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Weichseldörfer überschwemmt. Das Wasser der Weichsel und ihrer Nebenflüsse ist am Sonnabend weiter gestiegen und über die Ufer geirr ten. Im Kreis Pinczow südlich von Kielce überschwemmte die Weichsel drei Dörfer vollständig, zwei weitere teilweise. Die andauernden schweren Regenfälle haben auch in vielen Orten des Ostran-Karwiner Gebietes zu Ueber- schwemmungen geführt. Ein verhältnismäßig kleiner Bach, die Petrowka, trat plötzlich über die Ufer und über schwemmte die ganze Umgebung. In den im Tesche ner Gebiet gelegenen Orten Petrowitz und Marklo- witz mußte sofort der Unterricht in den Schulen abgebro chen werden, damit sich die Schüler rechtzeitig in ihre Woh nungen begeben konnten. Außerdem wurden über vierzig Häuser geräumt. Schnell verwandelte sich die ganze Ge gend von Petrowitz bis weit über die polnische Grenze in einen weiten See. Der mächtig angeschwollene Bach führte große Mengen fortgespülten Geflügels mit. In den Abendstunden barst ein Damm eines großen Teiches; un gefähr 40 000 Fische, meist Karpfen, wurden wegge- kchwemmt. Zyklon in Indien Ueber 160 Tote — 15 000 Obdachlose Ein Zyklon hat in der Provinz Madras (Indien) kn einer Ausdehnung von 200 Meilen große Verheerungen angerichtet. So stürzte in G u n 1 u r infolge des Sturmes eine Tabakfabrik em und begrub 100 eingeborene Arbeiter unter sich, die nur noch als Leichen aus den Trümmern geborgen werden konnten. In Chirala hat das Unwetter 63 Todesopfer gefordert. 15 000 Menschen sind obdachlos geworden. Der Sachschaden ist riesengroß. Neues aus aller West Generaloberin der NS.-Gchwestern Im Einvernehmen mit dem Reichsärztesührer Dr. Wagner hat Hauptamtsleiter Hilgenfeldt die Reichsver trauensschwester der NS.-Schwesternschaft, Parteigenossin Oberin Käthe Böttger, zur Generaloberin der NS.-Schwesternschaft ernannt. Zu gleicher Zeit er nannte Hauptamtsleiter Hilgenfeldt im Anschluß an die am 1. Oktober erfolgte Gründung des Reichsbundes der Freien Schwestern und Pflegerinnen die Ver trauensschwester der Freien NSV.-Schwesternschaft, Schwester Margarete Liesegang, zur Oberin der Freien NSV.-Schwesternschaft. Selbstmord des „Tausendmarkschein-Winters". In dem Prozeß gegen den 54jährigen Gustav Winter aus Naumburg, der einst durch seinen „Krieg um die rotgestempelten Tausendmarkscheine" von sich reden machte uns jetzt vor dem Mitteldeutschen Sondergericht in Halle stand, ist eine unerwartete Wendung eingetreten: der Hauptangeklagte Winter hat im Gerichtsgefängnis seinem Leben ein Ende bereitet. Erste Begegnung über dem Atlantik. Nach einem bei der Zeppelinreederei in Frankfurt a. M. ein- gegangenen Funkspruch sind sich zum erstenmal in der Weltgeschichte zwei Luftschiffs über dem Atlantik begegnet. Diese nächtliche Begegnung bei Vollmond war für Passa giere und Besatzung ein erhebendes Ereignis. Von Bord zu Bord wurden zahlreiche Begrüßungen ausgetauscht. Ein sechsjähriges Mädchen ermordet. In Breslau wurde in der Wohnung der jüdischen Witwe Margoliner die sechsjährige Irene Fuchs ermordet aufgefunden. Die Eltern des Kindes wohnen im Nebenhause. Die Leiche wurde in einem Schrank eines Zimmers aufgesunden, das von dem 31jährigen Handelsmann Willi Heinrich abge mietet ist. Eine Freundin von ihm, die ihm Geld geborgt hat, wollte sich das Darlehen zurückholen, traf den Heinrich aber nicht an und fand die kleine Leiche auf. Nach den polizeilichen Ermittlungen kommt nur Heinrich als Täter in Frage, zumal er seitdem spurlos verschwunden ist. Autostraße auf den Dachstein. Der Plan einer Auto straße auf den Dachstein in Oesterreich, die die 34 Kilometer langen Dachsteincisriesenhöhlen erschließen soll, ist nunmehr Wirklichkeit geworden. Das erste vier Kilometer lange Straßenstück ist vor kurzem fertiggestellt worden. Weitere fünf Kilometer mit nicht weniger als 21 Kehren sind noch zu bauen. In zwei bis drei Jahren kann die neue Bergstraße, die bis auf 2000 Meter Höhe führt, dem Verkehr übergeben werden. Turnen, Sport und Spiel. Handball. Tv. Mumbach 1. schlägt Tv. Kesselsdorf 1. 3:1 (2:1). Dieses erstklassige Spiel beider Mannschaften hätte mehr Zuschauer verdient. Beide Mannschaften lieferten sich einen fairen und jederzeit spannenden Kampf. Grumbach spielte, wie schon die letzten Spiele, überlegen, die Gäste haben es nur ihrem hervorragenden Torwächter Lein zu verdanken, daß die Niederlage nicht hoher ausfiel. Berger im Grumbacher Tor stand ihm nun nichts nach, bekam jedoch kaum die Hälfte Ar beit wie sein Gegenüber. Des Platzbesitzers Hintermannschaft hielt den Kesselsdorfer Sturm gut im Schach und ließ ihn nie richtig zur Entfaltung kommen. Grumbachs Stürmerreihe zeigte in diesem Spiel schon besseres Zusammenspiel als in den letzten Spielen, doch Kesselsdorfs Hintermannschaft war auch auf dem Posten und zerstörte manch gut gedachten Angriff. Bereits nach fünf Minuten Spielzeit kann Kesselsdorfs Mittelstürmer feine Farben mit 0 :1 in Führung bringen. Lange dauert ihre Freude nicht und Grumbachs Linksaußen gleicht durch Strafwurf aus. Dis zur Halbzeit kann der Halblinke noch einmal erfolgreich einsenden. Zwischendurch müßen die beiderseitigen Torwächter ihr großes Können unter Beweis stellen. Nach dem Wechsel ist es Grumbachs Mittelläufer, der durch einen Scharfschuß das Schlußergebnis von 3 :1 herstellt. Rg. * Gachsen-Eik schlägt Sie starke Westfalen- Mannschaft 3: 1 Unsere Eaumannschast seit eineinhalb Jahren ungeschlagen! Mit größter Spannung sah man im Sachsengau dem Kamps der beiden Eauauswahlmannschasten von Sachsen und West falen am Sonntag entgegen. Dieser Kampf, der in Chemnitz stattfand, hatte über 8000 Zuschauer angezogen, die einen präch tigen Kampf erlebten. Die Mannschaft der Westfalen bestand ausschließlich aus Spielern des bekannten SV Schalke 01, die natürlich viel besser eingesvielt waren als die zusammenge würfelte Mannschaft der Sachsen, die sich aber hervorragend schlug und es fertigbrachte, die Westfalen mit 3:1 geschlagen nach Hause zu schicken. Damit ist die Sachsengaumannschaft seit anderthalb Jahren ungeschlagen Seit dem Frühjahr 1935 blieb die Sachsenmannschaft in allen von ihr ausgetragenen Kämpfen siegreich, und zwar: Sachsen gegen Polen (Reichsliga) am 16 Juni 1935 in Leipzig 5:1; gegen Island am 18. August 1935 in Dresden 11:0; gegen Württemberg am 6 September 1935 in Dresden 3:1; gegen Pommern am 13. Oktober 1935 in Stettin 5'1; gegen Baden am 3. November 1935 in Dresden 7:3; gegen Brandenburg am 5. Januar 1936 in Chemnitz 2 0; gegen Südwest am 1 März 1936 in Frankfurt a. M. 2:2 nach Verlängerung; gegen Süd west am 24. Mai 1936 in Leipzig 9:0. Auch die Nachwuchsmannschaft des Gaues Sachsen schlug sich seit dem Frühjahr 1935 ausgezeichnet dem aus vier aus getragenen Kämpfen ging sie dreimal als Sieger hervor: gegen Brandenburg im November 1935 in Zwickau 2:1; gegen Deutsch böhmen im April 1936 in Zittau 4 2; gegen Brandenburg im September 1936 in Senftenberg 4:3. Im Spiel gegen die Deutschböhmen im September 1936 unterlag die Nachwuchself sehr knapp mit 0:1. Ein zweites Auswahlspiel fand in Bischofswerda statt; dort standen sich eine Kreismannschaft Bautzen und eine Dres dener Städteelf gegenüber. Die Dresdener, die zur Pause 1:0 führten, unterlagen unerwartet mit 2:4. Zwei restliche Eauligaspiele wurden in den Feiertagen nachgeholt. Am Reformationssesttag schlug auf eigenem Platz SC Planitz Wacker Leipzig mit 6:3 (5:1). Das zweite Spiel fand in Riesa zwischen SV Riesa und VfB Leipzig statt; nach einem erbitterten Kampf teilten sich beide Parteien mit 1:1 in die Punkte Ergebnisse aus den sächsischen Kreisen Kreis Leipzig: Sportfreunde Leipzig-Helios Leipzig 3:1; VfL Olympia 96 Leipzig—Viktoria Leipzig 4:4; TuB LeipzigT-VfV Zwenkau 0:3; SV 99 Leipzig—Spielvereinigung Leipzig 4:1; Spielvereinigung Leipzig—Fortuna Leipzig 1:2 (Gesellschaftsspiel); Sportfreunde Markranstädt—Eintracht Leip zig 2:4. Kreis Plauen-Zwickau: Konkordia Plauen—FC 02 Zwickau 5:1; SuBC Plauen—BC Elsterberg 3:3; SC Zwickau gegen VfB Glauchau 2:1; Spielvereinigung Falkenstein—VfB Auerbach 2:1' SV 07 Meerane—SV Georgenthal 7:1; Sturm Beierfeld—1. FC Reichenbach 0:2; Turngemeinde Wilkau gegen Wacker Leipzig 1:4. Kreis Chemnitz: Teutonia Chemnitz—Sportvereinigg Hartmannsdorf 2:3; VfB Chemnitz National Chemnitz 2:6; Preußen Chemnitz—SC Limbach 5:3 (!); Sportfreunde Hart- Hau:—VfL Hohenstein-Ernstthal 4:1: SC Döbeln—Germania Mittweida 1:4; SV Grüna—Chemnitzer BC 3:1 (!). Kreis Dresden-Bautzen: Sportfreunde 01 Dresden gegen Spielvereinigung Dresden 2:2; VfB 03 Dresden gegen VC Radebeul 2:2: Dresdensia Dresden— Südwest Dresden 1^0; BV Meißen 08—Sportfreunde Freiberg 2:1; SC Pirna—«u- dissa Bautzen 3:6; Dresdner SC—Spielvereinigung Dresden (Gesellschaftsspiel) 2:1. Sachsens Handballer zweimal geschlagen 2n Leipzig kamen am Reformationssest zwei Auswahlspiele im Handball Mischen den Gauen Sachsen und Mitte zum Aus- trag; beide Spiele gewann der Gau Mitte. 2m Spiel der Manner siegte Gau Mitte mit 8:6 und dis Frauen von Gau Mitte blieben mit 6:5 siegreich. Die Niederlagen sind als ehrenvoll zu bezeichnen, denn die Vertreter und Vertreterinnen von Sachsen schlugen sich sehr tapfer. Die Spiele wurden durch die bessere Schießlunst von Gau Mitte entschieden, * Frankreich gewann in letzter Minute Hannover Hane am Sonntag einen großen Sporttag. rasen sich doch dort Vie beiden Nationalvertretungen von Deutschland und Frankreich im R u g b v - Länderkamps. Die deutschen Spieler, die noch niemals gegen Frankreich, den Lehr meister in dieser Sporiari. gewinnen konnten, ballen unglaub liches Pech Während sie in der ersten Spielhälfte ziemlich überlegen spielren und die Franzosen kaum zur Entwicklung kommen ließen, so daß es bis dahin unentschieden stand, ließen sie in der zweiten Spielhälfte nach. Aber trotz ihrer größeren Ersahrung gelang es den Franzosen nicht, eine Führung zu erobern Es blieb bis eine Minute vor Schluß bei dem Pausenstand von 3:3. Erst wenige Sekunden vor dem Abpfiff gelang den Gästen ein Durchbruch, der zu ihrem knappen Sieg von 6:3 Punkten führte. 12 000 be geisterte Zuschauer verfolgten das Spiel und jubelten Sieger« und Besiegten zu. RsichsMdeL Lechzt*. Dienstag, 3. November 6.30: Aus Dessau: Frühkonzert. Gaustabsmusikzug des Arbeitsgaues. — 8.20: Aus Dessau: Platzmusik. Musikkorps des Jnsanterie-Regiments 33. — 9 35: Spielturnen. — 10.00: Eine deutsche Siedlersfrau in Brasilien. Hörspiel von Maria Kahle. — 10.45: Sendepause. — 12.00: Aus Dessau: Musik für die Arbeitspause. Musikzug der Brigade 39. — 13.15: Mittags- konzert. Es spielt das Funkorchester. — 14.15: Aus Dessau: Heitere Mozart-Busch-Stunde. — 15.00: Für die Frau: Frauen am Theater — Christa Mohr. — 15.20: Sendepause. — 16.00: Aus Dresden: Hundert Jahre Dessauer Humor. — 16.20: Aus Dessau: Kammermusik Dessauer Komponisten. — 17.10: Zwie gespräch zwischen Staatsminister Freyberg und LaM-sftellen- leiter Dr. Jhlenburg. — 17.30: Musikalisches Zwischenspiel. — l7.40: Aus der Werkstatt der industriellen Sippenforschung. — 18.00: Aus Dessau: Musik zum Feierabend. Das Gau orchester Magdeburg-Anhalt, der Dessauer Kinderchor. — 19.00: Aus Dessau: „Spaten faßt an!" Hörszenen aus der Ab teilung 1/135, Großkühnau des Reichsarbeitsdienstes. — 19.45: Umschau am Abend. — 20.10: Aus Dessau: Abendkonzert. Das Gauorchester Magdeburg-Anhalt und Solisten. — 22.20: Die Legende von St. Hubertus. Zum Hubertustag von Petrus H. Steigerwald. — 22.35: Aus Dessau: Orgelmusik aus der St.-Johannis-Kirche. Gespielt von Franz Ackermann. — 23.00 bis 24.00: Aus Hamburg: Unterhaltungs- und Volksmusik. -1- SeuMlaMmder. Dienstag. 3. November 6.30: Aus Köln: Frühkonzert. Das Westdeutsche Kammer orchester. — 10.00: Aus Leipzig: Eine deutsche Siedlersfrau in Brasilien. Hörspiel von Mario Kahle. — 10.30: Fröhlicher Kindergarten. — 11.00: Sendepause. — 11.80: Die neue Win- lermode der Frau. — 12.00: Aus Saarbrücken: Musik am Mittag. Die Saarbrücker Orchestervereiniguug. — 15.15: Eine norwegische Bäuerin reist durch Deutschland. Audhild Krohn. — t5.25: Das schöne Dalekarlien und seine Volkskunst. — 15.45: Fantasien auf der Wurlitzer Orgel. - 16.00: Musik am Nach- mittag. Lona Bordin .Mezzosopran). Das Unterhaltungs- orchester des Deutschlandsenders. In der Pause um 16.50: Anekdoten vom alten Goethe. — 18.00: Lieder der Völker. Eng lische Volkslieder. Hilde Kretschmer (Sopran). — 18.25: Poli- tische Zeimngsschau des Drahtlosen Dienstes. — 18.45: Das deutsche Frauenwerk: Ausgabe und Ziel. Gertrud Scholtz- Klink. - l9.00: Guten Abend, lieber Hörer! „Zirkusluft." Eine klingende Manege auf dem Plattenteller. — 19.55: Di« Ahnentafel. Wir forschen nach Sippen und Geschlechtern. — 20.10: Zum St.-Huberws-Tag: Horrido und Halali! Das Musikkorps des Schützen-Regiments 13, Eberswalde. — 21.00: Aus Stuttgart: Unterhaltungskonzert. Das Rundfunkorchester - 23.00 bis 24.00: Himmlische Klänge. <Schallplatten.) MWMWWMiß Roman von Paul Hain. L Fortsetzung Nachdruck verboten Erft der die Stimmung zerreißende, gleich hinterher jagende Foxtrott fegte den Traum der zarten Melodie aus ihren Pulsen. Hella und Werner von Kardorff lösten sich aus dem neuen Durcheinander der Paare und beeilten sich, an einen der versteckten Tische unter den Palmengruppen zu kommen. Sie würden sowieso nicht mehr lange Zeit haben. Etwa in einer halben Stunde mußte das Auto bereit stehen, das sie zum Bahnhof brachte. Und dort wartete der Zug, der sie an das ewig blaue Azurmeer der mittelländischen Küste bringen sollte. Italien, das Wunderland aller Liebenden und glück lichen Hochzeitspaare! Sechs ewig lange Wochen unter der Sonne des Sü dens wollten sie sich schenken — sechs Wochen einer maß losen Glückseligkeit, bevor sie in die „Villa Hella" im Grunewald zurückkehrten, die die Großzügigkeit Albert Vraunsbergs ihnen als Morgengabe geschenkt hatte mit allem, was zu einem eleganten Heim gehört. Sechs lange Flitterwochen! Eine ewig lange und schöne Zeit. Eben hatte Werner von Kardorff am Tisch die Sekt kelche vollgeschenkt und mit Hella angestoßen, da geschah jenes Seltsame, das Hella erst viel später in seiner gan zen Seltsamkeit schaudernd begreifen sollte. Noch hatte sie ihr beglückendes Lächeln aus den Lippen. Noch brannte das Feuer ihrer Augen ineinander und der kristallene Ton der aneinanderklingenden Gläser war noch nicht verhallt. Da stand plötzlich ein Herr hinter Kardorffs Stuhl, ohne daß dieser ihn gleich bemerkte. § Er mußte wohl unter dem Schatten der Palmengruppe ' gestanden und aus das Herankommen des Brautpaares gewartet haben. Es geschah mit einer erstaunlichen Lautlosigkeit, daß er hervortrat, und niemand im Saal achtete wohl auf ihn Ein Herr im Frack, auf der glänzenden Hemdbrust funkelten die Brillantenknöpfe. Das Gesicht hager, schmal, so gestrafft in der Haut, daß Muskeln und Backenkno chen scharf hervortraten. Sehnig und stählern die ganze Gestalt. Nun legte er schnell und dennoch vorsichtig die Hand aus Kardorffs Schulter. Und auch diese Hand war hager, knockiq, fest und zu nackend. Werner von Kardorff fuhr herum. „Oh -" Das Lächeln verblaßte in seinem Gesicht. Er brachte kein Wort heraus. Nur die Kieferknochen traten auf ein mal in einer erschreckenden Weise scharf hervor, so, als hätten sich die Zähne fest gegeneinandergebisjen, und in den Augen war eine aufflammende Wildheit. Die Stimme des anderen hämmerte in sein Ohr, und doch war sie leise und nur ihm verständlich. „Ich bitte Sie, sofort mitzukommen, Herr von Kar dorff." „Sie sind verrückt!" zischte er. „Sie werden mir und sich selbst keine Unannehmlich keiten machen wollen, Graf. Bedenken. Sie, wo Sie sich befinden." Es klang gemeßen, chevaleresk und dennoch voll kalter, unentrinnbarer Sicherheit. „Unmöglich!" „Bitte, es gibt keine Unmöglichkeit! Sie werden einige Minuten Zeit haben, werden mit mir in die Halle kom men." „Herr —" „Sie werden eine Entschuldigung finden." Werner von Kardorffs Gesicht zerfiel, wirkte plötzlich schlaff, ausdruckslos, ausgepumpt. Eine leere Maske. Auge bohrte sich in Auge. Sekundenlang nur. Utül war doch wie eine Ewigkeit. Dann drehte sich Kardorff wieder herum, wandte sich Hella zu. Der ganze Wortwechsel hatte nur sekundenlang gedauert. Hella nippte an ihrem Elas. Sie war noch nicht ganz aus dem seligen Tanztraum in diese Welt zu rückgekehrt. Kardorff sprach wie ein Automat, mechanisch, eintönig, mit gewaltsamer Ruhe. Seine Haltung war die einer Puppe, die man mit gekrümmtem Rücken aufgestellt hatte. „Verzeih, liebe Hella! Ein dringendes Telephon gespräch. Ich muß für einige Minuten in die Halle. Wahr» jcheinlich eine dringende Anfrage vom Amt." Verwundert hob Hella den Kopf. Streifte flüchtig das Gesicht des andern und wurde sich wohl erst jetzt deßen Ge genwart bewußt. „Oh, jetzt noch?" „Wahrscheinlich will man noch kurz vor unserer Ab reise etwas wissen. Diplomaten sind immer im Dienst. Also entschuldige mich einige Augenblicke." Er zwang ein Lächeln hervor und beugte sich steif über ihre Hand. Küßte sie in plötzlicher Unbeherrschtheit und eilte dann hinter dem andern, der schon einige Schritte vorausgegangen war, her. Verwundert sah ihm Hella nach und lächelte in sich hinein. „Ungestümer, lieber Mensch," flüsterte sie. Oh, niemand wußte ja bester als sie, welches leiden« schaftliche Zärtlichkeitsbedürfnis in Werner von Kardorff steckte. Fortsetzung folgt.