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gehalten werden. Die Kommunisten begaben sich darauf nach Wonstveiler. Hier hatten sie sich in einem Saal ver sammelt, aber die Bauern der Umgebung hatten das Ge bäude umstellt und mit Steinen die Fensterscheiben ein geworfen. Drei kommunistische Versammlungen sollten im Departement Oberrhein in Hüningen, Witten- heim und Ensheim stattfinden. In allen drei Ort schaften war ein bedeutender Ordnungsdienst eingerichtet. Die Kommunisten haben schließlich auf die Versammlun gen verzichtet. Paris ist zufrieden Die Tatsache, daß die Kommunistische Partei sich doch dem Verbot der Regierung gebeugt und auf die von der Partei gewünschten, aber von der Regierung nicht gestalte ten 42 Kundgebungen in Elsaß-Lothringen verzichtet hat, Wird von der gesamten Pariser Presse mit sichtlicher Genugtuung ausgenommen. Nur die kommunistische „Humanits" ist der Ansicht, daß sich die Regierung „nicht auf einem guten Wege" befinde und daß es ein großer Fehler gewesen sei, den Oppositionsparteien nachzugeben. Der „Matin" erklärt, der Rückzug der Kommunisten in allerletzter Minute bedeute für die rote Partei eine er hebliche Schlappe. Moskau fühle, daß es von Tag zu Tag mehr an Boden verliere. DiespanischeKarte seiverspielt und das friedliche Frankreich sei vor den Gefahren einer Litwinowschen Außenpolitik zurück gewichen. Eine Warnung de la Rocques „Ihr werdet mks nicht aufhalten!" Der Führer der Sozialen Partei, Oberst de la Rocque, hat in Valenciennes vor 2000 Hörern angekündigt, der Augenblick für die ehemaligen Feuer- kreuzler, zur Tat zu schreiten, sei gekommen. In der Volks front hätten sich die ersten Anzeichen der Auflösung be merkbar gemacht, so daß der Weg der nationalen Bewegung nicht zweifelhaft sei. Man habe erklärt, so führte de la Rocque wörtlich aus, daß „wir vor Gewalttätigkeiten Angst haben. Wir werden, wenn nötig, vor Blutver gießen nicht zurück schrecken, jedoch werden wir uns durch den Willen leiten lassen, keinen einzigen Trop fen Blut zu vergießen, der dem Lande keinen Nutzen bringen sollte". Seinen politischen Gegnern rief de la Rocque zu: ,^hr werdet uns nicht aufhalten! Es ist mög lich, daß man mich einkerkert oder umbringt. Aber das macht nichts, denn bereits jetzt kann die Partie als ge wonnen gelten." Starhemberg mahni zur Disziplin Ein Ausruf an die Mitglieder des Heimatschutzes Aus Grund des Auflösungsbeschlusses der Regierung hat Starhemberg einen Aufruf veröffentlicht, in dem es u. a. heißt: Um des Vaterlandes willen, um euer selbst willen, im Sinne des Andenkens an unsere toten Kameraden be fähle ich euch, Kameraden, und bitte euch innigst dar um, bleibt unter allen Umständen, was immer geschehen möge, besonnen und kaltblütig. Laßt euch unter keinen Umständen z« irgendeiner ungesetzlichen Handlung, zu irgendeinem Widerstand gegen die Behörden des Staates verleiten. Befolgt die Anweisungen der staatlichen Behör den und der staatlichen Organe. Wer in dieser schicksals schweren Stunde etwa vorhandene Stimmungen dazu miß braucht, UM gegen den Staat und seine Behörden aufzu hetzen, der ist ein Verräter und Verbrecher am Vaterland und am Heimatschutzgedanken. Im Voll bewußtsein meiner Verantwortung für euch und für den Heimatfchutzgedanken erteile ich diese Weisung nicht aus Schwäche und nicht aus Aengsttichkeit. Auf mein aus drückliches Ersuchen bleibt weiterhin der Bundesminister, unser Kamerad Draxler, in der österreichischen Regierung. Auf mein ausdrückliches Ersuchen haben sämtliche Kame raden, die öffentliche Stellen bekleiden, diese Stellen auch Weiterhin zu behalten. Nochmals, Kameraden, Hal tei Disziplin! Es lebe das Vaterland! Nach Mitteilung von zuverlässiger Seite hat sich Starhemberg ins Ausland begeben, doch ist das Ziel nicht bekannt. Sowjeirusfische Agenten in Wien Nach einer Zeitungsmeldung wurden in den letzten Tagen in Wien elf Personen verhaftet, die, wie einwand frei festgestellt wurde, als Sendlinge der Sowjet union tätig waren. Sämtliche Verhafteten hatten falsche Pässe. In ihren Wohnungen wurde umfangreiches Propagandamaterial und auch ein reichhaltiger Schrift wechsel gefunden, aus dem hervorgeht, daß sie nicht nur in Oesterreich, sondern auch in anderen Staaten Propa ganda treiben sollten. Insbesondere hatten sie es auf Deutschland abgesehen. > «MW »MM« Ein Toter wird lebendig ... Es klingelte. Als stünde der leibhaftige Gottseibeiuns draußen, ss fuhr Frau Hase zusammen, als sie di« Tür öffnete. Da stand aber bloß der Gasmann und sagte, er wolle den Zähler nach sehen ... „Ich denke, Sie sind tot?" faßt« sich Frau Has« endlich. „Vorgestern war doch schon einer hier, der sagte, er wäre Ihr Nachfolger! Und 5 Mark 80 hat er auch kassiert!" Es war alles Schwindel. Das Gaswerk hatte längst ein« War. nung einrücken lasten. Und gestern stand schon zu lesen, daß der falsche Gasmann inzwischen auf frischer Tat ertappt sei! Bloß Hases wußten von nichts. Tja — hätten sie Zeitung gelesen! Die warnt beizeiten: Sich dich vor, sonst hau'n dich Gauner übers Ohrk Von einem Tiger zerfleischt Domptcurehepaar während der Vorstellung überfallen Im Zirkus in Paris führte das deutsche Artisten ehepaar Schirow eine Gruppe von fünf Königstigern vor. Während der letzten Vorstellung stürzte sich plötzlich die Tigerin Tosca auf Frau Schirow, warf sie zu Boden und zerfleischte ihr die Brust. Ein anderer Artist und ein Dompteur, der sich im Publikum befand, drangen in den Käfig ein, und es gelang ihnen, Frau Schirow zu be freien. Ihr Mann wollte die Vorstellung weiterführe« und ging in den Käfig. Aber auch ihn griff das Raubtier an, und in einem heftigen Kampf wurde Schirow sehr schwer verletzt. Es gelang ihm, aus dem Käfig heraus zukommen, doch fiel er hinterher sofort in Ohnmacht. Im Krankenhaus hält man seinen Zustand für lebensgefähr lich. Das Publikum blieb während des schrecklichen Schau spieles ruhig. Neues aus Mee Wett. Ein Denkmal für Friedrich Lienhard. Der Bund der Elsaß-Lothringer im Reich, der am 17. und 18. Oktober in Eisenach tagt, will dem Dichter Friedrich Lienhard, einem geborenen Elsässer, an seiner Grabstätte auf dem Eisenacher Friedhof ein von Professor Hosäus (Berlin- geschaffenes Denkmal weihen. Im Stall erstickt. In T r e b i t s ch f e l d (Kreis Frie- deberg-Neumark) wurde die 25jährige Ehefrau des Eigen tümers Liebchen im Stall beim Melken ohnmächtig. Sie stürzte so unglücklich, daß sie erstickte. Sie war erst seit zwei Monaten verheiratet. Todesopfer eines Kurpstischers. Ein Kurpfuscher aus Engers im Kreise Mayen hatte auf dem Lande den Leuten mit einem Vergrößerungsglas in die Augen ge sehen und die verschiedensten Krankheiten festgestellt, gegen die er Tee und Salben verordnete, die er gleich verkaufte. Ab und zu gab er auch Pillen. Daß seine Patienten nicht gesund wurden, störte den Kurpfuscher wenig. In Pillig, wo er eine Familie „behandelte", stellte er bei dem 17jäh- rigen Sohn gleich mehrere „Krankheiten" fest, gegen die er wieder seine Salben in Anwendung brachte. Nach Be nutzung dieser Salben stellten sich bei dem jungen Mann Vergiftungserscheinungen ein, denen er unter furchtbaren Qualen erlag. Die gerichtsärztliche Obduktion ergab, daß dem jungen Mann nicht das geringste gefehlt hatte. Seine Frau erschossen. In Bern gab der Artist Herzig aus »eine Frau, mit der er in Scheidung lebt, auf seine Schwiegermutter und zwei andere Personen mehrere Revolverschüsse ab. Die Frau war sofort tot, während die Schwiegermutter und die Zeugen der Auseinandersetzung schwer verletzt wurden. Bei der Verfolgung des Mörders durch die Straßen gab dieser Schüsse aus die Verfolger ab. Er wurde von einem Polizisten in Notwehr durch eine Kugel niedergestreclt. BüHerfSmu. Die spanische Passion. Die spanische Geschichte bietet da» Schauspiel eines vieihundertzährigen Leidens, von dem die heutigen Ereignisse nur eine Stufe sind. Leider können wir noch von keinem Abschluß reden, der Aussicht auf eine ruhige Entwicklung gäbe. Denn bei keiner modernen Nation reiche« die Ursachen ihrer Krisen so weit in das Mittelalter, ja bis vor das Mittelalter zurück wie bei den heu tigen spanischen Verwicklungen. Dr. Ernst Wilhelm Eschmann veröffentlicht in der Oktoderft-lge von Westermanns Monatsheften einen aktuellen Aufsatz, betitelt: „Di» spanische Passion". Angefangen von der Zeit emer ersten festen Staats bildung erzählt der Verfasser von der Glanzzeit, dem Verfall und dem Spanien im 20. Jahrhundert, Ohne sehr in die Brei te zu gehen, werden alle wichtigen Begebenheiten, und die daraus entstehenden Volksbewegugnen und Kämpfe eingehend geschildert, so daß die heutigen Verwicklungen ohne weiteres in ihrer Ursache verständlich werden. Alle die seit Jahrhunder ten aufgestauten Probleme stürzen zur gleichen Zeit auf Spa nien herein, während es anderen Ländern vergönnt war, sie in jahrhundertelanger Entwicklung nach und nach zu erleiden und zu erledigen. Wie lange die fpanifche Passion noch dauert, ist nicht abzuschen. Nicht nur im allgemein mensch lichen, auch im praktisch europäischen Interesse müßen wir wünschen, daß sie bald endet. lNachdruck verboten.) „ Der Osterstaaksanwatt Heidenreich wunderte sich, daß Egon Dietrich noch einmal bei ihm eintrat. Der Land richter tat ihm leid, und als er jetzt dieses verwüstete, ver grämte Gefühl sah, streckte er ihm unwillkürlich die Hand entgegen. „Mein lieber Herr Kollege!" Egon übersah seine Hand, und Heidenreich zuckle z«rsck, «m ganz förmlich zu sagen: „Sie wünschen, Herr Landrichter?" „Zunächst eine ganz kurze, dienstliche Mitteilung: Ich habe aus den Eröffnungen, die Sie mir machten, die Fol gerungen gezogen und soeben die Nichtigkeitserklärung meiner Ehe im Anfechtungswege beantragt." Er sprach mit gezwungen ruhiger Stimme. „Das war allerdings das einzig Richtige, wenn Sie sich Ihre Richterlaufbahn weiterhin ermöglichen wollten." „Nun noch eine persönliche Bemerkung! Herr Ober staatsanwalt Heidenreich: Von Ihrem starren Standpunkt aus mögen Sie mit sich zufrieden sein. Als Mensch haben Sie in meinen Augen als Schuft gehandelt." „Hinaus!" „Halt, Herr Oberstaatsanwalt! Einen Augenblick! Mit einem kurzen Hinauswurs ist es nicht getan. Ich habe Sre Schuft genannt! Sie sowohl als auch ich sind Alte Herren desselben akademischen Korps. Sie wissen, was Sie zu tun haben! Ich habe die Ehre, morgen vor mittag Ihre Zeugen zu erwarten." Heidenreich war blaß geworden. „Herr Landrichter — sind Sie denn vollkommen von Gott verlassen?" „Durchaus nicht. Im Gegenteil, Sie sehen, ich bin ganz ruhig und weiß sehr genau, was ich sage und was ich will. Sie haben in Ihrer Eigenschaft als Staatsanwalt Kenntnis von Verfehlungen meiner Frau, die sieben Jahre zurückliegen. Jawohl, sieben volle Jahre, in denen meine Frau sich nichts hat zuschulden kommen lassen. Sie haben es ihr und mir angesehen, daß wir glücklich waren. Ich erinnere mich jetzt an den bittenden, den hilflos ver zweifelten Mick, den meine Frau Ihnen zuwarf. Warum haben Sie sich eingemischt? Warum, Herr Oberstaatsanwalt, frage ich? Was wissen Sie davon, ob die Frauen der anderen Kollegen nicht innerlich viel schlechter sind? Nichts wissen Sie, und weil Sie nichts von ihnen wissen, öffnen Sie ihnen Ihr Haus. Von meiner Frau wußten Sie, daß sie einmal strau chelte und daß sie es sicher in tausend Qualen bereute. Was ist die Folge? Nachdem Sie es mir gesagt haben, nachdem Sie ganz öffentlich von meiner Frau abgerückt sind, haben Sie mich g^wungen, mich von ihr zu trennen. Eine sechs Jahre glückliche Ehe haben Sie zerstört. Das Lebensglück zweier Menschen haben Sie vernichtet. Glücklich wäre ich ge wesen, nichtsahnend glücklich! Eine Frau, die vielleicht in unseligen Qualen endlich gehofft hat, den Schatten ihrer Jugend vergessen zu dür fen, haben Sie aus ihrem Heim gerissen. Einem Kinde nehmen Sie die Mutter! Rechtsanwälte und Ärzte haben berufliche Schweige pflicht. Sie als Staatsanwalt nicht! Sie fühlen sich be rufen, mehr zu tun als Ihres Amtes ist! Sie haben eine schon einmal Verurteilte, die ihre Strafe abgebüßt hat, zum zweiten Male verdammt und mit ihr mich und mein Kind! Herr Oberstaatsanwalt Heidenreich, Sie mögen sich sehr groß, sehr korrekt, sehr erhaben Vorkommen nach Ihrer Tat, aber nach meinem rein menschlichen Empfin den haben Sie gehandelt wie ein Schuft, und ich wieder hole: Ich erwarte, daß Sie als satisfaktionsfähiger ehe maliger Student den einzigen möglichen Weg gehen. Ich hoffe nicht, daß Sie es darauf ankommen lassen werden, daß das studentische Ehrengericht darüber zu entscheiden hat, ob der Herr Oberstaatsanwalt kneift, wenn man ihn einen Schuft nennt!" Heidenreich hatte wortlos zugehört. Jetzt fuhr er auf: „Hinaus!" „Ich erwarte Ihre Zeugen." Kurz dienstlich: „Da ich vermute, daß Sie gegen mich das Disziplinarverfahren beim Herm Präsidenten beantragen werden, enthalte ich mich vorläufig aller amtlichen Tätigkeit. Herr Ober staatsanwalt, ich erwarte Ihre Zeugen!" Noch einmal schleuderte Egon ihm mit lauter Stimme die Worte in das Gesicht, dann ging er mit kurzer, förm licher Verbeugung aus dem Zimmer. Heidenreich ging nervös auf und nieder. Teufel noch einmal, war das eine ärgerliche Geschichte! So war »hm doch in seinsr ganzen Dienstzeit noch kein Wonach gegen- übergetre-ten! Heidenreich war unzufrieden mit M Hätte er das geahnt — schließlich — es war in diesen sieben Jahren wirklich nichts Schlechtes über Vera Diet rich bekannt geworden. Hätte er das gewußt — seine Frau ahnte ja nichts, warum hatte er sie nicht empfangen? Eine Einladung wäre ja nicht nötig gewesen. Dann loderte sein Zorn aus. Himmeldonnerwetter! Da hatte dieser junge Mensch gewagt, ihn zu beleidigen! Dem wollte er es anstreichen! Ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Dienstentlas sung würde er gegen ihn beantragen! Ganz glatte Sache! Nein, doch nicht! Er, der Herr Oberstaatsanwalt, ver zu jeder Stunde gegen den Zweikampf Vorgehen mußte, war gezwungen, den Landrichter zu einem Duell zu fordern! Teufel noch einmal! Da gab es kein Kneifen! Skan dal! In jedem Falle würde ein Skandal daraus werden, der ihm selbst den Hals brach. Eine Sensation! Ein Oberstaatsanwalt forderte einen Richter auf Pistolen! Oder — ein Staatsanwalt, der von seinem Korps wegen Kneifens ausgeschlossen wurde! Und das alles, weil er voreilig sich um verjährte Dinge gekümmert hatte! Egon Dietrich hatte das Gerichtsgebäude wieder ver lassen. Nun war ihm Wohler zumute. Innerlich fühlte er, daß auch er an Vera höchst eigennützig gehandelt hatte. Es mußte so sein, aber — er überlegte, ob er gleich Assessor von Versen aufsuchen und ihn bitten sollte, bei dem Duell sein Zeuge zu sein. Er war zum Alten Zoll hinaufgestiegen. Da stand er nun ganz allein, denn um diese Zeit war hier niemand. Unten rauschte zu seinen Füßen der Rhein — fröhliche Stimmen klangen herauf und das ewige Geläut der Dampfer, die nach Königswinter fuhren — dort — dort unter den alten Kastanien lag sein kleines Heim! Warum hatte er nicht einen einzigen Menschen, der ihm raten konnte in dieser Qual! Er saß auf der Bank und starrte in leerem Grübeln vor sich in den Sand. * * Langsam, mit schleppenden Schritten, war Vera kn ihr Zimmer gegangen. Ein Glück, daß sie allein und das Mädchen mit der kleinen Isa ausgegangen war. Ihr Kopf war vollkommen wüst und leer. Sie setzte sich nieder nnd starrte Soc sich hin. (Fortsetzung folgt-.