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Amtsblatt für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agü Amtsgericht und den Stadtrat zu Wilsdruffs sowie für das Rg!. ^orftrentamt zu Tharandt. , Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burk mrdtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndsrf, Kaufbach, Kesselsdorf, Klemschünberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf. Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesielsdorf, Steinbach bei Mohorn — Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Wetstropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1M. 30 Ps., durch die Post bezogen 1M.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens mittags 12 Uhr angenommen. — JnsertionspreiS 15 Pfg. pro viergespaltene KorpuSzeüe. Druck und Verlag von Martin Berger in MlSdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Marti» Berger daMst. No 128. Donnerstag, Sen 29. Oktober 1993. 62. Jahrg. . Die OrlsbehSrden des hiesigen Bezirks werden veranlaßt, die Empfangs bescheinigungen über Unterstützungen von Familien der zu Friedensübungen unberufen gewesenen Mannschaften für die behufs Erstattung der Beträge aufzustellende Berechnung, soweit es noch nicht geschehen ist, bis Ende dss. Mts. wieder hier einzureichen. Königliche Amtshauptmannschaft Meißen, am 22. Oktober 1903. I. B.: o. 8. 0r. Heerklotz, Reg.-Ass. Bekanntmachung, die Einkommen- und Ergänzungsstenerdeklaration betr. Aus Anlaß der im Laufe des nächsten Jahres stattfindenden allgemeinen Ein schätzung zur Einkommen- und Ergänzungssteuer werden zur Zeit Aufforderungen zur Deklaration des steuerpflichtigen Einkommens und bez. Vermögens behändigt. Allen denen, welchen eine derartige Aufforderung nicht zugeht, steht es frei, Deklarationen über ihr Einkommen bez. über ihr ergänzungssteuerpflichtiges Vermögen bis ZUM 20. November As. anher einzureichen und werden zu diesem Zwecke bei hiesiger Stadtsteuereinnahme Dek larationsformulare unentgeltlich verabfolgt. Hierbei werden alle Vertreter von Personen, die unter Vormundschaft oder Pfleg schaft stehen, ingleichen alle Vertreter von juristischen Personen (Stiftungen, Anstalten, eingetragenen Vereinen und Genossenschaften, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit befchränkter Haftung, Berggewerkschaften usw.), sowie die Vertreter von sonstigen mit dem Rechte des Vermögenserwerbs ausgestatteten Personen vereinen und Vermögensmassen aufgcfordert, für die Vertretenen, soweit sie ein steuer pflichtiges Einkommen oder ergänzungssteuerpflichtiges Vermögen haben bez. in Ansehung der Ergänzungssteuer der Steuerpflicht überhaupt unterliegen, Deklarationen bei dem unterzeichneten Stadtrate auch dann einzureichen, wenn ihnen deshalb besondere Auf forderung nicht zugehen sollte. Wilsdruff, am 28. Oktober 1903. Dev Stadtrat. Kahlenberger. politische Rundschau. Die schon längst signalisierte Zusammenkunft des Kaisers Wilhelm mit dem Zaren Nikolaus von Rußland anläßlich der gegenwärtigen Auslandsreise des letzteren, soll nunmehr bestimmt am 4. November in Wies baden stattftnden. Die beiden Kaiser werden dort vereint u. A. die Festvorstellung des „Oberon" im Hoftheater besuchen. Die zweite Schwadron des Husaren-Regiments „Kaiser Nikolaus" ist bereits von ihrer Garnison Pader born nach Wiesbaden abgeritten, um daselbst beim Em pfange des hohen Regimentschefs Aufstellung zu nehmen. Mit der Wiesbadener Zusammenkunft zwischen dem deut schen Kaiser und dem Zaren erfahren die Begegnungen, welche beide Herrscher kurz hintereinander mit dem Kaiser von Oesterreich hatten, ihre immerhin bemerkenswerte Er gänzung, wenn auch irgendwelche Abmachungen fester Art von der Wiesbadener Kaiserentrevue schwerlich zu erwarten sein dürften. Der russische Minister des Aeußeren Graf Lambsdorff wird seinen erlauchten Souverän nach Wies baden begleiten; ob auch der deutsche Reichskanzler Graf Bülow bei der dortigen Kaiserzusammenkunft anwesend sein wird, das ist noch nicht bekannt. Prinz Adalbert von Preußen, der dritte Sohn des deutschen Kaiserpaares, hat am Montag die Heimat auf längere Zeit verlassen, um seine erste großeAuslands- reise im Dienste der kaiserlichen Marine anzutreten. Auf der Wlldparkstation verabschiedete sich die Kaiserin und die Prinzessin Victoria Luise vom Prinzen Adalbert, während der Kaiser, der Kronprinz und Prinz Joachim dem scheidenden Sohn und Bruder das Geleite bis zum Anhalter Bahnhof in Berlin gaben, von wo aus Prinz Adalbert nach Genua dreiste. Der Entwurf des neuenMilitärpensionsgesetzes liegt augenblicklich dem bayerischen Staatsmimsterium zur Entschließung vor. ... .. In Dresden ist am Montag die angetundlgteKon ferenz zur Vorberatung des Entwurfes eines neuen Land tagswahlgesetzes für Sachsen abgehalten worden. Die Be ratungen, an denen insgesamt etwa vierzig HtAM teu- nahmen, dauerte unter Vorsitz des Ministerpräsidenten v. Metzsch von vormittags 10 Uhr bis nachmittags 4 Uhr. lieber den Gang und die Ergebnisse der Konferenzverhand lungen wird einstweilen strenges Stillschweigen beobachtet. In der bayerischen Abgeordnetenkammer geht die allgemeine politische Debatte über dies und das noch immer siott weiter. Auch in der Montagssitzung des Hauses kam es wiederum zu langen Auseinandersetzungen mannig facher unter den Parteien wie auch zwischen denselben und der Regierung, ohne daß man endlich zum Abschluß gelangen konnte, vielmehr wurde diese Diskussion auch noch am Dienstag fortgesetzt. , sozialdemokratische Moral. Der bekannte so zialdemokratische Schriftsteller Mehring hat sich bekanntlich auf dem Dresdener Sozialisteukongresse zahlreiche erbitterte und vorwiegend persönliche Angriffe seitens einer ganzen Reihe von Genossen zugezozen. Herr Mehring hat nun zu seiner Rechtfertigung eine ziemlich umfangreiche Broschüre erscheinen taffen, die für die Nichtgenossen hauptsächlich durch die schonungslose Art und Weise bemerkenswert ist, mit der er Kritik an der Moral innerhalb der eigenen Partei übt. So schließt die Mehringsche Broschüre, um nur eine der charakteristischsten Stellen derselben hervor zuheben, mit den überaus scharfen Worten: Ihr (der so- zialdemokratischen Partei) kann es sehr gleichgültig sein, ob der moralische Meuchelmord in Dresden an einem be liebigen X oder A versucht wurde, aber nicht gleichgültig darf ihr die Frage sein, ob sich auf ihren Parteitagen hinterlistige Ueberfälle abspielen dürfen, von denen ich wiederhole, daß sie an feiger und schmutziger Perfidie in der Geschichte der verfaultesten Gesellschaftsklassen ihres gleichen suchen. Darüber muß sich die Partei entscheiden, nicht um meinet-, sondern um ihretwillen. — Wenn man erwägt, daß sich die Sozialdemokratie bei allen möglichen Gelegenheiten immer wieder mit ihrer Tugendhaftigkeit gegenüber den Sünden der angeblich so verrotteten bürger lichen Gesellschaft brüstet, so beleuchten diese Auslassungen Mehrings um so greller die wahren Zustände in dessen Partei; hat doch gerade erst die jüngste Zeit und zahlreiche Vorkommnisse, wie namentlich durch die vielen Beispiele brutalster Terrorisierung der Elemente der sozialdemokra tischen Partei, welche sich erlaubten, gegen die geheiligten starren Parteiprinzipien Front zu machen, wiederum gezeigt, welch eine eigentümliche Moral in der „Partei der Zukunft" im Grunde herrscht. Eine besondere Blüte der sozialde mokratischen Moral aber enthält zweifellos der Ausspruch, welchen der angesehene Genosse Kautsky in der „Neuen Zeit" in einer Betrachtung über den Dresdener Parteitag getan und welcher lautet: „Einer der wichtigsten Grund sätze darunter, (nämlich unter den für jede Gesellschaftsform geltenden sittlichen Grundsätzen) ist die Pflicht der Wahr haftigkeit den Genosfen gegenüber, dem Feinde gegenüber hat man diese Pflicht nie anerkannt." Herr Kautsky hat hiermit also in aller Offenherzigkeit den Satz ausgestellt, daß Wahrhaftigkeit den Nichtsozialdemokraten gegenüber niemals die Pflicht der Genossen sein könne, in der Tat eine nette Moral! Da hat die Partei des Herrn Bebel und Singer nicht im entferntesten das Recht, wie es in ihrer Presse fortwährend geschieht, mit ostentativ zur Schau getragenem Pharisäismus auf die sittliche Verderbnis der bürgerlichen Welt hinzuweisen und im Gegensatz dazu die Anschauungen und Verhältnisse im sozialdemokratischen Lager als ideale hinzustellen. Herr Kautsky aber darf mit Genugtuung darauf Hinweisen, daß sein jesuitisches Axiom von der Unverbindlichkeit für einen überzeugten Sozialdemokraten gegenüber einem Nichtsozialdemokraten ebenso wahrhaft zu sein, als gegenüber einem Genossen, in den Reihen der sozialdemokratischen Parteigänger rasch Schule macht. In einer sozialdemokratischen Versammlung im dritten Hamburger Wahlkreise war der Antrag gestellt worden, der Parteivorstand möge so schnell wie möglich den erwähnten Kautskyschen Satz durch eine Erklärung im „Vorwärts" desavouieren, der Antrag wurde indessen von der Versammlung schließlich mit großer Mehrheit ab gelehnt. Es findet sich demnach in den Reihen der Sozial demokratie volles Verständnis für die Moral mit dem doppelten Boden, wie sie Herr Kautsky unter offenbarer Billigung der Häupter der deutschen Sozialdemokratie so ungeniert aufgestellt hat. Wohlan, mögen die Herren sehen, wie weit sie mit solchen merkwürdigen Grundsätzen kommen! In Berlin begann am Montag vor dem Schwur gericht der Sensationsprozeß gegen die Gräfin Kwilecka und Genossen wegen Kindesunterschiebung. Aus dem Wirrwarr der Bemühungen zur Lösung der ungarischen Kabinettskrisis hebt sich endlich ein erster Erfolg hervor: Graf Stefan Tisza ist vom Kaiser Franz Joseph zum ungarischen Ministerpräsidenten an Stelle des Grafen Khuen-Hederwary ernannt worden. Allerdings hat nun Graf Tisza erst noch sein Kabinett zu bilden, was indessen bei der ihm günstigen Stimmung in den Pester politisch-parlamentarischen Kreisen vielleicht auf keine großen Schwierigkeiten stoßen wird. Er wurde am Montag abend nach seinem Wiedereintreffen aus Wien in PestimKlubderliberalen Partei mitOoationen empfangen. Das Neunerkomits hielt Dienstag vormittag eine Sitzung ab, die liberale Partei Mittwoch eine Konferenz, in der das Militärprogramm beraten wurde. Die gemeinsame in Mürzsteg vereinbarte Note Oesterreich-Ungarns und Rußlands wegen der ma zedonischen Reformen an die Pforte spricht die förmliche Sequestration der türkischen Verwaltung in Mazedonien auf zwei Jahre aus. Es ist daher gerade nicht ver wunderlich, wenn die russisch-österreichische Reformnote einer ziemlich frostigen Aufnahme seitens der türkischen Regierung begegnete. In Barzelona, dem alten spanischen Verschwörungs nest, wurden am 26. Oktober drei Anarchisten — zwei Italiener und ein Franzose — verhaftet, welche durch aufrührerische Maueranschläge Propaganda zu machen suchten. Bedenkliche Zustände herrschen fortgesetzt in Bilbao, wo bekanntlich ein großer Ausstand der Bergarbeiter aus gebrochen ist. Am Montag unternahmen die Streikenden Dynamitanschläge gegen einen Lokomotivschuppen, gegen die Zentrale der Eisenbahn und gegen die elektrischen Be leuchtungsanlagen. Der Ausstand erstreckt sich auf alle Gruben der Umgebung Bilbaos. Im türkischen Grenzgebiet nach Montenegro hin herrscht wieder einmal große Erregung. Dec Mtue- scharif von Jpeck ist laut einer Meldung aus Cetinje mit Truppen und Geschütz in Plava eingetroffen, um dort und in Gußinje neue Steuern einzuführen. Die Bevöl kerung ist sehr erregt darüber, doch ist es noch zu keinem Konflikt gekommen. Wie verlautet soll der türkische Ministerrat die in der österreichisch-russischen Note wegen Mazedoniens enthaltenen neuen Vorschläge zurückgewiesen haben. Aus Sofia kommt die recht beruhigend klingende Nachricht, daß der Befehl zur vollständigen Demobütsrerung der bulgarischen Reserve ergangen. Von maßgebender japanischerSelte selber Wird jetzt Stellung gegen die immer wieder verbreiteten Alarm-