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VerlUnWWNöM MsMs Die Opposition läßt sich nicht ins Bockshorn jagen VSN.-PrSsident Roosevelt läßt nichts unversucht, dem amerikanischen Volke die autoritären Staaten als „bösen Wolf" hinzustcllcn, um damit sein ungeheuer liches Aufrüstungsprogramm dem einfachen Mann im Volke mundgerecht zu machen. Allerdings hat ihn die wachsende Opposition im Senat und im Abgeordnetenhaus vorsichtiger gemacht. Er hat deshalb die Erklärung ab gegeben, daß er noch nicht zur Abfassung seiner Sondcr- botfchaft über die „Verstärkung der Wehrbcreitschaft" ge kommen sei. Auch stellte Roosevelt in einer Erklärung die militärische Ausbildung der 300 000 jungen Freiwilligen des amerikanischen Arbeitsdienstes in Abrede. Bestellte Angstmacherei der Botschafter Inzwischen versucht USA.-Präsident Roosevelt den neuen Dreh, den amerikanischen Botschafter in Paris, Bullit, und den Botschafter in London, Kennedy, vor dem Militärausschuß des Kongresses Klagelieder von sich geben zu lassen, als ob in Europa eine unmittelbare Kriegsgefahr bestände und daher für den wahnsinnigen Rüstungsfeldzug Roosevelts in Amerika eingetreten wer den müsse. Die USA.-Presse betont, daß sowohl Kennedy wie Dullit „warnende Stimmen" erhoben hätten. „Vertrau lich" hätten sich beide im Militärausschuß dahin geäußert, daß Europa im Frühling einer neuen Kriegsgefahr gegen überstände. Die Vereinigten Staaten täten daher gut daran, sich bis an die Zähne zu bewaffnen und Flotten- und Luftstützpunkte in Westindien und Südamerika zu er richten. Die beiden amerikanischen Botschafter scheinen die europäische Wirklichkeit so schlecht zu kennen, daß Mister Roosevelt sie eigentlich gar nicht mehr auf ihre Posten zurückschicken dürfte. Aber Präsident Roosevelt hat die Sache ja selbst „gemanagert", um sein Aufrüstungspro gramm im Kongreß zu fingern. Die Opposition läßt sich jedoch nicht irrcführen. Der republikanische Senator Nye erklärte, daß alles inszeniert sei, um das Aufrüstungsprogramm mit der Begründung durchzudrürken, daß eine ernste Lage für Amerika bestände. Wenn die Botschafter vorgcschickt worden seien, um die Massen in Schrecket, zu setzen, sei ihr Versuch in erbärm- lickcr Weile mikluuaen Auch dte republikanische Kritik an Roosevelts Wirt schaft und Innenpolitik und die Opposition selbst demo kratischer Kreise gegen die Ausgabenpolitik der Bundes regierung nimmt ständig zu. Beispielsweise verurteilte der republikanische Abgeordnete Treadway das Han delsabkommen mit England, das alle amerikanischen Jn- dustriezweiae schädiaen werde. Einsprüche gegen Frankfurter Peinliche Fragen für amerikanische Senatoren Vor dem Justizausschuß des Senats in Washington, der die Ernennung des Juden Frank furter zum obersten Richter der Vereinigten Staaten be stätigen soll, meldeten sich zwei Zeugen zum Verhör, um dagegen Einspruch zu erheben. Zur offensichtlichen Ver legenheit der anwesenden Senatoren erwähnten dabei die Zeugen wiederholt die jüdische Abstammung und die Ge burt Frankfurters im Ausland. Einer der Zeugen, der Anwalt Sullivan aus Washington, brachte vor, daß Frankfurter als Gründer und Mitglied der kommunistischen „Civil-Liberties-Union" mit bekannten Kommunisten, wie u. a. dem Reger Foster, in Verbindung stehe. Der Jude Frankfurter sei im Sep tember l937 zusammen mit Litwinow-Finkelstein ans den 120 größten lebenden Juden in die „jüdische Ruhmeshalle" eingereiht worden, was die stille Zustimmung Frankfurters gefunden habe. Wenn Litwinow-Finkelstein und Frank furter so eng beieinanderständen, dann gehöre Frankfurter bestimmt nicht in das Oberbundcsgericht der Vereinigten Zeuge namens Reed die gegen die Ernennung Frank furters gerichteten scharfen Fragestellungen verschiedener Ausschußmitglieder. Er verlas dann ein Telegramm, in vem die ironische Frage gestellt wird, warum man denn nicht gleich die „Patrioten" der verjudeten „Row Bork Times" zu obersten Bundesrichtern ernenne, wenn man diesen Posten schon einem naturalisierten ausländischen Juden geben müsse. Need erklärte ferner, er wende sich noch deshalb gegen Frankfurter, weil dieser Jude gerade selbst der „Verfasser der verfassungswidrigen New-Deal- Bolitik" kei. — Englische Grausamkeiten in Palästina Arabischer Gefangener von Polizisten mißhandelt und ermordet In einem Prozeß gegen vier englische Polizisten, die einen gefangenen Araber nach vorherigen schweren Miß handlungen hinterrücks ermordet hatten, sand in Jeru salem die Urteilsverkündung statt. Danach wurde der Kraftfahrer Wood zu drei Jahren Gefängnis und der Polizist Mansell zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Die beiden anderen englischen Polizisten, die beide den Namen Croßley führen, wurden im Hinblick auf ihr jugendliches Alter und auf Grund der Feststellung, daß sie als Untergebene den Befehl eines Vorgesetzten befolg ten, mit einjähriger Bewährungsfrist gegen eine Kaution von je 50 Pfund freigesprochen. Mit diesem Spruch be kannte sich das Gericht vor aller Welt zu der Auffassung, daß tatsächlich der arabische Gefangene entgegen allen Rechtsbestimmungen aus dem Hinterhalt er mordet wurde. Als am 24. Oktober der Araber MohammedHad- dad von Jaffa aus ins Polizeigefängnis nach Tel-Aviv gebracht werden sollte, wurde er unterwegs erschossen. Noch am selben Tage stellten sich zahlreiche Zeugen ein, die den Vorfall beobachtet hatten und erklärten, daß man den Araber ohne Gmnd einfach niedergeschossen und getötet habe. Die Gerüchte wurden immer stärker und kamen auch zu dem als gerecht denkend bekannten englischen Direktor der Landvermessungsabteilung in Jaffa, einem gewissen Mr. Lies, der auf Grund seiner Ermittlungen zu der Feststellung kam, daß tatsächlich der Araber mit Vorbedacht ermordet wurde. Er richtete daraufhin einen Brief an den Oberkommissar und gab auch sonst seiner Empörung über diese Lat Ausdruck. Durch Zeugenaussagen wurde die grausame Tat voll bestätigt. Tovesufieile und nochmals Todesurteile Der englische Oberstkommandierende in Jerusalem bestätigte das Todesurteil gegen einen Araber und außer dem die Verurteilung zu lebenslänglichem Gefängnis gegen zwei weitere Araber. Da das Militärgericht in Jerusalem abermals ein Todesurteil gegen einen Araber fällte, sind an einem Tage insgesamt sechs Todesurteile gefällt und eins bestätigt worden. Abschreckendes Atte» Todesstrafe gegen einen AntofallenstcNer Der 24jahrige Franz Laib aus Unterweiler (Kr. Ulm) wurde am Mittwoch vom württembergischen Sondergericht wegen eines Verbrechens im Sinne des Gesetzes gegen das räuberische Stellen von Autofallen vom 22. Juni 193s sowie wegen eines Verbrechens des schweren Raubes und wegen ge fährlicher Körperverletzung zum Tove und zum dauernden Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte verurieilt. Laib, der u. a. wegen Fahnenflucht und Kameradendieb stahls vorbestraft ist, hatte am Abend des 11. September 1933 am Bahnhof in Ulm eine Autotaxe zu einer Fahrt nach Alt heim gemietet, unterwegs den Chauffeur hinterrücks über fallen, niedergeschlagen, seiner Barschaft beraubt und war mit dem Wagen davongefahren. Er verlieb das Fahrzeug und ließ sich von einem des Weges kommenden Motorradfahrer mit- nehmcn. Mit der Bahn fuhr er nach Ulm und von dort nach Stuttgart, wo er sich in der Rolle eines Kriminalbeamten noch ein freches telephonisches Komödienspicl zwecks Irreführung der Ulmer Kriminalpolizei erlaubte. Dann fuhr Laib nach Köln und verbrauchte dort den Rest des erbeuteten Geldes. Am 16. September stellte er sich freiwillig der Polizei in Köln. Lösung der Menfrage für die Welk Julius Streicher über den Kamps gegen das Judentum In der Neuen Aula der Berliner Universität fand di« Eröffnung der Julius-Streicher-Schule in der Berliner Universität statt. Gauleiter Julius Streicher sprach in mehrstün diger Rede über das Thema „Wissenschaft und Judentum". Der Vorwurf, daß der Nationalsozialismus der Wissen schaft und Forschung Fesseln anlege, sei durchaus unbe rechtigt. Vor der Machtergreifung habe die deutsche Hoch schule in weitem Ausmaß unter dem bestimmenden Ein fluß der Juden, Jndcnfreunde und Logenbrüder gestan den. Wir lebten heute in dem größten Kampf, den es in der Welt bisher gegeben habe. Die Judenfrage sei erst dann endgültig gelöst, wenn sie nicht nur bei uns, sondern auch in den übrigen Staaten gelöst sei. Zum Schluß seiner Ausführungen führte Gauleiter Streicher den jun gen Forscher Dr, Deeg, den Verfasser des Werkes „Hof juden" als Lehrbeauftragten in sein neues Amt ein. An schließend sprach Dr. Deeg über das Thema „Die Juden in der deutschen Rechtsgeschichte". Mische Atteniatrvrrsnche Folgen der internationalen Jndcnhetze in Holland Am Freitagabend der vergangenen Woche wurde auf daS Wohnzimmer der Privatwohnung des Konsulatskanzlers vom deutschen Generalkonsul in Amsterdam, offenbar aus größerer Entfernung, ein Schuß abgegeben. Während noch die hollän dische Staatsanwaltschaft mit der Suche nach dem unbekann ten Täter beschäftigt ist, wurde in der Nacht zum Dienstag ein gleicher Anschlag auf das Arbeitszimmer des Sekretärs in der deutschen Gesandtschaft im Laaa verübt. Reichsfender Leipzig Freitag, 13. Januar 6.30: Aus Königsberg: Frühkonzert Das Musikkorps eineS Infanterieregiments. — 8.3Ü: Aus Köln: Morgenmusik. Her mann Haaestedt mit seinem Unterhaltungsorchester. — 9.30: Walnußfahrt aus der Badewanne. Spielstünde. — 10.00: Aus Wien: Wien, Grenzstadt im Osten. Hörfolge. — 10.30:' Aus Frankfurt: Aus der körperlichen Erziehunasarbeit einer Rund funkspielschar der HI. — 11.00: Sendepause. — 11.35: Heute vor . . . Jahren. — 11.40: Die Aufgabe der Sippenverbande. — 12.00: Aus Großenhain: Musik sür die Arbeitspause. Das Musikkorps einer Fliegerhorstkommandaniur. — 13.15: Aus Saarbrücken: Mittagskonzeri Das Landessinfonieorchester Saarpfalz und Solisten. — 14.00: Zeit. Nachrichten und Börse. Anschließend: Musik nach Tisch. (Jndustrieschallplatten und Aufnahmen des Deutschen Rundfunks.) — 15.40: Wir heiraten mit Ehestandsdarlehen. — 16.00: Aus Danzig: Und nun klingt Danzig auf! Gertrud Langguth-Lungershausen (Sopran), das Musikkorps der Schutzpolizei der Freien Stadt Danzig und das Danziger Landesorchester. — 18.00: Gustav Ruhland zur 25. Wiederkehr seines Todestages am 14. Januar. — 18.20: Aus Dresden: Tanzfamasie, Werk 35. gespielt von Janka Wein- kausf (Klavier). — 18.40: Junge sächsische Dichtung. — 19.00: Aus Budapest: Ungarische Volksmusik. Die Zigeunerkapelle Pali Pertis und Solisten. — 19.45: Umschau am Abend. — 20.10: Musik aus Dresden: Nordisch Musik. Das Dresdener Orchester und Solisten. — 22.30 bis 24.00: Unterhaltungsmusik. Hannel Lichtenberg (Sopran), Hans Richter-Haaser (Klavier), Das Randjunkorchester. Deutschlandsender Freitag, 13. Januar. 6.30: Aus Königsberg: Frühkonzert. Das Musikkorps eineS Infanterieregiments. — 9.40: Kleine Turnstunde. — 10.00: Ans Königsberg: Der Alte Fritz und die Kartoffeln. Hörspiel von Gotthard Wloka. — 10.30: Aus Frankfurt: Aus der körperlichen Erziehungsarbeit einer Rundfunkspielschar der Hitler-Jugend. — 10.45: Sendepause. — 12.00: Aus Bremen: Musik zum Mit tag. Das^ Fredo-Niemann-Blasorchester. — 13.15: Aus Bre men: Musik zum Mittag. Rupert Glawitsch (Tenor). Die „Bre mer Stadtmusikantcn". — 15.15: Lilli Clauß singt (Jndustrie- schallplatten) — 15.30: Hauswirtschaft und bäuerliche Berufs- crtüchtigung im BDM.-Wcrk „Glaube und Schönheit". An- schließend: Programmhinweise. — 16.00: Musik am Nachmittag (Aufnahmen). — In der Pause 17.00: Nus dein Zeitgeschehen. — 18.00: Aus junger Dichtung und Musik. „Winterliche Stille". — 18.25: Wie Italien in Ostafrika baut. Bericht von Louise Diel. — 18.40: Zeitgenössische Klaviermusik. Am Flügel: Ilse Josten. — 19.00: Deutschlandecho. — 19.15: Kinder! Heiter- besinnlichs Folge in Vers und Ton. — 20.10: Der französische Cellist Pierre Fournier spielt. — 21.00: Deutscher Kalender. Januar. Monatsbild vom „Königs Wusterhäuser Landbolen". — 23.00—24.00: Aus Augsburg: Melodei und Rhythmus. Das Augsburger Tanzorchester. LonnelMtn um EyrW k? o m s n von dck « r s Dck Li g s n cl s f tvd<dn-k,chv1chu»; veullch« komim-vev-g„im. k. Sal 5-»I- 40j „Nein, so schön bin ich nicht wie die rothaarige Ameri kanerin!" jagte Christl vor sich hin, während sie kritisch ihr Spiegelbild betrachtete. „Aber so häßlich bin ich auch wieder nicht, daß ich es gar nicht mit ihr aufnehmen könnte. Frei lich! Nachhelfen wird man ein wenig müssen. Blaß und langweilig will ich heute nicht aussehenl" Sie drückte auf den Klingelknopf. Wie gerufen kam diesmal an Stelle der Lisei die Zofe der Gräfin. Es war ein ältliches, vergrämtes Mädchen, aber sie verstand ihr Handwerk. Nicht umsonst hatte sie Jahre in Paris bei verwöhnten Damen Dienst getan. „Wie lange glauben Sie, Jeanette, daß die Herrschaften noch ausbleiben? Und wann wird gegessen?" „In anderthalb Stunden etwa, gnädige Frau!" „Haben Sie Zeit, Jeanette, mir das Haar zu waschen nnd mich zu frisieren?" „Gewiß, gnädige Frau!" „Dann rasch!" Ja, sie war eine Zauberin, die Jeanette. Ihre alten Hände waren merkwürdig weiß und außerordentlich geschickt. Während das blonde Kraushaar trocknete, wurde das zarte Gesicht der Christl sachgemäß bearbeitet. „Machen Sie mich ein bißchen zurecht, Jeanette! Ich mochte nicht immer so blaß aussehen neben den anderen. Sie haben doch alles da? Ich selbst bin nämlich in diesen Dingen gänzlich unbewandert! Ich brauche nicht einmal Puder." „Verlassen sich die gnädige Frau ganz auf mich!" ' Es machte Jeanette Spaß, Christl schön zu machen. Ihre geschickten, geschulten Hände zauberten auf das blasse Gesicht- cden die schönsten. rosiaen Farbtöne. Es war Vas erste Mal, daß Christl zu solchen Mitteln griff. Aber unter diesen Umständen hier war es nicht anders möglich. In die Ecke schieben wollte sie sich nicht lassen. Und ein paar Tage muhte wohl die Komödie noch weitergespielt werden. So ohne weiteres kam sie hier nicht weg. Die Gräfin hielt sie mit ihren lieben Händen fest. Als Christl die Augen wieder aufschlug, traute sie ihrem eigenen Spiegelbild nicht. War das noch die unscheinbare Christl? Eine schöne, blonde Frau schaute ihr entgegen. Selbst in ihren Augen lag ein Glanz von tausend Lichtern. „Wenn jetzt gnädige Frau noch ein paar Minuten unter die Höhensonne kommen, wird alles noch frischer! Und wir brauchen nicht so viele künstliche Mittel anwenden. Das paßt nicht zur gnädigen Frau." Was für ein feines Gefühl dieses Mädchen hatte! Nein, zuviel Kunst paßte nicht zu Christl. Aber es war trotzdem sehr angenehm, einmal so schön auszusehen. „Bringen Sie mir bitte das blaue Seidenkleid, Jeanette!" Christl war gerade fertig, als die Gräfin durch die Tür spalte schaute. Ihr Gesicht zeigte freudiges Erstaunen. „Ja, Christlchen. du siehst ja entzückend aus! Hat der Schlaf dir so gut getan?" „Ich glaube, es waren mehr Jeanettes geschickte Hände, die mir gut getan haben!" lachte Christl. „Schnell, Jeanette! Holen Sie den Ametystenschmuck. Das Halsband, die Ohrringe und den breiten Armreif!" Christl erglühte vor Freude wie die Rose, die sie eben an ihrem Halsausschnitt befestigte. Vor der Gräfin schämte sie sich ein wenig. Ihr hätte sie gern die Wahrheit gesagt. Nun glaubte sie wohl, alle Pracht gelte Zdenko. Wundervoll gleißten die kostbaren Ametysten an Christls zartem Hals. Die langen Ohrgehänge gaben dem Gesicht einen neuen, pikanten Reiz. Der breite Armreif hob die Zart heit der Gelenke. „Freilich, etwas langsam werde ich schon gehen müssen!" meinte Christl bekümmert. „Oh, wenn Zdenko dich so sieht, wird er entzückt sein! Er wird dich tragen wollen und gar nicht zugeben, daß du gehst! Ich wußte aar nicht, daß du so schön sein kannst." „Doch, liebe Mutter! Auch ich kann, wenn ich will! Und ich freue mich auf heute abend." Christl griff nach dem vollen Weinglas und leerte es mit vollem Zug. Nein, langweilig sollte sie heute abend niemand finden! Unten fuhr gerade der Wagen vor. Sie hatte noch Zeit, sich umzustellen auf das Neue. Die alte Christl mußte heute zu Hause bleiben. Das, was jetzt die Treppe hinuntergehen würde, war ein fremder Mensch, der nur ihren Namen trug. Jeanette hatte mit ihren geschickten Händen auch den Fuß so bandagiert, daß Christl die Silbersandalen anziehen konnte. Freilich, ein wenig Schmerz war dabei. Aber daran wollte sie jetzt nicht denken. Ich hab' so viel unechten Kram über mein Herz gedeckt, dachte Christl, als sie noch einmal in den hohen Spiegel schaute, — daß es darunter nun eine Weile schweigen wird. Es war gut, daß ihr fein geschwungener Mund so tiefrot ge schminkt war. Nun würde sie Zdenkos Küsse nicht mehr fühlen. Von einer Abreise wollte sie nicht mehr sprechen. Lange konnte die Komödie ohnehin nicht dauern. Ein paar Tag« vielleicht, dann war es vorbei. Diese kurze Zeit wollte sie sich bemühen, die Rolle, die ihr das Schicksal zugedacht hatte, so gut als möglich zu spielen. Als letztes streifte Christl den Verlobungsring über. Jeanette hatte auch hier Rat gewußt und ihn durch Um schlingen eines goldgelben Seidenfadens enger gemacht. Jetzt saß er fest auf dem schmalen Ringfinger. Blutrot glühte der Stein auf und warf seine Lichter. Christl kam sich vor wie eine Schauspielerin, die ans ihren ersten Auftritt wartet. Sie hatte sogar das notwendig» Herzklopfen für ihre erste Rolle. Es war kurz vor dem Essen. Im kleinen Salon waren schon alle versammelt. Außer den Hausgästen noch zwei Herren und eine alte Freundin der Gräfin. (Fortsetzung folgt.)