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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 26.04.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-04-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192104269
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19210426
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19210426
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-04
- Tag 1921-04-26
-
Monat
1921-04
-
Jahr
1921
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Vermischtes * Verwüstungen durch Schneestürme. Ein außerordentlich starker Schneefturm tobte über MMehchweden. Der gesamte Telephon- und Telegraphenoerkehr wurde unterbrochen. Stock holm ist ohne Verbindung mit Süd- und Westschweden sowie mit dem Auslande. Die durch den Schneesturm verursachten Verwüstungen sind die größten seit Menschengedenken. ' 200000 Teilnehmer an -er Beisetzungsfeier der Kaiserin. Nach den Berechnungen auf Grund der abgegebenen Fahrkarten haben an der Trauerfeierlichkeit in Potsdam mehr als 200000 Personen teilgenommen. ," Werden Zeitungsanzeigen gelesen? In dem neuesten Helt von „SetdUs Rellame' leien wtr: „ tue Frage, ob Zeitungs anreigen a'lesen werden, wird oft gestellt und oe-schieden beant- wor'et. Nun bat der Lei« ein»» großen Geschäfte» in B"lin, das fortwährend sehr bedeutende Summen sür Zeitungsanzeigen Ministerium de» Innern hat die Polizeibehörden erneut ange wiesen, die Einhaltung dieser Bestimmung zu überwachen, so daß es im Interesse der Bereinsvorstände und Saalwirte liegen dürfte, wenn an dieser Stelle noch besonders auf obenerwähnte Bekanntmachung hingewiesen wird. s Der Endtermin für Abgabe der Steuererklärungen bleibt unverändert. Im Steuerausschuß des Reichstag» wandte sich Staatssekretär Zapf gegen den vom Äbg. Dr. Helfferich (dnl.) ausgesprochenen Wunsch, den Termin für da» Veranlagungs- Verfahren über den 3Ü. April hinaus zu verlängern, und er klärte, die Finanzämter müßten endlich die Steuerveranlagung ohne weitere Störung durchführen können, damit das Reich und die Länder zu Einnahmen kämen. — Leipzig. Die Elternratswahlen für die hiesigen Schulen gingen am Sonntag unter recht flauer Beteiligung der Wähler von statten; es haben nur 60 Proz. gewählt. Nach vorläufigen privaten Ergebnissen hat die Liste der linksstehenden Parteien 259 Sitze und die Liste der Christlichen 258 Sitze erhalten, sodaß die Anhänger der weltlichen Schule einen Sitz mehr haben. — Zwickau. Bor mehreren Wochen wurden 32 Obst bäumchen auf der Straße nach Alberoda abgeknickt. Es war gelungen, den Täter zu ermitteln, der zurzeit in Zwickau seine Strafe verbüßt. Nun wurden vergangene Woche abermals fünf und in der Nacht zum Dienstag wiederum 16 Bäume geknickt. Der Polizeihund verfolgte die Spur und lief gerade wegs in das Haus der Eltern des in Zwickau inhaftierten Mk., wodurch der Verdacht entsteht, daß Familienangehörige, um den Sohn zu entlasten, diese Freoeltaten nochmals ausgeführt haben. — Klingenthal. Am Donnerstag abend hatten öster reichische Finanzbeamte mit Paschern zwischen Schwaderbach und Quittenbach, nahe der Grenze, ein Zusammentreffen, wobei es zu einem regelrechten Feueraefecht kam. Es fielen etwa zwölf Schüsse. Der Finanzbeamte Anton Hosnedl aus Markhausen hat schwere Beschädigungen am Kopse erlitten. Doch auch die Pascher kamen nicht heil davon. Ls handelte sich um drei Burschen, von denen einer zunächst als unbekannt entkam, zwei aber, die Gebrüder Lorenz aus Schwaderbach <18 und 21 Jahre alt), festgenommen werden konnten. — Meißen. Am Sonnabend nachmittag gegen 2'/« Uhr wurde in der Jägerkaserne zu Meißen im Heizraume der dort angestellte 62 Jahre alte Wächter Mar Becker mit zertrümmerter Schädeldecke tot aufgefunden. Nach den Feststellungen der zu- tändigen Kriminalpolizei liegt Raubmord vor. Als der Tat dringend verdächtig wurde der im 19. Lebensjahre stehende Neichswehrsoldat Kurt Erich Schol in Haft genommen. Nach der Tatbestandsaufnahme durch die alsbald am Tatort erschienene Gerichts- und Mordkommission legte der Verhaftete unter dem Gewicht des erdrückenden Teweismaterials ein umfassendes Ge- tändnis ab und wurde dem zuständigen Gericht zugeführt. Das geraubte Geld konnte wieder herbeigeschafft werden. Hierzu wird noch von anderer Seite gemeldet: Schol hat, nachdem er von Becker wegen Entwendung von 180 Marl aus dessen ver- chlossenem Schranke zur Rede gestellt worden war, diesem zwei sis drei wuchtige Schläge auf den Kopf und ins Gesicht versetzt, odnß Becker ein faustgroßes Loch in der Schädeldecke und eine Zertrümmerung des Nasenbeins davontrug, die den Tod herbei- ührten. Gegen Schol schwebte bereits ein Verfahren wegen eines Einbruchsdiebstahls. Auch verschiedene Diebstähle in der Jägerkalerne werden ihm zur Last gelegt. — Bautzen. Aufsehen erregt hier die Berhastunades Ritter gutspächters König aus Holscha. Er hatte am 23. März v. I. der Polizei angczeigt, ihm sei in der Nacht ein Bulle aus dem Stalle gestohlen worden. Das Tier war in einer Scheune de» Rittergutes geschlachtet worden. Das Fleisch wurde bei einem Fleischer in Kirschau beschlagnahmt, der daraufhin vom Land gericht Bautzen zu einem Jahr Gefängnis und drei Jahren Ehrenrechtsvellust verurteilt wurde. Er hatte die Tat bestritten, Hünig war in der Verhandlung als Zeuge aufgetreten. Der Gastwirt hat nun das Wiederaufnahmeverfahren beantragt. Die Erörterungen führten zur Festnahme Königs. würdigen Tag klanglos vorübergeyen lassen. Da» Wormser Geschehen gehöre zu jenen Dingen, die, je weiter sie zurück liegen, desto fester sich vertiefen. Der schlichte Mönch, der in Worms vor einer Versammlung von Glanz und Macht stand, sei damals schon der heimliche Kaiser des deutschen Volkes gewesen. Er habe das rechte Augenmaß für wahre Größe und Macht besessen, das Unserem Volte in den letzten Jahren vielfach verloren gegangen sei. In Worms sei es nicht um das Leben, sondern um ei» viel Höheres gegangen: um die Wahrheit. Als der Held des Tages wäre Luther niemals der Herr des Volkes geworden, er kämpfte mit Heiligem Feuer im Herzen gegen die Überlieferungen des mittelalterlichen Kirchenglaubens, weil ihn sein Gewissen dazu zwang. Das sei das ungeheuerliche Neue' jener Tag« gewesen, daß Luther einem 1000jährigen Rechte der Kirche das Recht seines Gewissens entgegengestellt hübe. Auch in. unseren Tagen müsse uns alles gelegen sein an einem inner lich lebendigen Christentum, das stehe und falle mit dem christlichen Gewissen. Luther habe der Kirch« seiner Zeil all ihre weltlichen Stützen genommen, bis auf den Staat. Heute müsse die auch der Macht des Staates entkleidete protestantische Kirche zeigen, ob sie sich als geistige Macht behaupten und durchsetzen könne. Mächtiger als je erheb«» heute allerlei Zeitgötzen ihre Häupter, zu denen sich eine lähmende Gleichgültigkeit weiter Volkskreise gesellt. Das Wie dererstarken unseres Volkes wird viel davon abhängen, oh es seinem alten Gotte der Wahrheit treu bleibt, oder ob es anderen Güttern dient. Nur ein Zurück zu den Quellen der Wahrheit und Kraft und ein offenes Bekenntnis zur Kirche Martin Luthers könne uns wieder zur Höhe führen. Lang anhaltender Beifall bezeugte, daß der Redner allen Zu hörern aus dem Herzen gesprochen hatte. Oberpfarrer Ehmer kleidete den Dank der Anwesenden an den Redner noch in besondere herzliche Worte und mahnte ebenfalls in markigen, mutigen Worten zu einen: treue» Festhalten an dem Geiste Luthers, das der Protestantismus auch durch die Entwicklungen der Gegenwart sicher hindurchführen w«rde. Ein allgemeiner Schlußgesang und Gebet beendete» die Fran kenberger Erinnerungsseier an den Tag, an dem Luther di« denkwürdigen Worte sprach: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott Helse mir, Amen." f Volkshochschule. Bogelkundlicher Spaziergang Mittwoch, den 27. April, nachmittags 6 Uhr (Treffpunkt Krankenhaus) und Sonntag, den 1. Mai, früh 7 Uhr (Treffpunkt Seminar). ff Militärische Platzmusik. Morgen Mittwoch findet von 6 Uhr abends an Platzmusik von der Kapelle des 1. Batl. Inf.-Reg. 11 (Leitung: Obermusikmeister Kaiser) statt und zwar Ecke Hainichener und Schloßstraße. Musikfolge: 1. Abschied der Gladiatoren, Marsch von Fucik. 2. Ouvertüre zur Oper „Ray mond" von Thomas. 3. Chor der Priester und Arie des Sa- rastro a. d. Oper „Die Zauberflöte" von Mozart. 4. Wiener Blut, Walzer von Strauß. 5. Melodien aus „Das Schwarz waldmädel" von Jessel. 6. Zwei Märsche: ») Glück auf! von Faust; b) Frei weg! von Latann. ff Grleg-Abend. Wir weisen darauf hin, daß der Vor verkauf der Plätze zu ermäßigten Preisen an die Mitglieder des S. K.-H. Mittwoch nachmittag geschlossen wird und Donnerstag nachmittag der allgemeine Verkauf beginnt. — In der gestrigen Einführung zu. dem Grieg-Abend haben sich zwei Druckfehler eingeschlichen. In der 20. Zeile muß es heißen: Neben verständnisvoller Einführung in das Wesen (nicht Wahre) der musikalischen Formen ist aber nichts so sehr bildend, als der mustergültige Vortrag. Und kurz vor dem Schluß muß richtig gelesen werden: .... und so ist auch die Weihe der Stunde in einem stimmungsvollen Saale (nicht einer stimmungsvollen Seele).... von besonderer Wirkung usw. ff Wichtig für Bereinsvorstände und Saalwirte. Nach der Bekanntmachung des Stadtrats hier im amtlichen Teil der vorliegenden Zeitungsnummer wird vor der Veranstaltung von Tanzvergnügen mit öffentlichem Charakter seitens der Vereine ! gewarnt. In der Hauptsache sind es Vereine mit geringer Mitgliederzahl, welche, weil ihre Kassenbestände zu schwach sind, um Tanzvergnügen veranstalten zu können, einem mög lichst großen Kreise von fremden Personen ohne namentliche . Einladung Zutritt zu diesen gestatten. Das ist unzulässig. Es ' dürfen keine anderen als für ihre Person unter Namens- ! nennung eingeladene Gäste zu Vereinstanzvergnügen zugelassen werden, mit anderen Worten, es muß jeder Gast im Besitze einer auf seinen Namen lautenden Einladungskarte sein. Das i Stücken angezeigt erscheinen. So sollen künftig nicht mehr mehr farbige, sondern nur noch weiße Wegezeichen verwendet und deren Zahl auf K herabgesetzt werden, ihre Grundform soll da» Quadrat, das Dreieck und der Kreis sein. Die Muster dazu wurden vorgelegt. Auch die Größe dieser Zeichen soll einheitlich werden, da das Durchschnittsmaß 10 Zennmeter betragen soll. Leichter erzielen wird sich die Vereinfachung besonders deshalb lasten, weil nunmehr, abgesehen von den west-östlich laufenden drei Höhenwegen, nur noch, wie Amtsgerichtsdtrektor Dr. Bähr auch in der Hauptversammlung des Frankenberger Ber- schönerungsvereins am letzten Mittwoch mitteilte, die Haupt wanderwege, deren Verlauf vorzüglich von Norden nach Süden gerichtet ist, vom Hauptoerein aus bezeichnet werden sollen, während die Kenntlichmachung der örtlich bedeutungsvollen schönen Wege den Zweigvereinen für sich überlasten und mög lichst mit Hilfe von Wegearmen durchgeführt werden soll. Als Beispiel für einen der großen Durchgangswege wurde u. a. genannt die Strecke Frankenberg. Flöha, Relfland, Talsperren von Nennzehnhain. Lauterbach. Marienberg. Reitzenhain. Aufgabe der Zwcigvereine wird es fein, die schönsten Strecken Mr die Verbindung dieser Richtpunkte ausfindig zu machen und sie einzufügen. Landstraßen sollen möglichst gemieden werden. Die Aenderungen sollen sobald als möglich beginnen. Auch die Wegetafeln völlig neu zu gestalten, wird indes 1921 schon in folge der hohen Kosten nicht möglich sein; doch wird Sorge ge tragen werden, daß wenigstens eine vorläufige Uebereinstim mung zwischen Tafeln und Vaumzeichen erzielt wird. Auch diesmal ist eine freundliche Förderung des Werkes durch die Forstverwaltungen und Grundstücksbesitzer zu erhoffen. ff Marktzierbrunnen. Die Sanunliung von Beiträgen für den Marktzicrbrunne» wird Ende dieses Monats ge schlossen. Wer noch gewillt ist, sich daran zu beteiligen, wird gebeten, baldigst die zugedachte Spende cm Stadt- Hauptkasse oder Sparkasse abzusühre». Bemerkt sei noch folgendes hierbei: Das ausgestellte Modell des Brunnens 'soll nur im Großen und Ganzen ein Bild der beabsichtigten Ausführung geben; es ist nur roh bearbeitet. In Sonderheit erhebt natürlich die krönende Figur im Modell nicht etwa den Anspruch auf sorgfältige Ausführung; am Brunnen selbst, wird sie durch eine ideale kraftvolle Mannesgestalt dargestellt sein. Mehrfach ist die Höhe des Monumentes bemängelt worden. In dieser Richtung ist selbstverständlich die Um gebung des Standortes für die Beurteilung maßgebend. Nach: der Bestimmung kundiger Sachverständiger kommt als ge eignet allein die Ecke Alte Kantorei-Eckert in Frage, wo der Brunnen einen passenden Hintergrund Lrhält und von allen einmündenden Straßenzügen aus geschaut werden kann; und da wird die Höhe und Schlankheit des Monumentes sicher nicht unangenehm empfunden werden. Man darf im übrigen sich wohl der Erwartung überlassen, daß die Regierung mit ihrer Zuwendung eine wirkliche Bereicherung unseres Mant- bildes beabsichtigt und erreichen will. ff D ie Feier des Luthertages von Worms, die der Kirchenvorsland am vergangenen Freitag Abend im Stadt partsaale veranstaltete, hatte hinsichtlich des Besuches an dem bedauerlichen Zusammenfallen einer Reihe verschiedener Ver anstaltungen an diesem Abend zu leiden. In Anbetracht der gebotenen hohen geistigen Genüsse war der geringe Besuch recht zu bedauern. Der gemeinsame Gesang des alten Luther liedes „Ein feste Burg ist unser Gott" eröffnete die weihe volle Erinnerungsstunde. Zwei von Mitgliederinnen des Jungsrauenvereins gebotene poetische Begrüßungen wiesen auf die Bedeutung des Wormser Luthertages hin. Nach einem stimmungsvollen Gesang der Kantorei unter Herrn Kantor Graubners Führung führte Herr Pastor Sell die An wesenden im Geiste vor die Pforten des Wormser Reichstages an jenem denkwürdigen Apriltage im Jahre 1520 und zeigte mit welch ungleichen Mitteln s. Zt. ein für das geistige Leben der ganzen Welt ausschlaggebender Kampf ausgefochten wurde: auf der «inen Seite der mächtig« Kaiser, in dessen Reich die Sonne nicht unterging im Bunde mit dem Papste und alle» ! 'Kirchenfürsten, auf der anderen Seite der einfache Mönch, j völlig allein dastehend. Und gesiegt hat nicht die groß' j Macht und viel Lift der ganzen Welt, sondern jener schwache ! Mönch. Der Heldenmut seines Glaubens, das gute Gewissen : .in seinem Herzen, die Heiligkeit der Schrift vor Augen und die Hand "Gottes über seinem Haupte, habe» ihm zu einem j Siege über di« ganze Welt verhalfen. Was für ein Bei- ' ispiel für unsere Tage! Herr Pastor Hoffman» aus Chem nitz leitete seine tiefgründigen Ausführungen über die Be deutung des Wormser Reichstages mit dem Bemerken «in, daß wir schlechte Christen wären, würden wir diesen denk- Die zweite Fra« Roman von Anna Seyffert-Klinger L (Nachdruck verboten) Freilich, die schmale, weiße H'änd, die nichts anderes ver stand, als Geld anszugeden, griff gierig nach den Scheinen aber ein hohnvolles Lachen beg eitete die Bewegung. „Um mich mit Almosen abpnden zu lassen, gab ich meinen adligen Namen, meine Freiheit dahin, o, es ist empörend! Aber die Welt soll erfahren, welch ein scheinheiliger knickcrigei Mensch du bist, und die Welt wird mich aus den lästigen Fesseln, die mich an dich ket en, befreien." Schon schwebte dem Bankier eine Bitte auf den Lippen. „Tu' es nicht, meiner Tochter wegen schweige, bringe mich nicht an den Pranger der öffentlichen Meinung," wollte er sagen, aber er wußte ja, daß solche Worte nur Julies Widerspruchsgeist wecken würden. Er hatte oft genug Proben ihrer Bosheit und Schadenfreude erhalten; die Gewißheit, daß er das Geschwätz böser Zungen fürchte, würde ausschlaggebend für Julie gewesen sein, sie hätte die Geschichte dieser heimlichen Ehe triumphierend der Welt verkündet. Er war klug genug, zu schweigen, während er den schweren Sammet um die üppigen Schultern der grolle -den Schonen legte. Ohne ihiMoch eines Blickes zu würdigen, rauschte sie hinaus, erbittert und rachsüchtig wie nie zuvor. Wann auch ließe es sich eine gefallsüchtige, verwöhnte und bestrickend schöne Frau ungestraft gefallen, wenn jemand es wagt, ihr ein Spiegelbild ihres Charakters vor- zuhaltcn! Und Petzold mit seinem schlichten Sinn konnte nicht ahnen, welch ein Abgrund sich im Innern seiner zweiten Frau barg, trotzdem er sie fürchtete und verachtete. 3. Kapitel. Wieder begann der Bankier seine ruhelose Wanderung Aber den weichen, kostbaren Teppich, der das Geräusch seiner Schritte so vollkommen dämpfte. Was nun? In diesem einen Gedanken gipfelte» alle anderen; was sollte er tun, um Irmgard vor dem Unheil zu schützen, das sich über ihrem ahnungslosen jungen Haupte zusammenzog? Lange sann und grübelteer vergeblich, aber dann schien . .. ihm doch ein rettender Gedanke zu kommen. Seine ver grämten Züge erhellten sich ein wenig, ein Seufzer del Erleichterung stahl sich ans der gequälten Brust empor. „Irmgard muß fort," murmelte er, „so schwer ich meinen Liebling auch entbehre, will ich vorläufig doch ohne sie fertig zu werden suchen. Ich schicke sie zu Beate, dort ist sie gut aufgehoben." Er begab sich ins Eßzimmer, wo das Diner schon für ibn aufgetragen mar. Die kräftige Bouillon belebte seine Nerven, der Wein rann wie flüssiges Feuer durch seine Adern. Heute vermißte er seine Tochter nicht, denn mährend der Mahlzeit dachte er angestrengt über seine prekäre Lage nach. Nach dem Essen schrieb er stundenlang in seinem Zimmer. Dann ließ er den Buchhalter Homald zu sich bitten. Ein schlanker, junger Mann mit einem ernsten, edlen, schon etwas verarbeiteten Gesicht erschien. Unauffällig be trachtete er sorgenvoll die bleichen, vergrämten Züge seines Chefs. „Ich möchte heute nicht ins Geschäft kommen," sagt« Petzold, nachdem er seinem ersten Beamten höflich einen Platz geboten, „sondern meine Privatkorrespo.<de.>zen er ledige >. Ist etwas Besonderes vorgefallen ?" „Nicht das ge.ingste von Bedeutung Herr Petzold, ich werde schon allein damit fertig, und Sie tun gut, auch morgen auszuswnnen. Sie sehen angegriffen aus." „Ich füyle mich tatsächlich nicht ganz wohl und ziehe mich gern noch einen Tag von der Arveit zurück, besonders, da ich mich ja unbedingt auf Sie verlassen kann, lieber Homald. Treffen Sie alle Dispositionen nach eigenem Ermeßen. Es bedarf bei ungemöynlichen Fällen keiner Frage an mich, ich heiße Ihre Einschließungen im vor aus gut." Alfred Homald verneigte sich. „Ihr Vertrauen ehrt mich, Herr Petzold, und es soll mein ernstes Bemühen sein, mir dasselbe zu verdienen." „O, ich fühle mich Ihnen sehr verpflichtet, mein junger Freund. Wenn ich einen Sohn hätte, der so tüchtig und gemissenhast wäre wie Sie, würde ich stolz auf ihn sein." Howalds blasses Gesicht rölete sich vor Freude. „Ich danke Ihnen aufs wärmste für diese gütigen Worte, Herr Petzold, vielleicht finde ich Gelegenheit, Ihnen meine tiefe Ergebenheit zu beweisen." „Das wäre nicht unmöglich — Gottes Ratschlüsse sind lo wunderbar. Wenn es in Zukunft einmal nötig jeus: ' ' ' - 's sollte, so erweisen wie sich meiner rochier als treuer Freund, . wollen Sie mir das versprechen, Herr Howald?" „Mit tausend Freuden! Doch mag der Himmel Sie noch lange Ihrem Fräulein Tochter erhalten, denn in ihrem Vater besitzt'sie den besten, treuesten Freund." Petzold entgegnete nichts darauf. Er reichte dem jungen Manne die Hand, und Howald legte die seinige hinein. Es war wie ein stummer Schwur. Im Innersten beunruhigt, verließ der Buchhalter seinen Chef. Im Korridor kam ihm Irmgard entgegen. Der licht graue, mit weißem Pelz verbrämte Mantel lag noch um ihre Schultern, aber den Kopfschal hatte sie schon abgelegt Ihre Wangen glühten noch, ihre Augen leuchteten in froher Feststimmung. Sie reichte Howald tue kleine, zierliche Hand, an deren Gelenk kostbare Steine funkelten. „Kommen Sie von Papa, Herr Homald? Wie geht es ihm? Ich war seinetwegen in Sorge und habe die Ge sellschaft drum vorzeitig verlassen." Alfred verneigte sich tief. In trunkenem Entzücken hingen seine Blicke an diesem zartrosigen, bildschönen Ge sicht, das, umflutet von dem leichtgewellten goldig glänzen den Haar, unbeschreiblich reizend erschien. Eine Glückssee nannte er in seinem Sinn das holde Töchtcrle.n des Bankiers. Und trotzdem er sch^n ein ernstes Wort auf den Lippen hatte, brachte er es nicht fertig, sie zu beunruhigen. Wozu auch? Die geschäftlichen Kalami- täte i würden ja auf irgendeine Weise beizulegen sei i, und damit dann auch das Woh.befinden des Bankiers wieder kehren. Alte B.mkwuser trotten oft heftigeren Stürmen als dem, welcher soeben den Bankier und seine ersten Beamten in Atem hiect. „Ihr Herr Vater ist ein wenig überarbeitet, nichts weiter, gnädiges Fräulein," entgegnete Alfred lächelnd, „wir haben eine kleine Krisis zu überwinden; in einigen Tagen wird alles geordnet sein, dann kann auch unser all- oerehrter Chef wieder aufatmen und Ihnen mehr Zeit widmen." Irmgards Gesicht strahlte. „O, ich danke Ihnen für die beruhigenden, tröstlichen Worte, Herr Howald," sie reichte ihm beide Hände, die er kaum zu berohren wagte. ,Nun atme ich wieder auf; es war wohl recht kindisch von mir, aber ich konnte mich seit längerer Zeit der Furcht nicht erwehren, daß etwas Schreckliches um mich herum vorgehe, Papa sah so abgehärmt aus, als bedrücke ihn ein heim- sicher Kummer." i ! l : Fortsetzung folM ", > j.
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