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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 10.03.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-03-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192103104
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19210310
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19210310
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-03
- Tag 1921-03-10
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Monat
1921-03
-
Jahr
1921
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WWW 34. halb doch skandalös und werde mich nicht dazu hergeben, solche Dinge zu unterstützen. Mir hat diese Frau Erich s Martens überhaupt von vornherein nicht gefallen, und ihr »7 seht ja jetzt, daß ich recht hatte. heiratet ist, ja gerade weil sie es ist. Uno wenn Du auch erklärst, er sei der Freund ihres Gatten, ich finde es des Der Bürgermeister seufzte und wunderte sich wieder ein mal tief im Grunde seines guten Herzens, wie es eigent lich seinerzeit gekommen sein mochte, daß er während des langen Brautstandes mit seiner Klara — es war eine Studentenliebe gewesen — nie gemerkt hatte, wie eng herzig ihre Anschauungen waren, und daß sie sogar zu weilen ein wenig — ein ganz klein wenig niedrig dachte, ja niedrig trotz ihres vornehmen Namens und ihrer langen Ahnenreihe. Aber er war seiner Frau, die viele gute Eigen schaften hatte, zu treu ergeben, um einen solchen Gedanken in seiner Seele Wurzel fassen zu lassen, und er verbannte ihn wieder daraus, ehe er noch recht heimisch geworden. Doch mit dem sanften Eigensinn, den er seiner verehrten Klara manchmal entgegenzusetzen pflegte, verharrteerauch diesmal auf dem Standpunkt, daß die junge Frau Martens so rein und unschuldig sei, wie sie aussähe. Die Antwort seiner Frau war zunächst ein höhnisches Schnauben, dann meinte sie in säuerlichem Ton: „Na, ich kann mich mit den Manieren der Person nicht befreunden. Ich habe mir nie was aus Leuten gemacht, die merk würdige Dinge tun. Und ihre Heirat war doch merkwürdig, das kannst du nicht bestreiten, — sehr merkwürdig sogar, wenn man das überhaupt eine Heirat nennen kann, daß der Mann am Hochzeitstage auf und davon geht, und kein Mensch weiß, an welchem Ende der Welt er sich be findet. Und daß sie hier wie eine Einsiedlerin lebt und keinen einzigen Verwandten hat, du wirst mir zugeben, daß das auch mindestens sonderbar ist!" Scheibler murmelte etwas, das klang wie, es sei doch eigentlich nicht die Schuld der armen kleinen Frau, wenn sie so allein dastehc, aber seine Gattin fuhr unbeirrt fort: „Und nun gar die Geschichte mit dem Mann! Ein Hochverräter ist er, der sein Vaterland für Gold verkauft bat. der reine Judas, und dabei trägt die Person den Kovf Angelas Heirat IRoman von L. G. Moberly (Nachdruck verboten) Sächsische Volkskammer Dresden, 9. 3. Präsident Fräßdorf eröffnet die Sitzung nachmittags 1 Uhr. Auf der Tagesordnung stehen zunächst kurze An- Der AieOereulva« der fiuidelrMte Im Hauptausschuß des Reichstages warnte gestern der Demokrat Heile vor dem sozialistischen Anträge, dem Reich eine Gewinnbeteiligung an den mit Hilfe des Reiches erbauten Schiffen zuzuerkennen. Dazu müsse ein riesiger Kontrollapparat eingerichtet werden, der wahrscheinlich mehr verschlingen würde, als die Gewinnbeteiligung einbringen könnte. Die Gewinn beteiligung des Reiches würde sicherer durch eine richtige Steuer politik geschaffen. Die Reeder führen bei dein Beitrage vom rein egoistüchen Standpunkt aus nicht gut, sie könnten die Schiffe jetzt billiger im Ausland kaufen, als in Deutschland bauen. Durch das Bauen der Schiffe aus deutschen Werften und die Wiederherstellung der Handelsflotte würde beste produktive Arbeitslosenunterstützung geleistet. Schiffe und Sckiffahrt müssen von den Fesseln der Zwangswirtschaft befreit werden. Bei der «HE, stveltrn sich VtisMsweffe In Bayern dk» Ikglttunss». stellen in Speyer und Würzburg darüber, wer zur Aus- sahlung der Airfang Dezember beschlossenen Teuerungsxu- schlagserhöhung kompetent sei, obwohl ihnen die aus na tionalen Gründen bedingte Unaufschiebbarleit bekannt sein muß. Die deutschen Verallgemeinerungen über dje schwarze Schmach haben den eigenen Volksgenossen im besetzten Gebiet sehr geschadet. Sie sind der Ansicht, daß es besser gewesen wäre, einen Teil der in geräuschvoll aufgebauschten Protest aktionen verpufften Kraft im Interesse einer nachhaltigen Betonung der Unzerreißhgrkeit deutschen Landes, anzu wenden. Der ft-mpt um ?eter;burg Fortschritte der Aufständischen. Stockholm, 9. 3. „Nordiska Preßzenttal«»" meldet aus Helsingsfors: Laut Meldung des „Finska Notisbyran" aus Wyborg hat Kronstadt am Montag nachmittag 4 Uhr aii- gefangen, Petersburg zu bombardieren. Anscheinend ist die schwerst? Artillerie der Festung in Tätigkeit. Kronstadt wird von den Batterien bei Systerbek, Reoonnemä und Tav- borka bombardiert. Kopenhagen, 9. 3. Laut einem Telegramm der „Poli tiken" aus Helsingfors besagen die Berichte aus Petersburg, daß große Teile der Stadt von den Aufständischen erobert seien, i Straß«i,kämpfe sind unter Verwendung von Ma- schinengewehren im Gange. Im Artilleriekamps haben die Antibolschewisten die Oberhand. Nachdem sich die Festung Krasnoja Gorka definitiv an Kronstadt angeschlossen hat, wurde die Festung Sisirbek zum Schweigen gebracht. In einer Proklamation erklären die Matrosen, daß sie entweder gegen die Verräter siegen oder unter den Trüm mern Kronstadts zugrunde gehen wollen. Kerenski wird dieser Tage in Reval erwartet. Aus Wibvrg wird berichtet, daß das Bombardement von Petersburg die ganze Nacht an dauerte. Seinen Höhepunkt erreichte es heute morgen zwi schen 4 und 6 Uhr, als sämtliche Festungen in Aktivität waren. Krasnoja Gorka richtete das Feuer gegen die Inger- manlandsche Küste. Aus Terijou wurden zwei Brände und aus Systerbäk eine Feuerbrunst in Kronstadt beobachtet. Zwischen den Funkstationen Kronstadt und Moskau findet eine heftige Polemik statt. Moskau beschränkt sich nicht mehr darauf, den Mitteilungen aus der weißen Festung entgegen- zulreten, sondern hat eine direkte Gegenpropaganda ausge nommen. , Trotzki zum Diktator ausgerufen. London, 9. 3. Aus Helsingfors wird gemeldet: In folge der ernsten Lage hat der Rat der Volkskommissars Trotzki zum Diktator ausgerufen und mit unbeschränkten Machtbefugnissen betraut. Trotzki ist von Moskau nach Petersburg abgereist. Reval, 9. 3. Der Leiter der militärischen Operationen gegen Kronstadt, Trotzki, fordert alle, die sich gegen das sozialistische Vaterland erhoben haben, auf, die Waffen nie- I derzulegen. Alle die sich dem Befehl widersetzen, seien zu entwaffnen und einzuliefern. Alle verhafteten Kommissare find andere Vertreter der Behörden seien unverzüglich in Freiheit zu setzen. Wer sich nicht bedingungslos ergibt, könne nicht auf Gnade der Sowjetregierung rechnen. Verschärfter Ausnahmezustand über dos Gouvernement Petersburg. Kopenhagen, 9. 3. Nach den letzten Meldungen dauern di« Kämpfe um Kronstadt und Reval an. Die Truppen der Cowjetregierung beschießen fortgesetzt die Stadt und den Hafen von Kronstadt mit schweren Geschützen. Die Auf rührer erwidern das Feuer. Auch um Reval tobt noch immer «in erbitterter Kampf. Die Moskauer Regierung hat über das Gouvernement Petersburg den verschärften Aus nahmezustand verhängt. . i Mit dem Einzug des Frühlings wurden Sterns Be suche in Grauberg immer häufiger, und da die Grauberger immer die Augen weit offen hielien, so war es bald im Städtchen bekannt, daß die junge Frau Martens so oft den Besuch eines Herrn empfing. Frau Bürgermeister Scheibler fand das häufige Kommen Rolfs so unpassend, daß sie ihrem Mann darüber Vortrag hielt, trotzdem sie hätte wissen müssen, daß dies eine sehr unfruchtbare Aufgabe war, denn der gute Bürgermeister war ein außerordentlich milder, großdenkcnder Mensch, der für die kleinlichen Hetzereien seiner teuren Gattin so unempfänglich war, wie für den Klatsch überhaupt. „Mein liebes Kind," sagte er eines Tages, als seine Frau ihm wieder einmal den angesammclten Klatsch über die Person auf Schloß Hammerstein zutrug, „ich meine wirklich, du solltest nicht so hart über die arme Frau Martens urteilen. Ich habe immer gefunden, daß sie ein sehr feines Benehmen hat, und kann durchaus nicht glauben, daß sie sich während der Abwesenheit ihres Gatten in eine Liebelei mit einem jungen Mann einläßt, der noch dazu, wie ich höre, Herrn Martens' Freund ist. Du beurteilst sie ganz falsch, liebes Kind, ja, ganz falsch, und cs würde dir viel sehr besser anstehen, wenn du sie in dieser schweren Zeit ein wenig bemuttern und unterstütze» wolltest, anstatt aus den unschuldigsten Dingen, die sie tut, ein Kapitalverbrechen zu machen." „Bemuttern! Na, das wäre ja »och schöner," schnappte Frau Scheibler. „Du scheinst deine Vnrgermeisterwürde ganz zu vergessen, wo es sich um diese alberne Person handelt. Ich weiß ja wohl, daß du dich schon von jeher von jedem hübschen Gesicht hast beeinflussen lassen, aber die schöne Frau Martens scheint es dir ganz besondere an getan zu haben und dich um den kleinen Finger wickeln zu können. Und trotzdem behaupte ich, es ist sehr unpassend, daß sie diesen jungen Mann empfängt, wenn sie auch ver- höher, als je. Es ist unglaublich l 'Nein, nein, du magst sagen, was du willst, ich habe keine Geduld mit solchen Leuten. Ich habe sie von Anfang an für eine Abenteurerin gehalten, und die Besuche dieses Herrn Stern bestärken mich nur in meiner Ansicht. Und du würdest ganz ebenso denken, wenn sie ein häßliches altes Weib wäre, aber weil sie zufällig jung und in deinen Augen hübsch ist, hältst du sie für einen fleckenlosen Engel." Frau Scheibler schnappte nach dieser langen Rede «ach Luft, aber da sie eine Meinungsdifferenz mit ihrem Gatten immer nur dann als beendet ansah, wenn sie das letzte Wort behielt, so wartete sie gar nicht auf seine Antwort, sondern lief schnell aus seinem Arbeitszimmer hinaus und schlug mit dem triumphierenden Bewußtsein die Tür hinter sich zu, daß ihr guter Mann wieder einmal den kürzeren gezogen habe. Der Frühlingssonnenschein fiel auf die blühenden Hyazinthenbeete im Garten der Bürgermeisterei, wohin sich Frau Scheibler nach dem Wortgefecht mit ihrem Manne zurückgezogen hatte, und derselbe Frühlingssonnenschei« vergoldete Angelas Haar, als sie mit gesenktem Haupt auf der Terrasse des Schlosses rastlos hin und her wanderte. Der Frühlingshauch, der weiche blaue Himmel, der Duft der Hyazinthen, den der Lenzwind vom Rasen herauf wehte, das alles weckte in ihr ein unbestimmtes Sehnen, ein Wunschgefühl, für das sie keinen Namen hatte. Die Jugend in ihr schrie nach mehr als diesem öden Leben, das sie führte, und in dem sie nie das Gefühl verließ: Keiner braucht dich, keiner liebt dich, keiner kümmert sich um dich. Während der Wintermonate mit den kurzen Tagen, den lustigen Feuern, den Beschäftigungen im Hause, hatte sie die Einsamkeit nicht so gefühlt, es war ihr auch alle» noch so neu gewesen. Aber jetzt, wo laue Lenzeslüft« wehten und die Vögel ihre süßen Lieder sangen, wo die Blumen blühten, und die Tage immer länger wurden, wo alles von neuem Leben erzählte, da tat ihr das Herz zum Kerlvrinoen weh. Mit brennenden Augen, denen die Tränen sHr, fthr stech» war»», »lickt« st« f«hnfucht«voH über d«, »Ert«n, «nb dl» «I^e »t, M den f«m«n »««An/ Ltnretberatun« wie» der Demokrat Wieland darauf hin, daß Mittel- und Süddeutschland im Jahre 1920 nur mit 15 Prozent der Aufträge bedacht worden seien. Für die Beteiligung der binnenländischen Industrie sollte keine neue Organisation ge schaffen, sondern die bewährte bestehende Organisation verwendet werden. Angenommen wurde eine Entschließung der Regierungs parteien und der Deutschnationalen, daß im Interesse des Wieder aufbaues unserer Volkswirtschaft, insbesondere auch zum Zweck der produktiven Erwerbslosenfürsorge, wie bei den Reedem alle diejenigen Liquidationsschäden durch private Vereinbarungen möglichst bald da vorzunehmen sind, wo die Liquidation auf feindlicher Seite bereits durchgesührt und die Ergebnisse bekannt sind und wo das Reich in der Lage ist, im Wege der Verein barung sich ein Kontrollrecht darüber vorzubehalten, daß die Verwendung der Gelder im Interesse der deutschen Wirtschaft erfolgt ist. Das Gesetz wurde dann angenommen. veuucder sieicdmg Berlin, S. 3. Heute beginnt der vierte Tag der zweiten Lesung des Haushalts des Reichsschatzministerium». Ein Antrag Hammer (Dtnl.) wünscht ein Reichsgesetz zur Regelung der Ver gebung der staatlichen Lieferungen nach den Wünschen des Handwerks. Die wahnsinnigen Unterbietungen hierbei müßten verhindert werden. Ein Antrag Lange-Hegermann (Ztr.) will die Frage durch Einberufung eines Sachverständigenausschusies, in dem auch die Arbeitnehmer vertreten sind, regeln lassen. Der Antrag Hermann wird gegen die Deutschnationalen ab- gelehnt, der Zentrumsantrag angenommen. In der weiteren Einzeldebatte werden Einzelbeschwerden über die Tätigkeit der Reichsbetriebe, über die Arbeiter- und Beamtenverhaltniffe in diesen Betrieben u. s. w. vorgebracht. Reichsschatzminister v. Raumer geht mehrere Male auf einzelne Fälle ein. frag en. Abg. Röllig (Deutsche Volksp.) berichtet dann für den Haushaltungsausschuß über den Antrag und Genossen, Erleichterungen für oie Auslandslehre« betr. und beantragt, die Regierung zu ersuchen, die jetzt be stehenden Hemmnisse und Nachteile nach Möglichkeit zu be seitigen, die den an deutschen Auslandsschulen tätig gewesenen sächsischen Lehrkräften den Rücktritt in den sächsischen Schul dienst erschweren. Skbg. Weimer (Komm.) bringt einen Abänderungsan trag ein, wonach an Stell« der Worte „an deutschen Aus landsschulen" gesetzt werden soll „tm Auslande". Dieser An trag wird vom Abg. Dr. Nendtorsf (Deutschnatl.) unter) stützt. Der Antrag wird darauf mit dieser Abänderung an genommen. Abg. Dr. Hübschmann (Deutsche Volksp.) begrün det einen Antrag auf Vorlegung eines Gesetzentwurfs, der nach dein Vorbilde Preußens die anderthalbfache Anrechnung der während des Krieges geleisteten Beamtendienstzeit auf die Pensionär« der Staats- und Gemeindebeamten vorsieht. Abg. Jungnickel (S.) geht auf di« große finanzielle Tragweite des Antrages ein und beantragt seine Verweisung an den Haushaltausschuß X. . Abg. Börner (Deutschnatl.) geht auf die Berechtigung des Antrages ein. Die Heimatbeamten haben während d«; Krieges schweren Dienst geleistet, so daß ihnen eme Höhr« Dienstzeit wohl angerechnet werden müßt«. Abg. Schnirch (Komm.) wendet sich gegen den Antrag Viel schwerer als die Beamten haben die Arbeiter während der Kriegszeit gelitten, well sie durch Zwangsarbeit an jeden Ort geschafft werden konnten. I Abg. Weimer (Komm.): Wir haben kein Interesse daran, den reklamierten Beamten, die das Glück hatten, in der Heimat zu bleiben, noch eine besondere Belohnung zu gewähren. Abg. Dr. Dehn« (Dem.) tritt für Gleichstellung der Reichs- und Staatsbeamten ein. Dann geht der Antrag an den Haushaltausschuß W - Abg. Bünger '(Deutsch« Volksp.) begründet schließlich noch seinen Antrag, die Regierung zu ersuchen, «ine Anordnung, dahin zu treffen, daß im Rahmen des durch Artikel 147 Absatz 3 der Reichsversassung vorgeschriebenen Unterrichts in Staat-bürgerknnbt I einen von parteipolitischen Gesichtspunkten sich fteihalteud« Unterweisung über den Friedensvertrag und die hiermit zu sammenhängenden späteren Vereinbarungen mit der Entente stattfindet. Gerade die Ablehnung des ll.timatums in Lon don, auf die wir stolz sind und durch die wir «inen 'Teil Ker Schuld des Friedensvertrages von Versailles abgetragen ha- schlechr pl zeige», wo dt« Schuld «m Kriege lag, und daß unter allen Umständen auf «in», Beseitigung des Friedens- Vertrages hingearbeitet werden muß. Wir haben erklärt, daß wir d«n Friedensvertrag halten wollen, aber ein durch Zwangsmaßnahmen diktierter Vertrag kann uns nicht binden. Den jungen Leuten muß auch das Zusammengehörigkeitsgefühl mit den abgetrennten- Gebieten beigedracht und der Einheits- gedanke gestärkt werden. Die Ausführung des Unterrichts über d«n Friedensvertrag muß der Regierung überlassen blei ben. Wir hoffest, daß di« Negierung da« Wohl des Vater- lande» im Auge behalten wird. Abg. Arzt (S.): Die Ausführung«» des Abg. Bünger haben gezeigt, daß der Antrag nicht angenommen werde» darf. Er hat di» hinter d«m Antrag.stehenden treibenden Kräfte enthüllt. K«ine Partei darf vorschreiben, was in der Schul» behandelt werden soll, sonst würbe die Erziehung politischen Eintagserscheinungen ausgesetzt sein. Aus diesem Grunde muß d«r Antrag abgÄehnt werden. ' Abg. Grellmann (Deutschnatl.): Wir stimm»» dem Anträge zu und sind der Ansicht, daß di» Bedeutung des Friedensvertrages dem Volke gar nicht oft genug ins Ge dächtnis gerufen werden kann. Auch jede Schulstunde gibt dem Lehrer Veranlassung, auf den Friedensvertrag hinzuweisen, und es ist sehr nötig, daß in d«r Schule nicht weiter sauf den.Völkerverbrüderungsdusel hingewiesen, sondern der na tionale Gedanke gepflegt wird. Abg. Weckel (. S.) spricht gegen den Antrag. Gerade der Friedensvertrag reizt zu politischen Erörterungen, und aus diesem Grund« gehört «r nicht in die Schule. Die im An träge Bünger gewünschte Staatsbürgerkunde muß von jeden« modernen Lehrer abgelehnt werden. Abg. Weim « r (Komm.): Wir legen Verwahrung da gegen ein, daß dem Abg. Bünger heute Gelegenheit gegeben wurde, über Dinge zu reden, die nicht zum Gegenstand« ge hören. Der Antrag sollte eine Machtprobe darüber bedeu ten, was man sich heute auf der rechten Seit« schon erlaube» darf. Auch wir stehen auf dem Standpunkte, daß der Frie- densvertrag zerrissen werden muß; aber dazu gehört vorher die Vernichtung des deutschen Kapitals. Wenn die Recht« die Schuldfrag« am Kriege ablehnt, so sägt sie den Ast ab, auf dem.sie sitzt. Abg. Dr. Seyfert (Dem.): Der Beschluß über die Staatsbürgerkunde in den Schulen ist auf Antrag der Sozial demokraten in di« Reichsversassung gekommen. Um so ab sonderlicher ist es, daß heute sämtliche sozialdemokratische Parteien gegen den Anttag Bünger sind. Den Friedensver trag muß jeder Deutsche kennen lernen. Aber zu seiner Behandlung in der Schule gehört grüßte Objektivität. Vor allen Dingen sollte sich niemand dazu hergeben, in der Schuld frage sein eigenes Volk zu beschinrpfen, und wer von Bölk«r- versöhnung spricht, mag zuerst im eigenen Volke anfangeft. Wir stimmen dein Anttage zu. Nach Bemerkungen der Abgg. Müller (U. S.) und Fellisch (S.) wird der Antrag Bünger mit 43 sozialistisch«» Stimmen gegen 40 bürgerlich« Stimmen abgelehnt. Schluß der Sitzung V<5 Uhr. Politische Nachrichten Die Verteuerung der Postgebühren. 2m zuständigen Ausschuß wurde die Generaldebatte über die neuen Post gebühren begonnen. Der Minister wies darauf hin, daß nur durch deren Erhöhung das Defizit ausgeglichen werden könne. Von allen Parteien wurde die Wiedereinführung des Orts portos gefordert. Die Demokraten Delius und Fick brachte»» einen Antrag ein, daß die Postkartengebühr im Orts- und Nachbarortsverkehr auf 30 Pfg., die Briefgebühr bis 20 Gramm 40 Pfg., bis 200 Gramm 50 Pfg., bis 250 Gramm 60 Pfg. betragen soll, daß für die Drucksachen in Kartenform ein Zehn pfennigtarif eingeführt, und daßder Portosatz für das Päckchen bis zu 1 Kilogramm nicht 2 Mk„ sondern nur 1,50 Mk. be tragen soll. Beschlüsse wurden noch nicht gefaßt. Die Not der Kleinrentner und Studenten. Der Hau»- > haltausschuß des Landtage» beriet die Denkschrift betreffend , die Not der Studenten und die von den beteiligten Kreisen > getroffenen Selbsthilfcmaßnahmen. Die Regierung ist bereit» Staatsmittel zur Behebung der Notlage bereit zu stellen. Von sozialistischer Seite wurde die Frage der Arbeiterakademien angeregt. Die Regierung steht ihr wohlwollend gegenüber f und stellte eine Denkschrift in Aussicht. Sie sagte weiterhin zu, j eine Aufnahmeprüfung zum llniversttätsstudium für solche Hoch befähigte einzufübren, die den herkömmlichen Bildungsgang nicht durchgemacht haben. Von bäuerlicher Seite wurde be antragt, für die Kleinrentner S Millionen Mark Staatsmittel zur Verfügung zu stellen. Zur Begründung hierfür wurde gesagt, daß die Behebung dieser Notlage, unbeschadet der Hilfe des Reiches, auch ei»»« Aufgabe der Etnzelstaaten und der Ge meinden darstelle.
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