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rs Opfer der Katastrophe von Via Torbagy. Spuren, die nach Deutschland weisen. Die Zahl der Todesopfer der furchtbaren Eisen- bahnkatastrophe von Bia Torbagy in Ungarn hat sich aus 25 erhöht. Unter den Trümmern wurde nach den Aufräumungsarbeitcn die Leiche eines Schafsners ge funden. Im Budapester Krankenhause starb der 27jährige Londoner Kaufmann HarryClements. Er war nach Budapest gereist, um seine Braut nach London zu bringen und dort seinen Eltern vorzustellen. Sie standen im Korri dor, als der Zug abstürzte. Die Braut ist am Leben ge blieben, doch ist einer ihrer Füße zerguctscht. Von den 25 Toten sind 23 identifiziert, während die Personalien einer Frau und ihres Kindes noch nicht festgestellt sind. Trotz eifrigster Arbeit der ungarischen Polizeibehörde ist es bisher nicht gelungen, sichere Spuren von den Atlen- lätern zu entdecken. Von großer Wichtigkeit sind jedoch zwei Spuren, die vielleicht zur Aufklärung des unerhörten Verbrechens führen könnten. Bei der Inhaberin eines in einer Vorstadt von Budapest gelegenen Tabakladens ITrafik) erschien mehrere Stunden vor dem Attentat eine junge Frau und fragte nach Zeitungen, in denen etwas „über die Katastrophe von Bia Torbagy* zu lesen sei. Die Trafikantin konnte in den Zeitungen nichts über eine Kata strophe finden. Da sie sich jedoch mit der jungen Frau eine Zeitlang unterhalten hat, war sie tn der Lage, der Polizei eine ziemlich genaue Beschreibung der Kundin zu geben. Die zweite Spur weist ins Ausland. Der Stationschef einer ungarischen Station soll schon um 11 Uhr nachts von London und von Kopenhagen aus angerusen und in deutscher Sprache gefragt worden sein, ob auf den ungarischen Eisenbahnen alles tn Ordnung sei. Aus die Rückfrage warum sie dieses wissen wollten, sollten beide Frager erklärt haben, daß sie ihren Reiseplan nach der Antwort des Stationsvorstehers richten wollten. Das Material der Höllenmaschine deutschen Ursprungs? Daß Deutsche an dem Attentat irgendwie beteiligt gewesen sein könnten, läßt sich daraus schließen, daß das zur Herstellung der Höllenmaschine verwendete Material zum Teil deutschen Ursprungs ist. Der Zünder, die Ladung und die Zündschnur der Maschine waren deutsches Material. Die elektrischen Batterien dagegen stammten aus Polen und aus England. Es ließe sich dar aus folgern, daß das Attentat von einer internationalen Verbrechcrbandc verübt worden ist. Natürlich wird auch auffallende Ähnlichkeit zwischen dem ungarischen Attentat und dem Sprengstoffattcntat, das vor mehreren Wochen bei Jüterbog verursacht worden ist, hingcwicscn, die Budapester Polizei hat 15 verdächtige Personen, die sich in der letzten Zeit an verschiedenen kommunistischen Bewegungen beteiligt hatten, festgenommen. Besonders verdächtigt ist ein kommunistischer Buchdrucker, der vor einer bei ihm vorgenommenen Haussuchung alle seine Briefschaften verbrannt hat. Wiedereinführung des Gichtvermerkzwanges in Ungarn? Wie verlautet, werden alle Brückcnüberführungen und öffentlichen Betriebe in Ungarn von Polizei und Gen darmerie bewacht. Es heißt, daß die Regierung die Wiedereinführung des Visumzwanges erwäge, da die Ab schaffung des Sichtvermerks den Einlaß verbrecherischer ausländischer Elemente ins Land begünstige. Die Suche nach den Sisenbahnattentatern. Internationale Terroristen? Die Suche nach den Attentätern von Bia Torbagy ge stallet sich sehr schwierig. Es sind keine Fingerabdruck.' gefunden worden. Die Polizei ist der Meinung, daß drei Leute den Anschlag verübt haben, wovon der eine der ungarische Vertrauensmann einer ausländischen kommu nistischen Bande ist. Die Handschrift auf dem Zettel, der in der Nähe der Unglücksstelle gefunden worden ist, weist guf die Hand eines intelligenten Mannes hin. Der Unter Urheberschutz durch C. Ackermann. Ramanzentrale Stuttgart 46s Ebba schrieb dennoch: „Sorge braucht Ihr um mich nicht zu haben; ich bin gut aufgehoben. Gott hat mir eine Dame in den Weg ge führt, bei der ich jetzt Gesellschafterin bin. Sie ist sehr lieb und gütig gegen mich, und diesen Brief hier habt Ihr ihr zu verdanken — sie drängte, daß ich jetzt schriebl Ver zeiht mir, daß ich heute noch nicht weiter darüber spreche! Diesen Brief habe ich zuerst an Dich gerichtet, damit Du, der feine Menschenkenner, der mich gewiß in meinen in nersten Beweggründen versteht, mein Handeln den Eltern erklärst. Ich weiß wohl, daß ich Euch jetzt schwersten Kum mer zufüge durch mein — ich weiß es selbst — kaum zu verzeihendes Vorgehen — dennoch kann ich nicht anders! Der Fluch, daß ich ein Findelkind bin, bei der Ge burt schon von den Eltern verleugnet, lastet aus mir und macht mich ruhelos! Vielleicht bin ich doch ein Kind fahrender Leute? Ihr bekommt von mir alle vier Wochen ein Lebenszeichen, und ich werde Euch in meinem nächsten Schreiben eine Adresse angeben, an die ich einen Brief von Euch erbitte! Ich muß doch wissen, wie es Euch geht! Um das eine bitte ich Euch: forscht mir mcht nach! Denn solltet Ihr mich finden, hättet Ihr mich in dem Augenblick wieder verloren. „ ., . « . Laßt ein Jahr oder zweie verstreichen — oann kehre ich zu Euch zurück! Aber erst muß ich ganz zur muhe ge kommen sein! Und muß auch meine Liebe zu Hanno von Reinshagen endgültig überwunden haben! Ich hatte ihn suchungsrtchter gab der Überzeugung Ausdruck, daß die Täter es deshalb auf einen internationalen Zug abge sehen hätten, damit Reisende verschiedener Nationen ge tötet würden und die internationale Presse sich mit dem Falle beschäftige. NGlhende Rmen VS» Mlrdrvff und Umgegend halten sich bei Bedarf bestens empfohlen: Agentur für Versicherungsgesellschaften Wilhelm, Berthold, Feldweg 283 v. Anzeigen-Annahme Wilsdruffer Tageblatt, Zellarr Straß« SV, 6 (auch für auswärtige Zeitungen). Auto-Reparaturwerkstatt Zobel, Alfred, Friedhofstraße (Elektrizitätswerk). »^> 143. Aulovermietung (Kraftdroschke) Fischer, Fritz, Meißner Straße 286. »-»> 104. 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Frau Naidu und andere Inderinnen trugen golddurchwirkte Gewänder und reichen Diamantenschmuck. Lauter Beifall und Heilrufe der Inder empfingen Gandhi im Hause der Quäker, wo ein großer Empfang stattsand, als er in weißem Lenden tuch und Mantel, mit nackten Beinen in Begleitung seiner Freunde (darunter des Dekans von Canterbury, sowie der von ihm unzertrennlichen Miß Ssade, der Tochter eines eng lischen Admirals) den Saal betrat. Entsprechend den Gewohn heiten der Quäker wurde die Versammlung mit einem Schweigen von mehreren Minuten eröffnet. Gandhi entschuldigte sich in einer Ansprache, daß er sitzend sprechen müsse, weil er nicht die körperliche Kraft besitze, iw Stehen zu sprechen. Er legte dann dar, wie er in den letzten vierzig Jahren die indische nationalistische Bewegung mit friedlichen Mitteln aufgebam habe. Er kämpfe im Namen von Millionen Menschen für die Freiheit Indiens Nach seiner ost durch stürmischen Beifall unterbrochenen Rede fuhr der „Mahatma" nach dem östlichen Teile von London, wo er in einem Siedlungshause in einem kleinen Zimmer Woh nung genommen hat. Besuch bei Macdonald. Am Sonntag abend hatte Gandhi eine lange Unterredung mit Macdonald. Er betonte dabei, daß er willens sei, die Ver handlungen sortzusetzen, wenn die englische Regierung bereit sei, die grundsätzlichen Fragen zu besprechen, wie sie vom All indischen Kongreß festgelegt seien. Andernfalls hätte es über haupt keinen Zweck, in Erörterungen einzutreten. Vor dem Besuch hatte der Inder im Rundsunk zu den Amerikanern gesprochen. Die Rundfunkbehörden mutz ten zehn Minuten auf ihn warten, weil er sein Abendbrot noch nicht beende: hatte Gandhi schlief die ersten Nächte in London tn Wolldecken gehüllt auf dem Zementboden seines Kämmerchens. Mslrationen zur Abrüstungskonferenz. Manöverangrifs aus Reims. Die erste Phase der großen französischen Ma növer in der Gegend von Reims ist beendet und die zweite hat begonnen. Diesmal sind die auf das modernste bewaffneten Truppen zu einer großen Armee von etwa 50 000 Mann zusammengestellt worden, denen die Aufgabe zufällt, in einer Front von etwa 30 Kilometern zwischen der Serre und der Aisne von Nordosten nach Südwesten aus Reims zu marschieren, wo sich ein starkes Flugzeuggeschwader und etwa 6000 Mann in Verteidigung befinden. Der Hauptangriff wird am Mittwoch in Gegenwart des französischen Kriegsmintsters und des Luftfahrtministers stattfinden. politische kunlüchsu j Deutsches Reich Mehr Schutz für die Finanzbeamten. Die auffallend milden Strafen, mit denen in der letzten Zeit die Strafgerichte Tätigkeiten und Beleidigun gen geahndet haben, die gegen das Personal der Finanzbehörden, insbesondere gegen die Beamten des Zollaufsichts- und Vollstreckungs dienstes verübt wurden, vor allem auch der Umstand, daß dabei zumeist Bewährungsfrist zugebilligt wurde, haben dem Reichsfinanzminister Veranlassung gegeben, sich in einem Erlaß gegen diese Praxis auszusprechen, weil er sie bei der erheblichen Wichtigkeit dieser Dienst zweige für das ordnungsmäßige Steueraufkommen als dem Staatsinteresse abträglich erachtet. Die Namensnennung von Teilnehmern am Volksentscheid. Die preußische Landtagssraktion der DNVP. hatte in einer Kleinen Anfrage die Ansicht vertreten, daß die durch die sozialdemokratische Schleswig-Holsteinische Volks zeitung" erfolgte namentliche Veröffentlichung von Teil nehmern am Volksentscheid Bruch des Wahlgeheimnisses sei. Die Antwort des preußischen Innenministers betont, so lieb, und darum hatte ich nicht bedacht, daß er einem Findelkinde seinen alten, stolzen Namen nicht geben darf! Ich zürne ihm nicht! Aber weh hat es getan, daß ich es einen Augenblick habe fühlen müssen! Das war vielleicht das Härteste —I Meine Gedanken sind immer bei Euch! Im Geiste steht mein liebes Schulhaus vor mir! Wenn Mütterchen zu unglücklich ist, sage ihr, ich hätte mit Eurer Einwilli gung eine Stellung angenommen, könnte ich doch auch nicht zu Hause sein! Und daß ich einmal fort bin, ist nur förderlich für mich! Ich danke Euch allen nochmals für Eure Liebe, deren das arme Findelkind sich nie unwert gezeigt hat und zei gen wird! Wüßte ich nur, wessen Kind ich bin! Gar oft hat mich dies in den letzten Wochen wieder gequält, daß ich den Verstand darüber hätte verlieren können! Nicht Undankbarkeit gegen die lieben Eltern ist dies Verlangen — nein! Von denen, die mir das Leben ge geben haben, mag ich weiter nichts wissen als: wer und was sie sind, und seien sie noch so niedrigen Standes! Dann könnte ich wenigstens sagen, das und das sind meine Eltern, und ich komme mir nicht so verachtet vor! Meine ganze Liebe gehört ja Euch! Nun behüt Euch Gott, Ihr Lieben! Nochmals verzeiht mir, doch ich kann nicht anders! Da ist etwas in mir, was mächtiger ist und dem ich gehör- chen muß! Gesundheitlich geht es mir gut, und auch sonst! Viel Liebes für Euch und tausend Grüße! Eure Euch stets dankbare und Euch liebende Ebba." Schweigend reichte Graf Neinshagen dem jungen Geistlichen den Brief zurück, aus dem er die ganze innere Zerrissenheit und verzweifelte Stimmung des unglück lichen Mädchens ersehen. „Ich muß wohl Ebbas Wunsch berücksichtigen, nicht nach ihr zu forschen, damit sie uns nicht ganz verloren geht, obwohl meine Mutter begreiflicherweise durchaus wissen möchte, wo Ebba ist —" Der Graf nickte. „Vorläufig nichts unternehmen, erst die nächsten Briefe abwarten! Vielleicht ist sie in der anderen Umge bung zu ihrer Ruhe gekommen! Ich bedaure unendlich, daß durch uns — die Gräfin hat es nicht so gemeint; in erster Erregung werden Dinge gesprochen, die nachher doch bereut werden —" „Bitte, Herr Graf, darüber wollen wir gar nicht mehr sprechen! Die Hauptsache ist, daß wir jetzt etwas von Ebba wissen. Mag sie sich draußen in der Fremde inner lich zurechtfinden!" sagte Christel, und dann bat er, daß Komtesse Inga auch von Ebbas Brief erfahre. Der Graf ließ seine Tochter rufen. Die frische Röte auf ihren Wangen vertiefte sich, als sie den jungen Geist lichen begrüßte. „Nachricht von Ebba? Gottlob!" Sie las den Brief, den sie Christel mit einem tiefen, erleichterten Aufatmen zurückgab. „Mein Gott, die Ebba! Wie sie sich das Leben schwer macht! Sie weiß doch, wie lieb wir alle sie haben! — Jetzt werde ich Sie zu Ihrer Frau Mutter begleiten, Herr Pfarrer, um mit ihr Ebbas Brief durchzusprechen! Du erlaubst es doch, Papa?" wandte sie sich an ihren Va ter, der gern seine Zustimmung gab. Mit Absicht wollte sich Inga an Christels Seite vor den Leuten zeigen, damit sie sahen, daß die alte, frühere Harmonie noch bestand. Scharf und frisch wehte ihnen die Winterluft entge gen. Um eine gewisse Unfreiheit, die zwischen ihnen lag. nicht spürbar werden zu lasten, plauderte Inga von der Kinderzeit, wie man zu dreien — er, Ebba, sie — so froh gespielt — „und nun muß Ebba uns das antun —!^ schloß sie in leiser Klage. (Fortsetzung folgt.)