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Wilsdruffer Tageblatt : 08.02.1939
- Erscheinungsdatum
- 1939-02-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193902083
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19390208
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19390208
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1939
-
Monat
1939-02
- Tag 1939-02-08
-
Monat
1939-02
-
Jahr
1939
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 08.02.1939
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VauerOausral - Muernsiolz Bayerischer Hausschmuck — ein Stück Kulturgeschichte In unseren alten Bauernhäusern ist oft noch wert volles Kulturgut vorhanden. Leider wissen manche Bauernfamilien das aber nicht zu schätzen, und so suchen sie sich vielfach „modern" einzurichtcn. Es geht einem dabei wie ein Stich durch den Magen, wenn man bei spielsweise eine neuzeitliche Couch oder Stahlmöbel in den ländlichen Räumen findet, die dort gar nicht Hinein passen. Geschäftstüchtige Vertreter haben dem Landmann diese für einen Stadthaushalt passenden und auch dort nicht immer praktischen Einrichtungsgegenstände aufge schwatzt. In eine Bauernstube gehören sie aber nicht: jeder Landmann sollte stolz darauf sein, noch recht viel von dem ererbten Hausrat zu besitzen. Gerade heute, wo der Wert des alten Kulturgutes wieder entsprechend gewürdigt wird, sollte es keinen Bauern mehr geben, der sich von einem Händler den Hausrat abkaufen läßt, der ihn meistens doch zum Trödler in die Stadt bringt oder mit einem weit höheren Preis an sogenannte Kunstsamm ler verschachert. Gerade in Bayern gibt es noch so viele schöne bäuer liche Hausgegenstände, die von hoher Handwerkskunst Zeugnis ablegen. Solcher Besitz kann durch nichts ersetzt werden. Die schönen geschnitzten Kästen, Schränke und Truhen, mit bunten Blumenmalereien und Schnitzereien verziert, geben erst dem bäuerlichen Wohnraum seine eigene Note. Manche Stücke finden sich darunter, die schon im l7. und 18. Jahrhundert von Tölzer, Berchtes gadener und Miesbacher Faßmalern angefertigt wurden. Die niederbanerischen Banernmaler schufen so wunder schöne Schränke, unter denen die Stücke ans Tittmoning besonders bekannt sind, daß es geradezu eine Sünde wäre, sie zu verschleudern. Die Dachauer Bettladen und Schlafkammermöbel sind ebenfalls Meisterstücke bäuerlicher Handwerkerkunst, schön geschnitzt und mit freudigen Far ben bemalt. Grüne Kachelöfen mit umlaufenden Bänken geben jedem Wohnzimmer Altbayerns erst die richtige Gemütlichkeit. Oft findet man noch Tische, Sessel und Stühle mit gewundenen Fritzen und handfesten Armlehnen in den ursprünglichen, kräftigen Fornien. Die Zeiten, in denen solcher Hausrat zusammengehauen wurde und ins Feuerloch wanderte, sollten endgültig vorüber sein. Ueber den knirschenden Schnee der Donauniederung und der Alpentäler fahren heute noch wunderschöne korb geflochtene, bemalte und vergoldete Bauernschlitten, von denen manche aus ein Alter von 200 Jahren zurückblicken können. Ebenso alt sind die sogenannten Leonhardi wagen und blitzenden Pferdegeschirre, die immer wieder bewundert werden. In der „schönen Kammer", der „guten Stube" der Städter entsprechend, finden sich noch viele Flaschen und Kannen ans sogenanntem Waldler glas, hergestellt von den geschickten Glasbläsern vornehm lich des Böhmer Waldes. Nicht zu vergessen die Hinter glasmalereien und Votivbilder, die Berchtesgadener Schnitzereien und die Oberammergauer alten Krippen figuren, Hausaltärchen und Heiligenbilder. Selbst in der Küche bewahrt die bayerische Landfrau noch manches alte Stück auf, das sich in künstlerischer Gestaltung und Farbenpracht mit manchen modernen Keramiken messen kann, so die buntbemalten, glasierten Tonschüsseln und -krüge, die vor vielen Jahrzehnten die Geschirrhändler aus dem Chiemgau, aus Ingolstadt und der unteren Donaugegend ins Haus gebracht haben. Farbenprächtig und von dem persönlichen Geschmack des Besitzers zeugend sind nicht nur die Räume des Bauernhauses, sondern auch dessen Aeutzeres. Vielfach zieren die Hauswand volkstümliche Malereien; um den ersten Stock zieht sich meist noch ein hölzerner Laufgang mit schön geschnittenen Brüstungen und Streben, und die Giebelfüllnng des Hauses und der Scheune ziert ein reich geschnitztes Fachwerk von Balken und Sparren. Alter tümliches Stern- und Blumengeschnitz schmückt die Som mertür und das Gartentor, vielfach thronen über der Haustür noch ein paar geschnitzte bayerische Löwen, die ein uraltes, fast unleserlich gewordenes Namensschlid mit verblichener Jahreszahl in ihren Tatzen halten, das ehr- lvürdiae Wappenschild des Bauerngeschlechts. — Schlietz- nch sei noch der fahrynndenecmen Volkstrachten gedacht, die bisher noch von keiner städtischen Mode übertroffen werden konnten. Von Gau zu Gau erzählt die bäuer liche Tracht in ihrer bunten Mannigfaltigkeit von der Kulturgeschichte der einzelnen Stämme des deutschen Vol kes. Besonders entzückend sind die verschiedenen Arten des fraulichen Bauernschmncks mit seinen Ketten und Miederhallern, mit den Knöpfen und Schnallen aus Sil berfiligran, denen sich die bunten Ledergürtel der Männer mit Ainnstiftornamenten und Federkielstickereien würdig an die Seite stellen. Der malerische Kopfschmuck der baye rischen Frauen fügt sich zu einem phantastischen Aufbau, durchsetzt mit silbernen Nadeln, bunten Perlen und schim merndem Filigran. Solch bäuerliches Kulturgut gehört nicht nur in die Heimat- und Volkskundemuseen, sondern soll auch künftig einen ständigen Bestandteil des bäuer lichen Lebens bilden. Noch 6V Adler in der Ostmark Der deutsche Wappenvogel wird geschützt In den deutschen Alpen gibt es heute noch etwa 6 0 Adler in 30 Horsten. Die nunmehr in der Ostmark eingeführte Reichsjagdgesetzgebung bietet diesem deutschen Wappenvogel den denkbar größten Schutz. Denn man will diesem König unter den Vögeln seine letzte Zufluchts stätte in den Ostalpen bewahren und sein völliges Aus- o-rbcn Verbindern. Durch Nnkklü-nna^rbeit wird der Bevölkerung die vollkommen unnötige Angst vor diesem Tier genommen. Dabei leistet der dem Deutschen Alpen verein angeschlössene „Bere u zum Schutz der Alpen pflanzen und Alpentiere" wertvolle Arbeit. Es wurde auch ein Preis gestiftet, der jedem entsprechende Ersatzleistung bietet, der nachweislich durch Adler Schaden erlitt, aber bemerkenswerterweise hat sich seit der Bekanntgabe dieses Preises noch niemand gemeldet. Daß Adler Menschen angreifen, ist längst als Mär chen erwiesen. Die „Kindesentführungen" gehören in das Gebiet der Legende. Noch jedesmal hat sich herausgestellt, daß die verschwundenen Kinder von Felsen abgestürzt waren und nicht etwa von Adlern geraubt wurden. Der Schutzverein hat durch genaue Nachforschungen in Adler horsten bewiesen, daß die Adler fast ausschließlich krankes und minderwertiges Wild schlagen und nicht, wie fälsch lich angenommen wird, Reh- und Gamskitzen bevorzugen. Da die deutschen Alpen die besten Daseinsbedingungen für Adler bieten, dürfte sich der äußerst geringe Bestand durch diese Schutzmaßnahmen vermehren, so daß man künftig häufiger Gelegenheit haben wird, diesen stolzen Vogel über den Bergen und Tälern des Hochgebirges seine Kreise ziehen zu sehen. Die „schwarzen Götter" griffen an Kamerun — alter deutscher Kolouialbesitz Wo man das Thema deutscher Kolonialarbeit an schneidet, wird man stets Kamerun im Kreuzfeuer der Betrachtungen finden, jenes fruchtbare Land in West afrika, über das wir Wohl die besten Aufschlüsse von denen erhalten, die dort mitwirkten am Ausbau deutscher Kolo nialwirtschaft. Es fehlt auch keineswegs an „alten Kame runern" unter uns, die uns stets mit leuchtenden Augen ein Bild zu malen wissen aus jener Vorkriegszeit, in der sich das deutsche Siedlungswerk seinen Platz an der Sonne errang. Obgleich nach dem Kriege den deutschen Pflanzern nur ein verhältnismäßig geringer Teil ihrer Besitzungen unter englischer Maudatsverwaltung im Rückkauf über lassen wurde, darf man mit hoher Genugtuung feststellen, daß sich der deutsche Arbeitsfleitz wieder volle Geltung zu verschaffen wußte. Wo der Urwald gerodet wurde und die Schäden der Pflanzenkulturen, die ein ganzes Jahr zehnt brachlagen, ausgemerzt wurden, glaubt man sich in ein lebhaftes Industriegebiet versetzt, das sich mit der Gewinnung und Ausfuhr von Palmöl, Kakao und Kautschuk beschäftigt, während die Vananenplantagen bereits einen recht ergiebigen Handel aus reichen Ernten zeitigten. Werden doch in dreißig Stunden nicht weniger Ei^rrv sonnen dieser rvMchcn Früchte geerntet MS verladen. Und cs ist recht interessant, zu erfahren, wie sich i» Jahre 1925 die ersten Pflanzer am Kamcrunbcrg wieder ansiedelten und wie sich „die dunkelhäutigen Götter" für die deutsche Sache selbst einsetzten. Als cs nämlich 1922 in London zur Versteigerung des deutschen Besitzes am Kamerunberg kommen sollte und englische Interessenten für geringes Geld den wertvollen Besitz einbeimsen z« können glaubten, da entlud sich der alte Krater des Kamerunberges nach langem Schweigen und spuckte weit hin seine Lava aus. Die Versteigerung wurde ausgesetzt, die Angebote gingen zurück. Drei Jahre später gelang es den deutschen Gesell schaften, ihren alten Besitz zurückzukaufen. Kamerun, ei« Gebiet so groß wie Bayern, war mit einer der Haupt lieferanten an Kakao und Palmöl. Das Land bietet eine Fülle von Naturschönheiten. Besonders romantisch liegt der Elefantensec. Vom hellsten Grün erotischer Blatt pflanzen bis zu den satten Farben unzähliger Bäume und Sträucher und dem tiefen Dunkel eines undurchdring lichen Dickichts läßt hier die Natur den Zauber des tropi schen Urwaldes entstehen, dessen Eindruck noch durch di« malerische Romantik eines Tropensees verstärkt wird. Neues aus aller Welt Der Führer ehrt Hundertjährige. Der Führer hat der Frau Wilhelmine Lunk in Königsblumenau aus Anlaß der Vollendung ihres 100. Lebensjahres ein persönliches Glückwunschschreiben und eine Ehrengabe ,»geben lasten. Auto ohne Gangschaltung. Der Gemeinschaftsarbeit dreier Professoren der Technischen Hochschule Karlsruhe ist es nach eingehenden Versuchen gelungen, aus dem Gebiet des Kraftfahrwesens eine bedeutsame Erfindung zu machen. An Stelle der bisherigen Zabnrad-Gang-Schallung, wie sie beut« allgemein beim Amo gebräuchlich ist. seyi die Konstruktion der drei Prosessoren das sogenannte Trilok-Getriebe, einen auto matischen Schaltungs- und Ueberschungsmechanismus hoben Wirkungsgrades, der gegenüber dem bisherigen Getriebe Vor teile und Vorzüge aukweisen soll. Schon jetzt laufen einige Probewagen, bei denen sich die Neukonstruktion bewährt bat. Das Ferkel wurde sehr teuer. Unter den Einwohnern deS Ortes Heide in Holstein befindet sich ein Außenseiter, der das Stehlen nicht lasten kann und deshalb schon wiederholt vor Gericht stand Eines Tages bemerkte er ein kleines Ferkel, das sich in einem Nachbarort vor der Stalltier sonnte Er griss sich schnell das ängstlich quiekende Tierchen, steckte as in einen Sack und brachte es auf Umwegen nach Hause, wo es so fort in den Kochtopf wanderte. Der leckere Schweinebraten sollte für ihn indes einen bitteren Nachgeschmack zurücklasten, denn die Sache kam heraus, und der rückfällige Dieb mußte erneut auf die Anklagebank Das Husumer Gericht verurteilte ihn zu einem Jabr sechs Monaten Zuchthaus. 10 000 Miisä-elschncckcn für die Martin-Lmher-Nniversititt. Der derzeitige Rektor der Marlin-Lutber-Universität und Leiter des Geologisch-Paläontologischen Institutes. Pros. Dr. I. Weigelt, konnte eine sehr wertvolle Muschelschneckensammlung aus Bremen erwerben, die mit ihren seltenen Funden für die höllische Universität von großer Bedeutung ist. Es bandelt sich um Sammlungen des Lehrers Jordan, der im Nebenberuf die paläontologische Abteilung am Bremer Museum betreut. Die große, über 10 000 Eremplare umfassende Sammlung, stellt die Lebensarbeit Jordans dar. Methylalkohol als Festgetränk. In einem Dorf in der Ostslowaket sind 62 Zigeuner nach einem übermäßigen Ge nuß von Methylalkohol schwer erkrankt Fünf Zigeuner sind nach der Einlieferung ins Krankenhaus gestorben, fünfzehn weitere befinden sich in hoffnungslosem Zustand. Unter den Toten befindet sich auch ein elfjähriger Knabe. Die Zigeuner hatten ein Gelage veranstaltet und glaubten, denaturierten Spiritus zu trinken, während sich in den Fässern Methylalkohol befand Englischer Flugrekord London—Kapstadt. Der englische Flieger Alex Henshaw hat mit einer Flugzeit von 1 Tag 15 Stunden und 24 Minuten einen neuen Rekord von London nach Kapstadt aufgestellt und die bisher von E. Clouston ge haltene Bestleistung für dieselbe Strecke um 5 Stunden 42 Mi nuten unterboten. MU 32 Jahren Großmutter. Wenn man von den Leistun gen älterer Frauen z. B im Sport hört, gelaugt man zu der Uebcrzeugung, daß unsere Großmütter immer „jünger" wer- den. Das scheint auch im tatsächlichsten Sinne der Fall zu sein, denn aus Amerika kommt die Nachricht, daß dort eine Frau bereits mit 32 Jahren Großmutter geworden ist. Mrs. Lor raine Metzger aus Aurora im Staate Illinois hat alleiding- auch schon mit 14 Jahren geheiratet. (30. Fortsetzung.) Ursula erschrak. Wie furchtbar! Die Mutz würde ganz Mein sein, würde ihre Tage auf der Landstraße ver bringen und die Abende mit Garten- und Hausarbeit und der Instandhaltung von Kleidung und Wüsche ihrer studierenden Tochter. So würde sie langsam altern. Ihr herrliches Goldhaar würde bleichen, die zierlich-biegsame Gestalt verfallen, der süße Liebreiz ihrer weichen Züge schwinden. „O Gott!" stöhnte sie und lehnte sich an einen Baum. Und plötzlich weinte sie — der Tränen fast fremd waren — herzzerbrechcnd in ihr Tüchlein. Das hielt nicht lange stand. Es war natürlich so ein Zierfetzen, wie die Eo sie ausheckte, zu einem ernsten Zweck un brauchbar. Es klopfte eine tiefe Mahnung in dieser Stunde an Ursula Stolz' selbstherrliche Lebensauffassung. Als sie sich ausgewemt hatte, kehrte sie um — nicht ohne nach allen Seiten gesichert, das nasse Gesicht an ihrem Unter kleid abgetrocknet zu haben. Dem Gclbkovf würde sie das stecken mit den lächerlich kleinen Schnupftüchern. Im übrigen — dem Nehlein mußte der Weg frei ge macht werden zu einem Leben, wie es ihm gebührte — in der Obhut eines rechten Mannes. Sie würde sich und der Schwester nicht die geringste Sentimentalität gestatten. Stiefvater — gut, wenn es sein sollte — besser ein Stiefvater, als eine verarbeitete, einsam alternde Mutter. Als die Studentin zu ihrer Gesellschaft zurückkehrte, empfingen sie vier erstaunte Augenpaare. Man sah ihr die Tränen sehr wohl an, und der Frieder, der sich in zwischen reuig eingefunden hatte, bezog sie auf sein törichtes Verhalten und überbot sich in Ilusmcrksamkeit, obgleich die Ursch ihm im erstmöglichen Moment die Lunge zeigte. Maria war natürlich tief erschrocken. Anastvoll suchte sie der Tochter Blick. Der senkte sich mit hingebender Zärtlichkeit in den ihren. Gott, wie ist sie schön und hold, dachte die Ursch inbrünstig, und unwillkürlich wandte sie sich nach dem Manne, um den sie soeben den Kampf gegen die Ichsucht bestanden hatte. Was sie in dessen Augen las, hob ihre Brust in befreiendem Atemzuge. Maria drängte zum Aufbruch. Die Abreise stand bevor. Noch einmal versuchte Käthe, die Zugabe eines Tages durchzudrücken, vergeblich. Die zu Hilfe gerufene Ursch zuckte die Schultern. „Liebe Tante, das muß man Mutter überlassen. Sie wird diefe vier Urlaubstage ohnehin schwer büßen müssen durch Ueberarbeit." Der Professor horchte auf. Noch immer wußte er nicht, warum diese holde Frau mit einer schweren Mappe auf der Landstraße ging, warum sie die Lichtfrau hieß. Dies mußte er noch ergründen. Und dann würde der Ferienaufenthalt in Loyfelde ihm Gelegenheit geben... Das Märchen, das das Schicksal selbst um sie gesponnen, mußte ja seinen Fortgang nehmen, denn Märchen fin den stets ein Ende — ein glückliches Ende. Was Knud Peters wissen wollte, erfuhr er auf dieser seligen Talwanderung durch den sinkenden Sommertag immer noch nicht. Die Studentin hatte den Arm ihrer Tante ergriffen und sie mit sich gezogen. Natürlich Hielt sich der lange Frieder neben ihr. So durfte Knud an der Seite Marias folgen. Dies war so stark schon Erfüllung, daß er zunächst nichts zu sagen wußte. Sie war ihm dankbar dafür. Ein ihr ganzes Innere in Anspruch nehmendes, dennoch irgendwie zwiespälti ges Gefühl bedrängte sie, und das bisher gewohnte Leben der letzten fünfzehn Jahre verlangte nach Be wahrung des alten Gleichmaßes. Die Tatsache, daß ein Mann sich ihr wieder werbend näherte, nahm sie im Augenblick mehr mit, als sie sich je zugegeben hätte. So zitterte also während des schweigenden Schreitens eine starke Erregung in ihr, die der Mann wohl zu deuten wußte. Diese Frau war ahnungslos gewesen bis vor wenigen Stunden, ahnungslos, daß ein Mann ihrer begehrte. Man mußte ihr Zeit lassen. Dieses Begreifen schloß ihm die Lippen. Sie gingen in gleichem Schritt. Maria hatte sich einen ziemlich ausgreifenden ansewöhnt. so daß er Len seinen kaum kürzen mußte. Es war eine merkwürdige Ver bindung zwischen ihnen, als liefe ein unsichtbarer Draht von Puls zu Puls. Aber natürlich war dieser Vergleich viel zu grob für das feine Weben, das von einem dieser schicksalsgcreisten Menschen zum anderen ging. Sie waren der Stadt schon ziemlich nahe gekommen, als Knud das erste Wort sprach. „Der wunderschöne Garten am Flußufer gehört Ihnen, Frau Maria?" Sie sah erschrocken auf. Wie sonderbar, daß er ihren Vornamen nannte! „Sie kennen ihn?" sagte sie nach einer herzklopfenden Stille. — „Haben die schlimmen Zwillinge .. .?" Er lächelte versonnen. „Leider nein." „Ja aber ... man sieht doch vom Hof aus nur die hohe grüne Wand." „Wahrscheinlich eben deshalb habe ich ihn in meinen Träumen gesehen. Eine geheimnisvolle Gartenpforte spielt eine Nolle in meinem Leben. Nun weiß ich, daß Hinter dieser Pforte Ihr Garten liegt, Frau Maria." Sie wußte nichts zu erwidern. Ihr Herz klopfte in schweren, harten Stößen. Sie wich zur Seite. Er durfte das nicht Hören. Vielleicht hörte der Mann wirklich den aufgestörten Blutschlag der Frau. Er fühlte, es war genug. Stehen« bleibend ergriff er ihre Hand und zog sie an die Lippen- ,Lch möchte mich hier verabschieden, Frau Maria. Auf Wiedersehen!" Er zog ehrerbietig den Hut. Mit schnellen Schritten erreichte er den Autobus, der soeben Station Talschule verließ. Aus seiner lähmenden Gegenwart entlassen, besann sich die Frau. „Auf Wiedersehen," hatte er gesagt. Also kein Abschluß dieses unfaßlichen Erlebens! Als ihre Gesellschaft an der Straßenbiegung wartete« erstaunt, sie allein zu sehen, brachte sie es gut fertig, lächelnd von der Eile des Professors zu berichten. Tante und Nichte sahen sich unwillkürlich an. Plötz« lich wußte eine von der anderen den Grund ihres Vor« ausstrebens. Käthe zog den dunklen Bnbenkopf zu sich heran und küßte den roten Mund, um den es plötzlich wie Weinen zuckte. „Meine tapfere Urseli," flüsterte sie zärtlich. Die schmiegte ihre Wange trostsuchend an die der Vatersschwester. Maria sah verblüfft zu. „Wir üben Abschiednehmen, Nehlein, doch das verstehst du nicht." * «- * .(Fortsetzung folAA
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