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Wilsdruffer Tageblatt : 24.11.1931
- Erscheinungsdatum
- 1931-11-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193111246
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19311124
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19311124
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1931
-
Monat
1931-11
- Tag 1931-11-24
-
Monat
1931-11
-
Jahr
1931
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 24.11.1931
- Autor
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VAS Horhzeits gefchenk. Am Abend des 19. Juli 1929 kaufte der Fabrikant Bruno Corrinth bei den Juwelieren Steindorfs L Westen- darp ein Anhängsel, das an einer dünnen Platinkette einen schönen viereckigen Smaragd trug. Es war das Hochzeits geschenk für seine einzige Schwester Marion Corrmth, die sich am 22. Juli in "Wiesbaden mit einem Herrn von Hanussen vermählen sollte. Der Fabrikant reiste noch an demselben Abend im Schlafwagen nach Wiesbaden, um an den Hochzeitsfestlichkelten teilzunehmen. In Wiesbaden fand er um das Brautpaar einen Freundes- und Verwandtenkreis sympathischer Men schen versammelt, in dem er sich schnell heimisch fühlte. Er hatte die Tochter eines Wiesbadener Professors zur Tisch dame. Fanny Wynand war vielleicht die am wenigsten schönste der anwesenden Damen. Trotzdem gefiel sie ihm durch den gütigen, gesammelten Ernst in ihren klaren, grauen Augen und die gewinnende Art, in der sie ein kluges Ge spräch zu führen und zu beleben wußte. Es entstand schon in den ersten Stunden ihrer Bekanntschaft eine freundschaft liche Zuneigung, die durchaus nicht von flüchtiger Art war, denn nach Corrinths Abreise entspann sich zwischen ihnen bald ein von beiden Seiten mit so echter Anteilnahme geführter Briefwechsel, daß man die Verabredung traf, sich im Sommer 1930 in einem Badeort wiederzusehen. Doch der Aufenthalt in Wiesbaden brachte Corrinth außer der angenehmen Bekanntschaft noch eine peinliche Ent hüllung. Als er nämlich der Braut das Hochzeitsgeschenk überreichte und Marion das Behältnis öffnete, erwies es sich, daß der Schmuck verschwunden war. — Da der Fabrikant Bruno Corrinth bei den Juwelieren Steindorfs L Westendarp vergeblich nach einem Anhängsel mit einem ebenso schönen Smaragd suchte, den er der jetzigen Frau von Hanussen als Ersatz für den verschwundenen schenken könnte, nahm er, da ihm jeder geringere Stein miß fiel, sür Marion einen Ring mit einer Weißen und einer schwarzen Perle. Er hatte die Polizei auf den Diebstahl des Juwels nicht aufmerksam gemacht, denn er wünschte keine Erörterung des Falles in der Presse und wollte nicht, daß sein Name in der Oeffentlichkeit mit Bedauern oder Schadenfreude genannt würde. Auch sagte er sich, daß er selbst nicht ohne Schuld sei, da er keine besondere Vorsichtsmaßregeln getroffen habe, das wertvolle Schmuckstück zu verwahren. Er wußte nicht, ob es ihm in dem Wiesbadener Hotel oder schon im Schlaf wagen abhanden gekommen war. Zwar hatte er seinen Schlafraum mit niemandem geteilt, aber die Nebenabteile waren voll besetzt gewesen; und jemand, der sich auf Juwelenraub und ähnliche Dinge verstand, konnte Wohl im Dunkel der Nacht, unter der Begleitmusik der stampfenden Räder, den grünen Stein entwendet haben. — Ein Jahr später traf der Fabrikant Corrinth mit dem Professor Wynand und seiner Tochter Fanny in Westerland zusammen. In den ersten Augusttagen, in denen Marron von Hanussen mit ihrem Gatten auf der Insel eintrefsen würde, wollten sie die Verlobung öffentlich bekannt geben. Inzwischen aber machte Corrinth in seinem Strandhotel eine Bekannt schaft, welche die Ursache war, daß er sein Gefühl für Fanny Wynand einer sehr strengen Prüfung unterzog. Denn er konnte sich nicht verhehlen, daß die Frau, die hier in sein Leben trat, sein Inneres in einen Zustand versetzte, der zum mindesten als glühende Verliebtheit bezeichnet werden mußte. Fanny Wynand blieb der innere Kampf, den Corrinth kämpfte, nicht verborgen. Sie zog sich schweigend von ihm zurück. Gewohnt, rücksichtslos wahr gegen sich selbst zu sein, sagte sie sich, daß die blendende Erscheinung der Cecilie Haller, die plötzlich in Corrinths Dasein aufgetaucht, mit Notwendigkeit sie stark in den Schatten stellen mußte. Corrinth begann unter dem Zwiespalt, sich weder ganz für Fanny noch ganz sür Cecilie entscheiden zu können, immer schwerer zu leiden. Da griff das Schicksal ein und löste die Verwirrung auf ungeahnte Weise. Bei einem Ball im Kurhotel, den Fanny Wynand auf Corrinths Bitten mit ihm und ihrem Vater besuchte, er schien Cecilie Haller, schöner als je, in einem Weißen Atlas- kleide mit grünem Gürtel. Am Haste trug sie an dünner Kette einen in Platin gefaßten geschliffenen, viereckigen Smaragd. An diesem Abend wartete die schöne Frau vergebens auf einen Tanz mit Bruno Corrinth. Fanny Wynand, die ihn im Ballsaal Vermißte, fand ihn in einem Nebenraum, völlig verstört; er litt sichtlich unter einer großen seelischen Erschütterung. Der Mann griff zitternd nach der Hand des Mädchens und sprach flüsternd mit einer merkwürdigen zerbrochenen Stimme: „Sie kann keine Diebin sein, Fanny, nicht wahr? Ich will sie nie wieder sehen. Das schwöre ich! Aber ich will keine Diebin in ihr sehen...!" „Von wem sprichst Du, Bruno? Ich verstehe Dich nicht." Corrinth legte den Arm um Fannys Schulter und zwang sie mit sanfter Gewalt, sich umzuwenden. Nun konnte sie durch die halboffende Tür in den Tanzsaal blicken, in dem gerade Cecilie Haller im Arme eines englischen Diplomaten langsam vorüber tanzte. Auf dem Weißen Atlas ihres Kleides schimmerte der grüne Stein. „Siehst Du den Smaragd, den sie trägt, Fanny? Dies ist der Stein, der mir gestohlen wurde. Ich erkenne chn genau. Es kann kein Zweifel sein." — Corrinth, der am nächsten Morgen Westerland mit Fanny und dem Professor verließ, beauftragte einen Detektiv mit der Nachforschung über das frühere Leben der Cecilie Haller. — Er erhielt die Auskunft, daß der Name Cecilie Haller falsch sei. Die betreffende Person sei mit einem angeblichen Ingenieur Mechlen verheiratet. Mann und Frau wären in Hochstaplerkreisen wohlbekannt. Ler Ingenieur betreibe als Spezialität den Diebstahl von Juwelen; die Frau habe die Aufgabe, die Edelsteine zu veräußern. Corrinth fragte sich, was diese Toris Mechlen, die er als Cecilie Haller gekannt, bewogen haben möge, iust leinen Smaragd zu behalten und zu tragen, statt ihn zu verhandeln. Arif ihrer Hochzeitsreise durch Italien kamen Corrinth und seiner Frau Fanny deutsche Zeitungen zu Gesicht, die von der Verhaftung eines Hochstaplerehepaares Mechlen berichteten. Corrinth riß das Blatt in kleine Stücke. Ter Wind trieb sie zum nahen Fluß, in dem sie verfaulen. verlorene Kohorte Skizze von Ernst Heller. Der arabische Führer war am verzweifeltsten. Er schien sich vor vr. Bauer auf die Knie werfen zu wollen, als er klagte: „Herr, ich weiß nicht, wie es kam, daß der Wasser- schlauch auslaufen konnte. Geister müssen uns einen Streich gespielt haben, böse Geister, von denen die Wüste voll ist." Der deutsche Forscher unterbrach ungeduldig deu Wort schwall: „Hör aus und sag mir lieber, ob Du keinen Brun nen weißt!" — „Einen Brunnen?" Ter Araber kroch in sich zusammen. „Sieben Tagemärsche sind es bis Bir Teina, und wir haben keinen Tropfen Wasser mehr!" — „Das ist also das Ende?" Er sah erbärmlich aus, dieser Araber, als er sich wand: „Ja, Herr, das Ende! Wenn nicht..." — „Was denn? Rede, stottere nicht!" — „Wenn wir nicht Bir Scheitan auf- sucheu wollen. Aber, Herr, das ist auch der sichere Tod. Man cher soll nach Bir Scheitan gekommen sein, aber keiner ist zurückgekehrt. Der Teufel lebt dort, nein, eine ganze Horde von Teufeln!" vr. Bauers Hand fuhr durch die heiße Luft: „Hör auf! Wie weit fall es denn sein bis zu diesem Teufelsbrunnen?" — „Einen Tag, Herr." — „Tann gibt es ja keine Wahl. Wir gehen nach Bir Scheitan! Raff Deine Knochen zusammen, Du Feigling! Lieber sollen Deine Teufel mich umbringen, als daß ich verdurste." — Im Morgengrauen hoben die Kamele die schwankenden Köpfe: Sie witterten Wasser, vr. Bauer sah sein Gewehr, seine Pistolen nach. Die anderen folgten schweigend seinem Beispiel. Der Führer zitterte auf seinem Sitz. Auf dem Kamm eines Felshügels stand Plötzlich ein Mensch. Ein Mensch? Er sah eher wie ein Tier aus mit der schwarzen Mähne, die ihm tief in die Augen hing, die nackten Schultern bedeckte. Er kletterte wie ein Tier über die Steine, kroch zwischen den Felsen hindurch, verschwand, vr. Bauer wandte sich: „Entsichern!" Eine halbe Stunde später waren sie da. Wie eine Horde Teufel kamen sie von den Hügeln heruntergestürmt, brüllten, schwangen kurze Speere. Ihre Mähnen flatterten, ihre Augen glänzten unter buschigen Brauen. Zehn gegen einen. Dann stutzten sie. Schüsse dröhnten, hallten hundertfach Wider zwischen den steilen Hügeln, warfen zwei Mähnenträger rn den Sand. Zwei, drei von den Teufeln faßten sich nach der SclMer, nach dem Arm, brüllten vor Schmerz, krochen <> . übertönte den Aufruhr: „In die Luft schießen. Die Salven knatterten wie einschlaaende Blitze. Die Teufel flohen. — Die Karawane hielt den eroberten Brunnen beseht Waffenstillstand war geschlossen. Durch Zeichen, nicht durch Worte. Denn keiner verstand den anderen. Doch die Mähnen träger sahen mit aufgerissenen Augen, daß die Fremden die Verwundeten Pflegten, anstatt sie liegen zu lassen. Einer der Schwarzhaarigen kam näher. Er legte ein kurzes Schwert vor vr. Bauer auf die Erde. Es sollte Wohl das Zeichen der Unterwerfung sein. Der Deutsche sah es erstaunt. Ein Gladius, die Hieb waffe, wie die römischen Legionen sie einst geführt hatten. Roh gearbeitet freilich. Doch wie kam das Vorbild zu diesen Wilden? Eine alte arabische Sage kam dem Deutschen Plötzlich in den Sinn: Römische Legionäre sollten einst in der Wüste Arabiens verschollen sein. War dies Schwert ihr Erbe? I Die Frage ließ dem Deutschen keine Ruhe. Er wollte von den Mähnenträgern etwas erfahren, wies auf das Schwert. Sie brachten ihm noch mehr solcher Hiebwaffen. Alle hatten die gleiche Form. Und dann war auch ein Wurf- fpeer darunter. Der Holzschaft fühlte sich wie versteinert an, und vr. Bauers Hand zitterte ein wenig vor Erregung, denn was er da hielt, konnte nur ein Pilum sein, ein römischer Speer. Der trockene Wüstensand mochte den Schaft erhalten haben. Die Mähnenträger konnten keine Auskunft geben. So ging der Forscher selbst auf die Suche. Er draug in eine der Felshöhlen ein, in denen die Wilden mit ihren Frauen und Kindern hausten. Es war Wohl die größte, und sie schien eine Art Heiligtum zu sein. Trockene, kühle Luft stand an ihrem Eingang wie ein schützender Wall gegen die Backofenhitze der Wüste. Die Taschenlampe blitzte aus. Ihr Strahl fiel auf einen Gegenstand, der wie ein Menschenrumpf war. vr. Bauer beugte sich darüber. Seine Hand fuhr über den Plattenpanzer eines römischen Offiziers. Dann fand der Deutsche eine Schreibtafel, auf der das Wachs zu Stein geworden war. Die Schriftzüge, die eine zitternde Greisenhand eingedrückt haben mochte, verrieten das Geheimnis von Bir Scheitan: „Im Herzen der arabischen Wüste schreibt dies der Militärtribun M. Valerius Vetilius im ein- tausendundeinunddreißigsten Jahr seit der Gründung Roms. Das Ende naht. Hierher hat uns die Meuterei ge führt. Die Soldaten der zweiten Kohorte der Syrischen Le gion, meine Legionäre, wollten ein Reich für sich gründen. Sie glaubten den Gaukeleien eines Syrers, der ihnen in der Wüste ein Paradies mit Gold und Weibern und Wein ver sprach. Sie zwangen mich, bei ihnen zu bleiben, als sie in die unbekannte Wüste zogen. Das Paradies fanden wir nicht, nur Huuger, Durst und Tod. Ich hätte sic vielleicht zurück- sichren können. Ich wollte es nicht. Sollte ich mit Meu terern nach Syrien zurückkommcn, nur um mich schämen zu müssen? Wir kamen an diesen Brunnen. Ein paar Araber saßen da mit ihren Weibern. Die sind nun die Stammütter eines verfluchten Volkes geworden. Ich sehe sie vor mir, die Nachkommen meiner Legionäre, wie sie langsam entarten', von Geschlecht zu Geschlecht immer tiefer sinken, bis sie zum Tier werden, weil das neue Blut fehlt, weil sie abstumpfen im ewigen, geisttötenden Einerlei der Wüste. Um diesen einen Brunnen, um die Erhaltung ihres elenden nackten Leben müssen alle Gedanken derjenigen und ihrer Kinder kreisen, die hier ein Paradies zu finden hofften und ihre Soldatenehre einem Phantom opferten." Tie Schreibtafel war alles, was vr. Bauer Aufschluß über die verlorene Kohorte hätte geben können. Er wollte weitersuchen, sich länger am Brunnen der Teusel aufhalten. Und doch zog er nach zwei Tagen mit gefüllten Wasser schläuchen weiter, dem Westen zu. Denn irgend etwas lastete wie ein Fluch über dem Talkessel von Bir Scheitan, ließ den Weißen in der Mittagsglut schaudern. Von einer Bodenwelle warf er den letzten Blick zurück: Da sah er die Mähnenträger wie Tiere auf den Hüqel- kammen kauern. Er mußte an eine Herde Paviane denken, die dem abziehenden menschlichen Störenfried nachsahen. Lu Lei. Eine wahre Geschichte, erzählt von E. Conz-Tokio. Auf einem Ausflug nach den Minggräbern erzählte mir mein Freund Tang Ling-wei, der Antiquitätenhändler am Oestlichen Friedenstor in Peking, die Geschichte. Tang Ling-wei kam auf Liu Teh-schans grauen Esel zu sprechen, als im Gestrüpp neben der Straße ein anderes Lang ohr seinen liefen Weltschmerz in den schönen Frühlingsmorgen hinausschrie. Das klang so menschlich und kam so von Herzen, daß ich ein mitleidiges Gesicht machte. Mein Freund mußte es wohl gesehen haben, denn er sagte tiefsinnig: „Tas ist nun die einzige Möglichkeit, die den Eseln gegeben ist, um ihr Leid in die Welt hinaus zu klagen. Jeder Mensch verkennt, miß achtet und schlägt sie. Mancher hält sie für so dumm, wie er selbst ist, und tituliert seinen Mitmenschen Esel. Wir hier glauben, solch ein Grautier könnte immer noch mehr tragen, und sind wütend, wenn ihm das Rückgrat bricht. Sieh, da war noch vor kurzem hier in der Nähe ein Mann, der hieß Liu Teh-schan. Keiner konnte behaupten, daß der dümmer gewesen wäre als der Durchschnitt unter uns. Dieser Mann ritt nun mit seinem grauen Esel jede Woche einmal zum Markt und hatte dem Tier das Rückgrat schon so weit durchgeboaen, daß er mit den Füßen auf beiden Seiten fast die Erde berührte. Der Esel sagte nichts und schleppte. Eines Tages kam Liu Teh-schan vom Markte zurück, die Tasche voller Käsch. Er schlief auf dem Esel ein. Plötzlich wachte er auf. Irgend etwas mußte Wohl nicht in Ordnung sein. Tatsächlich. Der Esel trottete nicht nach Hause, sondern lief in der Richtung zurück, aus der sie ebeu gekommen waren. Liu Teh-schan war wütend. Erst hieb er dem Esel die Ferse in die Weichen, und als das nichts nützte, stieg er ab und prügelte das Tier solange, bis es die Nase wieder heimwärts richtete. Ein paar Schritte weiter blieb der Esel wieder stehen, wackelte mit den Ohren, legte sie zurück, streckte den Kopf in die Luft und klagte seinem Herrn irgend ein Leid. Liu Teh- schan verstand ihn leider nicht. Er hieb nur dem Tier den Stock wütend auf die Kruppe. Ta ging der Esel langsam weiter. Keine fünfzig Schritte von dort war eine Wegbiegung. Au ihr standen Plötzlich wie aus dem Grase gewachsen vier Kerle. Die stürzten sich über Liu Teh-schan her, rissen ihn von seinen! Esel und stellten ihn auf den Kopf, daß ihm die Käsch aus den Taschen fielen. Sie hatten Wohl mehr Geld erwartet, denn sie waren wütend, und einer schlug ihm mit dem Stock über den Schädel: „Wo ist das andere Geld?" Liu Teh-schan war schon immer ein Hohlkopf gewesen. So genügte der eine Schlag, um ihn zu seinen Ahnen zu berufen. Der Esel legte- den Kopf zurück und klagte laut über den menschlichen Unver stand. So sang wenigstens einer Liu Teh-schan das Sterbelied. In Liu Teh-schans Dorf hätten sie kaum erfahren, wie ihr Landsmann endete, würde nicht eine Frau angstschlotternd- im Gebüsch neben der Straße gelegen und alles beobachtet haben. Sie erzählte, daß einer der Räuber sich auf das Tier gesetzt hatte. So waren die Vier mit dem Esel verschwunden. Die Polizei hatte natürlich anderes zu tun, als sich um einen alltäglichen Raubmord zu kümmern. Liu Teh-schans Söhne bereiteten dem Vater ein würdiges Begräbnis, und damit schien die Sache erledigt zu sein. Schade war es nur um den Esel. — Ein paar Wochen später kam eines Tages ein Fremder auf einem grauen Eselchen durch Liu Teh-schans Dorf. Keiner achtete weiter auf die beiden. Doch plötzlich blieb das Tier sichtlich gegen den Wirken des Reiters vor einem Hause stehen, sah sich die Lehmwand an und schrie freudig auf. Es klang so, als war der Esel ganz entzückt über ein unerwartetes Wiedersehen. Dann warf das Tier plötzlich die Hufe und galoppierte in einem Tempo, das zu einem anständigen Esel gar nicht passen wollte, mit samt dem Reiter in den Hof neben dem Hause hinein. Zwei Schritte vor Liu Teh-schans verblüfften Söhnen blieb der Esel stehen und warf den Fremden ab. Seelenruhig trottete er dann in seinen Stall. Der Reiter war zu verblüfft, um sich lange wehren zu können. Er winselte vor Angst, als Liu Teh-schans Söhne ihn mit ein Paar Stockhieben um Aufklärung baten, wie er zu ihres Vaters gestohlenem Esel gekommen sei. Er gestand alles ein und nannte sogar seine drei Spießgesellen. Zwei Tage später legte man allen Vieren den Kopf vor die Füße. Liu Teh-schans Esel stand dabei, teilnahmslos, als ginge ihn die ganze Sache nichts an. Ich glaube aber eher, er war zu zart fühlend, um an dem Schauspiel Gefallen finden zu können. Nun waren ein paar Leute im Dorfe der Ansicht, Grau ohrs Tat müßte entsprechend gefeiert werden. Es sollte ein großes Fest werden, an dem sich das ganze Dorf beteiligte. Der Oberbonze von der Ortspagode übernahm die Regie. Der Esel bekam eine rotseidene Decke über den Rücken geworfen, und Lui Teh-schans jüngster Sohn führte ihn an einem nagelneuen, silberbeschlagenen Halfter durch das Dorf. Alles, was Beine hatte, lief hinter her, Pries die Klugheit des Tieres, saug, kreischte, schlug die Trommeln und die Gongs. Gelbe Drachen, Fahnen und Girlanden waren über die Stra ßen gespannt, und vor der Pagode warteten die Bonzen. Grauchen wackelte mit den Ohren. Es verstand anschei nend nichts von allem. Es ging mit kleinen zaghaften Schrit ten wie auf Eiern hinter seinem Führer her nnd schielte miß trauisch einmal nach rechts, einmal nach links. Doch als der Esel alle die Leute vor der Pagode sah, stieß er mit allen Vieren gleichzeitig in die Luft, daß die Seidendecke i« den Schmutz flog, drehte sich, rannte ein Paar Menschen um und galoppierte nach Hause. Vor seiner Krippe hob er ein Triumphgeschrei a«, und dann kümmerte er sich nicht mehr um die Welt. Die Leute ließen ihn auch in Ruhe. .So ein dummer Ejel!' sagten sie beleidigt, und feierten das Fest ohne ihn." Mein Freund Tang Ling-Wei senkte tiefsinnig den Kopf- Unser Grauschimmel drüben im Gestrüpp neben oer Straße schien nur auf den Augenblick gewartet zu haben, da die Ge schichte beendet war. Tenn letzt trompetete er seinen Kommen tar dazu hell nnd schmetternd in die Welt hinaus Diesmal klang es. als freute er sich, daß wenigstens ein Mensch ihn und seine Sippe verstand. Sportherz und gewerbliche Gifte. Ist eine übermäßige sportliche Betätigung ohnehin gJ sundheitsgefährdend, wenn sie ohne ärztliche Aufsicht erfolgu so sind die Schädigungen unvermeidlich, wenn die Ausübendev beruflich mit Giften in Berührung kommen. Das hat siw kürzlich bei zwei Gewerbekranken gezeigt, die mit Blei- »m Kohlenoryd zu tun hatten. Zunächst war die Hinfälllgrei ihres durch die sportlichen Anstrengungen vergrößerten SPA Herzens überhaupt nicht in die Erscheinung getreten, die Wirkung der gewerblichen Gifte aber führte zur dauern^ Schädigung des Herzens.
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