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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.03.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-03-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19050323014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1905032301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1905032301
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-03
- Tag 1905-03-23
-
Monat
1905-03
-
Jahr
1905
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VezirgS-PreiS 1» H« tzanpttrpedttion oder deren Ausguß«' stell«, obgeholt: vierteljährlich ^l 3.—, bei twrttaalig« täglicher 8«ft«Uu«g tu« Hau« ^l 8.7k. Durch die Post bezog« für Deutsch, loud u. Oesterreich vierteljShrltch LLO, für di« übrig« Länder laut ZettunqSpreKlifte. Liefe «»»»er lostet 4/1 auf alle» vohuhSf« und I II bei den Aettuog«-vertäu fern I * «ebottto» ««» «tt>e«ttta>u 1K8 Aerusprecher LLi Jöhauutsgaffr S. H«ztt-EUta1< Dresde«: «arieustraße 84 (Ferusprecher Amt I Nr. I71L1 vo»t.»tlt«le Berit«: G« l D » » ck, r, Hertgl-Vo-rHofbuchhaudl-, Lä-owstraßelO Gmö»r«h« >»t VI 4«M Morgen-Ausgabe. WpMr TagMalt Ämlsölatt des Königs. Land- und des Äönigl. Ämtsgenchles Leipzig, -es Nates und des Notizeiamtes der Ltadt Leipzig. Auzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 28 Familien- und Stellen-Anzeigen 20 Finanzielle Anzeigen, Seschästtanzeigen untv Text oder an besonderer Stelle nach Tarif. Die «gespaltene Reklamezeile 75/4- Annahmrschlutz für Anzeige«: Abend-Ausgabe: vormittag« IO Uhr. Morgen»Ausgabe: nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richten. Extra-Beilagen (nur mit der Marge«: Au-gab«) nach besonderer Vereinbarung. Die Expedition ist wocheutag» ununterbrochen geSffurt »ou früh 8 bi« abeud« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol» tu Leipzig <2uh. vr. B„ R. K W. Kltukhardtl Nr. 149. Donnerstag dm 23. März 1905.^ 99. Jahrgang. Var MÄligrtt vom Lage. * Oberpräsident von Bethmann-Hollweg in Pot-dam ist zu« preußischen Minister de« Innern ernannt worden. (S. dtsch. Rch.) * Di« Nachricht, daß in Südkamerun ein all gemeiner Ausstand auSgebrocheu sei, wird offiziös dementiert. * 9a Bremen wurde gestern in Anwesenheit des Kaiser« eia Denkmal für Kaiser Friedrich enthüllt. * Der schweizerische Nationalrat hat mit 103 gegen S Stimmen den Handelsvertrag mit Deutschland genehmigt. * Graf Änliu« Audrassy hat seine Mission in die Hände de« Kaiser« »urückgelegt; ein Ausweg aus der ungarischen Kris,« erscheint unmöglich. (S. Ausland.) * Der Kaiser verlieb der Kaiserin die Insignien des Johanniter-Orden« für Souveräne. * General Knropatkin ist von den Truppen der ersten Mantschureiarmee, deren Kommando er übernommen ha^ mit Begeisterung empfangen worden. (S. ruff.-jap. Krieg.) * Die Königin von England ist in Lissabon eiu- getroffru. (S. letzte Dtp.) Var englirche Mariiie Suckgeti-os/s. Während da« britische Marine-Budget in den letzten zehn Jahren fast ununterbrochen gestiegen war — von 20 848 863 Pfund Sterling 1897/98 auf 36 889 000 Pfund Sterl. für 1904/05 — weist der neue Voranschlag für 1905/06 einen Rückgang um 3^ Millionen Pfund auf. Lord Gelborne, der bisherige erste Zivillord der Admiralität, der jetzt in Südafrika Lord Milner ablösen wird, sichert sich damit daheim ein gutes Andenken, denn eine Ersparnis von 70 Millionen Mark ist auch für das reiche England nicht ohne Bedeutung und wird auch auf die Opposition ihren Eindruck nicht verfohlen. Denn eine solche ist auch in Großbritannien stets bereit, der Re gierung etwas am Zeuge zu flicken, wenn sie auch nicht soweit geht, daß sie die Flotten-agitation gemeinfährlich nennt. Man darf auch keineswegs auS der Herabsetzung der Flottenausgaben um 3Vr Millionen Pfund Sterling den Schluß ziehen, als hätte man in England selbst die Unmöglickckeit eingesehen, die schwere Rüstung länger zu tragen, und wolle deshalb so langsam anfangeii, ab» zurüsten. Im Gegenteil, die Ersparnis ist lediglich eine Folge davoll, Laß man einen Schritt getan hat, den unsre deutsche Marineverwaltung auch sehr gern tun würde, den sie aber vorläufig noch nicht tun kann, weil sie sich 1900 durch ein ungenügendes Flottengesetz selbst die Hände gebunden hat, nämlich den Schritt alle ver- alteten Schiffe mit einem Federstrich auS der Liste der Kriegsschiffe zu streichen. Man ist dabei sehr gründlich zu Werke gegangen und hat die Zahl von 130 Schiffen, die laut Admiralitäts ordre vom 6. Dezember 1904 gestrichen werden sollten, auf 155 erhöht. Darunter befinden sich vier Linien schiffe, vier Kreuzer 1. Klasse, 10 Kreuzer 2. Klasse und sechs Kreuzer 8. Klasse, nebst drei Kanonenbooten. Diese Schiffe sind keineswegs uralt, die Linienschiffe „Colling- wood". „Conqueror". „Hero" und „Sans Vareil" z. B., die zusammen neu 43 Millionen Mark kosteten, sind 1882—89 erbaut, die vier Kreuzer 1. Malte „Aurora", „Immortalits", „Narcissus" und „Undaunted" (Her stellungspreis 20 Millionen Mark) ebenfalls 1889, die zehn Kreuzer 2. Klasse „Andromache", „Apollo", „Intre- pvd", „Melampus", „Najad", „Pique". „Rain- bow", „Retribution", „Spartan", „Tribuna" 1890 dis 1896, und der Kreuzer 3. Klasse „Pactolus", sogar erst 1897. Aber sie besitzen „verhältnismäßig geringen Gefechtswert", und deshalb werden sie einfach, obwohl sie ein Kapital von über 110 Millionen Mark repräsen tieren, zum alten Eisen geworfen. Man verringert da mit zwar die Zahl der Kriegsschiffe scheinbar wesent lich. man erzielt damit aber auch den Vorteil, daß man eine Flotte zur Verfügung hat, die wirklich modernen Anforderungen entspricht und im Ernstfall in der Hand tüchtiger Offiziere etwas zu leisten vermag. Man er- reicht dadurch ferner eine wesentliche Herabsetzung der Ausgaben für Reparaturen und bekommt endlich etwa 2100 Köpfe an Offizieren und Mannschaften frei, die nunmehr zur Besetzung der Vollendung entgegengehen, der Schiffe verwendet werden können. Es mag zugegeben werden, -aß die britische Admiralität hierbei recht radikal vorgegangen ist, eS ist das aber jedenfalls besser als der Zustand, den wir in Deutschland augenblicklich haben, wo die gänzlich veralteten Schiffe der „Sachsen"-Klasse als vollwertige Linienschiffe und andere, ebenso un moderne als „große Kreuzer" in der Liste geführt wer- den, ohne daß sie für den Ernstfall noch irgend welche Be deutung haben. Eine wesentliche Entlastung LeS neuen Marine- budgetS ist ferner dadurch herbeigeführt worden, -aß England im Vorjahre beim AuSbruch deS russisch-japa- nischen Kriege- von Chile die beiden Panzerschiffe „Triumph" und „Swifffure" kaufte, also die Neubauten für 1905/06 um zwei vermindern konnte, Ueber- dies tat man noch dem japanischen Bundesge- nossen mit dem Ankauf einen Gefallen, denn auch Rußland trat al« Reflektant auf die beiden Chilenen auf. Demgemäß wird im neuen Etat nur für ein neues Panzerschiff die erste Baurate gefordert. ES soll in PortSmouth gebaut werden und „Dreadnought" (wie daS bekannte, jetzt als Lazarettschiff dienende Schiff au« Nelsons Flotte) beißen. Seine Abmessungen stehen noch nicht fest, doch ist soviel sicher, daß e» alle bisher er bauten Panzerschiffe an Devlazement übertreffen soll. Eine dringende Mahnung für uns. das Teplazement unsrer Linienschiffe bis aus 18 000 Tons zu steigern. Im übrigen läßt sich folgender Bauplan für den 1. April 1906 geben: Neu verfügbar: 4 Schlachtschiffe („King Edward VII.", „Commonwealth", „Triumph", „Swift- sure"); 1 Panzerkreuzer („Cornwall"): 4 Kreuzer 3. Klasse: 12 Unterseeboote: 9 Torpedobootszerstörer, 4 Torpedoboote, 1 Flußkanonenboot. 1 Aviso. Im Bau: 8 Schlachtschiffe, 15 Panzerkreuzer, 2 ungeschützte Kreuzer (je 1 zweiter und dritter Klasse), 8 „Scouts" (Hochsee-Torpedobootszerstörer). 18 Tor pedobootszerstörer, 11 Unterseeboote. Ne »aufgelegt lvevden zum 1. April 1 Sclsiachtschisf („Dreadnought"), 4 Panzerkreuzer. 5 „Scouts". 12 Torpedobootszer störer. 11 Unterseeboote. Für diese Neubauten sind erste Raten eingestellt im Betrage von 1,3 Mill. Pfund Ster ling. Die Neubauten, die in Zukunft aus Sparsam keitsrücksichten nur an Privattversten gegeben werden, sollen statt in 36—30 Monaten möglichst in 24—18 Monaten fertiggestellt tverden. Die Staatswerften wer den sich in Zukunft lediglich mit Reparaturen zu bescliäf- tigen haben. Um möglichst vollkommene Entwürfe zu erhalten, ist ferner eine besondere Kommission für Konstrukttonszeich nungen und Entwürfe eingesetzt worden, an deren Spitze der Erste Seelord der Admiralität Fisher steht. Ihre Aufgabe ist es, auf Grund der vom Nachrichtenbureau der Admiralität gelieferten Studien über den russisch japanischen Krieg die in diesem gemachten Erfahrungen für die britische Flotte nutzbar zu mackien und gleichzeitig auch aus den Flottendauten anderer Länder die nötigen Schlüsse zu ziehen. Ein« andere Kommission soll einen sparsameren Betrieb dec Staatswerften herbeizuführen suchen. In Wirklichkeit bedeutet also die scheinbare Bsichrän- kung der diesjährigen Flottenausgaben nur eine Inten sivierung der finanziellen und technischen Kräfte. Eng land erntet jent die Früchte der Arbeit un'd Opfer frühe rer Jahre und sieht so den alten Satz wieder bewährt, daß eine vernünftige Kapitalausgabe die weiseste Form der Sparsamkeit ist. Dazu kommt die Neuverteilung der ^Kriegsschiffe auf die verschiedenen Häfen, die wirklich ein militärisches Meisterstück ist und England tatsächlich eine große Ueberlegenheit in allen für einen Krieg in Betracht kommenden Gewässern gibt. Man vergegen wärtige sich: England besitzt zur Zeit (außer 47 im Bau befindlichen) 432 Kriegsschiffe aller Gattungen, darun ter 44 Linienschiffe. 28 Panzerkreuzer und 102 andere Kreuzer verschiedener Klassen! Dabei hat noch am 14. März der Parlamentssekretär der Admiralität Prettyman im Unterhause erklärt, jedes die Flotte be treffende Problem sei veränderlich. Aus dem Umstande der Flottenverteilung folge nicht, daß nicht in zwei oder drei Jahren neue Erwägungen die Regierung veran lassen könnten, einen anderen Verteilungsplan aufzu- stellen. Der Plan sei nach den Bedürfnissen der Gegen- wart im Rahmen des Iahresbudgets aufgestellt, sollten im nächsten Jahre sich größere Bedürfnisse Herausstellen, so werde das Parlament größere Forderungen zu be willigen haben. Dem Konservativen Nerburgh ging denn auch der „kleine" Flottenbauplan nicht weit genug, eine Auffassung, die durch die Regierungsvertreter aber widerlegt ist. Tenn die englische Politik ist. wie Pretty- nian andeutete. einfach die des Abwartens: werden die russischen, französischen, deutschen und — ia8t not least — die nordamerikanischen Flottenbaupläne ernstlich in die Tat umgejetzt, so wird auch binnen Jahresfrist das britische Flottenbauprogramm erweitert sein. Aber schon jetzt ist, wie gesagt. Englands Ueberlegen heit zur See gesichert: die vier Flotten sind so einheitlich zusammengesetzt und so praktisch verteilt, daß jede von ihnen mit Leichtigkeit aus zwei verschiedenen Schau plätzen erscheinen kann. Die bereits bekannt gewordene Generalrdee für die Flottenmanöver von 1905 läßt denn auch bereits erkennen, daß man in England zwar keine aggressiven Pläne gegen irgend eine Macht hat, daß man aber auf alle Fälle gerüstet sein will. Es heißt in der Proposition für die Manöver: „ES wir- angenommen, daß gespannte Beziehungen mit einer noch nicht genannten fremden Macht (Frankreich. Ruß land, Deutschland oder Amerika. Red.) eingetreten sind. Demgemäß sollen drei feindliche Geschwader formiert werden, wovon zwei in den europäischen Gewässern und im westatlanttschen Ozean und noch an einem dritten Orte (Sunda-See, Red.) kreuzen, während das dritte Geschwader sich den Haudelswegen nähern soll. 1906 sollen dann die Manöver fortgesetzt werden, unter der Annahme, daß der Krieg ausgebrochen ist. Eine Anzahl großer Kreu^r werden die feindlichen Seestreitkräfte markieren und nach geheim gehaltenen Punkten in See gehen, wobei den kommandierenden Admiralen und Ge schwader-Befehlshabern volle Freiheit der Bewegung gelassen ist." Mit anderen Worten: Die englischen Flottenmanöver 1905/06 werden die ganze Welt um fassen. DaS sollte gerade uns zu denken geben und »in- davor warnen, teure Flickarbeit zu machen. Das eng lische Beispiel zeigt uns. wie viel zu erreichen ist. wenn die richtige Summe Geldes am richtigen Orte ausge geben wird. Möge deshalb unsere deutsche Marinever- waltung nicht auS falscher Sparsamkeitssucht mit For derungen kommen, die sich nur zu bald als unzulänglich erweisen werben! vr. ?. Vie Wrir in vnrrisnck. Der Gberbür-ermeifter ven ^etersbmrg, Beljanow, bat, wie gemeldet wird, seine Demission ein- aereicht. Ihm dürsten auch verschiedene Stadtverordnete folgen, da sich i« dieser Körperschaft dauernd« Uneinig keit zergt. D«r «««« Gchuv«rn«ur vr« Efthlanö. An Stelle de« bisherigen Gouverneur« von Efthland, Wirkt. Staatärat« Bellegarde, der al« Ebes der Oberpreß- * Verwaltung nach Petersburg berufen wurde, kommt Staats rat A. Lopuchin, der Direktor deS Polizeideparte- ment«, nach Reval. Vielleicht steht diese Ernen nung im Zusammenhang mit den Agrarunruhen, die gerade in den Ostseeprovinzen einen besonders bedrohlichen Charakter anzunehmen beginnen. Lopuchin hat schon im Jahre 1902 als Prokurator des Charkow er Gerichts hofes die damalige Agrarbewegung in den Gouvernements Charkow und Poltawa blutig unterdrückt, wofür ihn Plehwe mit dem Posten des Direktors des Polizeidepartements be lohnte. Als es vor einigen Tagen hieß, Lopuchin werve auS seinem bisherigen Wirkungskreise ausscheiden, faßte man da vielfach als eine endgültige Kaltstellung dieses Mannes auf. Die Unruhen in Russisch-Polen. Wie über Warschau telegraphiert wird, meldet die „Nowoje Wremja", baß im Minislerkomitee unter Vorsitz Wittes die Einführung der polnischen Sprache in den Mittelschulunterricht in Polen beschlossen worden sei — AuS Warschau selbst meldet der „L. A.": Hier wurden heute 128 ältere Schüler des Gymnasiums der Vor stadt Prags arretiert, die jüngere Schüler gezwungen batten, den Unterricht zu verlassen. Um 9(, Uhr abend« schleuderten drei unbekannte Individuen vom Trottoir auS eine Bombe gegen eine auf der Wolskastraße marschierende Militärpatrouille. Die Detonation wurde kilometerweit ge hört. Als die Rauchwolke sich verzog, erblickte man vier schwerverwundete Soldaten deS Wladimirschen Regiments aus Bialystock und zwei Polizeiwachtmeister in ihrem Blute liegen. Auch ein Gendarm wurde verletzt. Ein gleichfalls verwunveter Postbeamter warf sich auf die Täter, die indessen entfliehen konnten. Sieben Schwerverwundete wurden nach den Spitälern gebracht, sieben andere in den angrenzenden Häusern untergebracht. — Nach einem Telegramm der „Schles.-Ztg." wurden im Laufe der letzten Nächte in Lodz eiye große Anzahl von Aerzten und Advokaten verhaftet, die sich politisch verdächtig gemacht haben. ver ruttlrch-japaitirÄe Weg. Japan «nd England. Eine Meldung des Tokioer Berichterstatters der „Times" führt unter Angabe vieler japanischer Preßstimmen auS, Japan sei nicht nur entschlossen, das englisch-japanische Bündnis fortzusetzen, sondern e« bestehe an maßgebender Stelle auch die Absicht, eine Erweiterung diese« Ver hältnisse« zu einer Offensiv» und Defensivaktion nach Art de« russisch-französischen Bünd nisse« zu erstreben. Die „Times" besprechen diese Absicht sehr sympathisch. Zu gleicher Zeit mit dieser hochpolitischen Exkursion des CitYblatteS hat, wie aus Tokio gemeldet wird, am 16. März die japanische Regierung das Uebereintommen mit Großbritannien bekannt gegeben, nach welchem Japan und Dritisch- Jndien gegenseitig Meistbegünstigung genießen. Das Abkommen ist sofort in Kraft getreten. Vie rMUtärattachör. Ueber da« Schicksal der zur russischen Armee kommandierten fremdländischen Offiziere nach der Schlacht bei Mukden war man lange Zeit im Un gewissen. Erfreulicherweise ist jetzt über den Aufenthalt zweier deutscher Offiziere Nachricht eingetroffen. Frau Geheimrat Lau en st ein, die Mutter des Ober leutnants Lauenstein, wurde von der deutschen Botschaft in Petersburg benachrichtigt, daß Lauenstein und Tettau wohlbehalten in Chardin eingetroffen sind. Vom Arlegrschauplatz. Eine Petersburger Drahtung der „Times" meldet, das russische Kriegsministerium glaube, daß dieJapaner außer Standeseien, die Verjolgung der russischen Armee fort zu setz en. Es wird inNußland die Befürchtung gehegt, daß die Tschunchusen die Eisenbahnstrecke Charbin-Tsilsihar, welche die Mongolei begrenzt, abschneiden. Der Tokioer Korrespondent des „Standard" drahtet: Die Besetzung von Kaiynan kennzeichne wahrscheinlich das Ende der aktiven Verfolgung der russischen Truppen durch die Japaner. Die Lage der Russen sei überaus prekär, da sie durch den Verlust von Mukden und Tieling von den reichlichen chinesischen Zufuhr quellen völlig abgeschnitten seien. — In direktem Gegensatz zum „Standard" meldet die Petersb. Telegr. Agentur au« Gunschuling von Mittwoch 11 Uhr 15Min. vormittag«: Ja der Nacht war e« auf der ganzen Front ruhig; Kaiyuan ist noch nicht von den Japanern besetzt. — Der General Linjewitsch hat vom 21. März nach Peters burg gemeldet: Gestern erschienen vor unseren Vorposten kleine feindliche Kavallerieabteilungen, hinter denen Infanterie verrückte; letztere machte bei dem Dorfe Machantai Halt. — Nach einer Reuterdepesche au« Guntsuling ist General Kuropatkin, da er glaubt, daß die Armee außer Gefahr ist, am 19. März nach Charbin gegangen; aber, da beschlossen worden ist, daß er Komman dierender der ersten mantschurischen Armee bleiben sollte, ist er am Dienstag zurückgekehrt. E« wurden ihm große Ovationen dargebracht. Kuropatkin hielt eine kurze Ansprache, in der er die Hoffnung ausdrückte, daß die Armee bald im Stande sein werde, die erlittenen Schicksal«- schlägt wieder gutzumachen. Nach vier Tagen Ruhe in Tieling ist das russische Heer wieder geordnet worden und hat seinen Marsch regelrecht fortgesetzt. Der japa nischen Verfolgung fehlt e« au Kraft und Eifer. Gsama» Einzug in M«kö«n. Am 1b. März hielt Oyama seinen denkwürdigen Ein zug in die alte chmesische Kaiserstadt. Vom Südtore bis zu den Gebäuden, die al« da« Quartier für den Feldmarschall und seine» Stab »»«gesucht waren, bildeten Truppen der zweiten Armee Spalier. Der Stab de« Feldmarschall« wurde von dem Stabe der Armee Oku« begleitet. Die Infan terie der Wach« de« Hauptquartier«, eine Kavallerieabteilung und ein Detachement Gendarmerie eröffneten den Zua. Da hinter folgte Oyama, in dessen Stab General Kodama und der Prinz Fukuschima ritten. Dann folgte der Stab der »weffen Armee mit den Militär-Attache« und den Korrespondenten. Die Spalier bildenden Truppen, die den heftigsten Kampf in der Schlacht au«zn- balten gehabt hatten, zeigten in ihrem abgerissenen Zustand deutlich dessen Spuren. Die Fahnen waren vollständig zer fetzt. Marschall Oyama machte einen gealterten Eindruck. Sein Gesicht war tiefernst und durchfurcht. Im Innern der Stadt hat ihm der chinesische Vizekönia eine Anzahl schöner chinesischer Häuser zur Verfügung stellen lassen. Chine sische Soldaten und chinesische Polizei hielten da« Volk zurück. Die Leibwache des VizekönigS nahm an dem Einzug teil, wobei sic japanische Fahnen von gewaltigem Umfang trug. Die ganze Stadt war mit derartigen Fahnen bedeckt. Seitdem die Russen in Mukden eingerückt waren, hatten die Chinesen ihre Landesfahne verstecken müssen, denn die Russen duldeten nur die russischen Farben. Ueber 100,000 Chinesen sahen sich den Einzug an. Ihrer Gewohn heit gemäß zeigten sie keinerlei Erregung und verhielten sich vollständig ruhig. veutsArr Zeich. Leidig, 22. März. * Gräfin Montignosa in Atcsole. Die Gräfin Mon- tignoso wird, laut einem Privattelegramm deS „B. T.", in einigen Tagen, nachdem sie seit zehn Tagen im Hotel Aurora in Fiesole bei Florenz geweilt ^re bisherig Wohnung verlassen und eine kleme von ihr gemietete Villa in der Nähe ihres jetzigen Aufenthaltes beziehen. Sie umgibt sich mit als treu erprobten Dienstboten, um sich ungestörter Ruhe erfreuen zu können. Der Aufenthalt der Gräfin bei Florenz wirb bis Ende Mai dauern, damit die Gräfin beständig in der Nähe ihrer Rechtsbeistände weilen kann. Die Apanage, die ihr seit dem 1. März entzogen ist, ist auch bisher auS- geblieben. In Privatbriefen an befreundete Dresdner Familien beklagt sich die Gräfin bitter, daß fortgesetzt erdichtete und entstellte Nachrichten über sie verbreitet würden, gegen die sic wehrlos sei. Wiederholt bekräftigte Gräfin Montignoso, baß alle Anschuldigungen gegen den Grafen Guicciardini Verleumdungen seien. Sie schildert ihn als einen durchaus ehrenwerten Mann, der sich stets mit größter Energie der wehrlosen Frau annahm. AuS durchaus ehrenvollen Motiven habe er die Gräfin mit Rat und Tat unterstützt. Sie habe kein andere« Gefühl als das der Dankbarkeit gegen ihn. Auf die Sicherheit der Gräfin ist man in Fiesole sehr be dacht. Carabinieri patrouillieren unausgesetzt Nachts um ihr Haus. Am Tage bewachen die Billa zwei Geheim polizisten, die die Gräfin auch aus ihren Ausflügen und Spaziergängen begleiten. M Berlin, 22. März. * Minister des Innern v. Bethmann-Hollweg. Das Rätselspiel, das sich naturgemäß an das Scheiden jedes Ministers aus seinem Amte anknüpft, hat rasch sein Ende erreicht. Aber die Lösung selbst bedeutet eine Ueberraschung, weder einer der drei als Kandidaten genannten Oberpräsidenten, noch Herr Hcntig sind an die Spitze der preußischen Verwal tung des Innern berufen werden, sondern Herr v. Beth- mann - Hollweg, der Oberpräsident der Provinz Branden burg, dessen rasches Avancement vom Bromberger Regierungs präsidium auf seinen jetzigen Posten im Oktober 1899 be rechtigtes Aufsehen machte. Wenn auch offiziös behauptet wird, eine amtliche Verlautbarung sei noch nicht erfolgt, so ist das nebensächlich, der „L.-A.", der in solchen Fragen ebenso vorsichtig, wie gut unterrichtet zu sein pflegt, meldet die Ernennung als Tatsache, und das ist genug. Zudem ist ja zwischen „StaatSanzeiger" und ,^okalanzeiger" nur ein Unterschied von wenigen Buchstaben. Wenn eS also kein Zufall ist, daß der Ober präsident v. Moltke aus Königsberg gerade gestern in Berlin eintraf, so dürften die Verhandlungen mit diesem erfolglos geblieben sein. Daß Herr v. Bethmann-Hollweg sich der besonderen Gunst des Kaisers erfreut, ist bekannt und hat sich erst in diesen Tagen wieder gezeigt, indem der bisherige Oberpräsident eine Einladung zur Teilnahme au der Mittel meerreise deS Kaisers erhielt, der er indessen jetzt kaum wird Folge leisten können. Herr v. Bethmann-Hollweg war schon einmal nach dem Scheitern der Kanalvorlage zum Minister des Innern ausersehen. Von seiner Berufung wurde damals angeblich Abstand genommen, weil verschiedene Zusicherungen politischer Natur, von denen der brandenburgische Ober präsident seinen Eintritt in das Staatsministerium abhängig machte, ihm nicht gegeben werden konnten. Der Kaiser soll Herrn v. Bethmann-Hollweg am Dienstag abend während der Festvorstellung im Schauspielhause persönlich von der Ernennung in Kenntnis gesetzt haben. Ueber den Lebens gang des Herrn v. Bethmann-Hollweg, besten Großvater 1858—1862 preußischer Kultusminister war, ist folgende« mitzuteilen: Theobald v. Bethmann-Hollweg wurde am 29. November 1856 in Hohenfinow bei Eberswalde geboren, widmete sich dem Verwaltungsfach und wurde 1886 Landrat deS Kreises Oberbarnim. Im April 1896 wurde er Oberpräsidialrat in Potsdam, im Juli Regierungspräsident in Bromberg und am 1. Oktober 1899 Oberpräsident der Provinz Branden burg au Stelle de« verstorbenen v. Achenbach. Dem ältesten Sohne de« verstorbenen Minister- v. Hammer stein, dem Oberleutnant Freih. v. Hammerstein, hat übrigen« nach der „Nord. Allg. Ztg." der Kaiser folgende« Bei- l«id«telegramm gesandt: Tiefbewegt durch Ihre soeben erhaltene Meldung vom Ableben Ihre« Herrn Vater» spreche tch Ihnen und den Ihrigen meine wärmste Teilnahme au«. Ich vertiere in dem Entschlafenen «inen treue» und bewährten Berater, der allzu früh au« seiner ersprieß lichen Tätigkeit abberufen wurde und der dem Vaterland« große Dienste zu leiste« berufe« war. Sott träste Sie und dir Ihrig«! »ühelm L L.
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