Suche löschen...
Wilsdruffer Tageblatt : 24.02.1939
- Erscheinungsdatum
- 1939-02-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193902245
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19390224
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19390224
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1939
-
Monat
1939-02
- Tag 1939-02-24
-
Monat
1939-02
-
Jahr
1939
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 24.02.1939
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
vrrnveffens 730000 LebrVerträge mvmcy »nv für das Allreich notwendig, um den Bedarf an geschulten Kräften in der Landwirtschaft lausend zu decken. Mit ver Landarbeitslebre parallel läuft für die weibliche Jugend die Hausarbeitslehre, die im letzten Jahre schon rund 14 000 Mädchen umfaßte. Die zweijährige Landarbeitslehre ist die Grund lehre für alle landwirtschaftlichen Berufe, wie Bauer, Landwirt und Landarbeiter, Winzer, Melker, Schäser, Geflügelzüchter, lPidwirtschaftlicher Rechnungsführer usw Uever die Landarbeitslehre kann auch der Volksschüler zu dem Verantwortlichen Berus des Landwirts — Leiter eines land- wirtschaftlichen Betriebes — gelangen Die Landarbeitslehre schließt mir der Landarbeilsprüfung. woran sich dann entweder die zweijährige Gehilfenzett bis zur Verleidung des Landarbeiterbriefes und der Berussbezeichnung Landarbeiter oder die Sonderlehre für die übrigen landwirtschaftlichen Be rufe und Laufbahnen schließt. Die ersten Landarbeiterbriese sind im letzten Jahr verliehen worden, daneben schon Zebn- tausende von Landarbeilerbescheinigungen, die für eineNeber- gangszeil als Ablösung siir den Lanvarbeiterbriei an solche landwirtschaftlichen Hilfskräfte vergeben werden, die schon vier Jahre in der Landwirtschaft praktisch tätig waren. Die ebenfalls zweijährige Hausarbeitsledre schließt künftig mit der Prüfung zur Hansarbeitsgedilsin ab. Auch hier ist die Fortbildung zur Wirtschafterin, zur Landwirtschaftslehrerin, zur Landfrau und Bäuerin und anderen Berusswegen ermög licht. Besondere Grundregeln gelten für die Ausbildung des Gärtners bis znm Gärtnermeister, für die Ausbildung im Molkereifach bis zum Molkereimeister, für die Ausbildung in der Fischerei zum Fischermeister bzw Fischzuchtmeister, für die Forstwirtschaft und andere landwirtschaftliche Neben berufe. Die Berufe, die diese Sonderlehre durchlaufen, sind von der Landarbeitslehre befreit. Der Landdienst der Hitler- Huaend wird auf die Landarbeitslehre angerechnet. Moss aus Mee Wett. Hauptgewinn beim WHW.-Wunschtonzert: Ein Fohlen. Beim Wunschkonzert dos ostpreußischen Landvolkes, durchge führt vom Reichssender Königsberg, wurde im Rahmen der Verlosung auch ein von der Ostpreußischen Stutbuchgesell- schast für Warmblut Trakehner Abstammung gestiftetes Warm- blutabsatzsohlcn verlost, das der Bauer Schicht gewann Das Wunschkonzert erbrachte über 154 000 Mark für das WHW. Eigentümliche Lehrlingserziehung. Wegen Arbeitszeitüber- schreitung und gefährlicher Körperverletzung Hane sich vor der Jugendschutzkammer des Landgerichts Karlsruhe der 45- jährige verheiratete Wilhelm K. aus Karlsruhe zu verantwor ten. Dem Angeklagten wird vorgeworsen, er habe in den Jahren 1936 bis 1938 in seinem Handwerksbetrieb die bei ihm beschäftigten jugendlichen Lehrlinge S. und K. wöchentlich durchschnittlich 54 bis 60 Stunden lang arbeiten lasten und die Lehrlinge wiederholt mit Stockschlägen und mit einstündigem Schwimmen während der Mittagspause bestraft. Die Jugenv- schutzkammer verurteilte den Angeklagten wegen Ueberschrei- tung der Arbeitszeit und wegen Körperverletzung zu Geld strafen von 50 Mark (Hilfsweise zehn Tage Gefängnis) und 100 Mark (hilssweise zwanzig Tage Gefängnis) Gegen einen Baum gerast. Aus der Landstraße zwischen Neuenkirchen und Emsdetten bei Osnabrück ereignete sich «in schwerer Verkehrsunfall. Ein mit drei Personen besetzter Personenwagen gerier beim Ausweichen aus den Sommerweg und prallte gegen einen Baum, wobei zwei Insassen, ein Schlächtermeister aus Emsdetten und sein Geselle, sofort töd liche Verletzungen erlitten. Der Fahrer des Wagens ist später im Krankenhaus gestorben. Auch das ist Tierquälerei. Wegen Tierquälerei hatte sich vor dem Einzelrichter in Nienburg ein junges Ehepaar zu verantworten, das sich strafbar gemacht hatte, weil es mehrere in seinem Besitz befindliche Hühner unzureichend ge füttert hatte. Einige Tiere waren infolge der schlechten War tung verendet. Der Staatsanwalt beantragte eine Gefängnis strafe von ie einer Woche, das Gericht ließ es aber angesichts der Unbescholtenheit der beiden Angeklagten bei einer Geld strafe von je 20 Mark bewenden. Silbersicgel von 1550 entdeckt. Auf dem Boden des Rat hauses der ostpreußischen Stadt Mehrungen entdeckte man gelegentlich einer Entrümpelung ein silbernes Jnnungssiegel aus der Zeit um 1550. Es ist das schönste Stück einer "Siegel- fammlung, die sich die Stadt angelegt hat. Verkehrssünder im Kasten. Im Polizeigebäude der Stadt Burg bei Magdeburg ist jetzt ein Verkehrssünderkasten auf- qehängt worden. Ab sofort werden in diesem Kasten diejenigen Verkehrsteilnehmer gebrandmarkt. die in betrunkenem Zustande den Verkehr gefährdet haben. Als erster wurde ein Burger Einwohner angeprangert, der in sinnlos betrunkenem Zustande im Rinnstein an einer Straßeneinmündung lag und den Ver kehr gefährdete. Kohle reicht bis 5600. Eine beruhigende Feststellung haben englische Geologen getroffen. Nach ihrer Ansicht reichen bei gleichbleibendem Verbrauch die Kohlenschätze unserer Mutter Erde mindestens noch 37 Jahrhunderte Der neueste Wohnungskomfort. „Kinderwagengaragen' find der neueste Komfort, der für eine Reihe von Wohnblocks vorgesehen ist, die von der Londoner Stadtverwaltung er richtet werden sollen. In den Plänen für dieses Neabauprojekt sind 32 Schuppen als Abstellräume für die Kinderwagen ver in veu Häusern lebenden Mieter vorgesehen. Dadurch wird es vermieden, daß Mütter ihre Kinderwagen unter Umständen mehrere Treppen hoch tragen müßen. Er starb, während die anderen tanzten. Während 800 Ball gäste vergnügt in einem Saal in Wimbledon «England» tanzten, vollzog sich zu ihren Häuptern eine Tragödie der Arbeit Einer der Beleuchter, Vie mit Scheinwerfern das fest liche Gewoge im Tanzsaal anstrablien. war in dem über dem Saal gelegenen Schallraum mit dem elektrischen Strom in Berührung gekommen und batte vergeblich versucht, sich zu be freien Feuerwehr und Polizei bemühten sich über eine Stunde hindurch, mir künstlicher Atmung und Sauerstosfzusubr den Verunglückten zu reuen, er starb jedoch, als gerade die Kapelle ihre Tanzmusik beendete, Hochzeitsgesellschaft überfallen. Einen blutigen Ausaang nahm eine Hochzeitsfeier in dem polnischen Dorfe Olszvn » in der Näbe von Krakau. Wahrend die Hochzeitsgäste sich mitten im Vergnügen befanden, überfielen mehrere Personen, die mit Revolvern Aenen und Knüppeln bewaffnet waren, den Hof des Bauern und begannen wie wild in die Hochzeits gesellschaft zu schießen und aus sie einzuschlagen Nach der Ver wüstung der Räume verschwand die Bande wieder, nachdem sie einen Hochzeitsgast getötet und zehn schwer verletzt hatte Es konnte noch nicht festgestellt werden, ob es sich um einen Naubübersall oder um den Racheakt eines verschmähten Lieb habers bandelt Tragischer Abschluß einer Weltreise. An der Küste von Palästina strandete während eines heftigen Sturmes ein Motorboot mit drei jungen Amerikanern, die sich aus einer Weltreise befanden Ein Insasse ertrank, die beiden anderen konnten jedoch von Arabern gerettet werden. Die Amerikaner hatten im Juni des vergangenen Jahres von Baltimore aus die Fahrt angetreien. Lebenslängliches Zuchthaus für Eisenbaynräuber Das Detmolder Schwurgericht verurteilte den 24 Jahre alten Wilhelm Milting aus Hörstmar «Lippe) zu lebensläng licher Zuchthausstrafe. Ferner wurde aus Entmannung und Sicherungsverwahrung erkannt. Der Verbrecher hatte am 1. Fe- buar in einem Eisenbahnabteil zwischen Detmold und Nien hagen einen schweren Naubübersall verübt, indem er eine 19 Jahre alte Verkäuferin «ins Bieleseld durch Hammerschläge lebensgefährlich verletzte und beraubte. Wegen sittlicher Ver fehlungen war er wiederholt vorbestraft. Er gab zwei weitere ihm zur Last gelegte Sittlichkeitsverbrechen zw Vermischtes Deutschlands größte je durchgeführte Landwirtschafts schau. Auf dem Gelände der Neichsnährstandsausftellung inLeipzig sind seit Monaten die Vorarbeiten im Gange für die bisher größte N ä h r st a n d s s ch a u, die in Deutschland je veranstaltet wurde und die für die Tage vom 4. bis 11. Juni vorgesehen ist. Tausende deutscher Bauern werden auf dem 50 Hektar großen Gelände zu sammenströmen und einen einzigartigen Anschauungs unterricht über die Leistungen und Aufgaben der deutschen Landwirtschaft in sich aufnehmen. Das große Ausstellungs gelände wird ungefähr zu je einem Drittel durch die Tier schau, die Landmaschinenschau und die Lehrschauen auf geteilt. 2000 der besten Zuchttiere Deutschlands und etwa 10 000 Landmaschinen und Geräte sind Ausstellungsobjekte. Die Lehrschauen enthalten einen Lehrhof, Maschinenlehr schau, Haus der Wirtschaft, der Düngung und Pflanzen zucht, aber auch eine Uebersicht über Gesundheitsfragen. Der preisgekrönte „Eierwurf-Schnappschuß". Alljähr lich veranstaltet die Vereinigung amerikanischer Presse photographen einen Wettbewerb, bei dem die besten Pressephotos des Jahres ausgezeichnet werden. Jetzt ist auch das Ergebnis des Ansschreibens des Jahres 1938 bekanntgeworden. Das Urteil der Jurp fiel echt ameri kanisch aus. Den ersten Preis erhielt nämlich der Bild berichterstatter Ralph Morgan für ein Bild, auf dem der Augenblick festgehalten wurde, in dem dem Propaganda redner Norman Thomas bei einer seiner Kampagnen auf dem Marktplatz von New Jersep ein Ei an den Kopf geworfen wird. Man sieht deutlich, wie sich das Ei am Kopf des Herrn Thomas in feine Bestandteile auflöst. Dieses Bild ist natürlich durch die gesamte amerikanische Ptesse gegangen — und Herr Morgan ist jetzt ein bekannter Mann. Der „Arbeitsanzug" des Bettlers. Die San Franzis- koer Polizei erlebte in diesen Tagen eine nicht geringe Ueberraschung, als sich herausstellte, daß der 35 Jahre alte Thomas Welch, der wegen Bettelei verhaftet worden war, eine zwar kleine, aber außerordentlich luxuriös aus gestattete Wohnung besaß. Im Schreibtisch seines „Arbeitszimmers' entdeckte man 500 und in seiner Brief tasche 125 Dollar. In seinem Kleiderschrank aber hingen nicht weniger als sechs Maßanzüge. Bei seiner Verhaftung trug Welch dagegen einen Anzug, der buchstäblich nur aus Flicken und Lumpen bestand. Als die Beamten NM wegen Vorhaltungen machten, erklärte er ihnen, daß Äes sein „Arbeitsanzug' sei. Prinz Wilhelm verdient sich das Eisenlrenz Zur Erinnerung an die Schlacht bei Bar-sur-Aube Der Februar 1814 brachte bei den Kampfgegnern auf französischem Boden schwere Krisen. Hatte der 1. Februar Blücher den schönen Sieg bei La Rothiere gegeben, sv gelang es dem Franzosenkaiser um die Februarmitte her um, sowohl das schlesische Heer unter Blücher wie die Hauptarmee der Verbündeten unter Schwarzenberg in einer Serie von sechs einander folgenden Gefechten zu schlagen. Beide Heere hatten sich wegen grundsätzlicher Meinungsverschiedenheit über die Durchführung des Feldzuges, vor allem aber wegen der Schwierigkeit, eine allzu große Truppenmasse gemeinsam zu verpflegen, wieder einmal getrennt. Während Schwarzenberg, wie gewöhnlich, unentschlossen herummanövrierte, war Blücher eifrig aus Paris zugedrängt. Der Mangel gegenseitiger Verbindung unter den gegnerischen Armeen konnte eine« Feldherrn vom Range Napoleons nur zu sofortigen Gegen aktionen veranlassen. Und seine Erfolge bezweckten fast das, was er ersehnte. Fürst Schwarzenberg verlor wieder sämtliche Siegeshoffnung, forderte gar den unverzüg lichen Rückzug auf das „leider verlassene' Plateau voll Langres und ersehnte einen glimpflichen Frieden mit dem Imperator, dessen Unbezwingbarkeit ihm wieder einmal bewiesen schien und dessen Familienverbindung mit Habs burg ein Grund zu möglichster Schonung des „Empereur' zu sein schien. Ganz anders sah Blücher und sein Heer das „vor übergehende Malheur' an. Obwohl reichlich abgekämpft und abgerissen, warteten die Truppen der schlesische» Armee — völlig siegesgewiß — nur auf die nächste Mög lichkeit, die neuen Scharten am alten Ruhmesschwert aus zuwetzen; begeistert marschierten sie mit ihrem Marschall Vorwärts nordwärts, nm sich dort mit Bülow zu ver einigen und dem glorreichen Feldzuge ein Ende mit der Erstürmung von Paris zu bereiten, Da traf es sich sonderbar genug, daß der nächste Sieg, der die Ent scheidung näher rückte, von dem Zauderer Schwarzenberg erfochten werden sollte. Bei Bar-sur-Aube ist es gewesen, wo sich ein Kampf entspinnen wollte. Schwarzenberg ging dem Treffen aus dem Wege, ließ sogar den Ort Bar räumen, wagte auch den Gegenangriff nicht, als er mit dem König Friedrich Wilhelm eine sehr günstige Situation erkundet hatte. Friedrich Wilhelm ergrimmte über den Vorsatz des Ober befehlshabers; sonst allzu schweigsam nnd zurückhaltend, hielt er Schwarzenberg eine ordentliche Standpauke, ver wies nochmal auf alle Vorteile und auf den demorali sierenden Eindruck, den ein allzu vorsichtiges Ausweichen auf eine schlagfähige Truppe stets macht. So packte er den österreichischen Generalissimus an der Ebre und erzwang damit die Schlacht. Gab ihm schon das brausende Hurra- geschrei, das die Truppen dem Aufmarschbefehl folgen ließen, recht, so bestätigte sich seine Siegesgewißheit da durch, daß in dieser blutigen Schlacht bei Bar-sur-Aube am 27. Februar 1814 die Marschälle Qudinot und MacDonald — Napoleon war Blücher nordwärts ent gegengerückt — empfindlich geschlagen wurden. Eine bemerkenswerte Folge war es, daß die ängstlich gewordenen Kreise der Koalitionsleitnng wieder zuver sichtlicher wurden, ja sogar die Allianz fester knüpften nnd — was vorher sehr umstritten war — als festes Kriegs ziel die Absetzung Napoleons anerkannten! So leitete der Februar unter schönsten Anzeichen in den März hinüber, der den Sieg brachte. Und doch aus einem anderen Grunde ist für uns die Schlacht von Bar-sur-Aube be merkenswert: „Es wurde', schreibt Treitschke, „ein froher Tag für das königliche Haus; denn heute ritt Friedrich Wilhelms zweiter Sohn, Prinz Wilhelm, an der Seite des Vaters zum ersten Male in die Schlacht. Die Offiziere lächelten zufrieden, als der schöne 17jährige Jüngling im furchtbaren Kugelregen ganz unbefangen seinen Adju tantendienst versah nnd nachher mit dem altberühmten russischen Regiment Kaluga den beherrschenden Hügel von Malopin hinaufstürmte.' Verlieh Zar Alexander dem Prinzen bald nach dem Gefechte den Georgenorden, schmückte der zufriedene Vater den Sohn mit dem Eisen- kreuz erst am Geburtstage der Mutter, am 10. März, dem Stiftungstage des Kriegsordens. So erwarb sich der spätere „Alte Kaiser' seine ersten Kriegsauszeichnungen unter vollem Einsatz seines jungen Lebens. — Werner Lenz. Eln SM ging in Werben Roman von Fr. Lehne. S. Fortsetzung Nachdruck verboten Dieser jungen Dame gegenüber war ihm seine große, ihn sonst niemals verlassende Sicherheit vollständig abhan den gekommen, und er stand da wie ein Primaner vor sei ner ersten Tanzstundenliebe, und nicht wie ein Mann, der die halbe Welt kennt. Wie ein Schlag hatte ihn diese Begegnung getroffen! Isa war die erste, die sich wieder zurechtfand. Vielleicht war ihre Befangenheit gar nicht ganz echt gewesen! Tri umph, Genugtuung war in ihr, weil sie wahrnahm, einen wie betäubenden Eindruck ihre Erscheinung auf den Herrn gemacht hatte. In ihren Mundwinkeln stand ein rätsel haftes Lächeln, das gar nichts Kindliches, Unerfahrenes an sich hatte. Sie warf den Kopf ein wenig zurück, die Locken schüt telnd, und sagte: „Tante wird schon warten! Vielleicht sehen wir uns bei Tische wieder." Mit leichtem Kopfneigen eilte Isa an ihm vorbei. Es befriedigte sie, denken zu können, daß sich ihr Leben im Hause der Tante sicherlich sehr abwechslungsreich und kurz weilig gestalten würde — abwechslungsreicher und kurzwei liger als daheim bei dem galligen, leidenden Vater. Auf dem Treppenabsatze konnte Isa es sich nicht ver sagen, sich mit gut berechneter, verstohlener Gebärde umzu sehen, weil sie das Gefühl hatte, daß Herr Trautmann noch dastände. Und dieses Gefühl täuschte sie nicht; er war wirklich nicht weitergegangen, sondern sah ihr nach. Wie bei etwas Verbotenem ertappt, wandte sie den Kopf schnell herum und lief mit heimlich überlegenem Lächeln weiter. Das Zimmermädchen, das über die Diele schritt, wies 'hr den Weg nach der Küche, wo Tante Isabella beschäftigt war. „Kann ich dir helfen, Tantchen?" fragte sie schmeichelnd. »Heute noch nicht. Aber in den nächsten Tagen werde ich dir einen kleinen Pflichtenkreis zuweisen," entgegnete Isabella freundlich. Huh, wie das klingt! Gerade, als ob ich Papa reden höre, dachte das junge Mädchen wenig respektvoll, aber doch beruhigt, da die Worte der Tante nicht danach klan gen, daß sie bald wieder fortgeschickt wurde, und dies war jetzt die Hauptsache. Isa schlenderte durch die allgemeinen Räume, sie einer genauen Prüfung unterziehend. Sehr elegant, geschmack voll und gemütlich, stellte sie fest. Ueberall lagen schöne, echte Teppiche. Da war ein mäßig großer Raum mit einem Flügel und mehreren Stühlen und Sesseln und kleinen Tischchen, verschiedene Plauderecken bildend; es war wohl das Besuchszimmer, der Empfangsraum, und an diesen an schließend, durch eine große Glasschiebetür von ihm ge- trennt, das große Eßzimmer mit einer Veranda nach dem kleinen, reizenden Garten. Im Eßzimmer war auf kleinen Tischen gedeckt, an denen zwei, vier und sechs Personen Platz hatten, so daß die Gäste sich nach Gefallen zusammensetzen konnten. Hoffentlich gibt's etwas Gutes! dachte Isa, die großen Hunger verspürte. Der Gong rief, nnd langsam kamen die Gäste, die Isa verstohlen neugierig musterten. Sie fiel auf. Wer war sie? Ganz unbefangen, in eine illustrierte Zeitschrift vertieft, saß sie in einem Sessel, eifrig lesend, so daß niemand sie durch eine Anrede zu stören wagte. Dennoch entgingen ihr nicht die heimlich forschenden Blicke, das Flüstern um sie her; sie wartete auf den einen, auf den Herrn Trautmann, so hatte er ja wohl gesagt. Doch zu ihrer Enttäuschung war er noch nicht gekommen. Da trat Isabella Dörner ein, die sofort umringt und mit großer Liebenswürdigkeit begrüßt wurde. Das junge Mädchen sprang auf — „Liebes Tantchen!" Und da stellte Isabella vor: „Meine Nichte, Fräulein Isabella Dörner, die für eine Zeit unsere liebe Hausge- nosfin sein wird —" „Ah, auch Isabella Dörner! Sie tragen ja den gleichen Namen!" bemerkte eine ältere Dame, „da wird es öfter Verwechslungen geben —" „Um so mehr, da das gnädige Fräulein unserem lieben Fräulein Dörner sehr ähnlich sieht. Man könnte die Da men für Schwestern halten!" meinte einer der Herren. Einige verbindliche, gleichgültige Worte flogen hin und her, und dann bat die Hausherrin zu Tische, nicht ohne ein paarmal nach der Tür geblickt zu haben, als ob sie noch auf jemanden warte. Die Gäste hatten ihre gewohnten Plätze an den Tische» eingenommen, und Isabella gab an der Anrichte dem be dienenden Mädchen leise Anordnungen, als Erich Traut mann hastig eintrat und die Anwesenden mit einer höf lichen Verbeugung begrüßte. „Ah, Herr Trautmann! So spät heute? Darf ich Sie mit einem neuen Gast bekannt machen, der vorhin ange kommen? Meine Nichte, Fräulein Dörner! Vielleicht er innern Sie sich des Telegramms von heute morgen —" „Das eine durchbrennende Dame abgesandt? Ja, ich er innere mich —." Mit leichtem Lächeln verneigte er sich. Es war gut, daß er das junge Mädchen schon vorher gesehen, sonst hätte er sich, von Isas strahlender Erschei nung betroffen, vielleicht nicht in dem Maße beherrsche» können wie jetzt, da er sich mit tadelloser weltmännischer Verbeugung vorstellte, neugierig, ob Isa der kurzen Be gegnung von vorhin Erwähnung tun würde. Sie unterließ es, also durfte er es auch nicht. Sein fragender Blick traf ein Gesicht, das für den oberflächlichen Beobachter nur einen gleichgültig liebenswürdigen Ausdruck besaß. Oder hatte er doch das versteckte Lächeln in den Grübchen der Mundwinkel bemerkt? Denn er war leicht errötet, als er sich an die Hausherrin mit der Frage wandte, ob er heute abend den Vorzug haben dürfe, mit an ihrem Tische z» speisen. „Das gehört mit zu den Vorteilen der Henkers mahlzeit, Fräulein Dörner," lächelte er, und sich an die Nichte wendend, meinte er: „Wer nämlich besonders brav ist, darf bei der Hausfrau fitzen. Und ich bin heute sehr brav gewesen, darum darf ich diesen Vorzug beanspruchen." Fortsetzung folgt-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)