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Lo rm. Straße Adua — von der vollendeten und weiter Gebiete Einschließung Makalles der Provinz Ghcralta. Grenze noch um ihre Freiheit laufen mußten. Wer versagte und dem schlauen Ueberfall des Gendarmen nicht entkam, war drei Tage umsonst marschiert und ging mit leeren Händen heim zu den Kindern ... Manchmal halfen Kriegsgefangene, Franzosen, die bei uns auf dem Felde schafften, den Thüringern beim Brotschmuggel über die Grenze. So sahen wir Kinder, die wir die französische Grenze immer noch nicht kennengelernt hatten, doch wenigstens zu, wie Franzosen eine Grenze mitten in Deutschland erlebten. Die Ironie des Schicksals in dieser Grenzpfahlgeschichte ver standen wir Unmündigen freilich noch nicht. Erbitterte Kämpfe an der Nordfront. Auch in Addis Abeba wird man sich nun des Ern stes der Lage bewußt, die sich aus dem erfolgreichen Durchbruch der Italiener an der Südfront ergeben hat. Von abessinischer Seite wird zwar immer noch darauf hingewiesen, daß die Entwicklung der militärischen Ereig nisse im Boran-Gebiet nach wie vor unübersichtlich sei, trotz dem kommt aber in den Frontberichten zum Ausdruck, daß die italienischen Truppen von Neghelli aus Erkuu- dnngsvorstößc auf der strategischen Hanptanmarschstraßc in der Richtung ans Uardera unternehmen. Von Dolo aus hat ein starker Nachschub von Munition, Lebensrnit teln und Wasservorräten frontwärts eingesetzt, der «ller- dings, wie aus Addis Abeba berichtet wird, durch plötz lich einsetzende Regcnfälle stark behindert werde. Inzwischen geht die zweite italienische Stroßtruppe unter heftigen Kämpfen an den Ufern des Daua Parma vor. Diesem Vormarsch setzen die abessinischen Truppen, wie sich ans abessinischen Meldungen ergibt, überraschende Einzelvorstöße entgegen, die von Gruppen von 1000 bis 2000 Mann durchgeführt werden, um den Rückzug zu decken. Diese Gegenstöße, die vor allem aus dem südlichen Boran-Gebiet kommen, haben, wie von abessinischer Seite verlautet, bewirkt, daß der linke ita lienische Flügel bedeutend langsamer vorwärts kommt als die italienische Hauptmacht, die auf der alten Kara- waucnstraße nach Addis Abeba vorstötzt. Nack abessinischer Auffassung ist es unverkennbar, daß die Armee des Generals Graziani darauf abzielt, durch das große Seengebiet, das den tiefen Graben des Dcmbaratales bedeckt, über den Sciala- und den Zuai-See auf die Hauptstadt Addis Abeba durchzustoßen. Die zurückgeu^mmenen Teile der Armee von Ras Desto haben daher sämtliche Höhenzügc vor dem Seengebiet be setzt, nm den Durchbruch der Italiener zn verhindern. Da diese Gebirgsketten außerordentlich hoch Ucgen und nur über zwei Pässe verfügen, glaubt die abessinische Heeres leitnng, den italienischen Vormarsch im Gebirge zum Stehen bringen zu können. Jur Verstärkung der Armee Ras Destas sind überdies starke Abteilungen aus dem Westen und Norden an die Front geworfen worden. Von abessinischer Seite wird besonders betont, daß die Gerüchte, die von einem vollständigen Zusammenbruch der Armee Ras Testas sprechen, keineswegs zutresfen. und gefühlt. Es war nur ein Grenzpfahl inmitten Deutsch lands, ja, aber wahrhaft mitten im deutschen Herzen. Makalle endgültig besetzt haben; somit sei die Verbindung zwischen den beiden Städten unterbrochen. Die Abessinier berechnen die Verluste der italienischen Truppen an der Nordfront in den letzten fünf Tagen auf über zehn weiße Offiziere, einige Nachschubkolonnen und rund 500 Mann, unter den letzteren etwa 100 Weiße. Tagssspruch Das Schicksal ist ein Wirbelwind. Tin armes Blatt, das Menschenkind. Er treibt's zu Tal, er hebt's zum Hügel — Das Blättchen rühmt sich seiner Flügel. Wirtschaftskrieg... Einmal hallen Sichler Männer, um irgendeine Ware zu ergattern, behauptet, daß der und der Höchstpreis gelte. Und als hie Notlüge entdeckt war, knüppelten unsere Bauern die Thürin ger wütend zum Dorf hinaus. Einer war auf des Kaufmanns Treppe zusammengebrochen und bettelte seinen Gegner an: „Laß mich geh'n, Kamerad!" Woraus er hörte, der Teufel sein Kamerad, und niedergeschlagen wurde... „Kamerad" — ein seltenes und dramatisches Wort in unserem Dorfdialekt; aber hätte es nicht schlicht und werktägisch sein sollen nach jenen vier, einhalb Jahren? Die Bauern aus unseren Dörfern lernten damals noch ein mal genau, wie die Grenzlinie lief. Sie gingen Wege und Pfade Hinterm Berg und durch den fremden Domänenwald. Handel und Wandel spielten mehr über die Grenze als nach dem bayeri- schen Bezirksstädtchen. Und mancher zog am Sonntag aus, ein Kalb auf die Weide zu führen, — man denke: ein einzelnes Kalb und ausgerechnet im Grenzwald! Auch waren die Vieh- Hüter auffallend oft zur Kirchzeit unterweas. Eigennützige Gänge freilich, aber in welch einer Zeit! Und ob das Kalb im Freistaat Bayern besser am Platze gewesen wäre, mag man heute noch bezweifeln. Es waren auch nicht immer gewinnsüchtige Absichten, die den Wanderer auf die Schleichwege trieben. Da hatte doch die Mine Verwandte im Preußischen, und der Pächter Bekannte in Meiningen oder Suhl. Und es gab sogar kleine witzige Zwischenfälle, die dann beim Grenzvolk die Runde machten, wie jener, daß der Pächter der Mine begegnet sei. Vom Bock des Jagdwagens habe er ironisch gefragt: „Na, Mine, Sie war'n doch nicht etwa drüben aus der Post?" Worauf sie wie selbstverständlich zurückgeschrien: „Doch, — Sie auch?" Die von der Nordfront eingehenden Berückte verzeich nen das Wiederaufleben erbitterter Kämpfe. In abessini schen Kreisen spricht man bereits Rach weiteren Berichten von der Nordfront sollen abessinische Truppen ein Stück der Die Armee habe zwar sehr große V e r l n st e erlit ten, die ans einige tausend Mann geschätzt werden, doch sei ihre Moral nicht zerrüttet. Wie es heißt, beabsichtigt der Kaiser, sein Hauptquar tier nach der Südfront zn verlegen, um die weiteren mili tärischen Operationen selbst zu leiten. Dieser Entschluß werde ihm, wie man sagt, dadurch erleichtert, daß er die Führung der Nordarmee in erprobten Händen wisse. ! I der itMnW Lieg all dkl MsM Schüsse unter Deutschen... Der Krieg ging zu Ende, aber der Hunger blieb. Die Grenze blieb, und es blieben die blassen Thüringer, nur daß jetzt statt der Frauen, Männer und Burschen kamen, zu Rade, weit von Norden, aus Sonneberg und Suhl. Sie fuhren auch auf der Eisenbahn bis hinunter ins Maintal, und es geschah in einem größeren Bahnhof dort, daß einen der hohlwangigen Thüringer beim Umsteigeu ein Polizist nach dem Inhalt des Rucksacks fragte. Der mag Verdruß genug gehabt haben an diesem Tag oder sonst Grund zu der kurzen Antwort: „Leck " Er büßte das vorschnelle Wort hart genug, der Freistaats-Polizist hatte im Augenblick den Revolver gezogen und den Thüringer Schmuggler niedergeschossen. Es waren Umsturzwochen, und es war noch keine sauber organisierte Polizei, gewiß — aber was hilft das, droben in einem der Glasbläscrdörfer müssen heute noch die Menschen leben, die damals allzu früh verwaisten, wegen einer königlich freistaatlichen Grenze. Und mau sieht, daß ein Grenzpfahl, weiß-blau oder schwarz oder grün, keine geringe Sache ist, keine Formalität, die nur in der Schulstube gilt... Und war doch alles keine Grenze zwischen blutsfremden Menschen, keine vom Volk gewollte, von Thüringern weder noch von Bavern. Deutsch wurde diesseits wie jenseits aesprocheu Es war ein Grenzpfahl. Ein Zeitkapitel von Or. Karl Rügheimer. Auf dem Holzstoß im Hof vom Wegmacher liegt er, reichlich mannshoch und müßig dick, oben gespleißt und zersplittert und unten angefault. Die weiß-blauen Streifen sind von Wind und Wetter gebleicht und nur noch undeutlich zu erkennen. Es war ein Grenzpfahl, drüben am Waldrand, wo die Straße das andere Staatsgebiet erreicht. Nicht Frankreich frei lich oder die Tschechei... Es war ein Grenzpfahl im Herzen Deutschlands, zwischen Sachsen-Meiningen und dem Königreich Bayern... Die Geographie der Unmündigen. Wenn wir als Schulkinder vor den Grenzpfahl kamen —> es geschah selten, denn der Verkehr unserer Dörfer richtete sich zumeist nach Südwesten, ins Bayerische — wenn wir hinkamen, stellten wir uns wohl mit gespreizten Beinen über der Grenze auf, eine Leibeshälfte hier und eine ins Ausland haltend, und wir redeten davon, wie es sein möchte, wenn man so halb und halb zwischen Deutschland und Frankreich stände, sicher dock war das noch mehr und gewaltiger. Wenn wir groß wären, würden wir an ganz andere Grenzen Herangehen! Einer der wenigen, die regelmäßig jenseits de? Grenzpfahls zu tun hatten, war der alte Leinenweber, der mit einem Pferd chen und einem Planwagen Krämer- und Botenfahrten ver richtete, Butter, Eier und auch einmal einen Brief befördernd. Und als Leinenwebers Luzie, die zum Unglück ein wenig stotterte, gelegentlich einmal verspottet worden von den halbwüchsigen Dorfjungen, seufzte sie, das Land der Spötter hinter sich lassend, am Grenzpfahl erleichtert auf: „Gottseidank, daß wir aus dem Deutschland raus sind..." und rollte im Planwagen glücklich dem freundlichen Ausland zu. Hüben Brot — drüben Not! Die Botenfahrten, die ohnedies überholten Jahrzehnten entstammten, hörten auf, als der Krieg kam. War das Pferd chen eingerückt, oder konnte es der alte Leinenweber ohne die dienstpflichtigen Söhne nicht schaffen — ich weiß nicht... Sicher aber wären solche Transportfahrten über die Grenze bald gar nicht mehr erlaubt gewesen: Kriegswirtschaft, knappes Essen, — der Verbrauch wurde organisiert. Jenseits der Grenze lagen wenige Ackertälcr und dann Walddörfer mit vielen Men schen und Hausindustrie. Diesseits, bei uns schon und mehr noch im Süden, gab es Acker und Wiesen, Brot und Butter. Und es war so organisiert, daß im Königreich Bayern die Butter blieb, indes die Glasbläser und Puppenmacher im Thüringischen Hun ger litten. In den späten Kriegsjahren kamen Frauen und Mäd chen ganze Tagemärsche weit, blaß und ausgezehrt, ans den Ge wehrfabriken, und bettelten die fränkischen Bauersfrauen um Essen an, — es war ein Bitten, wenn sie auch viele Geldscheine brachten: um ein bißchen Fleisch oder Fett oder wenigstens Kar toffeln ... Zwischen den Hügeln und schmalen Tälern an unserer Grenze schlichen die Glasbläferfrauen, auf Waldpfaden und Feld wegen, versteckten den Huckelkorb — den viereckigen, ausländi schen, aus Hellen Weiden geflochtenen — unter Büschen und Heuhaufen, bis der Gendarm vorbeipatroulliert war. Freilich, auch der junge Gendarm versteckte sich bald in Gräben und Büschen. Es konnte geschehen, daß die armen Thüringer Mütter, schon froh des Erfolges, die letzten zweihundert Schritte zur Ium 3. Jahrestag der nationalsoz. Revolution Links oben: der greise Generalfeldmarschall von Hindenburg läßt den Freiheitsmarsch der braunen Kolonnen des Führers an sich vorüberziehcn — links unten: Begeisterung um den Führer vor dem Kaiserhof vor der entscheidenden Fahrt zum Historische Bilddokumente vom 30. Januar 1033. Reichspräsidenten Generalfeldmarschall von Hindenburg — Mitte oben: der Führer und seine Getreuen in der denkwürdi gen Nacht des 30. Januar 1933: Adolf Hitler, Dr. Frick, Her mann Göring und Rudolf Heß in einem Fenster der Reichs kanzlei während des Vorbeimarsches der SA. (unten) — die Aufnahme rechts hat den ungeheuren Jubel festgehalten, der den Bolkskanzlcr stundenlang umbrandete. (Wagcnborg-Archiv — M.)