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Was daraus geworden ist, sieh! man jetzt nur allzu genau, auch wenn der französische Ministerpräsident beim Betreten des amerikanischen Bodens feierlich erklärt hatte: „Wir erstreben keine irgend wie geartete, mir nicht ganz klar erscheinende Vorherr schaft." Aber schon 48 Stunden später hatte er die Zu sicherung Hoovers in der Tasche, daß „Europa den Euro päern" allein überlassen werden sollte und damit eben die tatsächlich bestehende Vorherrschaft Frank reichs in diesem Europa auch formell be stätigt wurde durch die Passivität der Nolle, die die einzige, dem französischen Schwergewicht noch einiger maßen widerstrebende Macht in der nächsten Zeit spielen will. Wenn die Neichsregierung dieser Lage Rechnung trägt und nach Paris hinhört, ehe sie Vorschläge macht oder Schritte tut in der Frage ebenso der Tilgung unserer private« Schulden wie hinsichtlich des Reparationspro blems, so können die anderen Staaten uns daraus keinen Vorwurf machen. Sie haben, obwohl viel kräftiger, den Widerstand gegen den Verlust des europäischen Gleich gewichts sehr viel eher aufgegeben als wir, jedenfalls immer noch so frühzeitig, daß ihnen zwar schwere Wun den nicht erspart blieben, sie aber wenigstens nicht derart ausbluteten, wie wir es durchmachen mußten und müssen. Das so lächerlich anmutende Wort, das in Edmond Ro- stgnds bekanntem Schauspiel der gallische Hahn „Chante- cler" herausschmettert: „Eh' ich nicht krähe, geht die Sonne nicht auf" ist zur Wirklichkeit in einem Ausmaß geworden, wie es sich Europa noch vor einem halben Jahr nicht hätte träumen lassen, als der ameri kanische Präsident noch den Versuch eines entscheidenden Eingreifens gemacht hatte. Es handelt sich jetzt nur nock, darum, ob und wann in Paris „gekräht" werden soll So scharf har sich diese Umkehrung des früheren Gleichgewichts in sein Gegenteil, in eine französische Vor herrschaft ausgeprägt, daß jeder Stimmungsausbruch gegen diesen Zustand oder gar eine „Eigenwilligkeit" so fort aus Gegenmaßnahmen wirtschaftlicher und finan zieller Art stößt, die von Paris ausgehen oder dort zum mindesten angedroht werden. Gewiß brauchen wir Deutsche nicht auf jedes Stirnrunzeln in der französischen Öffent lichkeit — oder was sich dafür ausgibt — mit ängstlicher Sorgfalt zu achten. Aber die zuständigen Stellen wün schen, nichts in Vorschlag zu bringen, von dem man weiß, daß es einem französischen Nein! begegnen würde. In folgedessen ist ja auch angekündigt worden, daß baldmög lichst nach der Rückkehr Lavals eine Unterredung zwischen ihm und unserem Pariser Botschafter stattfinden Würde, an der auch Briand teilnimmt. Denn nun komm! es ja daraus an, wie der französische Ministerpräsidem sein anderes Wort zur Ausführung bringen will und brin gen wird, „mit allen Kräften für den Frieden zu sorgen —" wobei er freilich sofort die Einschränkung anhängle: „Ohne Preisgabe der wesentlichen Inter essen Frankreichs". Was er selbst darunter ver steht, hat er nicht gesagt; was er aber darunter zu ver stehen hat, wird man ihm wohl sagen, wenn in der nächsten Woche die Kammern wieder in Paris zusammen treten. Bis dahin wird man in Berlin auch wohl wunsch gemäß einen Vorschlag ausgearbeitet haben, der einen Tilgungsplan für die Abbezahlung der deutschen Kurzkredite für die Zeit nach dem 23. Februar 1932 aufweist. Daß dies nicht geschehen kann, ohne daß auch die Frage der Noung-Plau-Zahlungen an geschnitten wird, so so selbstverständlich, daß man sich nur über einige Stimmen des Auslandes wundern muß. Die Abwicklung des Stillhalteabkommens könne aus einem „nüchternen geschäftlichen Boden abseits der Reparations frage" vor sich gehen. Daran ist gar nicht zu denken und die „Besorgnis" ist überflüssig, dafür aber auch recht kümmerlich gespielt. Deutschland werde den Versuch wachen, seine Kurzkreditgläubiger in Gegensatz zu bringen Zu unseren Tributgläubigern. Für beide Schritte ist aber eine Fühlungnahme mit Paris notwendig, ehe wir mit besten Vorschlägen herauskommen. Es besteht ja noch eine dritte Gefahr, die allerdings M wieder für einige Monate gebannt ist: der unserer Mchsbank zur Verfügung gestellte Goldkredit von Millionen Dollar — 420 Millionen Mari — ist noch mals verlängert worden. Das schafft eine wenigstens ^dgenblickliche Beruhigung, gibt aber auch die Gewähr dafür, daß wir langsam, aber doch sicher im Aus- Mnd kreditpolitisch an Boden gewinnen. Das zu er weitern, ist ja auch das Ziel bei der Arbeit darum, wie die wtzl stillehaltenden Kredite Zukünftig abgezahlt werden wllcn. Es läge durchaus im „wesentlichen Interesse" Frankreichs, uns diesen Weg nicht durch unerfüllbare ^ntmtforderungen 3" verbauen. ToiensoNniag Volksiraueriag. Vcrfassun--ausschuß des Preussischen Landtages. Naln?"- Verfassungsausschuß des Preußischen Landtages dab ^/lnen Antrag an, wonach angeordnet werden soll, Ma? öffentlichen Gebäude in Preußen am Volkstrauer- fMben. Regierung bestimmt, halbmast zu flaggen Sie Mitze französische BrrlaMMU. Die erste Unterredung des Botschafters von Hoesch mit Laval und Briand nahm zwei Stunden in Anspruch. Laval gab zunächst Erläuterungen über den Gang und die Ergeb nisse der Washingtoner Verhandlungen. Daran schloß sich eine Erörterung der schwebenden Fiuanzfragen, zu der auch Finanzminister Flandin und Ministerialdirektor Bi zot hinzugezogen wurden. Deutsche Vorschläge sind bei dieser Gelegenheit nicht gemacht worden. Botschafter von Hoesch, der mit dem französischen Außen minister Briand bereits vor feinem Besuche mit Laval eine Besprechung hatte, bat den französischen Ministerpräsidenten auch um nähere Angaben über einzelne Punkte des bekannten Washingtoner Kommuniques und sodann um Angaben darüber, wie sich Amerika und Frankreich eine Beteiligung Deutschlands an der dringenden Aufgabe der Behebung der gegenwärtigen Krisenzusiände denken. Herr von Hoesch wies in diesem Zusam menhang auf die überaus ernste Lage der deutschen Finanzen hin und schnitt dann das Reparationsprvblem an. Von französischer amtlicher Seite wird folgende Ver lautbarung veröffentlicht: Ministerpräsident Laval hat dem deutschen Botschafter von Hoesch von dem Inhalt seiner Besprechungen mit dem Präsidenten Hoover über die Wie dcrherstcllung der normalen Regelung des Uoung Planes nach Ablauf des Moratoriums Kenntnis gegeben. über die Unterredung sind die verschiedensten Ge rüchte verbreitet. Man glaubt zu wissen, daß der fran zösische Ministerpräsident den deutschen Botschafter ersucht habe, genaue Vorschläge zu unterbreiten, und daß Herr von Hoesch angeblich in der Lage gewesen sei, diesem Wunsche sofort nachzukommen. Als feststehende Tatsache bezeichne man es allgemein, daß die Reichsregierung einen energischen Versuch unternehmen wolle, zunächst das Problem der kurzfristigen Kredite einer Lösung ent gegenzuführen, um dann ans Grund dieser Lösung die Zahlungsunfähigkeit Deutschlands in bezug auf die Re parationen zu beweisen. Der „Jnlransigeant" hält es für wahrscheinlich, daß Botschafter von Hoesch den französischen Ministerpräsiden ten um Aufklärung darüber gebeten har, ob Präsident Hoover cke kaew eine Verbindung zwischen den interalliierten Schulden und den Revara - tionen anerkannt habe. Das Blatt ist außerdem der Auffassung, das parallel zu den deutsch-französischen Ver handlungen ein Druck auf die politischen Führer Amerikas ausgeübt werde, um von der amerikanischen Negierung eine eindeutige Erklärung über ihre Haltung in der Frage der Reparationen zu erlangen. Oeuisch-KranZösische Wirtschastsksmmission. Reichskanzler Dr. Brüning eröffnet die erste Arbeitssitzung. Unter Vorsitz des Reichskanzlers Dr. Brüning ver sammelten sich zum erstenmal die deutschen Mitglieder und Sachverständigen der Deutsch - Französischen Wirt schaftskommission. Nachdem der Reichskanzler den Sach verständigen für ihre Bereitwilligkeit zur Mitarbeit an den Aufgaben der Kommission gedankt hatte, führte er einleitend die Ziele dieser Arbeit wie folgt aus: Der Gedanke der Einsetzung der deutsch-französifchen Wirtschaftskommission verdanke Entstehung und Aus gestaltung den Zusammenkünften der deutschen und fran zösischen Minister in Paris und Berlin. Hatte die Kom mission ihren Ursprung somit aus politischem Boden, so beschränke sich ihr Äufgabenkreis auf wirtschaftliche Fragen. Hier allerdings finde sie eine weites Feld; die Sach verständigen könnten alle wirtschaftlichen Probleme in An griff nehmen, die ihnen geeignet erschienen, um die Zu sammenarbeit und das Verständnis zwischen den beiden Nationen? zu fördern. Dabei sei zu betonen, daß die Ar beiten der deutsch-französischen Wirtschaftskommission sich gegen kein drittes Land richteten. Die Sachverständigen dürften die ihnen obliegende Tätigkeit nicht als eine vorübergehende betrachten, die in wenigen Wochen bereits zu einem endgültigen Ziel ge führt haben werde, sondern sollten ihre Aufgabe in einer ständigen gegenseitigen Fühlungnahme und Zusammen arbeit erblicken, die nach und nach alle Fragen in ihren Bereich ziehen könne, die im Rahmen dieser Gemeinschaft gelöst werden könnten. Der Reichskanzler gab sodann bekannt, daß die Kommtf- sion entsprechend der zwischen den beiden Regierungen verein barten Arbeitsteilung in vier Unterkomm ifsionen gegliedert worden ist, von denen die erste Kommission wieder in zwei Abteilungen zerfällt Die erste Unterkommission soll sich mit der Erörterung der allgemeinen Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Völkern befassen. Das Haupttbema der einen Unter abteilung bildet der deutsch-sranzösische Handelsvertrag, wäh- He«te Kadinettssitzung über von Hoeschs Bericht. Berlin, 4. November. Das Reichskabinett wird sich nach der D.A.Z. in einer Ministerbesprechung mit der Unterredung beschäftigen, die der französische Ministerpräsident Laval am Dienstag mit Botschafter von Hoesch geführt hat. Der Bot schafter hat sofort einen sehr langen telegraphischen Bericht über feine Eindrücke nach Berlin übermittelt, der während der Nacht dechiffriert wird und die Grundlage der Kabinettsberatungen bilden wird. Dank an Laval. Bericht vor dem srauzösischcn Ministcrrat. Der französische Ministerpräsident Laval hat sich be eilt, bald nach seiner Rückkehr nach Paris dem französi schen Ministerrat, der unter Vorsitz des Staatspräsidenten Doumer tagte, Bericht über seine Amerikareise zu erstatten. Eine amtliche Mitteilung besagt folgendes über den Ver lauf dieses Ministerraies: „Ministerpräsident Laval hat dem Ministerrat über die von ihm tu den Vereinigten Staaten erfüllte Aufgabe Rechenschaft abgelegt. Der Justizministcr und stellver tretende Ministerpräsident Berard dankte Laval im Namen des Gesamtkabinetts und beglückwünschte ihn zu den Bedingungen, unter denen er sich der Aufgabe entledigt habe. Er hob hervor, daß die ver- l trauensvolle und freundschaftliche Zusammenarbeit zwi- ! fchen Frankreich und den Vereinigten Staaten durch dir Arbeit des Ministerpräsidenten gekräftigt worden sei. Ferner legte der Finanzminister Flandin dem Ministerrat den Gesetzentwurf über den neuen Ab schnitt der nationalen Ausrüstung vor. Die betreffende Vorlage wird unmittelbar dem Finanzaus schuß zugeleitet werden, damit die Aussprache in der Kammer so schnell wie möglich beginnen kann. Der Zu- sammentrittderKammer wurde aus den 12. No vember festgelegt. Im übrigen wurden militärische Er nennungen vollzogen." Diese amtliche Verlautbarung ist für Laval tatsächlich so herzlich gehalten, daß man annehmen darf, daß Laval aus Amerika für Frankreich allerhand Vorteile mitgebracht hat. Interessant ist in dem amtlichen Bericht noch der Hinweis aus „den neuen Abschnitt der französischen Aus rüstung", was auf neue Rüstungen Frankreichs hinzudeuten scheint. rend sich die andere Unterabteilung insbesondere mit den pri vaten Wirtschasstvereinbarungen, wie Kartellen usw., befassen wird. Die zweite Untcrkommission soll die Verkehrssragen (Eisenbahnen, Binnenschiffahrt, Seeschiffahrt, Luftverkehr) be handeln. Der dritten Unterkommission liegt die Erörterung der Frage der Bildung von Interessengemein schaften zum Zwecke einer engeren Verflechtung der beiden Wirtschaften ob. Die vierte Unterkommission soll sich dem Problem der Zusammenarbeit widmen. Die Kommission wird ihre Tätigkeit aller Wahrschein lichkeit nach Ende der nächsten Woche mit einer Zusam menkunft einiger Mitglieder und Sachverständigen in Paris beginnen. Als Vorsitzende wurden bestimmt: Unterkommission!: Staatssekretär z. D. von Simson; Unterabteilung 1: Ministerialdirektor Posse vom Reichswirtschaftsministe rium; Unterabteilung 2: Clemens Lammers; Unterkom mission U: Graf von Rödern, Verband Deutscher Reeder; Unterkommission III: Abraham Frowein; Unterkommis sion IV: Minister a. D. Hermes. Sie Aemegelung der Osthilfe. Neue Grundsätze für die Sanierung. In den nächsten Tagen wird eine Notverordnung über die Neuregelung der Osthilfe erlassen werden. Sie wird die neuen Grundsätze enthalten, die bei den Besprechungen zwischen Reich und Preußen vereinbart worden sind. Es handelt sich um die Art der Anwendung der bisherigen Sanierungsmaßregeln. In der Zwischenzeit finden zwischen den Reichs- und den preußischen Stellen noch weitere Verhandlungen über die künftige Durchführung der neuen Grundsätze statt. Die Notverordnung foll dem jetzigen Zustand der Unsicherheit ein Ende bereiten und be sonders die Zusammenhänge zwischen Ost Hilse und Siedlungspolitik festlegen. Bei den Beratungen, die zurzeit gepflogen werden, spielt einerseits ein Plan des zum Ostkommissar aus ersehenen Landvolkabgeordneten Schlange-Schönin gen eine Rolle, der, wie es scheint, mit den Gedanken gängen, die in preußischen Regierungskreisen über die Um-