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Amtsblatt für die Amtshauptmannschast Mha, Verantwortlicher Redakteur: Ernst Roßberg sen. in Frankenberg i.Sa. — Druck und Verlag: EG.Roßberg in Frankenberg i.Sa. Anzeiger taats- und Gemeindebehörden zuFrankenderg ff"'"" Frankenberger Tageblatt Donnerstag »eu 12. August 1626 nachmittags 7S. Jahrgang «KW be- Vova Sears« teilt Wklsasr 8e<Nngnage» mit tzehtz, wußten die mit den diplomatischen Gebräuchen vertrauten Kreise, daß sich hinter dieser Reise eine hochpolitische Mission verbirgt, denn in so kritischen Zeiten, wie sie für Deutschland durch den Einmarsch der Russen in Polen und durch die Be drohung Ostpreußens gegeben sind, geht ein Außenminister nicht auf „Urlaub". Damals war auch schon bekannt, daß Mitte August Lloyd George eine Begegnung mit Giolitti in der Schweiz haben würde. Dent Beobachter waren also die Zusammenhänge klar. Wer da wir nicht mehr im Zeit alter der Geheimdiplomatie leben, hakt man es in Berlin für richtig, auf die bevorstehende Zusammenkunft nun aus drücklich in aller Oeksentlichkeit hinzuweisen. Ob die Be sprechungen dadurch gefördert werden, möchten wir bezweifeln. Hoffentlich werden sie nicht beeinträchtigt, denn höchstwahr scheinlich wird sich in der an sich schon über Lloyd George verärgerten französischen Presse nun ein großes Geschrei er heben, und Man wird von Paris aus durch alle nur erdenk baren Intrigen die sich anbahnende Verständigung zu stören suchen. , , l i , . > plockuttive LmekbrlottilMmge Der RMswirtschastsrat über die Förderung der produktiver, i Erwerbslofcnfürsorge. > Am Dienstag trat der sozial- und wirtschaftspolitische Unterausschuß des vorläufigen Reichswirtschaftsrates zusam men zwecks Entgegennahme des Berichtes und Beratung über den Antrag Wissest betreffs Förderung der produktiven Er werbslosenfürsorge. Zunächst erstattete Reichsminister a. D. Wissell Bericht über seinen Antrag: Die gegenwärtige deutsche Wirtschaftskrise, die Man nicht . unterschätzen solle, müsse als ein Rormalzustand der deut schen Volkswirtschaft gelten, so lange keine Revision der Frie densbedingungen erreicht sei. Das Wesen der Krise sei nicht Käuferstreik oder die Ünternehmersabotage, sondern Uebcr- teuerung der Rohstoffe. Eine Verminderung der Löhne würde keine Besserung der Krise, sondern nur das Gegenteil herbeisühren. Viel Schuld läge aber auch an den Mängeln der Selbstkostenberechnung und der Ueberspannung van Ee- winnzuschlägen. Er unterzog dann dje einzelnen Industrien und ihre Lage einer eingehenden Prüfung. Schuh- und Ledert kndustrie, Textilindustrie, Baustoffe und Baugewerbe, die Örl und Fettwirtschaft und die in dieser besonders kraß zutage tretenden Mängel, Metallverarbeitung, Keramik, Seeschiff- falftt, Schiffbau und Hochseefischerei, graphisches Gewerbe streifte er und tat auch der Not der geistigen Arbeiter Er wähnung. Sodann wandte er sich ausführlich den Beschlüssen des Unterausschusses zu und erläuterte die bestimmten Vor- chläge zu Maßnahmen allgemeiner Art, als welche er be zeichneter . ! i > i Preisabbau. — Verminderung der Stillegung von Betrieben. Ausbau der Ssstntl'chm Wirtschaftskontrolle. Zu diesen Punkten äußerte sich als Vertreter des Neichs- wirtschaftsministeriums Staatssekretär Professor Dr. Hirsch: In der Frag« de» Preisabbaues stimmt!» ar de». London, 10. 8. Lloyd George sagte iM Unterhaus züglich der ernsten Lage in Mitteleuropa, er hoffe noch, daß der Frieden erhalten werden könne. Er bedauere, daß die polnische Offensive ausgenommen worden sei trotz der Warnungen Frankreichs und Englands. Eine schwierige Lage würde entstehen, wenn die Bolschewisten auf Bedingungen bestehen würden, welche die Unabhängigkeit Polens als freie Nation nicht garantieren. Der Völkerbund könne nicht gleichgültig bleiben, wenn eines seiner Mtglieder durch eure agressive Regierung in seiner Eristenz bedroht sei. Die Lage sei ernst. Die Unabhängigkeit Polens bilde einen wesentliche» Teil des Friedensgebäudes Europas, und keine der Nationen, welche an der Ausrechterhaltung des euro päischen Friedens interessiert seien, könne sein Verschwinden gleichgültig lassen. Eine neue Aufteilung Polens, sei nicht nur ein Verbreche», sie bedeute auch eine Gefahr. Das mass« man als «ine Grundlage der Englische» Politik fest- »er Hel, va» km-pa Me Konferenz von Spa hat bestätigt, was schön vorher l 'n Geheimnis war, daß der Gebieter unseres Erdteils heute d-r englische Ministerpräsident Lloyd George ist. Es gibt z weierlei Angelegenheiten in Europa, solche, die ihn (und Eng- l nd) interessieren, und solche, die ihm zur Stunde noch gleich- gntttz sind. In den erstxren besteht er auf seinem Kopf, in dm letzteren kann er kulant sein. Dazu gehört allerdings vcht viel, und darum sott man sich hüten, zu erwarten, daß c :r britisch« Premier in uMklich wichtigen Dingen seine Ansicht ö idert. Wenn er uns gegenüber in Einzelheiten Entgegen- k mmen zeigt, so soll niemand glauben, daß er dulden r:rd, daß Deutschland abermals mit England in wirtschast- I'Hen Wettbewerb tritt. Von politischer ernsthafter Kon- k rrenz kann erst recht keine Rede sein, und eiile solche Rolle v ird er auch nicht deM verbündeten Frankreich zugestehen. Die Franzosen haben das bereits erkannt, und viel Freund- f Mft für Großbritannien ist in Paris nicht zu finden. Aber Frankreich kann nicht von England los. Und schließlich geht e; keinem europäischen Staat mit Ausnahme von Rußland anders. lieber alle wird in London gewissenhaft Konto ge- fthrt, in dem die Aktiv- und Passiv-Posten genau gebucht uerden. ! ' , - > ' Lloyd George besitzt eine politische Macht in England und darüber hinaus, wie sie s. Zt. in Deutschland auch Bis- n arck nicht gehabt hat. Auch Gambetta nicht in Frankreich u id Crispi nicht in Italien. Eigenwillig war er stets, er hat s vn 1912 den Krieg gegen Deutschland ziemlich unverblümt p oklamiert, als er noch ein untergeordnetes Mitglied im AG- n sterium Asquith war, den er im Kriege bei Seite drängte, ft: hatte den Erfolg des Sieges, obwohl er 1917 hr seiner Siegeszuversicht bedenklich schwankte, und nutzte darauf den C.folg aus. Sein Kollege Clemenceau in Paris traft von der p Mischen Bühne ab, Wilson in Amerika ist schwer leidend, » id so ist „Little David", wie sein populärer Spitzname in England ist, von den leitenden Führer Mier Entente allein rn Ruder geblieben. Er hat alle auftauchenden Schwierig- I. ten in London überwunden und ist bisher auch Mit den b »tischen Arbeitern fertig geworden. Man darf dabei aller- l »gs nicht vergessen, daß er zum Beginn seiner politischen t rufbahn sehr demokratisch gesinnt war und von diesem Duhme Moch heute zehrt. ! > s Trotz seiner allmächtigen Stellung fehlt es an der Themse l ich nicht an Stimmen, die sagen, daß Lloyd George, die I ngste Zeit britischer Premierminister gewesen sei, weil «t l m Bogen seines Eigenwillens gar zu straff spanne. Sein Verhalten Deutschland gegenüber schadet ihm bei den wenigsten Engländern, aber seine diktatorische Art schafft ihm Gegner. Co hat er es mit dem sehr einflußreichen Lord Northcliffe, . k ein größten englischen Zeitungsunternehmer, total durch seine R ücksichtslosigkeit verdorben, und er bekommt gerade keine Schmeicheleien in den bedeutende» englischen Zeitungen zu hiren. Zudem meinen nicht wenige Engländer, wenn es in ; rankreich ohne Clemenceau geh«, werd« es in England auch v,ne Lloyd George gehen. ! > Aber Man darf wohl kaum auf ehren so baldigen Mi- ,i sterwechsel in London rechnen, wenn er auch einmal über " acht kommen kann. Das Verbleiben Lloyd Georges aus f. n«M Posten ist heute geradezu eine europäisch« Frage, i mn wenn England auch seine errungen« Machtsphäre sich nicht entreißen lassen wird, so wird doch der nächste britische Premierminister kaum so persönlich als europäischer Gebieter anstretan können, wie der heutige es gewohnt war. Und oyd Georges Nachfolger wird auch den englischen Arbeitern gegenüber eine wesentlich andere Position haben, wie dieser. - las für Deutschland bei einer solchen Wendung heraus- I Minen wird, das hängt wesentlich von uns selbst ab. Denn ft igland wird uns niemals nach tönenden Phrasen im Neichs- t gssaale beurteilen, sondern nach der Statistik der deutschen Warenproduktion und unseren geistigen Errungenschaften. ! Bezugsbedingungen fa-Frankenberger Tageblatt seit 1. Juni 1-20 Bezugspreis r vierteljährlicb rs Mk., monatlich s Mk. bei Abholung in der verlagsstelle des Tageblattes und in den örtlichen Ausgabestellen, wie bet allen Postanstalten. — Bei Zutragung ins Hous der Bezieher durch Boten oder Postbezug tritt das Botenlohn, hinzu. Einzelnummer im allgemeinen 20 Pf., für Nummern mit Lrzähler-Beilage 2s Pf. Anzeigenpreise für die schmale Normalzeile (qs mm breit) aus dem Amtsbezirk Frankenberg 80 Pf., von weiter auswärts r Mk. Für die Zeile „Amtlich" mm breit) 2.80 Mk. (bezw. 2.so Mk.), für die Reklamezeile unter „Eingesandt" 240 Mk. (bezw. s Mk.). Verlag des Frankenberger Tageblattes. Vie Spannung im Zaargebie» > Mainz, 11. '8. Aus dem Saargebiete treffen nur spär liche Nachrichten ein. ! i i <!>>!'' Bisher ist noch keine Entspannung der Lage zu erkennen. Sie.scheint sich vielmehr durch die drakonischen Maßnahmen der Regierungskommission noch! erheblich zu verschärfen. Heute erwartet man den Generalstreik, nachdem die Bergleute be schlossen haben, in den Streik zu treten. Die Besatzungsttup^- pen werden seit Montag andauernd durch Truppen aus Lo thringen verstärkt, dir mit Panzerwagen, Geschützen und zahl reichen Maschinengewehren aus Forbach und SaargemÜnd heranrücken. Sämtliche Ortseingänge sind verbarrikadiert und mit starken Militärposten besetzt. Die Paßrevision ist wesent lich verschärft. Sämtliche Paßkontrollen sind mit Bildern derjenigen Personen versehen, gegen die Verhaftungsbefehls vorliegen. Die Wälder werden durch berittene Patrouillen abgestreift. Jeder, der sich nicht einwandfrei ausweisen kann, wird festgenommen. Zureisegenehmigungen in das Saargebiet werden zurzeit nicht erteilt, ebenso werden keine roten Pässö mit den drei .Sprachenstempeln versehen, die bekanntlich allein zur Ausreise aus dem besetzten in das unbesetzte Gebiet be rechtigen. Fortgesetzt durchstreifen noch! VerhaftungskoMmissio- nen die Stadt, die immer wieder die Wohnungen derjenigen aufsuche», gegen die Verhaftungsbefehle vorliegen. Die deutsche Presse des Saargebiets wurde mundtot gemacht, indem ihre Hauptvertreter, die „Saarbrückener Zeitung", die „Saar brückener Landeszeitung" und die sozialdemokratische „Volks stimme", die „Völksinger Nachrichten" u. a. auf die Dauer von vier Wochen verboten wurden. Der größte Teil der Redak teure wurde verhaftet, soweit sie sich nicht rechtzeitig aus das recht« Rheinufer in Sicherheit bringen konnten. Die Bevölkerung leidet unter einem unerträglichen seelischen Druck und hofft in stiller Resignation, daß außergewöhnliche Um stände sie von ihren Leiden befreien möchten. Vor allem) hofft sie noch immer, daß der Völkerbund gegen das rück sichtslose, bestimmungswidrige und eigenmächtige Handeln Frankreichs energisch «inschreiten wird und die jetzige Re- gierimgskomMissiml durch eine wirklich neutrale ersetzt wird, da nicht mehr zweifelhaft sein kann, daß die Kommission in ihrer jetzigen Zusammensetzung nur französisch« Annexions politik treibe. ) ! i ! i i S i i > i > ! Mehr«»« hundert Verhaftungen. > Parrs, 11. 8. Der „Matin" meldet aus dem Saar gebiet: Im Laufe der letzten Tage sind mehrere Hundert Persönlichkeiten verhaftet worden. General Brissaud ergriff strenge militärische Maßnahmen, doch ließ die Streikbewe gung bis jetzt nicht nach. , ! > > > l ! u- > ! hatten. Das Ziel der in Rußland festgelegten Politik der Al liierten sei, den Frieden auf Grund der. Unabhängigkeit des ethnographischen Polens sicherzustellen. Werde in Minsk ein Ergebnis erzielt, dann wolle man nicht eingreifen, unk irgendein für Polen annehmbares Abkommen umZustoßjen. Nach den Erklärungen Lloyd Georges über die polnische Frage bedauerte Asquith, daß der Völkerbund nichts getan habe, uM den polnischen Angriff zu verhindern und daß «der Oberst: Rat nicht interveniert habe. Clynes erklärte namens der Arbeiterpartei, dies« werde ihre Haltung revidieren, wenn es sich zeigen sollte, daß Polens Unabhängigkeit bedroht werde. Auch die Arbeiterpartei erkenn« die Notwendigkeit der polnischen Unabhängigkeit für den Weltfrieden an. Lord Robert Cecil sprach seine Befriedigung darüber aus, daß Eng land unter keinen Umständen zu Kriegsmaßnahmen über gehen werde, falls es sich! nicht unk die Verteidigung der „Un abhängigkeit Polens Handke. l 's , > ! i In der Schlußdebatte teilte Llockd Georg« mit, daß ihm nach Beendigung seiner Rede «in Dokument Kamenews zu gestellt worden sei, welches die Friedensbedingungen Sowjet rußlands an Polen enthalte. Llvyd George, verlas mit Zu stimmung Kamenews die > l . : : i i ! ' ' ! ! ! . - Bedingungen, > i ' welche folgendermaßen lauten: > i l i ' s < 1. Herabsetzung des polnischen Heeres auf 5VVVÜ Mann. 2. Aufhebung drr polnisch!-» Kriegsindustrie. > > > 3. Me GreNzrn Polens werden so laufen, wie der Oberste Rat sie ststzrstellt hat. Davach werden einige Verbesserungen hei Bialystok und Lholm angebracht werden. i 4. EM steter Handrlsweg für die BolfchewisW nach) der Ostsee über Walystok und Krajewo dis nach! Ostpreußen. ! Nach Verlesung der bolschewistischen Friedensbedingungen bemerkte Lloyd George: Sofort nach Empfang der Be dingungen habe ich die Note Frankreich und Italien ^zur Kenntnis gebracht. Wir haben der polnischen Regierung unsere ersten Eindrücke mitgeteilt. Ich halte es. aber nicht für an gebracht, darüber hinaus-weitere Bemerkungen zu machen, da das bedeuten würde, daß wir der polnischen Regierung die Verhandlungen aus der Hand nehmen. Ich bin aber der Meinung, daß «me neue Lage entstanden ist. , ) > ! , i ) . Was die Alliiert « von Rußland fordern. ! > ft Amsterdam, 10. 8. „Daily News" zufolge lauten die hauptsächlichsten Vorschläge der Alliierten im Zusammenhang Mit der Konferenz von Hythe an die Sowjetregierung: . Die Friedensbedingungen Rußlands müssen sofort voll- ständig veröffentlicht werde». Die Konferenz hat die grund legenden Fragen, von welchen der Abschluß des Waffen stillstandes abhÄngt, zu besprechen und es muß nach Kräften danach gestrebt werden, innerhalb 24 Stunden ein Uebe» einkommen zu erreichen, welches die sofortig« Einstellung der Feindseligkeiten ermöglicht. Der genau« Wortlaut der Be sprechungen auf der Konferenz in Minsk Muß veröffentlicht werden. ' - ! < !!'!!,!> j . ft i Vrem>stoff.B«rforgm,a " vr»«U« per Zentner 13 Mark bei Eckhardt, Löffler. OH«, viertel Rchsig. Die vr»«stofst lind bi« Soxnabmid den 14. August abzubolen, sonst verfällt Marke 11. Abrechnungstag der Händler: 16. An,«st IV20. Frauleuberg, den 12. August 1920. OrtskobleusteU» de« Stad trat«. Eine kleine Meng« gekochtes minderwertiges Schweinefleisch k amt F^Itag vormittag 11 Adr tm Schlachtdof rum verkaul an jedermann. Krautenberg, den 12. August 1S20. Lidensmittel-AbtcUnng de« Stadtrate». Begegnung vr. Simm mit Llsva Searge «ml kcal Skarrs > Berlin, 10. 8. Wr« das „Berl. Tgbl." von gutunterü r'chteter Seite hört, wird der Reichsminister d«s Auswärtigen 3,r. Simons, während seines Urlaubs in der Schweiz niit L loyd George und mit den: italienischen Außenminister, Gras Sforza, Zusammentreffen. Graf Sforza und Giolitti sind l ereits unterwegs nach der Schweiz. Diese Unterredung, die l eretts vo» einiger Zeit verabredet worden ist, dürste ein L'kund Mit für die längere Abwesenheit Dr. Simons von ffterlin 1«in. > , 1 l l ! i ! 1 . i i > ' ! .' ' ' - ! Als nach Schluß der NeichstagSsitzung bekannt wurde, daß k. r, Mmon» -u «jnem „Erholungsurlaub" nach der Schweiz 18k ft Misses