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Frankreichs Heer und Fioiie. Eine neue französische Nüstungsdcnkschrift an den Völkerbund. Die französische Regierung übermittelte dem General sekretär des Völkerbundes eine neue Rüstungsdenk schrift, in der in Ergänzung der großen französischen Denkschrift vom 15. Juli, in der die französische Regierung ihren grundsätzlichen, jede Herabsetzung der Rüstungen ablehnenden Standpunkt darlcgte, nnnmehr eingehende ziffernmäßige Angaben über den gegenwärtigen franzö sischen Rüstungsstand gemacht werden. Die außerordent lich verwickelten und wenig übersichtlichen Aufstellungen der Denkschrift geben folgende Ziffern über den heutigen französischen Rüstungsstand: Landarmcc: n) In der Heimat: 19 530'Offiziere, 163 000 aus gebildete Mannschaften, 107 000 unausgebildete Mann schaften; b) in den Kolonien: 8006 Offiziere, 179 500 aus gebildete Mannschaften, 43 800 unausgebildete Mann schaften. Damit Gesamt st ärke der Landarmee 27 500 Offiziere, 494 100 Mannschaften. (Die Mannschaften mit einer Ausbildungszeit unter zwölf Monaten sind in der Denkschrift nicht aufgeführt.) Marine: 3400 Offiziere, 66 000 Mannschaften. Lufttruppen: a) In der Heimat: 33 500, b) in den Kolonien: 8500. Ausbildungszeit: In der Heimat zwölf Monate, in den Kolonien drei Fahre. Gesamttonnage der französischen Flotte: 628 603 Tonnen, jedoch ausschließlich der für 1931 vorgesehenen Linienschiffe sowie der Kreuzer unter 7600 Tonnen. Die französische Flotte besteht aus: 9 Linien schiffen, 23 Kreuzern, 92 Torpedobooten und Torpedo bootszerstörern, 110 Unterseebooten, 23 Schiffen der Sonderklasse. Luftflotte: In der Heimat 1847 Flugzeuge, in den Kolonien 439 Flugzeuge, 89 an Bord befindliche Flugzeuge. Ins gesamt 2375 Flugzeuge und 3 Militärluftschiffe. Jährliche Gesamtausgaben: 13,809 Milliarden französische Franc (2,6 Milliarden Mark), davon für die Heimatarmee 11,045 Milliarden, für die Kolonien 2,764 Milliarden. Von dem Gesamthaushalt entfallen aus die Landrüstung 8,655 Milliarden, aus die Jeerüstung 3,013 Milliarden, auf die Lustrüstung 2,139 Milliarden. Amerika proiestiert. Vor einer Protestnote an China und Japan. Das Washingtoner Staatsdepartement beabsichtigt, innerhalb der nächsten 48 Stunden eine Protestnote an China und Japan wegen der Vorgänge in der Man dschurei abzusenden. Die Vereinigten Staaten werden trotz dieses unabhängigen Schrittes weiter mit dem Völkerbund zusammenarbeiten und sowohl die japanische als auch die chinesische Regierung an die von ihren Vertretern vor dem Völkerbnndrat abgegebenen Versprechungen erinnern. Gleichzeitig sollen die beiden Mächte auf ihre im Kellogg- Pakt eingegangenen Verpflichtungen hingewiesen werden. Nach einer russischen Meldung aus Chardin ist in Kirin der amerikanische Generalkonsul in Begleitung des Stellvertretenden Militärattaches der amerikanischen Ge sandtschaft eingetroffen, um die Lage zu studieren. China antwortet Japan nicht mehr. Nach einer russischen Meldung aus Nanking wird in chinesischen amtlichen Kreisen erklärt, daß China die letzte japanische Note nicht beantworten werde, da der Ton der Note dem diplomatischen Brauch nicht entspräche. Neuer chinesischer Hilferuf in Genf. Die chinesische Regierung hat sich Sonntag abend von neuem mit einem dringenden telegraphischen Hilfegesuch an den Völkerbundrat gewandt. Die Lage wird jetzt auch 'm Genf allgemein als außerordentlich ernst an gesehen. Die Trivutzahlungen nach dem Heieriahr. HooversStandpunktinderSchuldenfrage. Die allgemeine Unklarheit über die Haltung Hoovers hinsichtlich der europäischen Schulden an die Vereinigten Staaten wurde durch eine Mitteilung von maßgebender Seite beseitigt. Das Weitze Haus ließ wissen, datz die Ver einigten Staaten nicht auf der Wiederaufnahme der europäischen Zahlungen nach Ablauf des einjährigen Moratoriums bestehen würden, es sei denn, daß die Schuldnernationen in der Lage seien, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Wie weiter verlautet, ist Präsident Hoover zurzeit be müht, die Meinung der Senatoren und Abgeordneten hin sichtlich eines Vorschlages auf gründliche Revision der Fundierungsabmachungen mit den europäischen Ländern kennenzulernen. In unterrichteten Kreisen ist man der Auffassung, daß sowohl der Kongreß als auch die amerikanische Öffentlichkeit mit einer Herabsetzung der Schulden einverstanden sein würden, falls eine solche Maß nahme von einem gleichzeitigen Zugeständnis der euro päischen Länder in der Frage eines Flottenfeier jahres und anderer Rüstungsverminderungen ver bunden sein würde. Wie verlautet, beabsichtigt Laval, Hoover eine Ver minderung der Schulden um 50 Prozent und der Ostun gen um 25 Prozent vorzuschlagen. Der preußische Haushalt. Die Kosten für den Nürburgring und die Staatsbäder erneut beanstandet. Der Nechnungsausfchuß des Preußischen Landtages beendete die Aussprache über die Regierungs prüfung zum Haushalt und die Beratung der Denkschrift ver Oberrechnungskammer. Es wurde der Antrag an- zenommen, eine schärfere Prüfung der Bau rechnungen vorzunehmen, damit unwirtschaftliche Ausgaben vermieden würden. Angenommen wurde auch nne Anregung der Oberrechnungskammer, die Bestellung von Schiedsgerichten angesichts der schlechten Erfahrungen, die der Staat mit ihnen gemacht hat, auf besondere Fälle zu beschränken. Eine ausführliche Aussprache ergab sich bei den Kosten sür die staatlichen Bäder. Hier wurden insbeson dere die Ausgaben von 260 000 Mark für den Golfplatz in Bad Ems und von 1,8 Millionen Mark für ein Kurhotel in Bad Schwalbach beanstandet. Sehr ausführlich wurde erneut der Bau des Nür burgrings besprochen. Leonhard (Wirtschaftspartei), der sich an Ort und Stelle unterrichtet hat, trug die Beanstan dungen gegen die Geschäftsführung beim Bau des Ringes vor. - Erörtert wurde auch die Frage der Staats- theater. Ein Vertreter des Kultusministerium erklärte, daß die staatlichen Zuschüsse zu den Staatstheatern in diesem Jahre etwa 50 Prozent niedriger sein würden als 1930. Aus dem Kroll-Unternehmen werde bei anderweitiger Verwendung eine jährliche Einnahme von 250 000 Mark erwartet. Ein fahrbarer Ankermast für „Graf Zeppelin". Die ersten Versuche zufriedenstellend. Nach der Rückkehr des Luftschiffes „Gras Zeppelin" von seiner Schweiz-Fahrt wurden nach der Landung vor dem östlichen Hallentor in Friedrichshafen Versuche mit einem neuen fahrbaren Ankermast ausgeführt. Die Ver suche sind zur vollen Zufriedenheit ausgefallen. Der neue Mast ist auf Schienen fahrbar, die durch die Halle führen. Es soll durch diese Neu konstruktion ein großer Teil der Haltemannschaften erspart werden. Bei böigem Wetter wird das Einbringen in die Halle durch den neuen Mast sehr erleichtert. Kurze polnische Nachrichten. Reichspräsident von Hindenburg hat an den Bundespräsidenten der Republik Österreich, Wilhelm Miklas, aus Anlaß von dessen Wiederwahl nackfolaen- des Telegramm gerichtet: „Mit großer Freude habe ich vernommen, daß Sie, sehr verehrter Herr Bundespräsi dent, in Ihr hohes und in diesen Zeiten besonders ver- rntwortungsvolles Amt wiedergewählt worden sind. Nehmen Sie hierzu, bitte, meine und des deutschen Volkes ivärmste Glückwünsche entgegen. Möge Ihre Amtsführung son Erfolg begleitet und Ihnen persönlich stetes Wohl ergehen, dem uns so eng verbundenen Brudervolks aber eine gedeihliche, glückhafte Zukunft beschieden sein. Das Reichsfinanzministerium hat sich im Benehmen mit der Reichsbank bereit erklärt, den aus der beabsichtig ten Ausprägung von Silbermünzen anfallen den Gewinn in Höhe von 150 Millionen Mark nach einem festgelegten Tilgungsplan zur Einlösung von Schatz anweisungen, die seinerzeit der Dresdner Bank übergeben wurden, zu verwenden. * Die evangelische Kirchenregierung in Karlsruhe er- . klärt zu dem übertritt des Pfarrers Eckert zur Kommunistischen Partei, datz es mit dem Amt eines im aktiven Dienst der evangelischen Landeskirche stehenden Geistlichen nicht vereinbar sei, als agitatorisch tätiges Mitglied einer politischen Partei anzugehören, die derzeit jeglicher Religiosität den schärfsten Kampf angesagt habe. Der Evangelische Oberkirchenrat hat gegen Pfarrer Eckert das dienstgerichtliche Verfahren mit dem Ziel der Ent lassung^ aus dem Kirchendienst eingereicht. Klein» vsGriGlen politischer Mrd in Berlin. In Lichtenberg ist es zu einem blutigen Zusammen stoß zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten ge kommen. Hierbei wurde der ehemalige Postaushelfer Kur- Nowack durch einen Brustschuß tödlich verletzt. Nowack soll bis vor kurzem Mitglied der NSDAP, gewesen sein. Bei dem Getöteten wurden 30 Schutz Munition gefunden. Zwei an der Schießerei Beteiligte sind verhaftet worden, von denen einer bereits ein Geständnis abgelegt hat. Störungsvermche in KarZburg. Braunschweig. Der braunschweigischen politischen Polizei gelang es, sämtliche Teilnehmer einer kommunistische» Geheimversammluug festzunehmcn, in der Anweisungen über eine Störung der Harzburger Tagung erteilt werden sollten. Straßenbahn fährt in Polizistenkolonne. — Acht Verletzte. Moskau. In Leningrad fuhr ein Straßenbahnwagen in eine marschierende Kompagnie der Polizeitruppen hinein, wo bei acht Soldaten teils schwer, teils leicht verletzt wurden. Nach dem flüchtigen.,Führer des Straßenbahnwagens wird gefahndet. Einschneidende Beschränkung des österreichischen Postverkehrs mit dem Auslande. Wien. Nachdem vor einiger Zeit bereits der Postanwei sungsverkehr mit dem Auslands eingestellt worden ist, wird nunmehr auch der Briefnachnahmeverkehr, der Verkehr mit Einschreibsendungen, Wertbriefen und Wertpaketen sowie der Postauftragsverkehr mit dem Auslande bis auf weiteres ein gestellt. Fünf Personen bei einem Flugzeugabsturz getötet. London. In Mexiko-Stadt wurden bet einem Flugzeug absturz fünf Personen gelötel. China schickt ein Ultimatum an Japan. Genf. Die chinesische Regierung hat eine in ultimativer Form abgefaßte Note an Japan abgesandt, in der die japanische Regierung um die Mitteilung der Maßnahmen zur Räumung der besetzten mandschurischen Gebiete ersucht wird. Kein Abbruch der japanischen Operation in der Mandschurei. Tokio. An einer Beratung des japanischen Kabinetts im Zusammenhang mit Genf nahmen auch die Chefs des japani schen Generalstabes und des Admiralstabes teil. Der japanische Kriegsminister erstattete über die Lage in der Mandschurei Bericht und erklärte, die militärischen Operationen könnten in diesem Augenblick unter keinen Umständen abge brochen werden. Ein großes Erdbeben ausgezeichnet. Nom. Am Sonntag früh um 1,30 Uhr ist auf den Erdbeben warten von Triest und Florenz ein starkes Erdbeben verzeich net worden, dessen Epizentrum in nordöstlicher Richtung aus etwa 14 uoo Kilometer Entsernung geschützt wird. Die Apparats sind etwa fünf Stunden in Tätigkeit gewesen. ^wei Löstne unck ein üok ftomun von kril? Herm nun Gläser Oopvri^kt dv Martin keuckivanSer, Halle (Laale) Er trank und trank und schob das Glas nach jedem Trunk der Wirtin zu. Alle Gäste drängten sich um diesen Tisch. Der eine warnte, der andere ermunterte die Spieler. Nur der Bürstenbinder ließ sich nicht aus seiner Ruhe bringen, spielte mit Ueberlegung und trank nichts mehr. „Ich hab' kein Glück und hab' auch keine Lust!" Wütend warf der Forstner-Franz die Karten auf den Tisch. Ein dröhnendes Gelächter war die Antwort. „Angst Haft du! Du Haft keine Courage, Sandhofbauer! Willst du dich von einem Bürstenbinder unterkriegen lassen?!" „Angst?! Ich hätte Angst?! Ein Sandhofbauer hat Vorm Teufel keine Angst!" „Und dann wirfst du die Karten hin?! Mitten im Spiel?! Das ist feige! Das ist lumpig!" „Feige?! Lumpig?! Ein Sandhofbauer ist kein Lump! Daß du das weißt, du großflessiger Bürstenbinder! Ich will dir schon dein liederliches Mundwerk stopfen. — Da, mein ganzes Geld! Um den vollen Einsatz geht's! Du oder ich! Die Karten sollen es entscheiden!" Er griff mit zittrigen Händen nach dem Blatt. Es flimmerte ihm schon vor den Augeü. „Brüderlein, ich nehme dich beim Wort! Du sollst nicht sagen, daß ein Bürstenbinder feige ist!" Listig und ver schlagen blickte der Bürstenbinder seinen Gegner an. Das Spiel war schnell beendet, die Karten hatten rasch entschieden. Der Sandhofbauer hatte sein ganzes Geld verloren. „Du bist ein Lump! Ein Gauner!" schrie der Forstner wütend. „Das magst du schon sagen, Brüderlein! Ich nehm' dir das nicht krumm Wir kennen uns. — Du siehst, beim Spiel verdient man noch mehr als beim Handel. Jetzt habe ich dir den Kaufpreis für das Pferd und deinen Verdienst noch dazu abgewonnen. Du hast ganz recht: die Bauerei und das Bürstenbinden bringen heutzutage nichts mehr ein. Man muß sich schon an andere Möglichkeiten halten." Er lachte und trank und machte ein pfiffiges Gesicht. „Womit willst du die Zeche jetzt bezahlen?" Mahnend stand die Wirtin vor dem Sandhofbauer. „Mein Name ist dir gut dafür!" „Aber bares Geld wäre mir jetzt lieber! Es ist doch wirklich unerhört! Den ganzen Tag wird hier herum gesoffen, und wenn es ans Bezahlen geht, da ist das ganze Geld verspielt! Laß dir vom Bürstenbinder eine Summe geben! Ich hab' nicht Lust, bis morgen auf das Geld zu warten." „Bürstenbinder! Leg die Zeche von dem gewonnenen Geld aus! Es bleibt dir trotzdem noch genug." „Das, Brüderlein, das kannst du von mir nicht ver langen! Das schmälert deinen Geschäftskredit! Du kannst dir doch kein Geld von einem Bürstenbinder borgen! Bewahre, Brüderlein! Gott bewahre!" Er hatte schon seine Mütze in der Hand. Zwinkerte allen listig zu — und war im nächsten Augenblick ver schwunden. „Ein Gauner ist der Bürstenbinder! EinckZalgenstrick!" Wütend schlug der Forstner mit den Fäusten auf den Tisch. „Ihr Mannsleute seid alle so! Was spielst du erst mit, ihm! Jetzt mach', daß du nach Hause kommst! Für Gäste, die nicht mal bezahlen können, will ich nicht obendrein noch Lichi verbrennen!" Die Wirtin war enttäuscht über den Ausgang des heutigen Geschäfts. Wütend ging der Sandhofbauer hinaus. Voll Zorn schlug er draußen auf die Pferde ein. Die armen Krea turen, die in Wind und Kälte eine halbe Nacht vor dem Wirtshause standen und nichts anderes anzufangen wußten, als mit den Husen zu scharren und alle Unbill stumm zu ertragen, bekamen jetzt den maßlosen Zorn des Mannes zu spüren, der durch seine eigene Schuld sein halbes Vermögen verloren hatte. Er schlug noch immer auf die Tiere ein, als sie schon zitternd vor dem Tore des Sandbauernhofes standen. — Am anderen Morgen brachten die Zeitungen die sensa tionelle Nachricht, datz eine andere Währung eingesührt würde. Eine stabile Gold- oder Festmark, die immer ihren vollen Wert behalte. Das papierene Inflationsgeld müsse in neues Goldgeld umgewechselt und aufgerechnet werden. Auf dem Schindelwigh-Hofe war die Feldarbeit für dieses Jahr getan. Kartoffeln und Rüben waren ge erntet, die Stoppeläcker schon umgepflügt, und die Winter saat war lange ausgestreut. Trübe und feuchte Spät herbsttage schlichen unfreundlich und träge dahin — jene Tage im November, die keine Sonne und nur wenig Freude bringen. Und dennoch liebte Frau Hedwig diese Zeit, die wie ein stilles und verdientes Ausruhen ist. Besonders liebte sie jene Stunde, in der es noch zu hell zum Licht anstecken, und schon zu dunkel ist, um im Hause oder im Hofe noch dieses oder jenes schaffen zu können. Sie gönnte sich diese kurze Spanne Zeit, denn sie wußte, daß sie den Frühling und den langen Sommer hindurch nicht eine freie Stunde finden würde. Nun konnte sie still am Fenster sitzen, konnte die Hände einmal ruhen lassen und ihre Blicke und ihre Gedanken weit über ven Hof und über die Felder hinweg, in dis weite Welt hinaus wandern lassen. Konnte sich endlich einmal Antwort geben auf die vielen aufiauchenden Fragen, Vie in ihr waren. Sie könnte es leichter haben, die Schindelwigh- Bäuerin. Bei Gott, das könnte sie! Denn aus dem Schindelwigh-Hofe gab es keine Not. Die Kinder ge diehen, besonders der Junge, der nun auch schon zu plappern und zu fragen anfing. (Fortsetzung folgt.)