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Wilsdruffer Tageblatt : 21.10.1931
- Erscheinungsdatum
- 1931-10-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193110212
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19311021
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19311021
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1931
-
Monat
1931-10
- Tag 1931-10-21
-
Monat
1931-10
-
Jahr
1931
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 21.10.1931
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dem den grüßte vergnügt: „Na? komme gleich. Also: was Wetter, was? Kurs 358 MWM 5ie SU! UilMU Wz« aus und wir Der wachhabende Offizier mit dem Brückenpersonal, Ausguck-, Signal- und anoeren Posten, alle im Oelzeug, die Mützen oder Südwester tief in die Stirnen gezogen, die Ge sichter braun und rissig von Seewasser und Wind, suchen schweigend, mit zusammengekniffenen Augen über die See. Der W. O. (wachhabender Offizier) in der Luvnock (Windseite) der Brücke — meterhoch stiegt er mit seinem staubigen Straßen. Und als wir spät abends halb tot dem Wagen kletterten, Masken von Staub im Gesicht die Hände verbrüht von kochendem Kühlerwasser, waren mit den Nerven ziemlich fertig. Das Haus, in dem wir übernachten sollten, gehörte alten Gillis. Seine Nichte war da, ferner ein Trooper, der weißhaarige O'Conolly, und ein neuer Beamter der Forst verwaltung, der Glorris hieß und schön wie ein Filmheld, nur weniger süß war. Braun, groß, mit den wiegenden Be wegungen eines wohltrainierten Athleten. Die vier saßen stumm um einen Tisch, als wir kamen. Der Fünfte im Raum ging auf und ab. Das war Juan Alvarez der Spanier. Die Augen dieses Mannes blickten dunkel, leuch tend. Auch das Gesicht war schön, edel geformt. Der Mund aber spiegelte Gier und Unrast und skrupelloses Herrschen wollen Wider. Der Spanier kümmerte sich kaum um uns. Die Stimniung war gedrückt; unsere übermüdeten Nerven spürten die kommende Katastrophe voraus. Mit jedem Worte, das der Spanier sprach, versuchte er Glorris zu reizen. Mit jeder Bewegung, mit jedem Blick stach er nach dem jungen Beamten. Der sagte nichts. Er schreckend aber veränderten Wut und Haß sein Gesicht. Es konnte sich nur mehr um Sekunden handeln, bis er dem Spanier an den Hals sprang. Juan Alvarez wollte nichts anders. Zweimal in letzten fünf Jahren hatte er schon ganz Aehnliches getan: Er reizte und verhöhnte Männer, die ihm an Kraft über legen waren, so lange, bis sie ihn angriffen. Und im Bruch teil einer Sekunde knallte er dann die Angreifer nieder, Sie »Mwmdne SM. Erzählung von Anton E. Zischka. Ncumexiko ist heute eines der wenigen Gebiete Nord amerikas, das noch voll von außerordentlichen Männern und von abenteuerlichen Geschehnissen ist. Autos natürlich und Radio und Silos wie überall. Aber eine Mischung von Indios und Mexikanern, von Abkömmlingen alter spanischer Landedelleute und amerikanischer Pioniere sorgt für Auf regung. Die Sonne brennt in Neumexiko höllisch heiß auf die Brücke aus: In mächtigem Schwünge rollt sie heran. Der Kreuzer hebt'sich immer mehr. Nun steht er frei auf dem Kamm einer Woge. Weit, weit greift der Blick, über schaum gekrönte Seen, drüben irgendwo im Wirbel zieht ein Segler mit griesgrauen Sturmsegeln. Manchmal fährt sein schmutzig rotes Unterwasserschiff aus der See. Schwerfällig wie ein Wal wälzt sich der Dreimastschoner über das Meer. Nun gleitet der Kreuzer wieder hinab, tiefer, immer tiefer in rasender Fahrt. Wie Berge wachsen zu beiden Seiten die Wasserwände hoch. Schwer legt sich das Schiff über. Klat schend fahren ihm die überkommenden Seen in die stählerne Flanke. Ueber der unendlichen Weite des unruhigen Meeres schwingt der Sturm seine tönende Geißel. Ein Bild hing dort, ein ziemlich großes, glasgerahmtes Bild. Er nahm es vom Haken. Schabte an der Wand... Und dann lachte er plötzlich auf. In der Hand hielt er ein ab geplattetes Bleistück, das Geschoß eines weittragenden Ge wehrs ... „Ich wußte, daß es da sein mußte", sagte er. Legte das Klümpchen auf den Tisch. „Ich weiß auch, wie es herkam. Durch das Fenster. Aus dem Gewehr des Herrn Juan Alvarez. Kerner hätte auf diese Entfernung getroffen. Wohl aber Alvarez. Nur: Er hätte jetzt nicht so sehr seinen Triumph zeigen dürfen. Er hat den Alten erschossen, wäh rend dieser am Fenster saß und aufpaßte, daß die zwei Jungen nicht ausreißen könnten. Er benutzte die Zeit, da das Zimmer leer blieb, während wir den Arzt holten und den Coroner und hängte das Bild über den Einschuß. Ge schickt gemacht. Fast nicht zu sehen, daß die Wand links von dem Rahmen ein wenig Heller ist, und das alte Nagelloch. Man muß es suchen, um es zu sehen. Er hat gewußt, daß ein lebender Gillis die Heirat der zwei Jungen nicht würde hindern können. Ein Toter aber... Von Glorris wußten alle, daß er mit dem Onkel seiner Braut nicht gut stand. Der Junge als Mörder! Das machte noch immer den Weg zu Rosy frei. Alvarez schoß von diesen Eichen drüben. Er hat Spuren gelassen. Wetten?" Man fand die Fußspuren, eine Patronenhülse. Und um ein Haar ist Glorris am Galgen vorbeigekommen... tötete mit nie fehlender Sicherheit seine Feinde im Sprung. Alvarez war ein Mörder. Ein Schütze, der in der Däm merung hundert Schritt weit ein Dollarstück traf. Der, mit einem sechsten Sinn begabt, immer im richtigen Augenblick schoß. Und den man zweimal freisprechen mußte, weil er seine Opfer in der „Notwehr" tötete, weil die andern sich j auf ihn gestürzt hatten. Jetzt wollte er Glorris töten. Kalt, überlegen, kunstvoll seine Worte wählend, immer mit dem Jähzorn des Jungen rechnend, hatte er ihn den ganzen Abend gereizt. Jetzt, dachten wir, jetzt wird es geschehen. Da fiel in der Küche mit lautem Krach ein Brett um, ein Topf klirrte auf den Boden. Die Nichte Gillis' mußte nachsehen, und sie Lat Glorris mitzukommen. Es war die Rettung. Eine Katze hatte den Topf umgeworfen und damit einen Mord ver hindert. Denn so bald kamen nun Glorris und das Mädel nicht zurück; und wenn wir es nicht schon früher gewußt hätten, jetzt sahen wir es: Die zwei waren verliebt. Sie blieben Wohl eine halbe Stunde aus, küßten sich bei der halb offenen Tür lange und heiß und achteten nicht darauf, daß man sie in einem Spiegel im Zimmer beobachten konnte. Alle sahen wir es. Der alte Gillis und natürlich auch Alvarez. Der stierte den Alten an, und Gillis hatte Wohl Grund, dem Blick zu folgen. Schulden wahrscheinlich... Er stand auf und rief Rosy, feine Nichte. „Wir kommen gleich", sagte sie. Und blieb noch zehn Minuten mit Glorris draußen. Alvarez ging. Er hatte ge sehen, daß es nichts nützte, den andern zu reizen und dann kalt zu machen. Rosy würde ihn auch nicht heiraten, wenn der Geliebte beseitigt wäre. Gerade dann nicht. Alvarez ging, und wir hatten das Gefühl, wie wenn eine schwere Last weggenommen, ein schwerer Druck von uns gewichen Wäre. Obwohl dem alten Gillis es nicht recht schien, blieben auch der Trooper und Glorris über Nacht, wir lachten noch viel und gingen spät schlafen. Lärm weckte mich. Ich ging hinunter, und da war schon O'Conolly im Wohnzimmer, Rosy stand an der Wand, oleich wie der Tod. Mitten im Zimmer aber sahen wir Glorris, einen Colt in der Hand und den Blick starr auf ein Bündel Kleider gerichtet, das beim Fenster lag. Ein Streifen Blut rann von dem Bündel weg: Es mußte der alte Gillis fein. Er war schon tot. Nun, natürlich sperrte O'Conolly Rosy in ein Zimmer und Glorris in ein anderes, nachdem er ihm den Revolver aus der Hand genommen hatte. Er sagte ihnen, sie sollten lieber erst vor dem Coroner reden. Mich bat er, zu einem Arzt zu fahren. Drei Stunden weit war das, und der Trooper selber ging zur nächsten Ranch, um den Richter zu verständigen. Der Morgen war angebrochen, als wir wieder im Zimmer standen. Immer noch lag der alte Gillis zu sammengekrampft am Boden. Die Untersuchung dauerte nicht lange. Der Alte war au einem Gehirnschuß gestorben, den er nicht selber abgegeben hatte. Mord unzweifelhaft. Und dann fehlte aus Glorris' Pistole ein Geschoß. Wir hatten ihn mit der Waste in der Hand getroffen. Schade um den Jungen! Wir glaubten, er würde gestehen, daß er mit Rosy das Haus verlassen wollte, um den Alten los zu werden, der zu Alvarez hielt, immer mit Glorris nörgelte und seiner Nichte das Leben schwer machte. Der junge Mann hatte ein paar Worte an O'Conolly geschrieben, den Zettel in seinem Zim mer gelassen. Worte, die das bestätigten. Wir glaubten, Glorris würde zugeben, daß der Alte sie erwischt, daß er be trunken gewesen sei und den jungen Leuten Schwierigkeiten gemacht hatte. Daß er sie beschimpft, vielleicht Nosy sogar geschlagen habe. Und daß der junge Glorris ihn im Zorn erschossen hätte... Nichts von dem. Glorris behauptete, er A Lärm erwacht, habe nachseheu »vollen, die Waffe m der Hand, weil es ja hier in der Gegend nicht immer ganz sicher ist. Er habe den Alten tot gefunden. Die fehlende Patrone? Er habe sie auf einen Kojoten verschossen. Rosy wußte nicht mehr als wir. Sie war gekommen, als der Alte schon tot, als Glorris schon im Zimmer stand. Böse Sache für den Jungen. Dann kam Juan Alvarez, den sie als Zeugen brauchten, weil er ja am Vorabend bei Gillis gewesen war. Der Spanier wußte von einem Streit des Alten mit Glorris. Er sprach nicht viel, seine Augen aber und der Mund verrieten den Triumph. Sie zeigten ihn vielleicht ein wenig zu deut lich Denn O'Conolly bat noch einmal um Erlaubnis, den Raum zu untersuchen. Immer wieder prüfte er Mauern und Möbel, suchte er die tödliche Kugel, die ecn kleines, glattes Loch in die linke und ein großes m die rechte Schläfe gerissen hatte. Die Kugel war Wohl durch das Fenster ge gangen, irgendwo ins Gras draußen... Der alte Trooper suchte. Die Polczelleutc lachten ihn aus, der Coroner wurde ungeduldig. Der Fall sei doch klar, meinte er. Und man habe doch genau den Raum untersucht. O'Conolly gab nicht nach. Immer wieder ging er an das Fenster, immer wieder prüfte er die gegenuberlieaende Wand. labender Offizier) in der Luvnock — meterhoch fliegt er mit seinem Holzsitz, wenn das Schiss im Seegang überholt — überwacht das Kurshalten des Rudergängers, der, breitbeinig auf der Holzgräting stehend, das große Rad mechanisch nach dem Gieren (Hin- und Hergehcn) des Kreuzers Wirbeln läßt, die Augen auf den Kompaß, deksin Scheibe unablässig zittert und schwingt. Der Obermatrose, Hamburger Fahrensmann, nimmt die qualmende Pfeife aus dem Mund — bei solchem Seegang ist das Rauchen immer erlaubt! — und dreht den Kopf: „358 Grad, Herr Kapitänleutnant!" Der Offizier nickt: „Recht so, wieviel müssen Sie heute gegenan legen?" „Zwo Grad, dann geht sie gut." Pause. Hinter vorgehaltener Mütze, gedeckt von den Scheiben des Ruderstandes, versucht der Posten Maschinentelegraph, sich eine Zigarette anzuzünden. „Gehen Sie ruhig ins Kartenhaus, Mensch! Hier wird das nichts!" Der Mann verschwindet, laut knallt der Sturm hinter ihm die Tür ins Schloß. Man hört den Steuermann, der drinnen im Warmen, über Seekarten gebeugt, mit Gummsi Bleistift, Dreiecken und Stechzirkeln hantiert, laut fluchen. Ein F. T.-Gast kämpft sich von der Funkerbude zwischen den Schornsteinen zur Brücke durch, präsentiert, mit der einen Hand die Mütze festhaltend, dem W. O. einen völlig vom Salzwasser überkommenderSeendurchweichtenZettel: „Wetter meldung, Herr Kapitänleutnant." Der liest und lacht: „Sturm aus Nordwest. Na schön, das merken wir auch schon! Halt Dich fest!" Mit raschem Schwung holt das Schiff über. Der Mann, den Halt verlierend, saust wie aus der Kanone geschossen unter dem Schmunzeln des Brückenpersonals nach Lee und kracht wie ein voller Kohlensack, völlig verdattert, gegen Reue Sait. Eine Geschichte von Ludwig Bäte. Ich hatte mir schon oft vorgenommen, eins der riesigen Glashäuser zu besuchen, in denen man im Westen des Reiches ne holländische Frühgemüseeinfuhr einzudämmen versucht, var aber nie dazu gekommen. Nun trieb mich ein Regen- mchmittag von einem zwecklos gewordenen Ausflug hinein. Die lange Halle war ganz mit Tomaten bepflanzt. Hier und da leuchteten noch die gelben, blassen Blüten, doch fun kelten schon die schwachroten, noch halb grünen Bälle durch Sas sparrige, trocken riechende Laubwerk, auf dessen Dach der liegen wütend herabprasselte. Der alte Gärtner wischte seine lehmigen Hände an der Kauen Schürze ab und sah mich zufrieden an: „Morgen nässen wir zehn Zentner Pflücken, da Sonnabend Markt ist. Mr können es kaum schaffen." „Das ist doch recht erfreulich!" warf ich ein. „Sicher ist es das! Aber es kostet auch Mühe. Die Erde muß tief umgegraben werden, dann geht es mit Schwefel- mmpfen den Krankheitskeimen zu Leibe, und zur Sicherheit vird nock jedes Blatt der abgetragenen Stauden verbrannt. Das ist alles fo einfach nicht. Der Gärtner drüben hatte den Trebs auf seinen Pflanzen, in vierzehn Tagen war die ganze Lrnte verdorben." Der Lehrjunge sortierte nebenan die Früchte. Je nach 2er Größe kamen sie in flache Kästen, welche die Marke Deutsches Erzeugnis" an der Stirnseite trugen. „Die kleinen sind sür die Kenner", meinte der Alte be haglich mitkostend, „die haben das festeste Fleisch. Bei den »roßen müssen wir aufpassen, daß sie nicht zu reif werden. Die zerplatzen sonst beim Transport. Es ist merkwürdig", sann er vor sich hin, „wie die Leute nach den Früchten greifen. Oft überkommt sie ein richtiger Heißhunger, wenn sie sie sehen. Wir stopfen ihnen mnn gleich die Hände voll." Der Junge lachte: „Ja, es geht manches Pfund so fort, and was die Kinder nebenbei mitnehmen, ist auch nicht venig." „Mancher bleibt lange Kind", brummte der Alte, ihn strenge ansehend. Der Lehrling wurde rot und warf seine Kästen durch einander. Ich half ihm. Er vergaß zu danken, er schien ein sehr schlechtes Gewissen zu haben. „Sehen Sie!" fuhr der Verwalter fort. „Dort bauen wir Rüben, Petersilie, Borretsch, Dill, Kümmel, Kohl. Alles gedeiht, und im Frühjahr helfen wir mit der Heizung nach. Die Züge werden seltener, die uns die Mynheers sonst täglich um diese Zeit zu Dutzenden schickten. Unser Volk wacht auf und gräbt wieder seine Schätze aus der eigenen Erde, anstatt sein Geld ins Ausland zu schicken. Es ist soviel Reichtum hier, man muß ihn nur zu finden wissen." Damit tand er schon am Telephon und schrieb eine neue Be stellung auf. „Wir könnten noch viel mehr Häuser gebrauchen", fuhr er fort, „aber die Zeiten sind schlecht, und keiner wagt mehr etwas. Doch wir kommen durch. Haben Sie gelesen, daß man in Delft und Amsterdam schon Blumenkohl umgräbt, weil Deutschland ihn nicht mehr abnimmt?" Ich bejahte, konnte mich aber nicht enthalten zu be merken, Wie sinnwidrig das alles sei. Die Menschheit hungert, und dennoch schüttet man Getreide, Gemüse und Obst zweck los auf die Straße, um es verfaulen zu lassen. „Vielleicht werden sie dann klug", bemerkte er nach denklich, „und sehen ein, daß wir alle aufeinander an gewiesen sind. Keiner wird bald mehr auf den Nachbarn schimpfen, sondern versuchen, sich mit ihm ins Reine zu setzen. Sie schütteln den Kopf", meinte er mißbilligend, die ausgegangene Pfeife wieder in Brand setzend, „aber wer die Erde nicht achtet, den achtet auch sie nicht. Wir haben jedes Stück Brachland lange genug achtlos angesehen, nun lehrt Not beten. Und ist das kein Gebet?" Er hob einen Zweig hoch, an dem sich Frucht an Frucht drängte. „Das ist die eingefangene deutsche Sonne, oie uns nicht verlassen will. Helfen wir alle, damit es besser wird!" Der Regen hatte nachgelassen. Fluten von runden Bällen schwollen aus mich ein. Ich sah fröhliche Kinder, die Hände um das rote Fleisch gespannt, fah glückliche Augen und feste Spaten, die mit dem Boden rangen und dem heißen Atem ungezählter Maschinen das kräftige, so lange vergessene Credo der eigenen Scholle mutig entgegen stemmten. Und wieder rauschte es auf, das alte Lied von gelbem Roggen und brechenden OLstbäumen, von vollen Stauden und bunten Bauerngärten. Und es sang von Glück darin und quellender Freude an Sonne und Regen, Stern und Mond, Frost und Hitze, Saat und Ernte. Alte Verkündigung wollte wieder Wahrheit werden. Der Alte gab mir die Hand: „Kommen Sie einmal wieder! Man kann hier viel lernen." Die Tüte, die mir der Junge eingepackt hatte, mußte ich mitnehmen. Da half nichts. „Es ist für den Weg." meinte der Alte. „Die Sonne, die Sie suchten, ist drin!" Er lachte und riß das dritte Zündholz am' Draußen hatte es sich aufgehellt. „MMile 8-S". Skizze von der Reichsmarine von Korvettenkapitän a. D. Fritz Otto Busch. „Herr Kapitänleutnant! Zeit zum Aufstehen!" „Aye (Jawohl)!" Halloh, was ist denn das? Der Kreuzer rollt in Ler schweren See. Durch die offene Tür der Kammer hört man das Pfeifen des Sturmes, das Klatschen der Seen auf den nassen, glatten Decks, halbverwehte Rufe, das Tappen schwerer Seestiefel auf hartem Holz und von der Pantry (Anrichte) nebenan ein Klirren zerbrochener Teller. Mühsam hält sich der Bursche am Spind fest. Oelrock und Doppelglas am Haken Pendeln raschelnd an oer Wand. Der Schreibtischsessel, halb umgestoßen, klemmt neben der Dampfheizung, ab und an fegt eine grünglasige See übers Bulleye (Fenster), taucht die Kammer in magisch verdun keltes Licht und gibt erst nach geraumer Zeit die Sicht in den von grauschwarzen Wolken verhangenen Himmel frei. Vergeblich fischt der Matrose zwischen herunter gefallenen Büchern, Photographien, Kleidungsstücken und Zigaretten schachteln nach den Schuhen seines Herrn, der mit allerlei grotesken Verrenkungen vor dem herunter geklappten Eisen waschtisch hantiert. „Mensch! Wie sebt Ihr denn aus? Grün ist schon gar nicht mehr das Wort dafür. Los! Raus an Deckm Mit einem Riesensatz verschwindet der Mann, stürzt den Niedergang zur Hütte hoch und kommt grade noch rechtzeitig zur Reling. Ein unheimliches Sausen und Singen liegt in der Luft. Schnell und seltsam bewegt eilen die tiefhängenden Wolken, grauschwarz mit zerrissenen, helleren Rändern vor dem Sturme dahin, dichtgedrängt, eine Herde gehetzter Tiere in Wirrem Durcheinander. Breit, mächtig, in rollendem Schwung, Weiße Striemen, wie von langen Hetzpeitschen geschlagen, auf den dunkelfarbigen, schweren Rücken, im Ueberbrechen weiß schäumende Zähne bleckend, wandern die Seen nach Osten. Leer sind die Decks des Kreuzers, nur auf der Brücke ein paar ölzeugverhüllte Gestalten, die Fäuste in der Reling verkrampft, die Bewegungen des schwer arbeitenden Schiffes mit den Hüften ausbalanzierend. Der Jüngere lacht: „Nein, ich ist los?" „Der Teufel ist los. Famoses Grad, sie ist ein bißchen luvgierig heute, 2 Grad gegenan halten, dann geht's. Fahrt: 10 Meilen. Schiffsort zeigt Ihnen der Steuermann im Kartenhaus. Was gibt's heute mittag?" Der Neue wirft einen Blick auf Kompaß und Um drehungsanzeiger: „Was es gibt? Zusammengehauenes natürlich. Was denn sonst! Was anderes konnte der Schmudt bei der Schlingerei nicht machen. Der Artillerieoffizier strahlt, der liebt doch diese fürchterlichen Sachen." „Schade!" meint der Kapttänleutnant und stampft mit seinen Seestiefeln nach achtern, froh, für ein Paar Stunden sich hinlegen zu können, das Stehen auf einem schwer im Seegang arbeitenden Schiff macht höllisch müde. — Wundervoll ist der Blick auf die aufgeregte See von der die Reling. „Wahrschau (Vorsicht)!" brüllt ein Signalgast; alles duckt sich Hinterm Relingskleid. Nur der F. T.-Gast sieht verstört umher und krabbelt sich vorsichtig hoch. Rrrrrumms, klatscht Ein Riesenbrecher haut donnernd auf die Back, schießt wie ein Turm aus Schaum, Gischt, Wasser und Glas au der Brücke hoch und knallt mit tausend Sprühteufeln als Zent nerlast wirbelnd an Deck, alles überflutend. Wieder liegt der F. T.-Gast am Boden, völlig durchweicht, der Signalmaat der Wache grinst breit: „Na ja, Ihr Zauberflunkis! Ihr seid vielleicht Seeleute! Geh' man wieder in Deine Blechbox und häng' Deinen Leichnam über die Dampfheizung, dies ist nichts für Stubengelehrte hier." — Gleichmäßig rollend, bald hoch auf dem Kamm einer Woge, bald tief im Wellental, weißgetigerte Seen rechts und links, bahnt der Kreuzer sich seinen Weg. Von der Hütte, die lange, schmale Laufbrücke entlang springend, jeden Brecher, der weit ausholend über die Luvreling gegen die Schornsteine schwappt, geschickt ausmanövrierend, erscheint der ablösende Offizier, hinter ihm die neuen Signalgasten und Seeposten. Der alte W. O. g "I Schon da?"
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