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Kapitän z. S. v. Arnauld verabschiedet. Kriegskommandant von „U. 35". Am 30. September scheidet Kapitän zur See von Ar nauld de la Periere aus dem Dienst der Reichsmarine aus, der im Weltkriege als Kommandant von „U. 35" im Mittelmeer 200 Schisse mit insges amt 500 000 Tonnen versenken konnte und dafür den Orden „kour i6 Merits" sowie eine Reihe anderer Auszeichnungen erhielt. Zuletzt hatte er die Dienststellung des Vorsitzen den des Erprobungsausschusses für Schiffsneubauten inne. Landgenchisdirekior Arndi suspendiert Einleitung eines Strafverfahrens. Aus Berlin wird berichtet: Aus Grund der von dem Senatsprästdenten beim Kammergericht im Dienstaufsichts wege geführten Ermittlungen hat der Generalstaatsanwalt beim Kammergericht die Eröffnung des Strafver fahrens gegen den Landgerichtsdirektor Dr. Arndt und gleichzeitig die Amtssuspcnsion bei dem Disziplinarsenal des Kammergerichts beantragt. Der Disziplinarsenat hat antragsgemäß das förmliche Disziplinarverfahren gegen Dr. Arndt eröffnet und gleich zeitig die Amtssuspension angcordnct. Landgerichtsdirektor Dr. Arndt ist, wie man weiß, in Sachen „Stinnes-Urteil" schwerer Verfehlungen bezichtigt worden. In derselben Sache hat die Anwaltskammer Berlin den Generalstaatsanwalt beim Kammergericht ersucht, in einem ehrengerichtlichen Ermittlungsver fahren aufzuklären, ob und inwieweit gewisse Berliner Rechtsanwälte, gegen welche schwere Vorwürfe erhoben worden sind, Verstöße gegen die Standespflicht zur Last zu legen sind. Der Prozeß um die Deutsche Friedensgesellschast. Die Aussagen Schwanns. In dem Prozeß, den vei Vizepräsident der Deutscher Friedensgesellschast, Fritz Küster in Bertin wegen Be eidigung gegen mehrere Redakteure angestrengt hat, machte »er Zeuge Schwann, ehemaliges Vorstandsmitglied det Deutschen Liga für Menschenrechte. Bekundungen über die Nelder, die der Deutschen Friedensgesellschast von fran- jösischen, polnischen und tschechischen Regierungs stellen zugeflossen sein sollen. Schwann erklärte, daß er durch Vermittlung des Professors Förster vom Professor Basch, oem Vorsitzenden der Französischen Liga für Menschenrechte, im Herbst 1924 30 000 französische Frank erhalten habe, um diese im pazifistischen Sinne in Deutschland zu verwenden. Tschechische Negierungsgelder seien der Friedensgesellschast richt zugeslossen. Dagegen habe die Tschechische Liga für Menschenrechte einmal der Deutschen Liga für Menschenrechte 85 000 Mark zur Verwendung für allgemeine pazifistische Propaganda zur Ver fügung gestellt. Es habe sich um Gelder aus Quellen, die Kch in Opposition zu der tschechischen Regierung befanden, ge handelt. Gesprochen wurde dann über einen Bries, den Schwann iin Juni 1925 nach Gem an den tschechischen Außenminister Dr. Benesch gerichtet Hai, und in dem Benesch aus eine Denkschrift über Deutschlands geheime Rüstungen aufmerksam gemacht worden fein soll. Schwann konnte sich an Einzelheiten dieses Brieses nicht erinnern. Was die polnischen Gelder betrifft, so erklärte Schwann, daß er persönlich Beziehungen wr Polnischen Gesandtschaft in Berlin gehabt habe. Er habe von der Pressestelle der Gesandtschaft niemals einen Vorschuß oder ein Gehalt bekommen, sondern nur Honorar für Artikel, die er in polnischen Zeitungen veröffentlicht habe: diese Honorare seien aus staatlichen Subventionen gezahlt worden. Rach der Vernehmung Schwanns wurde die Beweisauf nahme geschlossen. Bor dem „Favag"-Prozeß. Voraussichtlich vier Monate Prozetzdauer. In Frankfurt a. M. beginnt am 2. Oktober der Prozeß gegen die Frankfurter Allgemeine Versiche rungs-A.-G. (Favag). In jeder Woche soll nur viermal verhandelt werden. Es wird damit gerechnet, daß der Prozeß vier Monate dauern könnte, da die einzelnen Fälle in vie, Gruppen erörtert werden sollen und für jede Gruppe ein, Verhandlungsdauer von einem Monat angenommen wird j Politik»- HunälGau j Deutsches Reich Der Kyffhäuserbund zur Abrüstungskonferenz. Der Deutsche Reichskriegerbund „Kyffhäuser" dem drei Millionen ehemaliger Soldaten angeschlossen sind, hat feine sämtlichen Verbände und Vereine zu einem großen Propagandafeldzug zur nächstjährigen Abrüstungskonfe renz aufgerufen, um in weitesten Kreisen des Volkes das Verständnis für die Bedeutung dieser Konferenz zu ver breiten. Sparkassen vor Vollauszahlung. Wie verlautet, ist die neue Verordnung für die Spar kassen, die es diesen gestattet, Auszahlungen wie früher in jedem Betrage zu leisten, erst Mitte nächster Woche zu erwarten. Um die Einberufung des Preußischen Landtages. Präsident Bartels hat dem Ältestenrat des Preußischen Landtages aus Dienstag, den 22. d. M., zu einer Sitzung einberufen. Es soll dann über den von den Deutschnatio nalen unterstützten Antrag der Kommunisten entschieden werden, der die Einberufung des Landtages verlangt, um zum kommunistischen Antrag auf Aufhebung der preu ßischen Sparnotverordnung Stellung zu nehmen. Neues aus aller well Unverhofftes Wiedersehen vor Gericht. In Berlin land ein Arbeiter namens Paul Gericke unter der An klage des Ladendiebstahls vor Gericht. Unter den Zeugen »efand sich ein alter Mann, der gleichfalls Gericke hieß. Da dem Angeklagten der Diebstahl nicht nachgewiesen werden konnte, wurde er freigesprochen. Im Korridor des Nerichtsgebäudes machte man dann die Entdeckung, daß sie beiden Gericke miteinander auss engste verwandt waren: es waren Vater und Sohn, die sich 14 Jahre lang richt gesehen hatten, da der Sohn sich bis vor kurzem in russischer Gefangenschaft befunden hatte. Im Gerichts faale hatten sie sich nicht wiedererkannt. Durch eiuen Raben verraten. In Berlin wurde bei Üner Händlerin, die im Verdacht stand, gestohlene Fahr räder aufzukaufen, eine Haussuchung vorgenommen. Die Händlerin sollte die Maschinen umgeändert und die Markenschilder entfernt und in einer Kiste versteckt haben. Die Frau leugnete alles, aber ein zahmer Rabe, der sich in dem Kellergeschäft befand, verriet sie: der Vogel, den »er Besuch der Polizei aus seiner Ruhe aufgestöbert satte, flatterte ängstlich hin und her und stieß dabei eine Kiste um, in der sich tatsächlich Markenschikder befanden. Der Rabe gilt bekanntlich selbst als Stehler, und es ist merkwürdig, daß er eine Hehlerin preisgab. ^Aufklärung der Heteborner Morde. Die grausige Mordtat an dem Landwirtsehepaar Klump in Heteborn zat eine schnelle Aufklärung gefunden. Der verhaftete Knecht Walter Zemper hat, als er den Leichen gegenüber- zestellt werden sollte, vor dem Staatsanwalt in Halber- tadt ein volles Geständnis abgelegt und die Tat in allen ihren Einzelheiten geschildert. Schifsszufammcnstoß aus der Elbe. Ein Hamburger Dampfer, der sich auf der Fahrt von Leningrad nach Amsterdam befand, stieß vor Brunsbüttel bei dichtem Rebel im Fahrwasser der Elbe mit dem norwegischen Dampfer „Meteor" zusammen. Der deutsche Dampfer erlitt erhebliche Beschädigungen und ein Leck am Vorder schiff, konnte aber trotzdem seine Reise fortsetzen. Der norwegische Dampfer hat leichtere Beschädigungen davon- zetragen. Personen sind nicht zu Schaden gekommen. Massensturm auf ein Kartoffelfeld. Auf einem Kartoffelfeld in der Nähe von Köln hatten sich etwa 300 Personen eingefunden, die Kartoffelsäcke bei sich führten und sich über die aus dem Felde befindlichen Kartoffeln hermachten. Es mußte ein größeres Polizeiaufgebot her beigerufen werden, das die Menge von den Feldern ver trieb. Etwa 30 Personen, die noch im Besitz von ge stohlenen Kartoffeln waren, wurden der Polizeiwache vor geführt. Slowakische Giftmischerinnen. Nach den ungarischen vie slowakischen Giftmischerinnen! In Lewentz (?) in der Slowakei wurde ein Landwirt unter dem Verdacht, seinen alten Vater vergiftet zu haben, um sich in den Besitz des Bauerngutes zu setzen, verhaftet. Der Landwirt hatte sich Vas Gift von zwei Bäuerinnen verschafft. Beide Bäue rinnen sollen ihre Männer vergiftet haben, die eine von ihnen auch ihre Tochter, die bei einer deutschen Versiche rungsgesellschaft mit 35 000 Tschechenkronen versichert war. Die Opfer der rumänischen Flugzeugkatastrophe be raubt. Wie ein Bukarester Blatt berichtet, sind die sechs Opfer des bei Kraiova abgestürzten Flugzeuges von Be wohnern eines Nachbarortes ausgeplündert worden. Man hat bei einigen Dorfbewohnern französische und öster reichische Geldscheine sowie fremde Kleidungsstücke vor- zefunden. Die Gendarmerie hat Anzeige wegen Leichen- öeraubung erstattet. Die amerikanischen Ozeanslieger gerettet. Die amerikanischen Flieger Allen und Moyle, die von Tokio nach Seattle fliegen wollten und seit einer Woche ver schollen waren, sind, wie von verschiedenen Seiten be stätigt wird, heil und gesund aus einer kleinen un bewohnten Insel nördlich von Kamtschatka aufgesunden worden. Die Flieger sind von einem russischen Dampfer an Bord genommen worden und befinden sich auf dem Rückwege. Typhusepidemie in einem Jrrenhause. Nach Mel sungen aus Cleveland ist ein großer Teil der Insassen ves dortigen staatlichen Irrenhauses an Typhus erkrankt. Bis jetzt sind fünf Fälle tödlich verlaufen. Mehrere der über hundert Erkrankten schweben in Lebensgefahr. Die Anstaltsleitung hat strenge Maßnahmen getroffen, um eine Ausbreitung der Epidemie und ein übergreifen auf die Stadt zu verhüten. Brasilien vernichtet 985105 Sack Kaffee. Um den Weltmarktpreis für Kaffee nicht sinken zu lassen und um vie sinkende brasilianische Währung zu stützen, hat Bra- stlien bis zum 1. September dieses Jahres 985105 Sack Kasfee ins Meer versenkt oder verbrannt. Diese sinnlose Vernichtung des Kaffees hat überall die größte Empörung rusgelöst. Kleine Nacvricvken Die Asts FMe aus vier Wochen verholen. Der Polizeipräsident von Berlin hat die Tageszeitung „Die Rote Fabne" einschließlich der Kopsblätter aus die Dauer von vier Wochen verboten. In dem Telegramm des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Deutsch lands an die englische Marine wird eine schwere Störung ver freundschaftlichen deutsch-englischen Beziehungen er blickt. b3j 16. Es ging schon tief in die Nacht, als Angela ihr Lager aufsuchte. , ... Lange hatte sie vor dem Schreibtisch gesessen und in den Papieren des verstorbenen Gatten gelesen — ihr Trauschein, der Taufschein des Kindes alles war da! Es fehlte nichts, was rechtliche Ansprüche beweisen konnte! „Dein Glück gilt es, mein Kind!" Sie legte beide Hände über die Augen — „Mein Kind!" Wie die Worte sie in ihrem Innern aufwiihlten! — Am Anfang der anderen Woche fuhr Angela, die die Eltern auf ihren und Ebbas Besuch vorbereitet hatte, mit Ebba die gleiche Strecke zurück, auf der sie sich ge funden. Förmlich verklärt vor Freude war Ebba, daß sie die verehrten Pfarrer Sturms Wiedersehen sollte. Sie wurde nicht müde, von ihnen zu erzählen, und Angela wurde nicht müde, zuzuhören! Wie groß war Ebbas Ueberraschung gewesen, als sie erfahren, daß ihre gütige Gönnerin die Tochter der ver ehrten Pfarrersleute sei! — Nun war die Wiederschensfreude überstanden! Man saß am festlich gedeckten Kasfeetisch, auf dem ein leckerer Napfkuchen prangte. Ebba hatte auf dem Kanapee neben dem Pfarrer Platz nehmen müssen; sie hielt seine Hand in der ihren und strich immer leise darüber hin. Scheu und Liebe lagen in ihrem ganzen Gehaben. Ach, sie ahnte wohl, daß er sie in seinem Innern heftig tadelte, als Frau Angela jetzt auf eine Frage der Pfarrerin den Hergang ihrer beiderseiti gen Bekanntschaft in vorsichtig gewählten Worten erzählte. Der Pfarrer äußerte sich vorläufig gar nicht dazu, was Ebba beunruhigte; sie wagte auch keine Frage nach den Eltern und Christel zu tun, und merkwürdigerweise erwähnten die Pfarrersleute niemanden, so sehr Ebba es innerlich doch wünschte. Nach dem Kaffee ging man ein halbes Stündchen spazieren. Die alte Dame wollte Ebba das reizend gele gene Städtchen zeigen, und in ihrem Innern lebte neben bei das heimliche und leicht begreifliche Verlangen, mit ihrem Besuch ein wenig zu prunken! Das Städtchen war nur klein; jedermann kannte sich; man grüßte nach allen Seiten und wurde von allen Seiten gegrüßt! Eine ältere Dame blieb stehen; man wechselte einige liebenswürdige Worte. „— ah, die Frau Tochter — und gewiß ein Fräulein Enkelin? Fabelhaft ähnlich sieht das junge Fräulein der Frau Mama!" „Nein, Frau Sanitätsrat, es ist nur eine liebe Be kannte, allerdings uns lieb wie ein Kind! So alt wie Fräulein Lenz ist, so lange kennen wir sie schon, gelt Eb- bachen?" „Nicht?" sehr erstaunt klang es, „ich glaubte es wahr haftig; denn eine solche Aehnlichkeit zwischen zwei Frem den —" Angela, die sonst so Beherrschte, fühlte unter den vergleichenden Blicken der alten Dame das Blut in ihre Maugen steigen. Dann, trafen ihre Augen die des Vaters, und ihre Verwirrung stieg wie eigen er sie plötzlich ausah! Oder bildete sie sich das nur ein? Ach, wie war sie nervös geworden! Beim Abendessen sprach Pfarrer Sturm wenig. Seine Augen wanderten dafür unablässig von Angela zu Ebba und"wieder zurück; es lag ein so eigener, suchender, grübelnder Ausdruck darin. Tatsächlich — wie die beiden sich doch so ganz frem den Frauen glichen! Dieselben strahlenden blauen Augen, das gleiche, goldschimmernde Haar, der Schnitt des Mun des — sogar das Lächeln — ganz so sah die Tochter aus auf den letzten Bildern, die man von ihr wie ein Heilig tum verwahrte! Es war merkwürdig! Ebba hatte ihre Bangigkeit verloren. Sie war ganz glücklich, bei Pfarrer Sturm zu sitzen — ein Stück Heimat war ihr dieses trauliche, wohlbekannte grüne Zimmer! Sie hatte sich gleich nützlich gemacht, hatte den Tisch abgedeckt, dafür Aepfel und kleines Gebäck auf den Tisch gesetzt, so wie ein Fläschchen mit gutem Likör. Gemütlich plaudernd saß man um den ovalen Tisch. Wie ein Bann war es von ihr genommen, daß Pfarrers ihre Flucht aus Reinshagen noch gar nicht gestreift hat ten! Sie erzählte von den Eltern, von den Familien im Dorfe, von Bruder Christel, wie er sich bemühe, es dem Herrn Pfarrer nachzutun, vom Schlosse, von Komtesse Inga. „Inga —!" Der Psarrer nickte mehrmals vor sich hin, „Komtesse Inga hat ihren Eltern auch großen Verdruß bereitet —" er sagte „auch —!" Ebba wurde unwillkür lich rot. „Komtesse Inga reiste gleich nach Neujahr ohne weiteres von Dresden nach Reinshagen zurück! Uebrigens sind die Herrschaften seit dem 10. Februar wieder dort; es muß etwas mit Komtesse Inga gewesen sein, das ihnen den Aufenthalt in Dresden verleidet hat! Sie waren int Januar in der Schweiz; doch die Komtesse hat in Reib Hagen bleiben müssen; man hat sie nicht mitgenommen! „Ich kann mir den Grund ungefähr denken, Herr Pfarrer!" sagte Ebba leise, „die Frau Gräfin bestand darauf, daß sich Inga mit dem Sohne einer Freundin ver lobte, einem Baron Brandeck! Inga wollte aber nicht' weil sie einen anderen liebt! Und dieser andere ist — . ser Christel, Herr Pfarrer!" Die alten Leute waren überrascht Fortsetzung ftNg-