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MNmfferAMatl Montag, den 22. Juni 1931 Wilsdruss-Dresden Pofticheck: Dresden 2640 Nr. 142 — 99. Jahrgang Telegr.-Wdr.: „Amtsblatt ton der Die Die Deutschland stimmt Hoovers Vorschlag zu. Wie amtlich mitgeteilt wird, hat die deutsche Reichs- rcgierung ihre Zustimmung zu dem Vorschlag des Prä sidenten Hoover durch den deutschen Vertreter in Washing- Vorbehaltlich der Zustimmungen durch den Kongreß wird die amerikanische Regierung einen Aufschub auf alle Zahlungen von den Schulden der ausländischen Regie rungen an die amerikanische Regierung gewähren, die während des am 1. Juli beginnenden fiskalischen Jahres zahlbar sind, jedoch Hindenburgs Appell an Amerika. Wie verlautet, hat der Reichspräsident in den letzten Tagen einen Appell an das amerikanische Volk in Form einer Bot schaft an den Präsidenten Hoover gerichtet, in dem er daraus hinweift, daß sich Deutschland in höchster Not befinde. Das Schreiben des Reichspräsidenten ist noch nicht veröffentlicht worden. Die Veröffentlichung wird voraussichtlich in Washing ton erfolgen. Aufemyait m London verlangen, laßt unsere Hoffnung ein Endchen höher wachsen. Und es soll uns auch wenig kümmern, daß der amerikanische Präsident .Hoover im Interesse seiner Partei und im Hinblick auf die nächstjäh rigen Wahlen gern ins Ange springende „Erfolge' herbeiführen möchte, in der Abrüstungs- und — vielleicht — auch in der Reparationsfrage. Denn hinter beiden steht ja doch das eigentliche Ziel: Wirtschaftliche Flur bereinigung, Überwindung der Weltkrise, Ermög lichung einer neuen „prvspsrit^", eines neuen wirtschaft lichen Aufschwungs. Amerika wird genötigt sein, einiges Geld in diese Aktion hineinzustecken. Es ist auch in der Lage, auf vielleicht widerstrebende europäische Staaten einen recht merklichen Druck auszuüben. Aber man darf nicht mehr lange damit zögern, sonst ist der Kranke, dem geholfen werden soll, inzwischen an Auszehrung gestorben. Beratungen -es Reichskabinetts. Rücksprache mit Amerikas Botschafter Sackett. Die Reichsregierung hat in ihrer letzten Sitzung übei die Reparationsfrage beraten, wobei natürlich die Er klärung Hoovers im Vordergründe stand. Nachdem nur auch der Londoner Botschafter von Neurath in Berlin ein getroffen ist, hat man die Ansicht aller unserer Vertretet bei den europäischen Großmächten einholen können. Da- Eintreffen des Botschafters in Washington, von Prittwitz wird in der nächste^ Woche erwartet. Im Anschluß an die Kabinettsbesprechung wurde« Verhandlungen mit dem amerikanischen Botschafter ir Berlin geführt. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. amerikanischen Regierung übermitteln lassen. Die Erklärung Hoovers. Erklärung Hoovers Hal folgenden Wortlaut: für Äürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzei,-npr-i«! die 8 «kspallenc Raumzelle LV Rpsg., die 1 gespalten- Aelle der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reiche. Pfennig, die 8 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. NachweisungsgcbLhr 20 Reich-Pfennige. Dor. geschriebene Erscheinung-. tage und Platzvorschristen werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annahmcbis vorm.10Ubr. Für die Richtigkeit der durch FernrufübermitteltcnAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Aeder Aa battansprn ch erlischt.wenn derBetrag durch Klage eingezogen werden mutz oderdeiAustraggcberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. amerikauische Negierung schlägt für die Dauer von einem Jahr eine Zahlungseinstellung auf alle Zah lungen, sowohl Kapital wie Zinsen, hinsichtlich aller Schul den zwischen den Regierungen, der Reparationen und der Nclicfschuldcn (Wicderaufbauschuldcn), vor. Hierin sind aber Verpflichtungen der Negierungen gegenüber Privaten nicht enthalten. * Ein einjähriges Moraiorium! Der Vorschlag Hoovers. Präsident Hoover hat, wie das Weiße Haus bekannt gab, den europäischen Nationen eine einjährigeSus- pendierung aller Schuldenzahlungen an die Ver einigten Staaten sowie eine einjährige Suspendierung der Reparationszahlungen an die Alliierten vorgeschlagcn, um Deutschland vor dem Chaos zu retten. Die Erklärung ist das Ergebnis der Besprechungen Hoovers mit den Kongretzsührern. Durch diese Meldung werden die ersten aufsehen erregenden Nachrichten über ein beabsichtigtes zweijähriges Schuldcnmoratorium überholt. An der Newyorker Börse lösten die Mitteilungen über die Besprechungen Hoovers größtes Aufsehen aus. Man erblick! in der Neueinstellung Hoovers ein Ereignis von weittragender politischer und wirtschaftlicher Bedeutung. Die Hoover-Aktion wird als erster Schritt zur Wiedergesundung Deutschlands und damit Europas und als geeignete Maßnahme zur Beendigung der Weltkrise angesehen. Der Optimismus in Amerika machte sich an der Newyorker Börse durch starkes Steigen der Kurse .bemerkbar. Auch die deutschen festverzinslichen Dollarwerte nahmen bei steigenden Umsätzen an der allgemeinen Hausse teil. „Onkel Doktor". „Gut Ding will Weile haben" — wir Deutsche würden ja stille halten, würden uns in der Geduld üben, die man uns so oft und von allen Seiten predigt, und abwarten, ob die Entwicklung der Revisionsfrage nicht nur „Weile hat", sondern wirklich ein „gut Ding" ist. Wir würden warten —, wenn man eben die Gewißheit hätte, daß wir dabei trotz der „Weile" schließlich zu einem unsere Not wirklich berücksichtigenden und sie tatkräftig mildernden Ende kämen. Wir würden warten —, jetzt müssen wir warten. Wir wollen hoffen, weil sonst die graue Ver- zweifelung uns überwältigen würde. Vielleicht — dürfen wir sogar hoffen, daß „etwas ge schieht" in der Revisionsfrage. Wir sind zum . mindesten äußerlich damit einverstanden, daß dieses Geschehen sich in Berlin, London, Newyork, Paris hinter den sestver- schlosscnen Türen der Ministerien vollzieht, obwohl ja London Newyork, Paris und die sonstigen Stätten, w o V ö l k c r s ch i ck s a l e geleitet und entschieden werden, schon vor 13 Jahren feierlich der Welt verkündeten, daß die Geheimdiplomatie abgeschafft werden müßte. Damals ist ja so vieles feierlichst versprochen worden . . . Aber wenn die „Politik", das Geschäft oder die Geschäftig keit der Staatsmänner nicht so sehr in tiefes Geheimnis gehüllt und mit dem Prunkgewand der Geheimwissenschaft umkleidet würde, wenn vielmehr alles offen vor den kritisch blickenden Augen der Völker selbst vor sich gehen würde, dann könnte man sehr schnell sehen, „mit wie wenig Geist die Welt regiert wird" —, um das Wort eines schwedischen Staatskanzlcrs zu zitieren, der ja selbst zur „Zunft" gehörte. Amerika „hat es besser als unser Kontinent, der alte". Mit „Politik" will man drüben nichts zu tun haben und braucht es auch nicht. Politische Traditionen oder tradi tionelle Belastungen politischer Art kennt man dort nicht. Aiich Europa gegenüber hat man nicht Zu- oder Ab neigung. Sondern hier wie in allen „politischen" Pro blemen entscheidet nur „das Wirtschaftliche". Das „businoss", die „prosperit^" oder wie man sonst das „geschäftliche Blüte"-Ziel der Amerikaner bezeichnen will. „Wirtschaftliche Hochkonjunktur" — das will man haben und z. B. über das politische Streben Frankreichs nach einer Hegemonie in Europa, über Erbfreundschaften oder Erbfeindschaften im „altenEuropa" zuckt man inAmerikadic Achseln. Wirtschaftler to tim krönt! Und darum, weil für Amerika das zynische Wort Englands bei Ausbruch des Krieges: „Lu.^iness as usual", „das Geschäft geht wie immer", zurzeit wieder einmal nicht gilt, so muß jetzt wte einst durch Dawes und Young das Dollarland ver suchen, Europa zur wirtschaftlichen Vernunft zu bringen. Denn schließlich hat man doch von New- . York aus eine ganz hübsche Milliardenzahl von Dollar nach Europa verfrachtet, die man nnr ungern gefährdet sicht. Das „Kocks orvn oountr^", das „Gottesland", wie der Amerikaner in mäßig entwickelter Bescheidenheit seine Heimat nennt, mutz wohl nun doch verschiedenen euro päischen Staaten den Kopf zurcchtsetzen. Das scheint der Amerikaner schon deswegen als eine Art gottgewollte Mission zu betrachten, weil die europäische Unvernunft cs verylndcrt, daß aus dem „busmoss" endlich wieder etwas * ^rrv und man zur „prosporit^" zurückgclangt. wollew ist man^ ja dabei mitmachcn Aae" z, r See im -dm auch in der „Abrüstungs- m-wUken Eww,m" londoner Marine-Abkommen zu einer gew sscn Eintgung gekommen. Auch mit Italien könnte LaLei'ch'stör?''Und'"m' schwierig se7n. L b d <S?macku in ' es die größte Gold-, Land- ??se Störung überall und um so mehr. Dort herrscht d,c „Politik" und aefäbrdet das Geschäft. Deutschlands Lage ist doch „kritisch" nÄt bloß „ernst", wie man bisher geglaubt hat. Der Sprung des deutschen Diskonts nach oben, der Entschluß Englands, endlich die Nev,sionsfrage anzupacken, die in Deutschland zu einem besonders hohen Gipfel gesteigerte Weltkrise haben nun doch in Washington veranlaßt, daß man über legt, was man für Europa, f u r Deutschland tun soll. Die interalliierten Schulden werden aus den deut schen Tributleistungen bezahlt und es nutzt gegenüber dieser Tatsache wenig, daß Amerika theoretisch diese Ab hängigkeit nicht anerkennt, sich W übrigens auch von Deutschland selbst dessen Zahlungsverpflichtungen stets außerhalb des Young-Plans garantieren und durchführe ließ. In Washington sind dann Besprechungen über dieses Thema schnell in Gang gekommen, auch führende Mitglie der des Senats und des Repräsentantenhauses sind zuge zogen worden, der Staatssekretär des Schatzamts Mellon kührtc nicht ganz unwichtige, sicherlich nicht „private Ver handlungen mit Englands Ministern und maßgebenden Finanzmännern. Jeder Tag, um den. er deswegen Deinen Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das .Wilsdruffer Tageblatt- erscheint an allen Werktage» nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 RW., beiPoftbestellung i5Rpsg.All-DÄ Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postboten und unseres trägerund Geschäftsstellen nehmen zu I-der 8--t Be- stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. unter der Bedingung eines gleichartigen einjährigen Moratoriums auf alle zwischen den Negierungen be , stehenden Schulden, die dem wichtigsten Gläubigerländern geschuldet werden. Dieser Methode des Handelns haben die folgenden 21 Senatoren (es folgt eine Liste, auf der sich u. a. Borah und Morrow befinden) und 18 Mitglieder des Repräsen-^ tantenhauses zugestimmi. Sie ist auch von Mr. Charles G. Dawes, dem amerikanischen Botschafter in Groß- Britannien, und Mr. Owen D. Young gutgeheißen worden. Der Zweck dieser Handlungsweise besteht darin, das kommende Jahr der wirtschaftlichen Erholung der Welt zu widmen und dazu beizutragen, die Kräfte der Wieder herstellung, die sich in den Vereinigten Staaten bereits be merkbar machten und in Bewegung sind, von den herr schenden Einflüssen, die vom Ausland Herkommen, zu befreien. Der Kernpunkt dieses Vorschlages liegt darin, Zeit zu geben, um den Schuldnerregierungen es zu gestattens ihre Prosperität wieder zu erlangen. Ich schlage daher dem amerikanischen Volke vor, daß es in seinem eigenem Interesse ein weiser Gläubiger und ein guter Nachbar sein soll. Ich wünsche, diese Gelegenheit zu ergreifen, um offen meine Ansichten über unsere Beziehungen zu den deutschen Reparationen und zu den Kriegs schulden der alliierten Negierung kund zu tun. Unsere Regierung hat an der Festsetzung der Repara tionsverpflichtungen keinen Anteil genommen und hat auch hierzu von seiner Stimme keinen Gebrauch gemacht. Wir haben absichtlich weder an den allgemeinen Re parationen noch an der Verteilung der Kolonien oder des Eigentums teilgenommen. Die Zahlungen der Schulden, die uns von den Al liierten für im Kriege gemachte oder zum Wiederaufbau gegebenen Vorschüsse zustchen, wurden auf einer Grund lage geregelt, die weder in einem bestimmten Verhältnis zu den deutschen Reparationen oder mit ihnen überhaupt in irgendeiner Beziehung steht. Daher sind deren Rück zahlungen notwendigerweise ein rein europäisches Pro blem, mit dem wir nichts zu tun haben. Ich stimme auch nicht im entferntesten einer Streichung der an Amerika fälligen Schulden bei. Das Vertrauen in der Welt würde durch eine solche Hand lungsweise, die auch von keinem unserer Schuldner vor geschlagen worden ist, nicht erhöht werden. Aber da die Grundlage dieser Schuldenregelung die Zahlungsfähig keit des Schuldners bei normalen Verhältnissen war, so würden wir nur in Übereinstimmung mit unserer Politik und unseren Grundsätzen stehen, wenn wir die anormalen Bedingungen, die jetzt in der Welt herrschen, in Rech nung stellen. Wir stellen unsere Bereitwilligkeit dar, einen Beitrag zu einer baldigen Wiederherstellung der Prosperität in der Welt zu suchen, an der unser Volk sehr stark interessiert ist. Obwohl diese Handlungsweise mit der Konferenz zur Beschränkung der Landrüstungen, die im nächsten Februar stattfindet, nichts zu tun hat, so möchte ich dennoch in der Erkenntnis, daß die Bürde der Wettrüstungen zur Herbeiführung der Depression beige lragen hat, hinzusetzen, daß wir zuversichtlich hoffen, durch diesen Beweis unseres Willens zu helfen, zu dem allge meinen guten Willen beigetragen zu haben, der für eine Lösung dieser noch wichtigeren Frage so notwendig ist. Hindenburgs Appell an das amerikanische Volk. Wie verlautet, hat der Reichspräsident in den letzten Tagen einen Appell an das amerikanische Volk in Form einer Botschaft an den Präsidenten Hoover gerichtet, in dem er darauf hinweist, daß sich Deutschland in höchster Not befinde. Das Schreiben des Ncichpräsidentcn ist noch nicht veröffentlicht worden. Die Veröffentlichung wird vor aussichtlich in Washington erfolgen. * Neue Hoffnung. Die Bedeutung des amerikanischen Schrittes. An den Berliner amtlichen Stellen wird der Schritt des amerikanischen Präsidenten Hoover, wie schon aus der Zustimmung der deutschen Regierung hervorgeht, aus oas lebhafteste begrüßt. Man erwartet, daß der Schritt nicht nur eine Erleichterung der deutsche Lage zur Folge haben wird, sondern daß auch die Einschaltung der USA. in die Weltkrise und der heroische Entschluß'der ameri- MW Wc MWWM mehr Vorschlag Hoovers: ein Jahr Zahlungspause für Kriegsschulden u. Reparationen