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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 21.04.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-04-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192104217
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19210421
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19210421
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-04
- Tag 1921-04-21
-
Monat
1921-04
-
Jahr
1921
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Die zweite Mau. Roman von Anna Seyffert-Klinger. (Nachdruck vervotm.) 1. Kapitel. Ein unfreundlicher, düsterer Novembertag. Im Bank Hause Petzold brannten die Lampen über sämtlichen Ar beitspulten. Der Chef hatte sich schon am Morgen in sein Privat zimmer zurückgezogen. Nun war es bald zwölf Uhr, unk noch immer satz Friedrich Pezold rechnend über seiner Kontobüchern. Je mehr er sich in die langen Zahlenreihen vertief« hatte, um so sorgenvoller war sein Gesicht geworden, un immer finsterer blickten die grauen, von buschigen Brauen überschatteten Augen. Endlich löschte der Bankier die mit einer grünen Glocke versehene Gaslampe und lehnte sich erschöpft in den be quemen, reich geschnitzten Arbeitssessel zurück. Angenehme Wärme erfüllte den nicht sehr großen Raum Die Fenstervorhänge waren zngezogen und aus dem Halbdunkel tauchten verschwommen die Umrisse der Eichenmöbel auf. Eine Stutzuhr mit schwarzem Marmor sockel tickte leise, unaufdringlich, mit Hellem, fröhlichen Ton Die Bronzebüsten Kaiser Wilhelms i. und Friedrichs llt schimmerten aus dem Dämmerlicht herüber. Die Ketten der stilvollen Krone klirrten zuweilen melodisch zusammen, wenn ein. Auto durch die stille, vornehme Straße raste. Ein Bild vollkommener Traulichkeit, wie cs der Reich tum schafft, wenn er durch einen geläuterten Geschmack repräsentiert wird, bot sich hier, und das einzig S ö ende in dem schönen anheimelnden Zimmer mar der Besitzei desselben mit seinem vergrämten, stark gealterten Gesicht. Da drang ein Sonnenstrahl herein, oder vielmehr die Verkörperung eines solchen — des Bankiers einziges Töchter chen, die blonde, liebliche Irmgard, kgm, um dem Papa guten Morgen zu sagen. Rasch hatte sie die Tür geöffnet, nun stand sie befremdet und suchte sich in dem Dunkel zurechtzn in den. „Ach, da bist du ja, Papa, störe ich dich, schläfst du ?" fragte sie, leise n her kommend, mit unterdrückter Stimme. „Nein, ich schlafe nicht, Irmchen," klang cs aus dem Sessel herüber, „habe bis vor wenigen Minuten gear- oeitet .... Ziehe die Borhänge zurück, Kind, und dann »rzähle mir, wie du dich gestern amüsiert hast." „Ach großartig, Papa." Das schlanke, blonde Mäd- ben huschte ordnend von einem Fenster zum anderen. Dann umarmte sic den Vater und küßte ihn auf beide Wangen. „Frau von Lüttig bedauerte nur, daß du nicht mitgekommen warst, ans ihrem Fest gingen die Wogen der Freude wieder sehr hoch. Es waren reizende Tänzer da, und ich habe so viel getanzt, daß Herr Howald wohl llaubtc. deine Stelle vertreten zu müssen. Wenn es aar »el tzeicdrbtMplzriclem lebnt Sie R«rlieler«ng Scr SoiSderlanSer ab Die Entente fordert, wie gemeldet, die Auslieferung des Goldbestandes der Reichsbank. In einer Unterredung eines Mitarbeiters des „Berl. Taqebl." wandte sich Reichsbankpräsi dent Havenstein gegen diese Forderung, indem er erklärte: Bisher habe ich noch keine offizielle Mitteilung über die neue Entente- korderuna erhalten. Meine Kenntnis stützt sich daher nur auf das veröffentlichte Telegramm des W. T. V. Auch das Kabi nett hat fich bis jetzt noch nicht an mich gewandt. Ich persön- ich jedoch halte die Forderung nach Auslieferung unseres Goldbestandes für eine völlige Unmöglichkeit und ihre Erfüllung für völlig ausgeschlossen. Sie würde die Vernichtung unserer Valuta und unserer Wirtschaft zur Folge haben. Erneuter Sturz der Valuta und gleichzeitiges Hinaufichnellen der Preise zu unerschwinglicher Höhe treten ein. Die Stimmung im Kabinett ist mir zwar noch nicht bekannt, doch darf man wohl als ziemlich sicher annehmen, datz die Neichsregierung diese ' Forderung unbedingt ablehnen wird. Längere Kabinettsbe ratungen dürften sich angesichts der Unstimmigkeit des Ver langens der Entente erübrigen. Sollte mich das Kabinett noch um Meine Ansicht befragen, so würde ich mich selbstver- tändlich auch dort in diesem scharfen ablehnenden Sinne aus- prechen. Es wird sich wohl hoffentlich uni- kann sich auch eine andere Regierung finden, die solchen Forderungen zuzu- timmen in der Lage wäre. Die hier erörterte Forderung ist meiner Meinung nach nur eine der zahlreichen anderen, die man in den nächsten Wochen noch an uns richten dürfte. Sie ist gewissermaßen dos Alpha tm Alphabet und ein Beweis da für, wie die Entente ihre Gewaltpolitik fortzusetzen versucht. Wenn jemand fragen sollte, ob wir lieber die Folgen einer Ablehnung dieses Ententeverlangens auf uns nehmen wollen, so kann man darauf nur erwidern, daß Unmögliches auszu führen eben unmöglich ist. Wie groll 5i«a Oie einreinen Heere? London, 20. 4. Der Kriegsminister veröffentlicht in den „Parliamentary Papers" eine Mitteilung über die Größe der Heere der Länder auf dem Kontinent. Darnach haben Oester reich 30000, Belgien 105 000, Bulgarien 33000, Tschechoslowakei 147300, Dänemark 15400, Finnland 35000, Frankreich 890652, Deutschland 10O00O, Griechenland etwa 250000, Ungarn 35 000, Italien 300000, Holland 21400, Norwegen 15 400, Polen etwa 600000, Portugal 30000, Rumänien 160000, Spanien 190 715, Schweden 56200, Schweiz 200000, der serbisch-kroatisch-slowe- nische Staat 200000 Mann. Nach dieser Statistik verfügen Frankreich und Polen über die größten Heere. die bestehenden Gefahren verdoppeln können. Nur die Selbst. Hilfe tann uns retten! Wenn wir, allen gegnerischen Absichten zum Trotz, für unsere Selbsterhaltung sorgen, vermag deine Gewalt der Erde ein so großes Volt wie das unsere zu zertrümmern. Darum gilt es, gerade in der Zeit höchster Not eine Saat auszustreuen, die einst allen Deutschen reiche Ernte bieten wird und die unsere Zukunft aussichtsreicher gestaltet, als es heute der Fall ist. Die Stunde des Handelns ist gekommen. Möge die deutsche Negierung sich führend zeigen und all die Kräfte sammeln, die zu segenbringender Tat bereit sind! Vie übeinrSlle In VE Frankfurt a. M., 20. 4. Die Zollgrenze am Rhein ist heute nacht um 12 Uhr in Kraft getreten. Für die Strecken Frankfurt—Mainz, Frankfurt—Worms ist die Zollstation auf Bahnhof Goldstein, für die Strecke Frankfurt—N ederlahnstein— Köln, Frankfurt—Wiesbaden und Frank urt—Limburg ist das Zollbüro Station Höchst und sür die Strecken Frankfurt—Bad Homburg und Frankfurt—Kronberg in Rödelheim errichtet wor den. Die einzelnen Stationen sind mit französischen und deutschen Zollbeamten besetzt. Die französischen Soldaten an den Zoll stationen kommen größtenteils von der spanischen Grenze und find sehr wenig erbaut von ihrer Versetzung. vlMlrMnea Oe? M««stvsdlttdtt Der Ausschuß für die Beratung des Reichsjugendwohl fahrtsgesetzes legte fest, daß jedes deutsche Kind ein Recht auf körperliche, geistige und sittliche Erziehung hat. Weiter gehende Anträge der Unabhängigen, dieses Recht auch in Deutschland lebende» Kindern fremder Nationalität einzu räumen, wurde abgelehnt, nachdem auch von Regierungs seite aus die materiell rechtlichen Schwierigkeiten, ein solches Recht sür staatsfremde Kinder zu konstruieren, hingewiesen war. Von allen Seiten wurde jedoch ausdrücklich betont, daß es selbstverständlich Pflicht sei, auch fremde Kinder, die des Schutzes und der Hilfe bedürftig seien, zu versorgen, daß eine solche Notstandshilfe aber etwas vollkommen anderes sei, als die ganz allgemeine Einräumung des Rechtes auf völlig gleiche Erziehung mit deutschen Kindern. Für die Schwierig keiten, die durch die entgegengesetzten Auffassungen über den organisatorischen Aufbau entstanden waren, sanden die Demo kraten einen Ausweg. In einem von Frau Dr. Lüders ge stellten und von der Volksparteilerin Frau Mende unter stützten Antrag wird bei dem Reichsministerium des Inner» ein Reichsbeirat für Iugendwohlfahct errichtet, deren Ver bindung mit der Neichsregierung das NeHsjuzendamt bilden soll. Durch diese Verschmelzung des Reichs,ugendbeirats mit dem Reichsministerium des Innern zu einem einheitlichen Organ wird die rein bürokratische Gestaltung eines Reichs jugendamtes vermieden und auck der Gefahr vorgebeugt, daß ein solches Amt etwa als Instanz neben dem Reichsamt des Innern oder als eine selbständige Abteilung innerhalb dieses Reichsamtes sich zu einer besonderen Behörde mit einer großen Anzahl von Beamten auswächsh. ' c-näettvoose, McdenEtrMe unä tzNedenzleueln Die 11. ordentliche sächsische evanqelisch-Iutherische Landes synode hat in ihrer 22. öffentlichen Sitzung am 11. März 1921 folgende Kundgebung beschlossen: Bei der erstmaligen- besonderen Erhebung der Kircheft- steuern hat ckirchenfeindliche Agitation durch wilde Gerüchte tiefe Beunruhigung in unserer Landeskirche hervorgerusen. Durch maßlose Uebertreibung wird versucht, die steuerpflich tigen Kirchgemeindeglieder von unerträglichen künftigen Lasten zu ängstigen und durch planmäßige Irreführung zu veranlassen, sich durch den Austritt aus der Kirche der kirchlichen Steuer pflicht zu entziehen. Die Landessynode fordert alle Kirchenvorstände auf, durch - sachgemäße Aufklärung die notwendige Beruhigung in den i Gemeinden zu schaffen. Sie erwartet von allen kirchentreuen j Gemeindegliedern, daß sie sich in keiner Weise durch auf- ' hetzende Lügen beirren lassen, sondern ihrer Kirche in ernster - Zeil die Treue halten und willig wie bisher auch die not wendige Last der Kirchensteuern tragen, denen durch die - staatliche Gesetzgebung ein begrenztes Maß gesetzt ist und die - daher auch künftig jedenfalls nur bescheidene Anforderungen - stellen werden. Wenn aber die Staaisregierung beabsichtigt, die Steuer- rechte der Kirche in Widerspruch mit der Neichsversassung und in Abweichung von 8 17 des eben erst erlassenen Äoll- zugsgesetzes zum Landessteuergesctz zu schmälern und durch eine unsoziale Gesetzgebung, besonders durch die Beseitigung der Grund-,' Grunderwerbs- und Körperschaftssteuer die kirch- s liche Steuerlast aus die Steuerpflichtigen von geringer Leistungs fähigkeit abzuwälzen, so erhebt die Landessynode gegen diesen Eingriff in die verfassungsmäßigen Rechte der Landeskirche Einspruch und fordert zugleich alle Kirchgemeinden auf, eben- , falls ihre Stimme gegen diese neue Vergewaltigung der Landes kirche zu erheben. Präsident Löbe die aus den Ferien Zurkickgekeyrten Vegrüßt und mit von warmem vaterländischen Gefühl getragenen Worten, die Ungeheuerlichkeit kennzeichnet, mit der Frankreich es wagt, das klare Ergebnis der Abstimmung in Oberschlestr» dahin auszudeuten, daß Vie Provinz Polen zuzuteilen sei. Der Präsident des deutschen Reichstages beleuchtet die Lage blitzartig, als er fragt, ob mit dense.ben Zählen, wenn sie für Polen abgegeben worden wären, die Haltung der Fran zosen nicht ohne weiteres-gegeben gewesen wäre? Nach dem Ernst kommt daraus kurz auch der Humor der Zeit Mr Geltung: der abgesetzte Kommunistenführer Levi hat er klärt, er lege gemäß der Aufforderung seiner bisherigen Partei leitung sein Mandat nieder. Unmittelbar darauf nahm er aber diese Erklärung mit gleichem Nachdruck zurück. Herr Löbe macht von Beidem Mitteilung und das Haus quittiert mit Heiterkeit. Als erster Punkt steht auf der Tages ordnung eine Interpellation der Unabhängigen über den Stand der Reparationsfrage. Der Minister des Auswärtigen läßt erklären, daß ihm selbst an einer möglichst schnellen Besprechung liege, die in der vorgeschriebenen Frist erfolgen wird. Bei dem Gesetz über die Begrenzung des Saargebiets schildert dann der Demokrat Korell in anschaulichster Form die von der sogenannten Völkerbundregierung geübte brutale Abtrennungstaktik im Saarland«. Seine Darstellung der Schikanen gegen die Bergarbeiter und die Beamtenschaft, der friedlichen „Durchdringung" durch Auftwingung der Franken währung usw. und der gewissenlosen Mittel, die zur Anwen dung kommen, riesen immer wieder die Entrüstung des Hauses wach. Der Deutschnationale S ch u l z-Bromberg und der Zen trumsabgeordnete Hofmann-Ludwigshafen konnten im wesentlichen nur diese wirksamen Ausführungen unterstreichen und der Letztgenannte schloß unter stürmischer Zustimmung mit dem Gelübde der Treue um Treue und der ewigen Zu sammengehörigkeit des Saargebiets und des Reichs. Der Entwurf wird dem Ausschuß überwiesen, desgleichen das Ge setz über die Verteilung der Gewinne der Reichsbank und über die Abänderung des Bankgesetzes. Der kommunistische Antrag auf sofortige Entlassung des in Bave verhafteten Kommunisten Thomas führt« zu einer kürzen Debatte, in der die Abgg. Schücking (Demokrat), Kahl (Volks partei) gegenüber Ledebour und Geyer sür Verweisung an den Ausschuß eintreten und obsiegen. Der Schluß der Sitzung brachte «ine Neuauflage der jüngsten Putschdebatte im Preußischen Landtag; Iustizminister Heinze verteidigt« die Sondergerichte gegenüber den Unabhängigen und einem mehr heitssozialistischen Anträge. Die Opposition der äußersten Linken sah sich zum mindesten formell von dem Minister ins Hintertreffen gebracht, obwohl sie wiederholt dagegen stürmisch aufbegehrt. Um 3/46 Uhr wurde die Aussprache Sächsische Volkskammer Sitzung vsm 19. April. Zunächst wird der Antrag Röllig und Genossen ange nommen, der die Negierung ersucht, durch eine besondere Vor lage Mittel bereitzustellen, um solchen Studenten, deren Aus bildung infolge besonderer wirtschaftlicher Notlage in Frage gestellt ist, im Interesse der Gesamtheit den Abschluß ihrer Studien zu ermöglichen, und Mittel bereitzustellen, um durch Einrichtung einer Volisakademie oder Einrichtung von Hoch- schull'ursen Männer» und Frauen aus dem Volke den Zugang zur Hochschulbildung zu ermöglichen. c Sodann folgt die Aussage des Abg. Arzt (S.), Ker aem flücdrug Der Reichstag ist am Mittwoch in den dunklen Schatten wieder zusammengetreten, die die unter d»m 1l Mai nahen den Ereignisse vorauswarfen. Das Haus war voll besetzt, als das Disziplinarverfahren gegen Pfarrer Dr. Fiedler in Oberplanitz bei Zwickau betreffend. ' Abg. Arzt (S.): Das Kosistorium hüt einzelne Aus drücke aus der Schrift des Pfarrers Dr. Fiedler „Christentum und Luthertum" aus dem Zusammenhang herausgerissen und auf Grund dieser angeblich Herabwürdigenden Ausdrücke, die sich aus die Person Jesu beziehe», das Disziplinarverfahren gegen den Pfarrer «ingeleitet. Das sächsische Konsistorium zu viel E tratouren wurdcn, bestand er darauf, daß ich eine Pause machen müsse, und führte mich zu einem Ruhe platz. Davon waren die Herren Leutnants natürlich nicht sehr erbaut." „Wie kommt denn mein erster Buchhalter zu Frau von Lüttig?" f agte der Bankier, zerstreut mit der schmalen, nervösen Hand über seine Stirn streichend. Irmgard hatte ein Talmrctt' neben den Platz des Vaters gerückt und fich darauf niedergelassen. „Ja weißt du, Herr Howald verkehrt in unseren allerersten Kreisen. Ich habe dir ja schon öfter erzählt, daß ich ihm in Gesellschaften begegnet bin. Er ist ein eleganter Tänzer, be gnügt sich aber falt ausschließlich mit dem Zuschaueu . . . . Du darfst nun aber nicht wieder zu Hause bleiben, wenn wir cingeladen werden, Papa. Es befremdet allgemein, daß du dich v n jeder Geseiligieit zurückziehst." „Deinetwegen werde ich das nächste Mal mitkommen, Irmgard, obgleich ich mich am wohlsten hier in meinem Tustülum fühle, besonders, da ich dich unter dem Schutze deiner reunde gut ausgehoben weiß." „Und doch will es mir scheinen, als gcstacke man sich mir gegenüber Zudringlichkeiten, die nicht vorkommen wurden, wenn man dich in meiner Nähe müßte." „Aber Irmgard!" fuhr der Bankier auf. „Per Distanz, Papachen, durchaus per Distanz; aber fatal >var es doch. Mir ist da gestern etwas recht Merk würdiges, Unbegreifiches passiert " Ein Klopfen an die Tür unterbrach die Erzählung des jungen Mädchens. Der alte Diener steckte den eis grauen Kops durch die Portiere. „Fräulein Irmgard, Lord Moory wünscht Ihnen seine Aufwartung zu machen." Die junge Dame erhob sich. „Muß ich den Lord allein empfangen, Papa?" „Ich bin wirklich nicht aufgelegt zu einer gleichgültigen Konversation, Kind." „Gut, Papachen. Später komme ich wieder zu dir — habe dir noch viel zu erzählen." Eilend huschle sic hinaus Als sie schon in der Tür war, erhob der Bankier sich hastig. „Ich hätte ihr doch sagen missen, daß sie dem Lord mit ausgesuchter Liebens würdigkeit begegnet — doch nein, eine solche Geschmacklosig keit von mir wäre unverzeihlich. Das Kind ist gegen jeder mann von einer bezaubernden Güte, sie wird auch Lord Moory ganz und gar gesangennehmen " Petzold begann ruhelos mif und ab zu schreiten. Zu weilen rang sich ei» qualvoller Seufzer aus der Tiefe seiner Brust empor. Lange verbrachte er so in angestrengtem Nachdenken. „Es ist noch nicht alles verloren," murmelte er endlich, „wenn das De, ot des Engländers in meinem Besitz bleibt, brauche ich nicht zu verzweifeln. Eine einzige, günstige Spekulation rettet mich. Schon so oft hat ein Glückszufall mich aus aller Kalamität befreit, warum sollte nicht auch jetzt-?" - - Er blieb plötzlich stehen und machte eine Bewegung, die seine furchtbare Aufregung verriet. „Ja, wenn ichdie Torheit nicht begangen Hütte!" rief er so laut, daß er oor seiner eigenen Stimme erschrak, „dann wäre mir nicht bange, nein, gewiß nicht! Aber so ! Könnte ah es doch nur über mich gewinnen, mich Irmgard an zuvertrauen ; aber ich bringe es nicht fertig, ihren reinen stindersinn mit dieser unseligen Geschichte zu vergiften!" - Noch stundenlang glitt seine schlanke, gebeugte Gestalt m dem fast dunklen Zimmer wie ein Schatten auf und ab. Das Frühstück, welches der Diener inzwischen serviert hatte, blieb unberührt. In tödlicher Erschöpfung sank der alte Herr endlich m den nächsten Sessel und gleich darauf umfing ein bleierne, Schlaf seine Sinne. Als Irmgard ihren Salon betrat, in dem alles sc licht und freundlich anmutete. erhob sich von einem Platz am Fenster eine ältere Dame. Frau Selters, und gin^ mit der BAner ung, daß sie draußen nach dem Rechter sehen wolle, hinaus. Wäre Irmgard weniger harmlos gewesen, so hätte sic wohl das Lächeln bemerkt, welches Frau Selters gar »ich! zu verbergen trachtete; aber das junge Mädchen war so entzückt über die herrlichen Blumen, welche Lord Moory ihr mit einer ritterlichen Verneigung überreichte, daß sie eben für nichts anderes Aufmerksamkeit hatte, als für die köstlichen, taufrischen Rosen und Nelken, die sich auf langen, natürlichen Stielen wiegten. Es fiel ihr auch nicht auf, daß in dem Wesen de« Engländers sich etwas Feierliches, Gemessenes bemerkbar machte. „Es ist wahrhaft herzerquickend, an solch einem häß lichen Wintertag blühende Rosen geschenkt zu bekommen," sagte sie froh bewegt; „ich danke Ihnen, Lord Moory, und bitte, nehmen Sie Platz, ich will zuerst die Blumen versorgen, nebenan steht temperiertes Wasser." Moory vertrat ihr bittend den Weg. „Machen Sie mir die Freude, gnädiges Fräulein, die Rosen noch ein Weilchen in der Hand zu behalten." „O, dann wecken sie ja!" „Was liegt an den vertrockneten Blüten. Wenn ich ein Maler wäre, würde ich Sie malen mit dem duftigen Strauß, es ist ein entzückender Anblick." Irmgard errötete ein wenig, wodurch sie noch lieb reizender erschien. Hier, im Hellen Tagesschein, sah man erst, welch eine zarte, madonnenhafte Schönheit sie war, noch ein wenig kindlich und überfchlank. Wie reizvoll aber mußte die holde Knospe sich unter dem Einfluß einer beglückenden Liebe entfalten. Aehnliche Gedanken mochten auch Edgar Moory be wegen, als er mit kaum verhehltem Entzücken bemerkte, wie sie ihr reizendes Gesicht über die Rosen neigte und den berauschenden Duft derselben einloa. f ! (Fortsetzung folgt.), ,
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