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VilsdnOrÄMatt Nr. Ml — 95. Jahrgang Wilsdruff-Dresden Drahtanschrift: ..Tageblatt" Freitag, den 30. Nnvember 1936 Postscheck: Dresden 2640 Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen und des Stadt, rats zu Wilsdruff behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amtsgerichts Wilsdruff, des Finanzamts Nossen sowie des Forstrentamts Tharandt. Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Da« „Wilsdruffer Tageblatt' erscheint werktags nachm 4 Uhr BezugSpr. monatt 2RM frei HauS, bei Postbestellung 1,80 RM zuzügl Bestellgeld Einzelnummer 10 Rpf Alle Postanstalten, Postboten, unsere Austräger u Geschäftsstelle Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend iS"«» gen besteht kein Anspruch " ' — auf Lieferung der Zei ¬ tung oder Kürzung des Bezugspreises Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur. wenn Rückporto beiliegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreise laut aufltegender Preisliste Nr 6. — Zts'er-Gebühr: 20 Rpig — Vorgeschrte- bcne Erscheinungstage und Platzwünsche werden nach Möglichkeit berücksichtigt — Anzeigen-Annahme bis vormittags 10 Uhr ..... Wr die Richtigkeit der durch Fernruf üb-rmit. Fernsprecher: Amt Wilsdruff 206 telten Anzeigen übennch. men wir keine Gewähr —— — Bei Konkurs uni Zwangsvergleich erlischt teder Anspruch auf Nachlaß. „Wir find die Realisten des Friedens!" Dr. Goebbels über die deutsch-belgischen Beziehungen. FN einer Unterredung mit einem belgischen Jour nalisten hat Reichsminister D r. Goebbels sich über die deutsch-belgischen Beziehungen geäußert. Auf die an ihn gerichteten Fragen antwortete Dr. Goebbels u. a.: „Ich kenne sehr Wohl Belgien und die belgische Be völkerung, weil ich aus der benachbarten Gegend stamme. Ich weitz, datz es nach dem Kriege Reibungspunkte zwi schen unsern beiden Völkern gegeben hat; aber ich weiß, daß diese Punkte mehr und mehr in den Hintergrund ge treten sind gegenüber den großen Aufgaben, die diese bei den Völker verwirklichen müßten oder verwirklichen müs sen. Eine dieser wesentlichen Aufgaben scheint mir die zu sein, sich gegen die subversiven E'gmente zu verteidigen, die dabei sind, Europa zu untergraben und es zum Unter gang zu bringen. Ich habe den Mut, sie beim Namen zu nennen: die Gefahr des Moskauer Bolschewismus. Wir Nationalsozialisten haben uns mit Erfolg dieser Gefahr entgegengestellt, wir haben den Kommunismus zu Boden geworfen; aber ich muß mit einer.sehr großen Sorge der Entwicklung entgegensehen, die diese Bewe gung, die Spanien kreuzigt und die geistige Schicht ver nichtet, in anderen Ländern nimmt. Mit dem realistischen Geist aber, der das belgische Volk anszeichnet, hat Belgien die Gefahr begriffen, die der Kommunismus für den Frieden und die Zivilisation darstellt. Ich bin nicht so naiv, zu glauben, daß die Neuausrichtung d«r Außenpolitik, die sich soeben in Belgien vollzogen hat, um unserer schönen Augen willen geschehen ist. Nur eine dumme Regierung kann Initiativen im Interesse anderer Länder ergreifen; nichtsdestoweniger habe ich mit großer Freude festgestellt, daß das kleine Belgien, das eine große Nation darstellt, nicht gezögert Hai, sich aus allen Verwick lungen zurückzuziehen, die die Gefahr einschließen, den bolschewistischen Treibereien zu dienen." Auf die Frage: „Welches sind nach Ihrer Meinung die geeigneten Mittel, um unsere Beziehungen zu ver bessern?" antwortete der Minister: „Diese Mittel sollten nach meiner Meinung sein, erstens, sich in aller Offenheit unsere Meinungen über die Reibungspunkte, die noch zwischen uns bestehen, mitzu teilen, zweitens, ein System kulturellen Austausches zu organisieren, um eine bessere gegenseitige Verständi gung herbeizuführen." Frage: „Denken Sie, Herr Minister, an einen kulturellen Austausch in der Art, wie er zwischen Polen und Deutschland besteht?" Antwort: „Jawohl!" Auf die Frage: „Was halten Sie von der Rex-Bewe gung?", sagte Dr. Goebbels: „Ich habe nicht das Recht, mich in die Innenpolitik anderer Läntzer zu mischen. Ich habe in dieser Beziehung eine persönliche Meinung; aber meine Eigenschaft als Minister untersagt es mir, sie aus zusprechen. Ich stelle lediglich eine Tatsache fest: Wenn ein junger Mann von 30 Jahren eine so starke Bewegung zu entfesseln imstande war, so ist das ein Element, das mau beachten muß." Auf die F r a g e: „Sie haben, Herr Minister, von der Reibungspunkten gesprochen, die zwischen uns bestehen: welches sind diese?", antwortete dann Dr. Goebbels: „Ich denke an die Frage Eupen-Malmedy. Ich habe keineswegs die Absicht, von einer Wiedergabe Eupen-Malmedys an Deutschland zu sprechen; aber ich möchte sagen, daß es außerordentlich nützlich wäre, wenn man sich in voller Oeffentlichkeit über diese Frage unterhielte, um sich über die Art ins Benehmen zu setzen, wie die Bewohner dieser Grenzmark regiert werden müssen, damit sie in ihrer freien kulturellen Entwicklung nicht durch lokale Instanzen, die immer radikaler sind als die Zentralaewalt. behindert werden." Die letzte Frage, die der Journalist an Dr. Goebbels stellte, betraf die Behauptung, daß Deutschland Absicht auf den belgischen Kongo habe. Die Antwort hierauf lautete: „Ich kann Ihnen hierauf nur eins antworten, das ist dumm! Zunächst hat Deutschland gar nicht die Möglich keit, sich der Macht zu bedienen, um den belgischen Kongo zu nehmen, und wenn wir sie hätten, dann würden wir sie nicht gebrauchen. Wir haben erklärt, daß wir unser Ziel nur mit friedlichen Mitteln erreichen wollen. Alles, was wir bisher getan haben, hat sich nur auf uns selbst bezogen; wir haben niemand ein Unrecht zugefügt. Wir haben eine Provinz ,wiedererobert', die uns gehörte, und wir haben unsere Armee wiederhergestellt, was unser Recht gewesen ist, ein Rcht, das auch jedes andere Land hat. Wir haben keinen Grund, einem Lande, das uns nichts getan hat, etwas zu nehmen, das ihm gehört. Wir sind die Realisten des Friedens/ Anerkennung der Regierung Franco durch Deutschland. Gleicher Entschluß der italienischen Regierung. Nachdem die Regierung des Generals Franco vom größten Teil des spanischen Staatsgebiets Besitz ergriffen hat, und nachdem die Entwicklung in den letzten Wochen immer deutlicher gezeigt hat, datz in den übrigen Teilen Spaniens von der Ausübung einer ver- antwortlichen Regierungsgewalt nicht mehr die Rede sein kann, hat sich die R e i ch s r c g i e r u n g entschlossen, die Negierung des Generals Franco anz,»erkennen und zur Aufnahme der diplomatischen Beziehungen einen Ge schäftsträger bei ihr zu bestellen. Der neue deutsche Geschäftsträger wird sich alsbald an den Sitz der Regierung Franco begeben. Der bisherige deutsche Geschäftsträger in Alicante ist abberufcn wor- dem Der Geschäftsträger der früheren spanischen Regie rung hat Berlin aus eigenem Entschluß bereits Anfang November verlassen. Auch aus Rom wird folgende amtliche Verlaut barung gemeldet: Nachdem die Regierung des Generals Franco vom größten Teil Spaniens Besitz ergriffen hat, und nachdem die Entwicklung der Lage immer deutlicher gezeigt hat, daß in den übrigen Teilen Spaniens nicht mehr von einer verantwortlichen Regicrungsgcwalt ge sprochen werden kann, hat die faschistische Regie rung beschlossen, die Regierung General Franco anzu- erkennen und einen Geschäftsträger zur Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zu entsenden. Der Geschäfts träger wird sich sofort nach Spanien begeben. Der gegen- wärtige Geschäftsträger Italiens istabberufen worden. * Deutschland hat mit der Anerkennung der nationalen spanischen Regierung Franco der t a t s ä ch l i ch e n L a g e in Spanien Rechnung getragen. Die bisherige rote Regierung hat im spanischen Volke keine Resonanz mehr, besonders nachdem sie von Madrid nach Valencia ge flüchtet war und damit ihren Amtssitz in der spanischen Hauptstadt aufgcgeben hatte, in deren Innenstadt die nationalen Truppen bereits eingcdrungen sind. Die verfassungsmäßige, von den Cortes gewählte Re gierung gab es in Spanien schon lange nicht mehr. Die Regierung Caballero, die anarchistisch-bolschewi stisch zusammengesetzt ist, besitzt kaum noch Vas Vertrauen des spanischen Rumpfparlaments, geschweige denn der Mehrheit des Volkes. Das Gebiet, in dem sie noch Ein fluß hat, s ch r u m p ft von Tag zu Tag mehrzu sammen und ist sehr klein geworden. Die deutsche Maß nahme ist also von realpolitischen Gesichts punkten diktiert. Italien hat wie Deutschland ebenfalls die Franco- Regierung anerkannt. Damit haben zwei machtvolle Regierungen Mitteleuropas einen entscheidungsvollen Schritt vollzogen, der Klarheit in die politischen Verhält nisse bringen wird. Für den Londoner Nichteinmischungs- ausschutz ist damit eine neue Lage entstanden. In London und auch in Paris wird man jetzt eine erneute Prüfung der politischen Lage Europas vornehmen müssen. Die anderen Staaten Europas stehen nun vor dem Ent schluß, ob sie dem deutsch-italienischen Beispiel folgen wollen Im Spiegel der Berliner Morgenblätter. DNB. Berlin, 19. November. Die drei Morgenblät ter, die als einzige infolge des gestrigen Feiertages erschienen sind, würdigen eingehend die Bedeutung der Anerkennung der Regierung Francos durch Deutschland und Italien. Unter der Ueberschrift „notwendige Folgerungen" schreibt Karl Pfeifer im „Völkischen Beobachter" unter anderem: Es ist mit der Würde und den einfachsten nationalen Verpflichtun gen einer Regierung nicht zu vereinbaren, wenn sie einem Sy stem zur Aufrechterhaltung seiner Anerkennung nach außen hin verhilft, das in Wirklichkeit über keine einzige Voraussetzung zu einer solchen Wertung mehr verfügt. In diese Lage hat sich Deutschland der sogenannten spanischen Regierung Caballero gegenüber versetzt gesehen und aus ihr die Folgerungen ge zogen, die unserer Meinung nach eine pflichtbewußte Regie rung aus ihr ziehen muß. Es gibt eine Grenze der Selbst achtung — wie für jeden Einzelnen, so auch für einen Staat. Diese Grenze ist für Deutschland in dbm Augenblick erreicht, wo deutsche Menschen, deutscher Boden und deutsches Eigen tum trotz oder gerade wegen ausdrücklicher Kennzeichnung nicht mehr die Behandlung erfahren, die ihnen unserer Auffassung nach zukommen. Deutschand hat seit 1933 seine Politik aus Tatsachen und Wirklichkeiten gegründet in der Ueberzeugung, damit am besten einer notwendigen Zusammenarbeit zu die nen, die nur gedeihen kann, wenn auf allen Seiten der Wille zur Klarheit besteht. 3m Sinne dieser Politik der Tatsachen hat Deutschland aus der Lage in Spanien die Folgerungen ge zogen und jene Kräftegruppe anerkannt, die allein über eine wirkliche Autorität verfügt. stm „Berliner Lokalanzeiger" heißt es: In der deutschen und italienischen Anerkennung der Regierung Francos kommt zum Ausdruck die Wirklichkeit, die seit geraumer Zeit aller Welt vertraut ist. Auf der einen Seite halten Franco und seine Nationalen den weitaus größten Teil Spaniens unbestritten unter ihrem Regiment, und niemand in der Welt bezweifelt, daß sie in Madrid Fuß gefaßt haben. Auf der anderen Seite ist unverkennbar die wachsende Niederlage und der völlige Zu sammenbruch des Bolschewismus und besten, was sich spani sche „Regierung" nannte und nichts war als der Exekutivaus schuß des Moses Rosenberg. Das Blatt erinnert dann an die Ermordung von Deutschen in Spanien und die Beschlagnahme eines deutschen Verkehrsflugzeuges in Madrid und schreibt da zu: Es gab schlechterdings niemanden, der imstande gewesen wäre, auf die deshalb ergangenen deutschen Proteste zu ant worten. Es gab einfach keine spanische Regierung mehr. Sie hatte sich ja selbst aufgcgeben. Sie hatte nicht mehr soviel Kraft, den Vertretern der auswärtigen Mächte einen sicheren Aufenthalt zu bieten, und ihre eigenen Vertreter im Auslande gaben sich und ihre Sache gleichfalls auf. Es war ein staats rechtliches Vacuum entstanden. Dieses auszufüllen, diesem un erträglichen Zustand ein Ende zu machen, gab es nur eine Möglichkekit: Die Anerkennung der einzigen wirklichen Macht, die in Spanien sichtbar und wirksam war, d. h. der Regierung Franco. Deutschland und neben ihm Italien haben einem ver logenen Zustand durch die Anerkennung der Wahrheit und Wirklichkeit ein Ende gemacht. Reuter zur Anerkennung. DNB. London, 18. November. Die Wirkung der An erkennung der Regierung des Generals Franco durch Deutsch land und Italien auf die Arbeiten des Nichteinmischungsaus- schustes wird in diplomatischen Kreisen Londons eingehend er örtert. In britischen Kreisen wird, wie Reuter erfahren hat, die Frage als rein akademisch angesehen. Der deutsche und der italienische Schritt würden die Politik des Nichteinmischungs ausschusses kaum ändern. Die Tatsache, daß frühe'- allein die Madrider Regierung anerkannt gewesen sei, sei niemals als Einmischung als solche betrachtet und- durch die Erklärung Deutschlands und Italiens werde vom Standpunkt des Nicht- einmischungsausschusses aus keine neue Lage geschaffen. Diesen Standpunkt werde England wahrscheinlich auch beibehalten, wenn die Sowjets die Angelegenheit vor den Ausschuß brin gen sollten; mit anderen Worten, sie würden bei der briti schen Regierung keine Unterstützung finden. Paris und die Anerkennung. DNB. Paris, 18. November. Die Nachricht von der Anerkennung der Franco-Regierung durch die Reichsregierung und die italienische Regierung hat in Paris, obwohl sie an sich erwartet wurde, insofern überrascht, als man diese Anerken nung erst für den Zeitpunkt voraussah, wo die Truppen des Generals Franco Madrid eingenommmen hätten. Im übrigen ist die Nachricht in Paris im allgemeinen ruhig ausgenommen worden. . Mmeler Oberbürgermeister in sein Amt zurüüberufen Der Memeler Oberbürgermeister Dr. Blindlin ge r ist vom Direktorium des Memelgebietes in sein Amt als Oberbürgermeister der Stadt Memel zurückberufen worden. Oberbürgermeister Dr. Brindlinger wurde am 11. Juli 1934 von dem damaligen litauischen Direktorium Reisgys wegen angeblicher Nichtbeherrschung der litauischen Sprache aus dem Amt entfernt. Als er im September 1935 als Kandidat für den Memelländischen Landtag aus gestellt worden war, wurde ihm der rechtmäßige Erwerb der litauischen Staatsangehörigkeit abgesprochen und er von der Kandidatenliste gestrichen. Auf der letzten Tagung der gemischten deutsch-litauischen Kommission für strittige Staatsangehörigkeitsfragen wurde jedoch die litauische Staatsangehörigkeit Dr. Brindlingers als zu Recht be stehend anerkannt, worauf die Wiederberufung als Ober bürgermeister von Memel durch das jetzige Direktorium erfolgt ist.