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Dezember 1931 politische Irrwege. „Seit 1929 hat die Weltwirtschaft eine so tiefgreifende und verhängnisvolle Veränderung erfahren, daß ein wörtliches Festhalten an den Bestimmungen des Young- Planes eine Verfälschung seines Geistes bedeuten würde; dem Urteil des jetzt in Basel zusammengetretenen Young- Komitees ist in seinen wesentlichen Punkten schon durch die klare Empfehlung des Baseler Bankierkomitees vor weggegriffen worden." Wenn man diese Worte des eng lischen Weltblattes, der „Times" liest, so darf man als Deutscher mit Genugtuung feststellen, daß hier die Unmög lichkeit des Young-Planes auch als Meinung eines Staates zum Ausdruck kommt, der doch selbst an der Schaffung jenes Planes überaus aktiv tätig gewesen ist. Und wenn jetzt das Young-Plan-Komitee in Basel zusammengetreten ist, so dürfen wir Deutsche mit nicht geringerer Genugtuung auch die zweite Feststellung machen, daß — abgesehen freilich von Frank reich — alle maßgeblichen Regierungen der Welt jene Un möglichkeit einer buchstäblichen Durchführung des Young- Planes eingesehcn haben. Die „Times" sind ein konser vatives Blatt und die englischen Konservativen haben auf eine enge politische Zusammenarbeit mit Frankreich ge rade in Reparationsfragen größtes Gewicht gelegt; oft genug zum schweren Schaden für Deutschland. Trotzdem hat man auch in London erkannt, daß es auf den Pfaden der französischen Nepa rationspolitik einfach nicht mehr weiter geht. Allerdings fragt es sich, wie weil die Macht und die Kraft reicht, diese Erkenntnis in die Tat umzusetzen. Das ist das große Fragezeichen, das hinter die Arbeit des Baseler Ausschusses gesetzt werden muß, obwohl ja jenes Bankierkomitee im August zu der Erkenntnis kam, daß Deuschlands- Finanz, und Wirtschafts lage jede Tributzahlung unmöglich mache und dieses Komitee auch den Engländer Layton zu seinen prominentesten Mitgliedern zählen konnte, der auch jetzt wieder als englischer Vertreter nach Basel gegangen ist. Im deutschen Memorandum, das die Einberufung des Baseler Ausschusses beantragte, ist allerdings gesagt worden, daß durch die dortigen Arbeiten der Weg zu um fassenden gemeinsamen Maßnahmen gefunden werden solle. Dabei muß daran erinnert werden, daß es erst langer und schwieriger Unterhandlungen mit der fran zösischen Negierung bedurfte, um deren Zustimmung zu dieser Formulierung des deutschen Antrages zu erhalten. Denn den Buchstaben des Young-Planes gemäß sollten sich die Sachverständigen der sieben im Ausschuß be teiligten Länder ja nur mit der Prüfung der deutschen Wirtschafts- und Finanzlage insofern beschäftigen, als dieser die Aufbringungs- und Transfermöglichkeit der Young-Plan-Verpflichlungen Deutschlands berühren. Und das Ergebnis dieser Arbeit wird dann den Gläubiger- regiernngen sozusagen als „Material" zugeleitet werden, zu dem eine Stellungnahme voraussichtlich in einer all gemeinen Reparationskonferenz erfolgen dürfte. Übrigens ist der Ausschuß — und das ist für Deutschland ganz besonders von Wert — durch den Young-Plan ermächtigt, weitere vier Sachverständige für Spezialfragen hinzuzüwählen. Auch das frühere Bankier- komitee, dessen Zusammenberufung eins der wenigen Ergebnisse der Sommerkonferenz in London war, hatte je einen holländischen, schweizerischen und schwedischen Vertreter als besonders eifrige Mitarbeiter und deren Arbeit kam in dem Schlußbericht in einem für Deutschland Wertvollen Sinne zum Ausdruck. Daß dieser „Layton- Bericht" ein überaus pessimistisches Gutachten über Deutschlands Zahlungsfähigkeit abgab, ist ja bekannt; infolgedessen haben französische Bestrebungen eingesetzt, dieses Gutachten nun nicht einfach zur Grundlage und rum Ausgangspunkt auch der jetzigen Ausschußarbeiten zu wachen, sondern wieder einmal vor vorn anzusangen. Auf alle Fälle ist aber gar nicht daran zu zweifeln, daß der enge Nahmen, den der Young-Plan für die Ar beiten dieses Sonderausschusses vorsieht, nicht bloß prak- Ah, sondern auch formal bereits beseitigt ist. Auch das man als einen Erfolg für Deutschland verbuchen. Tüdern ist für uns die L a g e äußerst ernst. Ein -Ältliches oder nur fahrlässiges Hinauszögern der ab- 1o!a^"den Ergebnisse des Ausschusses und der daran Zusammenberufung der entscheidenden Repara- 1a ^»ierenz würde diese in einen unmittelbaren Zu- bringen mit den großen weltpolitischen Ans- Üeb» Übungen,' über denen die llberschrifi „Abrüstung" ZA- < 'M aber heute fast die ganze Welt die Unmög- m Young Plans erkannt hat und sie auch offen Zuglbt, so liegen die Ursachen für diese Unmöglichkeit auch barin, daß - wie die Mitglieder der Young-Plan-Konse- renz m Paris selbst erklärten — nicht rein wirtschaftlich- sondern auch politische Erwägungen bei der drecken deutschen Zahlungsverpflichtungen mii- «um n>mi „s^ehi das auch jetzt wieder in Basel, erfolgt Lamon BeNctn r-unpolitische Feststellung, wie der wieder nenau r^^roffcn hat, dann wird man auch jetzt Lilien ist , Daneben greifen, wie das in Paris ge- zwei Fahre e seitdem zwei Fahre vergangen, die von ein furchtbares Urteil über fällt ba" d" Politik vorgeschriebenen I r r w e g e ge- Der Oributsuslchuh tagt. Vor schweren und ernsten Kämpfen. Die Eröffnung der Baseler Konferenz. Der beratende Sonderausschuß der BIZ., der die deutsche Zahlungsfähigkeit untersuchen soll, trat in Basel zu seiner ersten Sitzung zusammen. Am Sitze der BIZ. und in den sich um die Bank gruppierenden Hotels am Zentralbahnhos in Basel, wo die Abordnungen mit ihren Sachverständigen und Mit arbeitern abgestiegen sind, herrschte schon in den Vortagen eifriges Kommen und Gehen. Es wurden die letzten organisatorischen Vorbereitungen für ein reibungslojes und sachgemäßes Arbeiten und auch für müheloses Rück fragen bei den einzelnen Negierungen und Zentralbanken getroffen. Der große Stab von Mitarbeitern, die die Abord nungen begleiten, deutet darauf hin, daß der Kamps um die Tribute und um klare volkswirtschaftliche Einsichten sehr ernst und schwer sein wird. Oie ersten Schwierigkeiten. Die erste Sitzung des Tributausschusfes begann mit fast zweistündiger Verspätung. Als einer der ersten betrat D r. Melchior, der Vertreter Deutschlands, den Sitzungssaal. Tie ganze Lage muß als ernst angesehen werden, da nicht nur über die Präsidentschaft, sondern auch über die Arbeitsmethoden große Schwierigkeiten in Erscheinung getreten sind Durch eine Erklärung der halbamtlichen Havasagentur. wonach „der Arbeitsrahmen des Sonderausschusses sich nur aus die Erörterung der Aufhebung des geschützten Teiles der deutschen Zahlungen beziehen dürfe", ist die Lage stark verwickelt worden. „Die deutsche Denkschrift," so heißt es in der fran zösischen Erklärung weiter, „die die Einberufung des Sonderausschusses verlangte, zeige aber, daß der Ausschuß sich nicht nur mit diesem geschützten Teil, sondern mit dem ganzen Young-Plan befaßen solle Anderer seits verbinde die deutsche Negierung damit auch die Frage der privaten Schulden. Der Verteidiger der fron- zösischcn Interessen werde zweifellos von Anfang an eine Koalition gegen sich haben." ES wird jedoch angenommen, daß sowohl die Amerikaner, wie die Neutralen eine ausgleichende Ver mittlung vornehmen werden. Oer italienische Präsident. Zu Beginn der Verhandlungen entstand ein Streit »m den Vorsitz Frankreich wünschte den Belgier Frang ui, während ein Teil der Mitglieder des Sonderausschusses dem Amerikaner Stewart den Vorsitz geben wollte. Gewählt wurde schließlich das italienische Mitglied des Ausschusses, Professor Bencduce. Professor Beneduce hat schon an den Verhand lungen des sogenannten Wiggin-AuSschusses, der im August in Basel über die Kreditlage Deutschlands beraten und eine unter, dem Ramen Layton-Bericht belannt- Profcssor Beneducc. gewordene Untersuchung Uber diese Frage verfaßt hat, teilgenommen. Ferner hat der Sonderausschuß die Hinzuwahl der vier besonderen Mitglieder vorgenomme». Es wurden ernannt: Direktor Dr. Bindschedler von der Schweizerischen Kreditanstalt, der frühere hol ländische Minister Eolyn und der schwedische Finanzsachverständige Rydbeck sowie der frühere süd slawische Finanzminister Gjuritsch. Da sich Rydbeck augenblicklich in Berlin aufhält und Gjuritsch noch tu Paris anwesend ist, so wird die Ankunft der beiden abge wartet, ehe der Wiederzusammeniritt des Sonderaus schusses erfolgt, der sür Dienstag vormittag vorgesehen ist. Schließlich beschäftigte sich der Sonderausschuß noch mit verschiedenen organisatorischen und Ver walt ungssragen. Der Nachmittag diente den Mit gliedern dazu, daß umfangreiche, von der deutschen Ab ordnung in drei Sprachen abgefaßte Sondermaierial, das über die verschiedenen zu berührenden Punkte genauestens Ausschluß gibt, zu sichten. * Deutschland drängt auf beschleunigte Beratung. Basel, 7. Dezember. Der Sonderausschuß der B8Z. wird aller Wahrscheinlichkeit nach bereits am Dienstag vor mittag seine Arbeiten fortsetzen, um die geschäftlichen Frage» endgültig zu regeln. Dr. Melchior hofft, voraussichtlich am Mitt woch zu dem eigentlichen Kernproblem, der Prüfung der deutcheu Eefarntlage, überzugehen, die er mit einem Bericht einleiten wird. Deutschland hat dazu den Vertretern bereits umfang reiches Material in drei Sprachen zugestellt. Der deutsche Ver treter ist bereit, den Mitgliedern des Ausschusses in eingehender Weise Aufschluß über alle Fragen zu geben und diese, wenn gewünscht, noch durch Hinzuziehung des einen oder anderen besonderen Sachverständigen ergänzen zu lassen. Deutschland dringt aber auf beschleunigte Beratungen, denn ein weiteres Hinauszögern der Regelung der Reparationsfrage gefährdet nicht nur die laufenden Kredite Deutschlands, sondern unter gräbt feine ganze Kredilwirtschast. Das deutsch-belgische Markabkommen und die Tributfrage London, 7. Dezember. Die Verhandlungen des eng lischen Außenministers mit dem belgischen Außenminister knüpfe» soweit die Tribute in Frage kommen, an das Ergebnis der Lon doner Sieben Mächte-Konferenz an, auf der Belgien seine be sondere Stellung und seine besonderen Wünfche namentlich auch hinsichtlich des Markabkvmmens zum Ausdruck gebracht hatte. Zwischen der englischen und der belgischen Politik scheint Lieber- einstimmung darin zu bestehen, daß die Tributfrage kein geeig neter Grund für die Ergreifung von Sanktionen für den Fall ist, daß Deutschland nicht zahlen kann. Die Unterredung Hy mans mit dem englischen Außenminister erstreckte sich fast aus- schieUich auf politische Probleme und berührte unter anderem auch die Abrüstung und die mandschurische Frage. Angeblich hat Belgien bereits den französischen Vorschlag hinsichtlich eines französisch-belgischen Zollvereins abgelehnt, worüber der belgi- fchen Außenminister weitere Ausklärung gegeben haben soll. * „das Traumbild der Separationen." General Smuts gegen Schuldenzahlungen und Tribute. Geucral Smuts richtete in Kapstadt eine Warnung an die Staatsmänner über die Gefahren, die der Well drohen, wenn eine wirkliche Lösung der Reparationssrage noch weiter hinausgefchoben wird. Er bezweifle, ob Deutsch land noch weiter Reparationszahlungen leisten könnte. Wenn Deutschland aber nicht mehr an England zahle, so könne auch England seine Schuldenverpflichtungen an Amerika nicht erfüllen. Es habe leinen Zweck, sich noch weiter von dem Traumbild der Reparationen umgauleln zu lassen, das die internationalen Beziehungen vergifte. Heute Kanzlererklärung zur Notverordnung. Morgen Veröffentlichung. Das Reichskabinett beschäftigte sich unter dem Vorsitz des Reichskanzlers mit der zweiten Lesung der neuen Not oerordnung. Die endgültige Entscheidung über Preise u n d L ö h n e. dir bis jetzt noch immer zurückgestellt wor den ist, soll jetzt fallen. Nachdem dann dir letzten redak tionellen Arbeiten vurgcnommen sind, wird der Reichs kanzler dem Reichspräsidenten das Verordnnngswrrk zur Unterzeichnung vorlegen. Das dürfte am DirnSiag ge- schrhrn, und der Kanzler beabsichtigt dann, wahrschrinlich am Mittwoch dir Notverordnung zu veröffentlichen Dir Bclanntgabr wird begleitet sein von einer Kund aebunaderNeichsrcaieruna.ticd?rdie Gründe dargelcgt werden, von der sich das Kabinett bei den ein zelnen Maßnahmen hat leiten lassen. Auch im Hinblick aus die Tagung des Tributausschusses in Basel dürfte diese Kundgebung sehr wichtig fein, weil aus ihr hervorgehcn mutz, datz Deutschland jetzt seine letzten Reserven eingesetzt Hal, ohne daß es wissen kann, ob diese Opfer imstande fein werden, auch nur seine innere« Nöte zu mildern. * Von dem ursprünglich in Aussicht genommenen Empfang der Parteiführer hat der Reichskanzler Brüning wieder Abstand genommen. Er will offenbar die Argumente, die er den Partei führern vvrgetragen hätte, in der großen Rundfunkrede mit ver werten, die er am Dienstag abend halten wird. Diese Rede, die über alle deutschen Server verbreitet werden wird, wird rwr- aussichllich abends gegen 9 Uhr stattfinden.