dr. Len betonte, die Tagung sei weltanschaulich bedingt. Denn es handele sich auch hier um eine neue Lebensauffas sung, nämlich, die Wandlung vom Einzelwesen zur großen Gemeinschaft. In diesem freien Gemeinschaftsleben wollte man nicht die Lebensfreude töten: ohne falsche Moral müsse man sich aber gerade darum mit der Frage Genußgiste auscinauder- sehen. Wer es vertragen könne, möge trinken oder rauchen. Aber in dem Augenblick, wo er seiner Ausgabe nicht mehr gewachsen sei, müsse er es lassen. Dr. Ley unterstrich die soziale Seite des Problems, wes halb er das Schwergewicht in erster Linie auf die politische Arbeit gelegt wissen will. Wir müssen erreichen, sagte der Neichsorganisationsleiter, daß unsere Menschen arbeitssähig bleiben, denn wir brauchen sie alle. Mil dem Hinweis auf die Folgen des Mißbrauches der Genußgiste für Wehrkraft wie für seelisches Leben forderte Dr. Ley eine breite aktive Abwehrfront aller. Der deutsche Arbeiter werde wahren Le bensgenuß eher in der Teilnahme am Kulturleben der Na tion als in der Vorstadtkneipe finden. Neue Uniform für die Politischen Leiter Neichsorganisationsleiter Dr. Ley sprach anschließend vor 2150 Politischen Leitern des Gaues Hessen-Nassau. Es sei nötig, dem Volk und der Wehrmacht zu beweisen, daß der Politische Leiter von heute etwas ganz anderes bedeute als der von ehedem. Es war selbstverständlich, ja es gehörte zum Wesen der politischen Männer, verantwortungslos und feige zu sein und die Verantwortung aus andere abzuschieben. Diese Politiker haben sich nur in der bürgerlichen Kleidung unterschieden, in ihrem inneren Wesen und in ihrer Haltung waren sie alle gleich verachtenswert. Die Partei, der wir die Ehre haben, anzugehören, hat damit endgültig aufgeräumt. Wir haben nichts mit diesem Typ zu tun. Ihr tragt eine Uniform, Ihr tragt keinen Zivilanzug, und diese Uniform verlangt Haltung von Euch. Kein Mensch kann unterscheiden, was Ihr in Eurem Beruf seid. Das ist die wahre Volksgemeinschaft! Im weiteren Verlaus seiner Ansprache teilte Dr. Ley mit, daß den Politischen Leitern in Bälde eine neue Uni- sorm verliehen wird, besonders den unteren Dienstgraden, den Block- und Zellenlcitcrn. Künfllerempsang im Saus des Führers Der Führer gab in seinem Hause in Berlin den deutschen Künstlerinnen und Künstlern einen Empfang, zu dem die führenden Persönlichkeiten des deutschen Kunstlebens aus dem ganzen Reiche in großer Zahl erschienen waren. wir alle, nicht nur in Deutschland //M dMi sondern darüber hinaus, können M uns in diesem Jahr zum ersten mal wirklich freuen auf das lveihnachts- fest- Ls soll für uns alle ein wahres Fest des Friedens werden. L.Z Adolf Hitler. Sei der Eröffnungsfeier des wHlv. 1928/2). Gefährliches Pariser Spiel Lügen über die deutsche Kolonialarbeit Die ehemaligen Minister der französischen Volksfront- Regierung, M o utet und Violette, und der farbige ehemalige Unterstaatssekretär Monnerviller sprachen in Paris vor etwa 500 Zuhörern über Kamerun und Togo. Im Anschluß an ihre Ausführungen nahm der so genannte Verteidigungsausschuß für die Interessen in Kamerun eine Entschließung an, in der er gegen jede Initiative protestiert, die darauf hinausgeht, Togo und Kamerun an Deutschland zurückzugeben. Sie geben „dem unerschütterlichen Willen der Bewohner Kameruns und Togos" Ausdruck, nicht von einem Land regiert werden zu wollen, das wie Deutschland „soviel Verachtung für die schwarze Rasse" zeige. Zum Schluß wird die Regierung aufgefordert, Togo und Kamerun einfach in das franzö sische Kolonialreich einzuverleiben, ohne sich hierbei von juristischen Betrachtungen beeinflusse» r» lasten. lH * Die drei Weißen oder schwarzen Männer, die solches verkünden, mögen zwar, am Persönlichkeitswert gemessen, nicht allzu ernst zu nehmen sein; immerhin waren sie ein mal Minister und können es nach demokratischer Uebung morgen wieder sein. So soll zu der mühselig konstruierten Agitation ihres seltsamen Ausschusses gleich festgestellt werden, daß sie vielleicht den Wünschen einiger Pariser Zeitungsjuden entspricht, niemals aber der Ansicht der einst unter unserem Schutz stehenden Eingeborenen. Denn der Segen der klugen und für alle Zeiten die Nachfahren verpflichtenden Fürsorge Deutschlands für seine kolonialen Schutzgebiete hat deren far bige Bewohner mit weltbekannter Anhänglichkeit dem Reich gegenüber erfüllt. Nicht nur zu Zeiten, da sie ihre Treue im unermüdlichen Einsatz unter einer Handvoll Wekßer bei Lettow-Vorbeck jahrelang unter Beweis stellten, sondern sogar heute nach Jahrzehnten noch hüten sie die alten Askariuniformen und schwarzweißroten Kokarden mit rührender Liebe. Und dafür sollte das Dritte Reich Ver achtung zeigen? Im Gegenteil, gerade die nationalsozialistische Kennt nis rassischer Grundlagen ermöglicht es uns, den Farbigen seiner Art entsprechend gerecht zu behandeln und wesensgemäß zu pflegen. Nie und nimmer wurde schon früher der Schwarze unter deutscher Herrschaft als Stück Vieh behandelt, als Ware in Rechnung gestellt, rücksichtslos in fremde Erdteile verschleppt, mit söge- nannten Kulturgiften verseucht und mit den entarteten Genüssen internationalen Großstadtabschaumes „beglückt". Wir bab-m o"ch nickst vo'', in um'eror k-WHiaen Kolomal- politik eine Aendernng eintreten zu lasten, denn die heute im Dritten Reich zur Geltung gebrachten Grundsätze decke« sich mit deutscher Art. Diese positive deutsche Art hat augenfälligste Triumphe aber gerade in vergangenen Kolonialerfolgen zu verzeichnen gehabt. Also nicht nur juristisch, sondern auch sachlich kst der deutsche Standpunkt unerschütterlich — das mögen sich solche Leute in Paris gesagt sein lassen, die mit törichten Forderungen eine sich endlich anbahnende nachbarliche An näherung zu sabotieren versuchen. r Oie Blutzeugen -es 4. März Nächtliche Gedenkfeier in Kaaden. Zum ersten Male konnten die Sudctendeutschcn in ihrer befreiten Heimat ihren Toten des 4. März 1919 eine Feierstunde gestalten, an der alle Volksgenossen teilnah- mcn die Brüder aus dem Altreich und der Ostmark ebenso wie die Volksgenossen jenseits der Rcichsgrcnzen. Im Mittelpunkt dieser Wcihestunde des ganzen deutschen Volkes stand das nordwestböhmische Städtchen Kaaden, wo am 4. März 1919 25 deutsche Menschen für Recht und Freiheit ihr Leben lassen mußten. Am späten Abend fand auf dem Marktplatz eine große Totenseier statt, zu der mit den Formationen über 40 000 Sudetendeutsche aufmarschiert waren. Nach dem Liede „Wir heben unsere Hände" sprach Gauleiter Kon rad Henlein. Der Gauleiter erinnerte daran, wie die Frontsoldaten nach der Heimkehr aus dem Weltkrieg noch immer die Hoffnung hegten, ein gerechter Spruch der Männer, die der Welt den ewigen Frieden bringen wollten, werde den Sudetcndeutschen >eu Weg freigeben ins deutsche Vater land, dem sie durch Blut, Herkunft und Schicksal verbun- den waren. „Wir glaubten an das Versprechen, das uns Amerika durch seinen Präsidenten gegeben hatte, der sich zum Apostel der Frei heit und der Selbstbestimmung der Völker auswars. Ueber Nacht jedoch sahen wir uns verraten. Da legte am 4. März 19t9 das Sudetendeuischttim seine Arbeit nieder, und Mann und Frau, Kind nnd Greis strömten auf die Straßen und Plätze, um ihren Willen nach Selbstbestimmung ihres Schick sals kundzutun. . , Diese friedliche Kundgebung gequälter und wehrloser Menschen wurde zu einem gewaltigen Aufschrei deut- scher Bolksnot und deutschen Lebenswillens. Doch als die Nacht hereinbrach, war aller Glaube und alle Hoffnung erloschen. 52 Tote und Hunderte von Verwundeten hatte das Sude tendeutschtum zu beklagen. Männer, Greise, Kinder, Frauen, sie wurden die ersten Blutzeugen eines Befreiungskampfes von dreieinhalb Millionen Menschen, die dem Rus ihres Blutes und ihrer Geschichte folgten. Die Toten des 4. März standen uns durch zwei Jahr zehnte im Kampfe zur Seite. Wo sich Müdigkeit und Verzagt- heil einschleichen wollten, mahnten sie durch ihr Opfer, das nicht umsonst sein durste. Viele sind seither noch für unser Recht und unsere Freiheit gefallen. Alle Blutopser des zwan zigjährigen Freiheitskampfes treten zu euch in eure Reihen. Ihres Opfers wird mit uns das ganze deutsche Volk alljähr- lich am Tage seiner Helden gedenken: denn wer für Deutschland siel, lebt ewig im deutschen Volk." Großer Sauprogramm -er Reichsbahn Das rollende Material wird jedem Bedarf angepaßt Elektrischer Verkehr von Berlin bis zur Südspitze Italiens geplant Nachdem die ungeahnt großen Forderungen an die Reichsbahn im vergangenen Jahr vorübergehend zu einer Ueberbeanspruchung ihrer Leistungsfähigkeit geführt haben, sind heute überall Arbeiten eingeleitet, um auf Grund der Englands König Im Luftschutzkeller. Wie der Minister für die zivile Verteidigung. Sir John Anderson, im Unterhaus bekanntgab, wird England jetzt mit dem großzügigen Ausbau von Luftschutzkellern be ginnen. Im ganzen Lande hat bereits eine rege Wer bung für den Luftschutz eingesetzt. Der König von England Verläßt einen Lustschutzkeller, den er auf der Industrieaus stellung in Birmingham eingehend besichtigte. lWeltbild-Waqenborg-M3 Ein AM ging in Scherben Roman von Fr. Lehne. A Fortsetzung Nachdruck verboten Selbstverständlich konnte sie es — und sie wollte es auch. Mochte er aber ruhig erst ein wenig zappeln! Sie würde "och früh genug erfahren, was er ihr zu sagen hatte; so wichtig würde es nicht sein. Neugierig war sie allerdings! Wenige Minuten später, nachdem er wieder in seinem Zimmer war, konnte er die Tür für sie öffnen und schnell wieder schließen. Mit unschuldig fragendem Blick sah sie den schwer atmenden Mann an, dem sie wie ein verirrter Sonnenstrahl in dem dämmerigen Raum erschien. „Isa..." setzte er zum Reden an, dann nochmals mit unsicherer Stimme: „Isa..." Mit einem leisen, versteckten Lächeln in den Mundwin keln kam sie ihm zu Hilfe. „Herr Konsul, Sie wollten mir etwas Wichtiges über meine Zukunft sagen ..." „Ja, allerdings, Isa! Aber — es ist nicht mit wenigen Worten gesagt! Kommen Sie doch näher, Kind!" Er erfaßte ihre Hand und zog sie an sich. Den Arm um sie geschlungen, führte er sie zu einem Sessel. „Hören Sie mich ruhig an, Isa! Ich habe Gefallen an Ihnen. Ich möchte Ihnen irgendwie behilflich sein, da ich hörte, daß Ihr Aufenthalt hier bei der Tante nur vorüber gehend ist. Und was dann —" Er hatte sich gesetzt, sie dabei festhaltend und auf sein Knie drückend. „Deswegen habe ich mir auch schon große Sorgen ge macht," seufzte sie, „ich kann Tante ja nicht dauernd zur Last liegen; sie ist ja so gut! Dennoch muß ich bald an meine Abreise denken. Vielleicht, daß ich eine Stelle als Stütze der Hausfrau oder als Kinderfräulein annehme —" Er hielt sie so fest im Arme, daß ihr schwacher Versuch, sich ireizumachen, mißlang. „Stütze der Hausfrau, besseres Dienstmädchen? Nein, dazu sind Sie zu schade, Isa! Dazu passen Sie gar nicht! Wenn ich Ihnen nun behilflich wäre, ein kleines, nettes Schokoladengeschäft anzufangen? Sie sind gewandt und ge schickt —" Das schlug er ihr vor? Sofort begriff sie die Hinter gründe. Ein heimliches, überlegenes Lachen war in ihr — was hatte er sich da ausgedacht! Verständnislos tuend stammelte sie: „Oh, Herr Konsul, Sie sind zu gütig! Wie kann ich das annehmen und je gutmachen - " Er drückte sie an sich, ihre Augen suchend, die sie schüch tern zu Boden gesenkt hielt. „Verstehen Sie mich doch, kleines Mädel! Ich verlange nichts. Nur, daß — daß Sie mir — ein wenig gut sind —" sagte er mit bebender Stimme. Eine Purpurwelle lief über ihr Gesicht. Hinreißend wirkte sie in der Farbe keuscher Scham. „Isa, kleines Mädchen " Sie sagte nichts, sah ihn nur mit scheuem, verwirrtem Lächeln an, und er las Gewährung in diesem Lächeln. In heißer Leidenschaft preßte er sie an sich, und 'eine Küsse fluteten über sie hin. Er war berauscht von der Jugend und Schönheit, die er im Arme hielt, und Isa dachte unter sei nen Zärtlichkeiten: Fein, ein Schokoladengeschäft! Schade, daß es nicht der junge, hübsche Franzl ist! Ja, kleine Isa, alles zusammen konnte man eben nicht haben! Achtes Kapitel. „Sie haben sich wirklich nicht getäuscht, Martha?" „Nein, gewiß nicht, Fräulein Dörner, sonst würde ich mich wohl hüten, so etwas zu behaupten. Jedesmal habe ich gesehen, wie Fräulein Isa zum Herrn Konsul ins Zim mer ging, wenn Sie mit der Frau Konsul in der Stadt waren. Ich habe dann aufgepaßt, wie sie wieder heraus kam, mit einem ganz roten Kopf! Heute war es der dritte Nachmittag. Mit allen Herren tut sie schön. Und von Herrn Arnstadt läßt sie sich auch immer abküssen. Dazu will ich ja nichts weiter sagen; es sind halt junge Leute! Aber so lange drin bleiben beim Herrn Konsul, über eine Stunde — das gehört sich doch nicht!" Marthas Stimme bebte vor Ent rüstung. „Nein, Martha, das gehört sich nicht! Ich bin Ihnen dankbar, daß Sie es mir gesagt haben. Ich werde die Fol gerungen ziehen. Morgen wird Isa nicht mehr in meinem Hause sein," kam es kalt und entschieden von Isabellas Lippen. Martha war doch erschrocken. „Sie wollen Fräulein Isa fortschicken? Mein Gott, das habe ich nicht gewollt! Ich mußte es Ihnen aber doch sagen." „Selbstverständlich! Es war sogar Ihre Pflicht, alte, gute Martha. Beruhigen Sie sich! Isa wird nicht erfahren, von wem ich meine Kenntnisse habe! Ich habe ihr nie ge traut," fügte sie mehr für sich hinzu. Isabella war außer sich über das Gehörte, woran sie nicht einen Augenblick zweifelte. Ihr heimlicher Argwohn der Nichte gegenüber war berechtigt gewesen; sie hatte das Versteckte, Heimliche, Unwahre in ihr richtig erkannt. Und gleich drängte es sich wieder in ihre Gedanken: es war etwas zwischen Isa und Erich Trautmann gewesen, wenn sie es auch immer weit von sich gewiesen hatte. - Auf jeden Fall — Isa mußte sofort aus dem Hause; ein derartiges unreines Element konnte sie nicht um sich dulden. Ihre Sorge war nur, daß Frau Konsul Palm nichts er fuhr, diese vornehme, gütige Frau, die den Gatten sehr liebte, wie Isabella aus allem herausgemerkt. Wieder hatten die beiden Damen am Nachmittag aller lei in der Stadt besorgt, waren beim Schneider zur An probe gewesen, und zum Abschluß hatte man im Hofgarten bei einer Tasse Kaffee ausgeruht und geplaudert. Und als man dann nach Hause gekommen war, hatte dis Köchin Isabella in ihrem Zimmer ausgesucht und ihr voller Empörung das Beobachtete mitgeteilt. Kurz überlegte Isabella. Dann fuhr sie nochmals nach der Stadt und kam noch vor dem Abendessen wieder zurück, Fortsetzung sotg^