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ilsdrMer Tageblatt 2. Blatt zu Nr. 31. Montag, den 6. Februar 1939. Lagesspruch Ich glaube nicht an eine Zukunft der deutschen Nation, solange ihre Interessen von zwanzig oder dreißig Parteien, Bünden, Bereinigungen, Gruppen und Verbändchen vertreten werden. Zch kenne den Fluch der deutschen Zersplitterung durch die Jahrhunderte unserer Geschichte. Adolf Hitler. Vor drei Zähren siel Wi Helm Gustlvsi Die Bewegung ehrt das Gedenken des ermordeten Kämpfers Der Gauleiter der Auslandsorganisation der NSDAP., Bohle, besuchte mit einer Reihe seiner Mit arbeiter die mecklenburgische Gauhauptstadt Schwerin zur Kranzniederlegung am Grabe Wilhelm Gustloffs. Von der Gauschule Schwerin aus begaben sich die Kranzabordnungen zu dem am Höhenufer des Schweriner Sees liegenden Ehrenhain der Bewegung des Gaues Mecklenburg. Unter den Kränzen, die am Grabe des am 4. Februar 1936 ermordeten nationalsozialistischen Kämpfers Wilhelm Gustloff, der im Ehrenhain seine Ruhestatt gefunden har, niedergelegt wurden, befanden sich auch Kränze des Gauleiters Bohle, des Gauleiters des Gaues Mecklenburg, Hildebrandt, der Wehrmacht, des Stabschefs der SA. Lutze, des Reichsführers ff Himmler, des Korpsführers des NSKK. Hühnlein, der Leitung der Auslandsorganisation, des Gebietsführers der HI. und vieler anderer. Reue Männer im Reichsbanldirekiottum Drei Mitglieder schieden aus Der Führer hat die Mitglieder des Neichsbankdirek- toriums Geheimer Finanzrat Dr. Wilhelm Vocke, Carl Ehrhardt und Karl Blessing von ihren Aemtern entbunden. Zu Mitgliedern des Reichsbankdirektoriums wurden neu ernannt: der Direktor in der Reichsbank Friedrich Wilhelm, der Hauptabteilungsleiter im Reichswirt schaftsministerium Ministerialdirektor Kurt Lange und der Ministerialrat im Reichsfinanzministerium Walter Bahrhoffer, die beiden letzteren unter Belassung in ihren bisherigen Aemtern. Die Chefs der drei Lustslottenlommandos. Zm Zuge der Veränderungen bei der Luftwaffe zur Er höhung ihrer Schlagkraft wurden drei Lustflottenkomman dos 1, 2 und 3 neu gebildet. Ihre Befehlshaber führen die Dienstbezeichnung: Chef der Luftflotte 1 und Befehls haber Ost, Chef der Luftflotte 2 und Befehlshaber Nord, Chef der Luftflotte 3 und Befehlshaber West. — Unsere Bilder zeigen von links nach rechts: General der Flieger Kesselring, Chef der Luftflotte 1 und Befehlshaber Ost; General der Flieger Felmy, Ches der Luftflotte 2 und Befehlshaber Nord; General der Flieger Sperrle, Chef der Luftflotte 3 und Befehlshaber West. (Weltbild-Wagenborg — M.) EN-q/V VV/V oe/LO/ QLL4« (2S. Fortsetzung.) „Drei Tage! Maria, das ist doch gar nichts!" „O doch, liebste Käthe, drei Tage können sehr lang und reich sein. Man mißt doch die Freude nicht nach Ler Uhr." „So sei doch kein Frosch! Fordere doch wenigstens eine Woche." Maria machte angstvolle Augen. „Nein, liebe Käthe, dränge nicht, es ist wirklich unmöglich. Du ahnst nicht, wie sehr mein Chef auf jede Abrechnung lauert. Er steckt so tief in Schulden. Sein Teilhaber bedrängt ihn so sehr. Wamsler nimmt ohnehin so viel Rücksicht auf mich —" sie brach ab. Die andere war ärgerlich. „Ich muß schon sagen! Mir nimmst du doch auch die Urlaubsfreude mit deiner törichten Bescheidenheit." Die blonde Frau preßte ratlos die schmalen Hände ineinander. „Du weißt nicht Bescheid, Käthe. Ich be halte meinen Posten wirklich nur durch das Wohlwollen meines Chefs. Eigentlich handelt es sich doch um ein Männeramt. Zu jeder Ausbesserung — es ist doch oft eine Störung in der Leitung — muß er eine bezahlte Kraft nehmen. Stünde an meiner Stelle ein Mann, so hätte der das Netz zu überwachen." Die Schwägerin überlegte. „Nun ja — und du kannst Las natürlich nicht machen ...?" Maria lachte. „Leider nein, da ich nicht auf Lichtmaste klettern kann und dergleichen. Diese Sorge — die Mädels nennen sie unser Damoklesschwert — hat uns i )on viel gequält. Die Eve hatte allen Ernstes den Plan ausgeheckt, Leitungsmonteur zu lernen. Das Gör ließ sich heimlich in der Zentrale unterrichten, borgte sich Gurt und Steigeisen und ging wahrhaftig die Maste hoch. Natürlich wurde ich sehr böse und verbot ihr den Unsinm" Rooskvelt sucht grüßen Unbekannten Der Präsident stellt sein Kriegsgeschrei in Abrede Drei Tage hat Präsident Roosevelt den Sturm dev Empörung weitester Kreise des amerikanischen Volkes über sich ergehen lassen, bevor er es unternimmt, die amerika nischen Presseveröffentlichungen über seine vor dem Mili tärausschuß des Senats gebrauchten Ausdrücke in Abrede zu stellen. Roosevelt verlangt zu wissen, w e r es gewesen sei, der seine Ausführungen falsch wicdergcgeben hat. Auf diese Weise glaubt der Präsident, die Kritik wegen seiner Beteiligung an dem aufgedecktcn geheimen Waffen handel mit Frankreich und auch die anderen geheimnis vollen Geschäfte zum Schweigen zu bringen. Roosevelt sucht also nach dem großen Unbekannten. Das erinnert an einen gleichen Vorfall, zur Zeit, als Coo lidge Präsident war. Damals wurde ein geheimnisvoller „Sprecher" des Weißen Hauses gesucht, obne daß man ihn uuffinden konnte. Die Suche nach dem Spukgeist veran laßte seinerzeit den Senator Glaß zu der Anfrage, ob dieser „Spokesman" vor, neben oder hinter dem Präsiden ten stünde, oder ob er etwa gar, was noch unfaßbarer schiene, mit dem Präsidenten identisch sei. Neuer Skandal im Militärausschuß D^r Militärausschuß des USA.-Bundessenats befaßte sich in stürmischer Sitzung ergebnislos mit der Frage, ob die stenographischen Niederschriften der bisherigen Ver nehmungen über die Flugzeuglieferungen an Frankreich veröffentlicht werden sollen. „Herold Tribune" zufolge wurde hierbei festge- stcllt, daß ganze Seiten aus den Akten entfernt worden sind, besonders über die Tage, an denen der jüdische Finanzministcr Morgenthau und Kriegs minister Woodring aussagten. Wer anderen eine Grnbe gräbt... Entrüstung der USA.-Preffe über Roosevelts Vorwürfe Das verspätete Dementi des Präsidenten hat wie eine Bombe eingeschlagen. Nicht nur die gesamte republi kanische Presse weift die gegen Verleger und Senatoren erhobene Beschuldigung der „lügenhaften Berichterstat tung" entrüstet zurück, sondern auch die demokratischen Blätter, die bisher mit der Roosevelt-Regierung durch dick und dünn gingen, können ihr Befremden über die u n- gewöhnliche Handlungsweise Roosevelts kaum verbergen, da Roosevelts Angriffe gegen die amerikanische Presse unverständlicherweise durchaus generell waren. So nennt die „New Porl Times" Roosevelts Geheim sitzung mit dem Militärausschuß eine höchst unglückselige Episode, die er durch einen Generalangriff auf die Presse gekrönt habe. Die völlig unter jüdischem Einfluß stehende Zeitung verspricht aber, Roosevelt ihre Gunst wieder zu schen ken, falls der Präsident das Neutralitätsgesetz abändere (!). — Unter der Ueberschrift „Roosevelt in seiner selb st gegra benen Grube" verweigert die republikanische „New fhork Herald Tribune" Roosevelt jedes Mitleid in seiner Notlage. Man müsse ernstlich um die Folgen für Amerika besorgt sein, dessen Außenpolitik niemals zuvor verworrener gewesen sei. Rückzüge Roosevelts nach außenpolitischen Erklärungen seien nichts Neu--s, aber der vorliegende Fall schlage alle Rekorde. Das Blatt besteht daraus, daß Roosevelt von „Amerikas Grenze in Frankreich" oder mindestens von „erster Verteidigungslinie Amerikas in Frankreich und England im Kriegssalle" ge sprochen habe. Italiens treffende Antwort, daß dann der Pa namakanal Italiens Grenze wäre, habe Roosevelts Beisall nicht gefunden, vielmehr habe Amerika formal gegen diese Bemer kung protestiert, was angesichts der kürzlich von Ickes gegen das deutsche Staatsoberhaupt gerichteten Anpöbelungen em starkes Stück sei. Das Blatt nennt schließlich die Debatte über die von Roosevelt gebrauchten Aeußerungen eine Wort klauberei, die die Anwendung des Ausdrucks „bewußte Lüge" nicht rechtfertige, da die verschiedenen Wendungen wenig voneinander abwichen. Roosevelts Haltung nach seinem über stürzten Rückzug werde das amerikanische Gewissen ebenso wenig beruhigen wie sein radikaler Vorstoß zum Rhein. Wer ist der Lügner? Der Fall Roosevelt vor dem USA-Parlament? Die entschiedene Antwort, die Rudolf Heß in feiner Dortmunder Rede auf die Roosevelt-Hetze erteilt hat, hat ihre Wirkung in USA. nicht verfehlt. Die Aeußerung von Heß: „Die Festungszone im Westen ist unsere Grenze und nicht der Rhein" wird von der amerikanischen Presse be sonders hervorgehoben. Es heißt, daß eine große Gruppe von Mitgliedern des Bundeskongresses die Absicht habe, den Fall Roosevelt vor das Parlament zu bringen. Wie „Herald Tribune" meldet, sind zahlreiche Kreise des Senates nicht nur über die Aeußerung des Präsidenten, daß einige von ihnen Lügner und Verbreiter von Falschnachrichten seien, aufs höchste empört, sondern sie bestreiten auch, daß das De menti Roosevelts bzw. seine neuerlichen Erklärungen mit seiner Darlegung vor dem Militärausschuß überein stimmen. 421700 Besucher Riesenerfolg der Grünen Woche 1939 Die Grüne Woche 1939, die am Sonntagabend abgeschlossen wurde, hatte am Sonntag mit 85 000 Be suchern einen Rekord aufzuwciscn. Insgesamt passierten während der zehntägigen Dauer 421 700 Besucher die Drehkreuze, ein Erfolg, der selbst nach der vorjähri gen Pause alle Erwartungen übertrifft. Die letzte Grüne Woche 1937 hatte demgegenüber 330 000 Besucher aus- ruweiken. Spatenstich zur größten Siedlung Deutschlands. Der Stellvertreter des Führers, Reichsminister Rudolf Hetz, vollzog bei Dortmund den ersten Spatenstich für Deutschlands größte Siedlung, in der mehr als 20 000 Volksgenossen eine Heimstätte finden werden. (Weltbild-Wagenborg — M.) Die andere lachte hellauf. „Deine Eva! Zu dumm, daß sie ausgerechnet jetzt verreist sein muß." „Sie hat sich so über ihren ersten Preis gefreut! Denk doch, außer dem Kursus freie Reise und ein Taschengeld. Ganz aus dem Häuschen war sie, Purzelbäume hat sie geschlagen, das große Mädel." Die Frauen hatten noch lange im Garten geweilt, über dessen Blütenpracht der Stadtbesuch aus einem Entzücken ins andere fiel. Er beteiligte sich schließlich auch eifrig an der Gießarbeit. Als man dann aber durch näßt und müde im Haus landete, meinte Fräulein Käthe doch recht nachdenklich: „Ich verstehe zwar wenig davon, aber ich glaube doch, daß das Gebot vom Schweiß der Arbeit bei dir schon innerhalb des Paradieses gilt. Maria, du hast dir zwar eine schöne, aber auch eine schwere Last mit deinem Garten Eden aufgebürdet." Sie standen im Badezimmer, wo sie die nassen Kittel schürzen mit ihren Morgenkleidern vertauschten. Die blonde Frau sah zärtlich über das grüne Gipfelmeer. Sie lächelte ein wenig schuldbewußt. „Ja, Käthe, Arbeit habe ich schon damit und leider auch die arme Eva, aber der Garten ist unser einziger Luxus, wirklich unser einziger. Außerdem ernährt er uns zum guten Teil. Dein Bruder hat ihn mit so viel Liebe angelegt. Er bedeutete ihm die letzte Schaffeus- freude." Die Schwägerinnen hatten von Bett zu Bett noch über die Zwillinge geplaudert. Als die Fragen allmäh lich stockten, schlüpfte Maria vom Lager und zog die Verbindungstür leise ins Schloß. Dann holte sie sich die Jnkassoliste aus der Mappe. Wie stets, bedrängte sie die Sorge um das fremde Geld so stark, daß an Ein schlafen nicht zu denken war, ehe sie nicht das Soll und Haben ihrer Tagesarbeit ausgeglichen wußte. Käthe, wohl sehr müde, aber gleichfalls zu erregt, um in die Arme des vielzitierten Allerweltliebhabers Morpheus zu sinken, wunderte sich, als der schmale Lichtstreifen auf der Schwelle gar nicht verlöschen wollte. Sie fand schließlich die Schwägerin über einem Stotz Papiere eingeschlafen, den Stift noch in der Hand. Als sie sich unwillkürlich über die weitzen Blätter beugte, las sie Namen, Zahlen, Additionen und jeweils unten in der rechten Ecke ein hauchdünnes „stimmt" in Marias zierlichen Schriftzügen. So kindlich erleichtert wirkte das schlichte Wörtchen, das sicher eine Zentnerlast ge hoben hatte. Die alternde Frau sah bewegt in das zarte, belle Ant litz. Wie getreu dieses junge Weib in allen Briefen an sie das Andenken des Gatten bewahrte, der das feine Seelchen doch eigentlich ziemlich selbstherrlich an sich ge rissen hatte. Es war gut gegangen — die Ehe war sehr kurz gewesen, hatte sich nicht zur Reife entwickelt. Käthe konnte nicht anders, sie mutzte ihre Lippen auf die Stirn legen, hinter welcher solch ein unfraulicher ZahlenspuL herrische Ansprüche erhob. Maria schlug die Augen auf. Sie lächelte glücklich. „Es stimmt. Ich bin so froh!" „O Nehlein, deine Mädels haben mir schon davon ge schrieben. Quälen sie dich denn gar so sehr, diese gräß lichen Zahlen?" „Ach ja," bestätigte ein Seufzer und dann schuld bewußt: „Natürlich ist es meine Schuld. Ursula sagt, es seien geradezu Komplexe. Aber ich kann doch nicht da gegen an. Es ist so schwer mit dem Geld. Der Strom preis hat schon mehrmals gewechselt. Weißt du, da durch irrt man sich so leicht. Ich glaube, mein Hirn ist zn weich. Da prägen sich die Zahlreiben so ein, und es dauert lange, bis ich die neuen an dre Stelle der alten kriege. Du verstehst schon, eine silVR — 45 Pfennig, zwei — 90 Pfennig und so weiter und der Kraftstrom 26 Pfennig. Auf einmal kostet der Strom nur 42, respek tive 22 Pfennig. Da verrechnest du dich zu leicht, ob gleich du natürlich eine Tabelle hast, aber in der Efts ziehst du sie nicht zu Rate. Manche Stromabnehmer haben auch noch Spezialtarife mit allerlei Finessen von Maximal- und Minimalverbrauch .. ." Die Schwägerin hatte über das weiche Hirn hellanf gelacht, aber sie sah doch, daß die zarte Frau sich wirk lich quälte, und wieder, wie so oft, wenn sie dieses Schicksals gedachte, schlug ein heißer Groll in ihr hoch: Maria, der Inbegriff der Fraulichkeit und dieser Land straßenberuf mit der Jagd nach dem schmutzigen Geld! Es lag eine empörende Sinnlosigkeit darin. „Lieb ist es aber doch, daß sie dich die Lichtfrau nennen," sagte sie, in dem Wunsch, zu trösten. Die blauen, jetzt samtdunkel leuchtenden Augen strahlten auf und die schmalen Wangen färbten sich langsam. „Ja, das tun sie. Und einige denken sich etwas sehr Liebes dabei. Ich bin wirklich für manches einsame alte Männlein oder Weiblein die Lichtfrau, die ihnen ein wenig Frende bringt, weil sie fühlen, daß ich es ehr lichen Herzens gut mit ihnen meine. .(Fortsetzung folgt.L