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MdmfferTageblatt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts- genNts und des Stadlrats zu Wilsdruff, des ForsLrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum/ Beamte/ Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8gespaltene Raumzeile 20 Rpfg., die 4gelpaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs pfennige, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Nachweisungsgcbühr 20 Neichspsennige. Dor- Fernsprecher- Amt Wilsdruff Nr. 6 vnnahmedisvorm.10Uhr. —— Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. Anz. nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die ^andwirtschast, Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend dtt 2m Kalle döh-r-r »cwatt, Kr-eg °d-r sonst. D-lri«bsstSrun,cn befiehl dein Andruck'aus »er . Ntung oderKllrzung des Bezugspreises. — Rücksendung elngesandter Schriftstücke ersolgt nur, wenn Porto b-iliegt. Nr. Z51 — 90. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt Wilsdruff-Dresden «« Postscheck: Dresden 2640 Dienstag, den 27. Oktober 1931 Die Diktatur des Franc. „Ich habe schon mehrfach betont, daß die Welt mehr unter dem eingefrorenen Vertrauen leidet als unter den eingefrorenen Krediten," äußerte der amerikanische Prä siden, in einer der spärlichen und meist herzlich wenig sagenden Erklärungen, in denen die nach Washington lauschende Welt über die Verhandlungen Hoovers mit Laval „umerrichtet" wurde. Jetzt ist diese Konferenz zu Ende, sie gehört der Geschichte an, — aber selbst der größte Optimist wird nicht behaupten können, daß diese Be sprechungen und ihr Ausgang im geringsten dazu dienen werden, das eingefrorene Vertrauen aufzutauen. Denn das Ergebnis ist ein rein negatives. Darüber ist man sich in Washington selbst, in London und Paris durchaus einig. Vielleicht hatLaval das ihm zugeschriebene Wort: „Hier ist nichts zu machen! Europa muß sich selbst Helsen!" auch wirklich gesprochen. Der Ausgangspunkt für Lavals Marschroute war, von Amerika in irgendeiner Form eine vertrags mäßige Garantie der französischen „Si cherheit" zu erhalten. Dafür wollte dann Frank reich gewisse Zugeständnisse in den verschiedenen „Pro blemen" machen, die heute ein Auftauen des „eingefrore nen Vertrauens" in der Welt verhindern: Abrüstung- und interalliierte Schuldenfrage, Zukunft der deutschen Tribute, also des Young-Plans, und des Hoover-Feierjahres, das deutsche Stillhalteabkommen usw. Vielleicht wäre Hoover persönlich nicht allzu abgeneigt gewesen, etwa durch eine Erweiterung des Kellogg-Paktes über die Kriegsächtung den französischen „Sicherheits"-Wünschen entgegenzu kommen, — aber der Vorsitzende des Auswärtigen Senats ausschusses, Borah, erklärte sich offen und auch in Unter haltungen mit Laval selbst überaus scharf gegen jede Ein mischung Amerikas in die europäische Politik, solange unser Erdteil vom Geist und von den Buchstaben des Ver sailler Diktats regiert werde. Genau so wie 1919 der amerikanische Senat dem damaligen Präsidenten Wilson die Genehmigung dieses Vertrages von Versailles versag, bat. lehnte Borah — ganz zweifellos dabei gestützt auf Vie Anschauungen einer Scnalsmchrheit — jetzt jede politische Bindung Amerikas an das kon - fliktsersüllte Europa rundweg ab. Und die Lage des Präsidenten Hoover dem Senat, aber auch dem Repräsentantenhaus gegenüber ist insofern schon nicht ge rade leicht, als sein „Feierjahr" leider den durchschlagen den Erfolg ganz und gar vermissen ließ, aus den Amerika und die übrige Welt hoffte und der allein auch den ameri kanischen Verzicht auf die Zahlungen seiner europäischen Schuldner rechtfertigen konnte. Jetzt steckt Amerika selbst bis über den Kopf in Wirtschafts- und kreditpolitischen Schwierigkeiten. Vorsichtig, fast ängstlich formuliert, sagt die Schluß erklärung über den Ausklang der Verhandlungen be trübend wenig. Und für uns Deutsche sogar gefähr lich wenig! Nur das eine: der Young-Plan ist und bleibt in Kraft, soll also mit dem 1. Juli 1932 wieder „funktionieren", wenn nicht vorher eine ander weitige Regelung zwischen den direkt an ihm inter essierten, also den europäischen Mächten, erfolgt ist Daß dies geschehe, wird als Wunsch ausgedrückt, würdc denn auch wohl die Neuregelung der interalliierten Schul den gegenüber Amerika zur Folge haben. Aber — „Europa muß sich selbst helfen". Und da wird für Deutschland kaum etwas anderes übrigbleiben, als den Bestimmungen des Young-Planes gemäß zunächst eine Verlänge rung des Moratoriums zu beantragen und als Vorbereitung hierfür durch die Baseler „Bank für Len internationalen Zahlungsausgleich" eine Unter suchung seines wirtschaftlichen und finanziellen Zustandes veranstalten zu lassen. Der weltpolitische Schwer punkt hat sich ruckartig von Amerika nach Europa zurückverlegt und nun stehen sich in der Frage unserer Tributverpflichtungen praktisch allein nur noch Deutschland und Frankreich gegenüber. Was das für uns bedeutet, bedarf wohl kaum noch einer näheren Erläuterung! Dieser vollständige Wechsel in der ganzen weltpoliti schen Lage, diese völlige „politische Abkehr" Amerikas von den europäischen Schwierigkeiten und Streitigkeiten über kommt uns Deutsche wie ein Hammerschlag. Aus eine Unterstützung Englands ist für uns nicht mehr zu rechnen; man hat dort mit sich selbst genug zu tun. Die Linie Chequers—Paris—London—Berlin—Washington ist zu Ende; jetzt gibt es nur noch die beiden Punkte Paris und Berlin, zwischen denen die Entscheidung fallen muß. Dazu kommt auch noch das allmähliche Heranrücken des Fälligkeitstermins für die Milliar densummen unserer kurzfristigen Ver- schuld ung, die bis zum Februar 1932 dem vor läufigen Stillehalten unserer Gläubiger unterliegt. Was daraus werden soll, ist in den amtlichen Erklärungen aus Washington gar nicht berührt. Dort hat man sich — stark °nf Kosten Amerikas natürlich — nur über die Einstellung «er französischen Goldabzüge so etwas wie geeinigt. Hoovers Plan einer Mobilisierung der in Amerika selbst un!? o°renen Kredite durch Vergrößerung des Noten- setn- r» gleichfalls in der Versenkung verschwunden i, IE dessen muß die amerikanische Bundeszentral- Schutze der Golddeckung ihren Diskontsatz er- en. Auch hier siegte schließlich die Diktatur des Franc. Sie -eilWMMe NelinWst. Vertrauen für Vertrauen. Wir sind durch die vielen Festreden bei den Minister besuchen der letzten Zeit schon etwas abgestumpft worden gegen die zahlreichen Freundschaftsbeleuerungen auslän discher Gäste, die nachher häufig praktische Konsequenzen vermissen ließen; aber die Töne, die jetzt bei dem Besuch des italienischen Außenministers in Berlin angeschlagen werden, lassen doch erkennen, daß es sich hierbei nich, lediglich um Trinksprüche und Höflichkeitsbezeugungen handelt, sondern daß sie aus einer tiefergehenden Sym pathie nicht nur der Staatsmänner, sondern der Völler zueinander hervorgehen. Es schwingt in ihnen ein Unter ton der Herzlichkeit, den man schwerlich überhören kann und den man z. B. in den Unterhaltungen zwischen Hoover und Laval völlig vermißte. Allzuviel greif bare Resultate darf man ja von solchen Schnellbesuchen, die fast völlig durch die Erfüllung diplomatischer Höflich keitspflichten ausgefüllt werden, nicht verlangen; um so wertvoller ist es daher, wenn man gefühlsmäßig feststellen kann, daß unsere Beziehungen zu Italien aus einer Wahlverwandtschaft zwischen den beiden Völkern beruhen. Sie wird sich sicher fester erweisen als jede materielle Interessengemeinschaft, die nur allzuoft in ihr Gegenteil umschlägt. Aus allen Reden Grandis kling, es hervor, daß Italien das Vertrauen zu Deutschland bereits hat, das es von den anderen Völkern als die Grundlage für eine Besserung der europäischen Verhält nisse fordert, und aus den Reden der deutschen Staats männer wird Grandi die Überzeugung mit nach Hause nehmen, daß Deutschland Vertrauen mit Ver trauen zu vergelten weiß. Granoi MS Gast ves Reichskanzlers. Reichskanzler Dr. Brüning gab zu Ebren des tialientschen Außenminister Grand, in der Reichskanzlei ein Staats banken, an dem die Mitglieder des Reichskabinetts sowie zahlreiche andere prominente Politiker leilnahmen. Von links: Reichssinanzminister Dr. Dietrich, Außenminister Grandi, Reichskanzler Dr. Brüning. * Italien und -er Wiederaufbau Deutschlands. Grandi über die Probleme des nächsten Jahres. Der italienische Außenminister empfing in Berlin die Vertreter der Presse. Er führte dabei u. a. aus: „Es ist für mich eine große Freude, nach Berlin gekommen zu sein und dem Reichskanzler einen Besuch abzustatten. Dieser Besuch fügt sich in den Rahmen der Besprechungen und Ideenaustausche zwischen Staatsmännern ein, die zuerst in diesem Jahre ihren Anfang genommen haben, in Europa und außerhalb Europas fortgesetzt werden und die bereits viele beachtliche Ergebnisse gezeitigt haben und von denen noch größere zu erwarten sind. Die wirtschaftliche, politische und ökonomische Lage ver langt die ernsteste Aufmerksamkeit, die größte Bereit willigkeit zur Überwindung der allgemeinen Krise, für die Wiederherstellung des Vertrauens zwischen den Völkern und des Vertrauens der Völker in sich selbst. Der Ches der italienischen Regierung hat wiederholt diese Auffassung bestätigt. Gestatten Sic mir, daran zu erinnern, daß er mehrmals gesagt hat, daß der Wieder aufbau Deutschlands als eines der wichtigsten Elemente für den Wiederaufbau Europas angesehen werden muß. Diese klaren Direktiven der italienischen Politik rühren nicht von heute her, da seit vielen Jahren der Chef der italienischen Negierung auf die Notwendigkeit für die Völker gedrungen hat, daß sie den aus dem Weltkonflikt herrührenden Seelenzustand überwinden und sich alle auf eine intimere und vertrauensvollere Zusammen arbeit vorbereiten. Ich hatte bereits im vergangenen Sommer die be sondere Freude, mit dem hervorragenden Herrn Reichs kanzler zusammenzutreffen während der Begegnungen in Paris, London und dann in Rom. Bei diesen Gelegen heiten und ebenso gestern konnte ich mich von den staats männischen Eigenschaften des Herrn Brüning überzeugen und von der Selbstlosigkeit, mit der er alle seine Kräfte vergibt, um die schweren Probleme der Gegenwart zu überwinden. Alles, was Deutschland in diesen letzten Monaten dazu getan hat, um in sich selbst die notwendigen Kräfte zu finden, um die Krise zu überwinden, ist ein Beweis seiner Lebensfähigkeit und der moralischen Kräfte des deutschen Volkes, das mit ruhigem Optimismus seiner Zukunft entgegensetzen darf und kann. Das jetzt kommende Jahr steht nicht vor weniger weitgehenden und schwierigen Aufgaben, deren Lösung die ganze Welt gespannt erwartet und die wir alle die Pflicht haben, auf die beste Weise zu verwirklichen. Als erstes von allem das Problem der Rüstungen und die Lösungen, die ihm in der nächsten allgemeinen Abrüstungskonferenz gegeben werden können, sind der dringendste Punkt der Anstrengung, die unsere Zivilisation leisten muß, um sich selbst zu retten und unseren Kindern eine Zukunft des Gedeihens und des Friedens vorzubereiten. In diesem Problem wie in dem anderen, nicht weniger wichtigen und dringenden der finanziellen Verpflichtungen, die sich aus dem Kriege ergeben haben, ist der Gedanke der italienischen Regierung zu bekanm, um ihn noch ein mal zu wiederholen. Ich begebe mich jetzt zu Seiner- Exzellenz, dem Feldmarschall von Hindenburg, dem Deutschen Reichspräsidenten, um ihm den Gruß der Regierung Seiner Majestät des Königs von Italien und meine persönliche Huldigung zu überbringen. Die Hoch achtung und Ehrerbietung, die seine hervorragende histo rische Persönlichkeit der ganzen Welt abfordert, machen mir als Soldaten und Frontkämpfer diese Gelegenheit, in ihm auch das tapfere deutsche Volk begrüßen zu dürfen, dessen Gast ich die Ehre habe in diesen Tagen zu sein, be sonders schätzbar." Grandi bei Hindenburg. Amtlich wird mitgeteilt: Der Herr Reichspräsident empfing den Herrn italienischen Minister des Äußern, Grandi, der von dem königlich italienischen Botschafter in Berlin, Herrn Orsini Baroni, begleitet war. Der Empfang, der etwa eine Viertelstunde dauerte, verlief in betonter Herzlichkeit. Im Anschluß fuhren Grandi mit seiner Begleitung und der Reichs kanzler mit einigen deutschen Herren im Auto nach Pots dam, wo das Frühstück eingenommen wurde. Gegen Abend hatte Reichskanzler Brüning noch einmal eine politische Aussprache mit Grandi. Der italienische Außen minister Hai sich entschlossen, nach dem offiziellen Besuch noch einen Tag in Berlin zu bleiben, um als Privat mann die Reichshauptstadt zu besichtigen. * Deuischian- und Italien einig. Aussprache über die zu erwartenden Ereignisse. Die offiziellen Besuche und Verhandlungen anläßlich der Anwesenheit des italienischen Außenministers Grandi in Berlin wurden am Montag abend abgeschlossen, über das Ergebnis der Besprechungen gibt in großen Zügen die amtliche Mitteilung Auskunft, die von deutscher und italie nischer Seite gemeinsam abgcfaßt worden ist. In unter richteten Kreisen wird betont, daß der Besuch sehr ange nehm und freundschaftlich verlaufen ist. Die verschiedenen Fäden, die bereits bei der Anwesenheit der deutschen Minister in Rom angeknüpft worden sind, sind weiter ge sponnen worden. Es war nicht Aufgabe dieser Zusammen kunft, Einzelfragen zu erörtern; vielmehr sind die großen Probleme und Grundsätze, die für deren Lösung in Frage kommen, durchgesprochen worden. Für Deutschland kam cs im wesentlichen daraus an, angesichts der Ereignisse, die im Laufe der nächsten zwölf Monate zweifellos cintreten werden, die Auffassung und grundsätzliche Einstellung Italiens kennenzulerncu. Über einstimmung zwischen der italienischen und der deutschen Auffassung ist praktisch in allen Fragen in hohem Maße erreicht worden. Es ist selbstverständlich, daß in diesem Zusammenhang auch die Probleme, die sich beispielsweise aus dem Er gebnis der englischen Wahlen ergeben können, ferner über die Stillhaltung (obwohl Italien unmittelbar nicht an der Stillhaltung beteiligt ist) und schließlich über die Ab- rüstungssrage gesprochen worden ist. Auf deutscher Seite wird betont, daß der Zeitpunkt des Besuches nicht geeignet gewesen sei, jetzt schon prak tische Lösungen zu behandeln, zumal sich ja auch noch nicht einwandfrei übersehen lasse, was der Besuch Lavals in Washington ergeben habe. Es sei von ebenso großem Interesse zu erfahren, über welche Dinge in Washington