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MsdrufferÄMalt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt* erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,3V NM., bei Postbestellung M?!g.All?Postanstal°w Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend P-ftb!ie»u«Äni-«Ä^ träger und Geschäftsstellen nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Kr^eg oder sonst. Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8gespaltene Raumzelle 20 Npfg., die 4ge paltene Zeile der cmtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- Pfennige, die 3 gespaltene Neklamezeile im texUichen Teile 1 RMK. Nachwe^ungsgebühr 20 Reichspje^nige. Vor- w-rL-n n«ch MSguckdeu Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 beiücksichtig^°An?-ig^ anv-hme bis - orm.lvUdr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage ein^ezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anz. nehmen aKcVcrmittlungrstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des ForstrentamLs Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Wilsdruss-Dresden Nr. 279 — 90. Jahrgang Telezr.-Adr.: „Amtsblatt' Postscheck: Dresden 2640 Dienstag, den 1. Dezember 1931 Das Reich als Siedlungssörderer. Tie neuen Richtlinien für die landwirtschaftliche Siedlung, die bei der Umbesetzung der Stelle des Reichs- siedlungSkommissarS in Aussicht gestellt worden sind, sind soeben herausgekommen und man wird anerkennen, daß hier schnelle Arbeit geleistet worden ist. Die rund hundert Paragraphen, die sie umfassen, zeigen aber auch, daß aus den mancherlei Erfahrungen, die auf dem Gebiete der Siedlung im letzten Jahrzehnt gemacht worden sind und deren Niederschlag sich meist in den Klagen der bisherigen Siedler gesunden Hal, sehr viel gelernt worden ist und nun versucht wird, es besser zu machen. Das Gebiet, welches für die landwirtschaftlichen Neu siedlungen in Betracht kommt, zerfällt in drei Zonen, die aber nicht geographisch zusammengefaßt sind. Denn zu der ersten gehören neben dem eigentlichen Osten rechts der Oder (mit Ausnahme des Regierungsbezirkes Stettin» auch dir links der Oder gelegenen Teile von Oberschlesien und die beiderseits des Flusses gelegenen niederschlesischen Kreise. Daneben soll die Siedlung auch zwischen Elbe und Oder, im Regierungsbezirk Stettin, seiner in der Lüneburger Heide, den Geestländereien von Hannover und Oldenburg, schließlich im äußersten Westen, im Emsland, längs der holländischen Grenze und im Süden im Baye rischen Wald gefördert werden, sie soll also alle diejenigen Gebiete umsassen, die aus der deutschen Bevölkerungskarle durch besonders schwache Besiedlung ausfallen, und damit ist die zweite Zone umschrieben. In Ausnahmesällen können auch Mittel im übrigen Reichsgebiet verwendet werden, welches als dritte Zone gilt. Sowohl für die Neusiedlung wie für den Ausbau schon bestehender Betriebe bis zur vollen Ackernahrung, also die Anliegersiedlung, werden die Mittel zentral über die Deutsche Siedlungsbank zur Ver füg u n g g e st e l I t, und nur mit deren Zustimmung dürfen künftig Güter zur Aufteilung an Siedler freihändig oder im Zwangsversteigernngsverfahren erworben werden. Zur Erhaltung der Siedlerstellen ist eine Reihe von wirk samen Schutzbestimmungen getroffen, so das zugunsten der gemeinnützigen Siedlungsunternehmungen einzutragende Wiedsrkaufsrecht, das ausgeübt werden kann, wenn der Siedler die Stelle ganz oder teilweise veräußert oder auf- gibl oder wenn er sie dauernd nicht bewohnt und bewirt schaftet. Der Siedler hat auch eine Reihe weiterer Bi n- dungenzu übernehmen. Um ihn vor Überschuldung zu schützen, darf er innerhalb der ersten fünf Jahre nur im Einverständnis mit dem Siedlungsunternehmer und der Siedlungsbehörde Umbauten vornehmen, seine Gebäude vergrößern oder landwirtschaftliche Maschinen anschaffeu. Diese Genehmigung wird aber erteilt, wenn der Siedler nachwcist, daß er seinen Verpflichtungen pünktlich nach gekommen ist, und daß er genügend eigene Mittel für die Neuaufwendungen besitzt. Sehr wichtig ist eine andere Bestimmung, mit der man dort, wo sie bisher bestanden hat, die besten Erfahrungen gemacht hat: Der Siedler ist verpflichtet, sich während der ersten fünf Jahre einer vom Reiche oder vom Lande bestimmten Siedlungs beratung zu unterwerfen. Ferner ist er verpflichtet, die erforderlichen Versicherungen abzuschließen und auf rechtzuerhalten. Schließlich wird zur Förderung des Ab satzes daraus gedrungen, daß die Siedler sich an bestehende Genossenschaften anschließen, oder daß, wo solche noch fehlen, sie unter Mitwirkung des Siedlungsunter nehmers gegründet werden. Wer kann und soll angesiedelt wer- den? Einleitend wird betont, daß Zweck und Ziel der landwirtschaftlichen Siedlung seien, der Abwanderung ge sunder Volkskräfte nach der Stadt entgegenzuwirken und weiteren Kreisen die ausreichende Lebensmöglichkeit auf dem Lande zu bieten. Es müssen also, und daraus drän gen die Rückschläge, die man manchenorts mit ungeeigne ten Elementen gemacht hat, die Siedlungs anwärter gesiebt werden. In Betracht kommen neben Berufslandwirten vorzugsweise arbeitslose Land arbeiter, ausgeschiedene Wchrmachtsangehörige, deren Eignung von ihrem zuständigen Truppenteil bescheinigt wird, und nun kommt etwas, was in seiner ganzen Wich tigkeit gar nicht stark genug unterstrichen werden kann: „Die gleichen persönlichen Voraussetzungen, wie bei dem Siedlungsbewerber, sollen auch bei seinen mitarbeitenden Familienangehörigen vorliegen. „Nämlich, was sich . immer deutlicher herausgestellt hat, es kommt auch aus die geeignete Siedlerfrau an, und zeit weilig hm es so ausgesehen, als ob wir nicht so sehr mit dem geeigneten männlichen, wie mit dem weiblichen An gebot an siedlungstüchtigen Menschen nun schon bald in Mangel geraten würden. Diesen Punkt müssen alle Siedlungslustigen sehr ge nau überlegen: Schon aus dem heutigen altbäuerlichen Besitz Hai die Landfrau eine ungeheuer sch w e r e A r b e i t s l a st zu tragen, die man mit allen Mitteln der Lechmk zu erleichtern versucht. Noch viel groyer aber ist der Anteil an Mühe und Verantwortung. Welcher der z^rau beim Aufbau einer neuen Stelle zufällt. Richt umsonst haben weltschauende Kreise schon besondere Schulen eingerichtet, so muge Mädchen in jahrelanger Er- Ahung für den künftigen Berus als Siedlerfrauen ae- schult werden. Und es hilft ja nichts, wir müssen sieden Wenn wir nicht untergehen wollen, und dabei darf die Vie Urbeit cker Neichsregierung Winterwirischafi. Diese Woche soll also nun, sicherem Vernehmen nach, die letzte sein, des langen Wartens aus die große Notver ordnung der Neichsregierung über das Winlerwir 1 - schaftsprogram m. Das Hin und Her, das unstete Beraten und Raten soll jetzt einer gewissen Sicherheit Platz machen, wenn es wahrscheinlich auch nur die Gewißheit von sehr unangenehmen Dingen sein dürfte. In ver zweifelten Lagen kann aber eine böse Gewißheit immer noch besser sein als ein Hangen und Bangen in schwebender Pein, ermöglicht sie doch das Einsetzen von festen, wenn auch Minus posten in Kalkulation und Be rechnung. Nachdem verschiedene Referentenentwürse in den letzten Tagen feste Gestalt angenommen haben, dürften sich die Kabinettsberatungen noch über die nächsten Tage erstrecken. Die Schlußsitzung, die das Ergebnis dieser Beratungen in der Notverordnung zusammenfassen wird, soll Ende dieser Woche stattfinden. Nicht ganz so schnell wird ein Punkt erledigt werden, der eigentlich vorzüglich auch in das Winterprogramm hineingehört, nämlich der Umbau und die Vereinfachung in der Verwaltung der verschiedenen Sozialversiche rungszweige. Dieser soll, wie von zuständiger Stelle milgeteilt wird, nicht durch Notverordnung erfolgen, sondern man beabsichtigt, ihn auf dem Wege der normalen Gesetzgebung durchzuführen Alle daran interessierten Stellen, wie Arbeitnehmer und Arbeit geber, Gemeinden und Länder, sollen dazu gehört werden, und man hofft, in eingehenden Aussprachen eine Ver ständigung zu erzielen und vor allem den Widerstand der Länder, die gewisse Beschränkungen ihrer Hoheilsrechte befürchten, zu beseitigen. Die Regelung aus dem Wege der ordentlichen Gesetzgebung bedeutet natürlich, daß Vie Verwirklichung der Pläne sich noch einige Zeit hinziehen wird. Inzwischen mehren sich die Vorstöße gegen einzelne geplante Maßnahmen des Winterprogramms, so vor allem gegen die Erhöhung der Umsatzsteuer, Vie als letzte Reserve für eine Steigerung Ver Steuerein nahmen jetzt von der Neichsregierung eingesetzt werden soll. Nachdrücklichsten Protest Hai besonders der Handel in seinen verschiedenen Zweigen erhoben unv voraus hin- gewlesen, daß eine Umsutzsteuererhöhung, noch dazu in dem vorgesehenen Ausmaß, unter den gegenwärtigen Kon junkturverhältnissen neue unabwälzbare, zusätzliche Be triebsbelastung bedeuten würde Die geplanten Umsatz- steuerveränverungen müßten insgesamt zu weiterem Rückgang des Umsatzes und zur weiteren Lahm legung der Handelstätigkeit führen. Ievisenschwundtro-MverSandelsbitanz Erklärungen des Neichsbankpräsidenten. Reichsbankpräsident Dr. Luther erklärte dem Ber liner Vertreter der Associated Preß, der großen amerika nischen Nachrichtenagentur, u. a.: Das sogenannte Still halteabkommen enthalte so viele Lücken, daß sich daraus die ungünstige Entwicklung des Gold- und Devisen bestandes der Reichsbank zum größten Teil erkläre. In der Zeit vom 1. September bis l5. November ent fielen von l,92 Milliarden Mark Devisenabgaben der Reichsbank nur WO Millionen auf den Warenverkehr, da gegen 1,02 Milliarden aus den Kapitalverkehr. Von letzte ren seien 720 Millionen Kreditrückzahlung. Ohne diese Kreditrückzahlungen hätte die Reichsbank statt eines De visenverlustes von 510 Millionen einen Zugang von 210 Millionen ausweisen können. Hieraus ergebe sich Deutschlands guter Wille zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten, der jedoch allein das Problem nicht lösen könne. Wenn, was an sich ganz unmöglich sei, in der genannten Zeitspanne der Außenhandelsüberschuß in voller Höhe sich in Deviseneingang umgewandelt hätte, selbst dann hätten noch 100 Millionen Mark gesehlt, um die Zahlungen aus dem Kapitalverkehr in Höhe von 1,02 Milliarden Mark zu decken Kein noch so günstiger Deviseneingang könnte also auf die Dauer Kreditrückzahlungen im bisherigen Tempo er möglichen. Die Annahme, daß ein Außenhandelsüberschuß sich sofort in Devisenanfall verwandele, sei ganz unzulässig, denn zwischen dem Grenzübertritt der Ware und dem Hereinkommen des Ausfuhrerlöses vergingen mehrere Monate. In den sehr hohen Kreditrückzahlungen, die die Ursache der dauernden Devisenverluste seien, spiegele sich die politische Gesamtentwicklung und die weltwirtschaftliche Lage, die noch immer, wenn auch jetzt im begrenzten Um fange, jenen Run der Gläubiger auf Deutschland sich fortsetzen läßt, der Anfang Juni be gonnen habe. Eine Lösung, die wirklich helfe, zu finden, sollte um so mehr möglich sein, als Deutschland seit vorigen Herbst annähernd fünf Milliarden Mark an das Ausland zurückgezahlt habe. Reichsiagseinberufung beantragt. Der Ältestenrat soll zusammentreten. Die kommunistische Reichstagsfraktion hat die Einbe rufung des Reichstages für Freitag, den 4. Dezember, be antragt. Es foll u. a. zu den bevorstehenden neuen Not verordnungen sowie zu den hessischen Vorgängen Stel lung genommen werden. Auch soll eine außenpolitische Aussprache, unter besonderer Berücksichtigung der Lage im Fernen Osten, ersolgen. Die sofortige Einberufung des Ältestenrates zur Befchlußfassung über diesen Antrag' wurde ebenfalls beantragt. Klagen der Kriegsopfer vor -em Dusschuß. Beschlußfassung am Mittwoch. In einer Sitzung des Kriegsbeschädigtenausschuffes des Reichstages wurde die Rechtslage der Kriegsbeschädig ten erörtert. Es kam zum Ausdruck, daß die Krieaer- witwen, Eltern und Waisen nicht nur durch die Notver ordnungen, sondern noch mehr durch die neuen Bestim mungen über die Zusatzrenten und durch die Einschrän kungen der Kann-Bezüge bei der Elternveihilfe, der Wit wen- und Waisen- sowie der Erziehungsveihilse in Not geraten seien. Beschlüsse wird der Ausschuß erst woch sasseu. Neue MjM Ser BemikMälter m li> »H.? Berlin, 30. November. Wie das „Berliner Tage blatt" meldet, wird die neue Kürzung der Beamtengehälter nml 10 v. H. infolge der Verzögerung der Fertigstellung der Not verordnung Wer den November hinaus nicht wie ursprüng lich beabsichtigt gewesen sei, am 1. Dezember, sondern erst cm» 1. Januar in Kraft treten können. Sie werde auch nicht rück datiert werden. Wie das Blatt weiter zu wissen glaubt, werde der Gedanke erwogen, die bei den Ländern durch ihre paral lele Gehaltskürzung entstehenden Ersparnisse nicht den Kassen der Länder, sondern denen des Reiches zuzuführen. Der Vor schlag gehe dahin, der Gehaltssenkung nicht die Form eine» Gehaltsabzuges zu geben, sondern sie etwa in der Form de» „Neichshilfe" an die Krisensteuern anzuhängen, so daß sie al» Reichssteuer in vollem Umfang dem Reich zugute käme. Da die Länder gegen diesen Plan Einwände erheben dürsten, sek es noch ungewiß, ob er sesie Gestalt gewinnen werde. RerllMWMnsmnz iw Haag? Berlin, 1. Dezember Nach einer Meldung der Bö» senzeitWg aus dem Haag verlautet in politischen Kreisen, daß von englischer Seite Den Haag als Tagungsort der nach Basel für nächstes Jahr angeregten Reparationskonferenz vorgeschla gen wurde. Die Neichsregierung soll sich mit diesem Vorschlag einverstanden erklärt haben, während Frankreich Cannes oder Brüssel in. Vorschlag bringe. Auch die italienische Regierung sei für Den Haag. iWWLMWLLMWSM MI» Frau nickst die schlechtere Hälfte werden, sonst bleiben alle Aufwendungen und Anstrengungen umsonst Ein bevorzugtes Anrecht haben bci der Aufteilung von Siedlungsgütern nun laut Reichsbestimmung die auf diesen Gütern beschäftigten Landarbeiter, Handwerker und Angestellten bekommen, von denen sich gezeigt Hai, daß sie vielfach das geeignetste Siedlermotenal sind und durch ihre Kenntnis der örtlichen Wirtschoftsverhältnisse den Neuankömmlingen ein Vorbild sein können Das Entscheidendste aber ist wohl, daß man jetzt auch an der zuständigen Stelle die Anschauung vertritt, daß die bisherige Siedlung z n ienci gewesen ist, und daß die Kosten grundsätzlich und in starkem Maße ge senkt werden müssen, soll das Reich sein Zie^lungswerk im notwendigen Umfange sorisetzen können und soll die Siedler bestehen. Spart der Siedler dabei gegenüber dem älteren Verfahren die Hälfte und mehr an Anzahlung und Nententilgung, so wird dasür seine Arbeitsleistung mehr, als es bisher der Fall gewesen ist, herangezogen So heißt es, daß die Anlage von Wegen, Gräben u dgl nach Mög lichkeit von den Siedlern selbst, gegebenenfalls unter Mit wirkung von Fachleuten, durchzuführen ist, bei größeren Arbeiten soll der freiwillige Arbeitsdienst mit heran gezogen werden. Das sind einige der wesentlichsten Bestimmungen aus den neuen Richtlinien. Wir befinden uns mitten in einer Volksnmschichning, wie sie in dem Umsange, wie eS der Reichssiedlungsplan vorsiebi, seit dem Dreißigjährigen Kriege nichl mehr staiigefunden Hal. Die Größe dieses Unternehmens, welches für die Zukunft der Nanon so ent scheidend ist, rechlfertigi den Aufwand an Voraussicht, den ihm die verantwortlichen Slellen widmen. W. S.