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MsdmfferAMblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Fernsprecher- Amt Wilsdruff Nr. 6 durch Naurus üb-rmiu-l.en Anzeigen übern, wir deine Garantie. JederRaba.ianlprnch eriiich^wenn d7r»Äa^d..r» Klage °,"gezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. Anz. nehmen °ll°Dermimü^ Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmaunschast Meisten des Amts, gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Das ,Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 NM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 NM., bei Poftbestellung E^L^aSn Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend WienuL^ ttägerrmd Geschäftsstellen - 1 i " nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Fm Falle böhcrer Gewalt, Kr-«g oder sonst. Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung Ler Leitung oderKürzung des Bezugspreises. — Aüchsendung -rngesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Nr. 267 — 90. Jahrgang T-legr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Montags den 16. November 1931 Spitze Bemerkungen. Mit einiger Genugtuung, wenn man will: sogar mit einer allerdings etwas wehmutsvollen Freude mag man in der deutschen Öffentlichkeit die durchaus nicht zurück haltende Kritik ausgenommen haben, die bei der Adreß- debalte im Englischen Unterhaus der eigentliche Sieger im Wahlkampf, Baldwin, gegen das Repara tion s s y st e m und gegen die ganze Politik in dieser Frage richtete. Baldwin ist ja seit langen Jahren Führer der Konservativen, war selbst in der entscheidungsvollen Zeit zwischen 1925 und 1928 englischer Ministerpräsident und halt nun als Mitglied des Kabinetts Macdonald eine Rede, die geradezu angefullt ist mit „Spitzen" gegen Frankreichs offizielle Politik. Das ist immerhin bemerkenswert für einen englischen Konser vativen m politisch derart verantwortlicher Stellung! Trotzdem spricht aus einer ganzen Reihe dieser „spitzigen" tnehr verhüllte Resignation: England '0 Lage, gegenüber diesem „Zusammenbruch aller bestehenden Abkommen" nun selbst etwas zu tun „Unsere Initiative könnte im Augenblick, so merkwürdig es erscheinen mag, nicht allen Nationen willkommen sein." Man weiß natürlich im ganzen Unterhaus sehr genau, für wen diese Initiative unwillkommen wäre! Dazu bedarf es weiter keines Rätselratens. Und wir Deutsche ver zeichnen außerdem noch mit einiger Genugtuung, daß der Konservative Baldwin das Wort wieder aufnimmt, das der damalige Ministerpräsident und Führer der Arbeiter partei, Macdonald, auf der Londoner Konferenz am Juli dieses Jahres gesprochen hat: Die Wiederherstellung ge sunder Finanzverhältnisse in Deutschland liege im Interesse der g a n z e n Welt. Aber das alles sind eben nur Worte geblieben, denen irgendwelche Taten zuerst nichl folgten, dann schließlich auch nicht folgen konnten, als Frankreich mit seinen goldenen Kugeln erst den englischen, dann den amerikanischen Widerstand zusammenschoß. Und es werden daher auch weder von London noch von Washington aus Taten folgen, so notwendig eine Ini tiative von jenen beiden Seiten auch wäre und so sehr man dort auch die Notwendigkeit einer solchen Initiative er kannt und anerkennt. Sie ist eben „nicht allen Nationen willkommen!" Die beiden angelsächsischen Mächte sehen mit ver schränkten Armen zh, was zwischen Paris und Berlin sich in den nächsten Wochen abspielt. Und doch braucht diese augenblickliche Passivität durchaus keine endgültige zu sein, kann sie doch eines Tages zu einer keineswegs be deutungslosen Initiative werden. Denn Vertreter Eng lands und Amerikas, dann auch des unsere Lage mit vielem Verständnis beurteilenden Italiens werden ja in dem Sachverständigenausschuß sitzen, dessen Einberufung gemäß dem Noung-Plan recht bald von der deutschen Regierung herbeigeführt werden dürste. Hier Wll Nur finanziell, nur wirtschaftlich darüber geurteilt werden, Wie es mit der Zahlungsfähigkeit Deutschlands für einen Teil der Noung-Plan-Jahresleistungen bestell! ist. Gewiß ist dieses Urteil, werden die von diesem Aus schuß vorzuschlagenden Maßnahmen eben nur Anregungen sein, die für die Regierungen unserer Gläubigerstaaten nicht verbindlich sein sollen. Aber sie besitzen doch ein un bestreitbares Schwergewicht, das sich doch nicht so ohne weiteres wird beiseiteschieben lassen. Offenbar verschließ, man sich auch in Paris dem schon heute doch nicht so ganz! Und wenn ergänzend noch eine zweite Sachverständigen arbeit ohne Begrenzung ihres Untersuchungsgebietes den ganzen wirtschaftlichen und finanziellen „Status" Deutsch lands prüft, dann wird jenes Schwergewicht für die in, Nebel der Zukunft auftauchende internationale Repara tionskonferenz noch verstärkt werden. Laval selbst hat ja verlangt, erst müsse einmal der Bericht jenes Sachverständigenausschusses des Young Planes abgewartet werden, ehe man sich weitere Schritte überleqen könne, die die „Anpassung der internationalen Schuldenverpflichtungen an die wirtschaftliche Depression" herbeiführen sollen. Das liegt also in einer noch un gewisseren Zukunft, die außerdem verdunkelt wird durch strikte Weigerung Frankreichs, aus unsere durch die A.Bardenkriegskredite und den schließlichen Ablauf des ^üllßalixgbEommens bestimmte Lage irgendwelche Rücksichi AU Nehmen. Laval ist in seiner Rede vor der Senats lomnnsswn Finanzen und Auswärtigen Angelegen noch weiter gegangen; er hat ausdrücklich er "eu.^)/"re französische Anleihehilfe s ü , '..u> > a » d gar nicht in Frage komme. Da "w-ei uch namentlich gegen einen von belgischer Sen. stammenden Pi^ einen Teil der kurzfristigen deutschen Schulden zu konsolidieren, sie also in langfristige um zugestalten. Laval Hai auch mitgeteilt, warum er diese Ablehnung ausgesprochen hat: Weil Brüning ans die von Frankreich gewünschten politischen Bindungen und Bedin gungen nicht Hai eingehcn wollen. Und diese sind deutsche Verzichtserklärungen aus jeden Versuch des Zusammen schlusses mit Österreich und auf Revision unserer Ost grenzen. Außerdem wurde von uns eine „moralische Ab rustung ^Aangi. Wir sollen auch innerlich, vor allen, natürlich äußerlich, uns jedem Protestes gegen das ent ka 7.'es" uls das „Svstem von Ver - 7eüfsch,and der die 7m gibt niemanden in billig? Ablehnung solcher Bedingungen nich! Dur Ergebnis der Wahlen in Hessen, Gewaltige Erfolge der Nationalsozialisten. Neuer Hessischer Landtag. In Hessen haben am Sonntag die Neuwahlen zum Landtag stattgefunden. Den Wahlen ging ein scharfe, Kampf voraus. Alle Parteien halten ihre Führer nach Hessen geholt, wo sie in Riesenwahlversammlungen ge sprochen haben. Für das Zentrum hatte Reichskanzlei Dr. Brüning das Wort ergriffen, für die Deulschnatio- nalen der Parteiführer Hugenberg gesprochen. Die Natio nalsozialisten hatten ihren Führer Hitler nach Darmstadt geholt; für die Volkspartei hatte Dr. Dingeldey, der in Darmstadt feinen Wohnsitz hat, gesprochen, und die Staals- partei hatte sich den Reichsfinanzminister Dr. Dietrich als Hauptwahlredner verschrieben. Schon aus dem Aufmarsch dieser politischen Führer geht hervor, daß es sich bei den Wahlen in Kessen nicht allein darum handelte, wie und durch wen Vas Land künftig regiert werden soll. Es ging vielmehr bei diesen Neuwahlen auch um große macht politische Auseinandersetzungen über die Reichspolilik. Um die feste Zahl der 70 Mandate, über die der Hessische Landtag verfügt, kämpften nicht weniger als drei zehn Parteien. Die Linke marschierte in sechs Gruppen auf, zu denen die Kommunisten, kommunistische Opposition die Sozialdemokraten, Sozialistische Arbeiterpartei, du radikalen Demokraten und die Staatspariei gehören Außerdem bewarben sich um die Gunst der Wähler das Zentrum, die Deutsche Volkspartet, der ChristlichfoziaU Volksdienst, die Volksrechtspartet, der Bauernbund, dt> Deulschnationale Volkspartei und die Nationalsozialisten Der alte Landtag war am 13. November 1927 gewähl, worden und hat nach einer Legislaturperiode von Vie, Jahren jetzt sein natürliches Ende gefunden. In ihn waren vertreten die Sozialdemokraten mit 24 Mandaten das Zentrum mit 13, der Hessische Landbund mit 9, die Deutsche Volkspartei mit 7, die Demokraten mit 5, dic Kommunisten mit 6, die Deutschnationalen mit 3 und dic Volksrechtpartei ebensalls mit 3 Mandaten. Aus diesen Parteien hatte sich die sogenannte Wei marer Koalition gebildet, die also aus Mitgliedern und Anhängern der Sozialdemokraten, des Zentrums und der Demokraten bestand, und die in den letzten vier Jahren in Hessen ununterbrochen regiert hat. Die Wahi beteiligung zum alten Landtag war nur sehr gering, sic betrug nur etwa 50 Prozent der Wahlberechtigten. Be, der Neichstagswahl am 14. September 1930 hatten du Parteien schon bedeutend mehr Wähler auf die Beine ge bracht, und der Ausfall der Reichstagswahlen hatte ge zeigt, daß ein Weiterregieren der Weimarer Koalition in Hessen unmöglich war, da die Parteien der Weimare, Koalition nur etwa die gleiche Stimmenzahl wie die Oppo sitionsparteien erhalten hatten. * Das Gesicht des neuen Landtages. Bei den Landtagswahlen in Hessen erzielten die ein zelnen Parteien folgende Mandate (in Klammern die bis herigen Sitze nach der Landtagswahl 1927): SPD. 15 (24), Zentrum 10 (13), Kommunisten 10 (6), Kommunistische Opposition 1 (—), Deutsche Volkspartei 1 (7), Staatspartci 1 (5), Nadikaldemokraten 0 (—), Christlich-Sozialer Volks dienst 1 (—), Volksrecht 0 (3), Hessisches Landvolk 2 (9). Deutschnationale Volkspartei I (3), Sozialistische Arbeiter Partei 1 (—), Nationalsozialisten (NSDAP.) 27 (—). * Die mit Spannung erwarteten Landtagswahlen i.j Hessen zeigen, daß die nationalsozialistische Bewegung immer noch in der Zunahme begriffen ist. Seit den letzten Reichstagswahlen im September 1930 haben sich die Stirn men der Nationalsozialisten mehr als verdoppelt. Ihren Wählerzuwachs haben sie zum Teil aus der Sozialdemo kratie geholt, zum Teil aus den Mittelparteien und den Bauernparteien; so in Oberhessen, wo der Hessische Land bund fast zwei Drittel der Stimmen verloren, und die NSDAP, sich fast verdreifacht hat. Am auffallendsten sind die Verluste der Sozialdemokraten, der Staatspartei und der Deutschen Volkspartei. Die Sozialdemokraten und die Staatspartei, die mit dem Zentrum zusammen seit 1918 die Regierung gebildet haben, mußten büßen, das Zentrum dagegen hat sich trotz seiner Regierungsverantwortung auf fallend gut behauptet, ja, es kann sogar Gewinne verzeich uen. Ein Teil der sozialdemokratischen Verluste ist den Kommunisten zugute gekommen, die überall starken Zu wachs erhielten. Während Staatspartei und Volksparrei schwer gelitten haben, konnten sich die Deutschnationalen gut behaupten. Der neue Landtag hat nun ein völlig ver ändertes Aussehen. Die Mehrheit der Weimarer Koali tion ist völlig zerschlagen und dementsprechend wird auch die jetzige Regierung gezwungen sein, ihren Rücktritt zn erklären. Amtliches Gesamtergebnis Das amtliche Wahlbüro teilt folgendes Gcsamtcrgeb nis mit: (In Klammern Ergebnis der Reichstagswahl 1930): SPD. 168 299 (215 747), Zentrum 112 440 (104 246), Kommuttistcn 106 775 (84 513), Kommunistische Opposition, 14 954 (—), Deutsche Volkspartei 18 325 (49 929), Staats Partei 10 793 (38 829), Nadikaldemokraten 4617 (—), Ehr. Sozialer Vollsdienst 16 712 (19 086), Vollsrccht 1529 (4702), Hessisches Landvolk 20 776 (57 575), Deutschnationale Volks Partei 10 857 (11902), Sozialistische Arbeiterpartei 8177 (—), NSDAP. 291 189 (137 989). Wichtige Ginzelergebniffe. Bei den Landtagswahlen in Hessen wurden nach stehende Einzelergebuisse erzielt, wobei die erste der ein- geklammerten Zahlen das Ergebnis der Landtagswahl 1927 und die zweite das der Reichstagswahl 1930 dar stellt. Wo nur eine Vergleichs-Zahl angegeben ist, be zeichnet diese das Reichsiagswahlergebnis 1930. Provinz Obcrh essen: SPD. 48342 (51399), Zentrum 9474 (8333), Kommunisten 16 537 (10 532), Kom munistische Opposition 891 (—), DVP. 5615 (10 283) Staatspartei 2558 (8320), Radikaldemokraten 1293 (—). Christlich-Sozialer Volksdienst 4391 (5731), Volksrecht 4M (719), Hessischer Landbund 11 324 (29 362), Deutschnatio nale 4041 (4076), Soz. Arbeiterpartei 2052 (—), NSDAP. 96 331 (35 033). Provinz Starkenburg: SPD. 82833 (109 126), Zentrum 50 637 (47 609), Kommunisten 61 933 (53 507), Kommunistische Opposition 12 898 (—), DVP. 7615 (24315), Staatspartei 4200 (13 928), Radikaldemokraten 2271 (—), Christlich-Sozialer Volksdienst 7399 (7149), Volksrechr 3611 (2717), Hessischer Landbund 7165 (16849), Deutsch nationale 4155 (4626), Soz. Arbeiterpartei 3516 (—), NSDAP. 120 658 (63 577). Provinz Rhein Hessen: SPD. 43344 (55212), Zentrum 52 658 (48 304), Kommunisten 30 106 (20 447), Kommunistische Opposition 1244 (—), DVP. 6134 (15 331), Staatspartei 4586 (16 581), Radikaldemokraten 1339 (—), Christlich-Sozialer Volksdienst 5456 (6206), Volksrechr 391 (1266), Hessischer Landbund 2297 (11 364), Deutsch nationale 3582 (3200), Soz. Arbeiterpartei 2795 (—), NSDAP. 83 270 (39 371). Stadt Mainz: SPD. 18 264 (15 482, 25 396), Zent rum 19 366 (11 401, 15 714), Kommunisten 13 222 (3 010, 9 278), Kommunistische Opposition 857 (—, —), DVP. 1735 (3278, 3909), Staatspartei 1910 (5646, 8407), Radikaldemo- kraten 325 (—, —), Christlich-Sozialer Volksdienst 2296 (—, 2737), Volksrecht 192 (2507, 485), Hessischer Landbund 360 (361, 833), Deutschnationale 1584 (1765, 1302), Soz. Arbeiterpartei 1746 (—, —), NSDAP. 23 992 (—, 12 111). Stadt Darmstadt: SPD. 12 465 (Reichstag 1930: 15 536), Zentrum 3944 (3532), Kommunisten 6579 (3987), Kommunistische Opposition 236 (—), DVP. 2789 (9089), Staatspartei 935 (3602), Radikaldemokraten 849 (—), Christlich-Sozialer Volksdienst 1607 (1681), Volksrecht 270 (752), Hessischer Landbund 66 (135), Deulschnationale 1377 (1405), Soz. Arbeiterpartei 366 (—), NSDAP. 25 832 (13 341). Stadt Gießen: SPD. 4240 (Reichstag 1930: 5040), Zentrum 988 (925), Kommunisten 1879 (1730), Kommu nistische Opposition 79 (—), DVP. 1038 (2637), Staats partei 524 (1500), Nadikaldemokraten 81 (—), Christlich Sozialer Volksdienst 534 (634), Volksrecht 111 (221), Hess. Landbund 26 (61), Dcutschnalional 924 (840), Sozialistische Arbeiterpartei 161 (—), NSDAP. 9013 (3714). Was die französische Presse dazu sagt. Paris, 16. November. Die Landtagswahlen in Hessen geben der französischen Rechtspresse wieder Gelegenheit, gegen die Reichsregierung zu Felde zu ziehen und alle anderen Nati onen auszufordern, mit dem Kabinett Brüning vorsichtig zu Werke zu gehen. Die anderen Blätter unterstreichen den außer ordentlichen Fortschritt der Nationalsozialisten, ohne jedoch fchon eingehend die Bedeutung des großen Sieges der Hitler- Partei zu würdigen. Mißerfolg -es Volksentscheides in Braunschweig. 135 000 kommunistische Stimmen zu wcnik. Der kommunistische Volksentscheid zur Auflösung des Braunschweigischen Landlages hat bei 352 724 Stimm berechtigten nur 41 289 Ja-Stimmen erzielt, während Vie zur Annahme des Volksentscheides erforderliche Mehr heit 176 363 Stimmen beträgt. Beim Volksbegehren am 28. Juni waren 36 079 Ja-Stimmen abgegeben worden.