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Das Rüstungsfeierjahr. Die Hinlergrünvc oes tialicnilchcn Vorschlages. Der vom italienischen Außenminister Grandi in seiner großen Rede in Gens vorgebrachle Vorschlag, die weiteren Rüstungen dis zum Abschluß der Abrüstungskonferenz auszusetzen, ist bereits Gegenstand verschiedener vertrau kicher Besprechungen im Völkerbund. Es handelt sich, wie hervorgehoben wird, zunächst nur um eine allgemeine Anregung, nicht um einen konkreten Vorschlag auf Abschluß eines dahingehenden Abkommens Man nimmt aber allgemein an, daß die italienische Abordnung im Abrüstungsausschuß der Völkerbundversammlung die vorgebrachte Anregung in der Form eines praktischen Vorschlages einbringen wird. In Frage käme sodann die Erörterung eines während der Vollversammlung abzu- schlicßenden Abkommens, in dem die Mächte sich ver - pflichteten, während der Dauer der Abrüstungs konferenz keine weiteren Rüstungen vorzunehmen, oder lediglich eine allgemeine Empsehlnng der Völkerbund- Versammlung an sämtliche Mächte, einen zeitweiligen Stillstand in den weiteren Rüstungen eintreten zu lassen. Über die Hintergründe des italienischen Vor schlages liegen zunächst nur Vermutungen vor. Jedoch verlautet, daß der italienische Vorschlag nicht ohne Über einstimmung mit der amerikanischen Regierung er folgt ist. Der italienische Vorschlag hat, wie zu erwarten war, eine geteilte Ausnahme gefunden und wird zweifel los im Falle eines praktischen Antrags auf starken Wider stand der französischen Staateugruppe stoßen. All gemein kommt die Erwartung zum Ausdruck, daß die deutsche Abordnung den italienischen Vorschlag, der vollständig in der Linie der deutschen Abrüstungspolitik liegt, unverzüglich aufnehmen und die italienische Ini tiative unterstützen wird. Es ist daher zu erwarten, daß Reichsautzenminister Dr. Curtius in seiner Rede vor der Vollversammlung f ü r den italienischen Vorschlag ein- treten wird. Ein Stillstand in den Rüstungen bis zum Abschluß der Abrüstungskonferenz, die nach den bisheri gen Plänen kaum vor Ende des Jahres lü32 be endet würde, würde sofort praktisch zu einer wesentlichen Entlastung der Militärausgaben aller Staa ten führen und aus der anderen Seite zu einer Festlegung der Staaten auf die Abrüstungsverpflichtungen. In den weiteren Verhandlungen des Völkerbundes in der Ab rüstungsfrage wird jedenfalls nun der italienische Vor schlag einen breiten Raum einnehmen. Lm Zeichen -er „Abrüstung". Ende des BaufetersahreS für Schlachtschiffe. Das französische 2 3 OOO-Tonnen-Schlacht- schiss, dessen Bau das französische Parlament im Juni wegen Fehlens technischer Einzelheiten Vie Zustimmung versagt hatte, soll, wie der Marinekorrespondent des „Dailv Telegraph" aus guter Quelle ersähn, auf die Tagesordnung der nächsten Kammersitzung gesetzt werden. Es sei klar, so erklärt der Korrespondent, daß die Mehr heit ver Kammer die baldige Ausstapellegung des Schlachtschifses wünsche und in diesem Sinne stimmen werde. Wenn die Kredite für dieses Schiss bewilligt wür ben, so bedeute das das Ende des Bauseierjahres für Schlachtschiffe, da seit der Inangriffnahme der eng lischen Schiffe „Rodney" und „Nelson" im Jahre 1922 kein derartiges Schiss mehr aus Stapel gelegt worden sei. Der Korrespondent fügt hinzu, daß durch den Bau eines Schwesterschiffes der „Deutschland" sich die Gründe für die Aufstapellegung des französischen Schisses verstärkt hätten. .Der englische Korrespondent vergißt aber zu sagen, datz Deutschland innerhalb der vom Versailler Vertrag gezogenen Grenzen nicht nur zwei Panzerschiffe aus Stapel haben dürste, sondern bereits sämtliche sechs Panzerschisse, die ihm im Versailler Vertrag zum Ersatz der veralteten Linienschiffe zugestanden worden sinh, be reits fertiggestellt haben dürfte. Nichtsdestoweniger hat sich Deutschland bisher mit der Fertigstellung eines ein- zigen Schisses begnügt, das überdies nur IN ONO Tonnen groß ist. Das im Jahre 1924 beschlossene französische Marinebauprogramm sieht dagegen den Bau von jähr lich 5 0 ooo Tonnen neuer Schiffe vor. Wenn man bedenkt, datz die gesamte deutsche Flotte eine Tonnage von nur 125 000 Tonnen Hal, so ergibt sich daraus, datz Frank reich innerhalb von drei Jahren soviel Tonnage auf Stapel legen kann, die der jetzigen Grötze der gesamten deutschen Flotte entspricht. Die Haltlosigkeit des fran zösischen Standpunktes kann durch nichts schlagender be wiesen werden als durch solche Zissern. Die sowjetrussischcn Flottenübungen im Baltischen Meer. Die sowjetrussijche baltische Flotte unter Führung des Oberbefehlshabers Orlow Hai ihre Übungen im Baltischen Meer beendet und ist nach Kronstadt zurückgekehrt. An den Übungen haben nicht nur Linien schisse und andere Kriegsfahrzeuge, sondern auch U-Boote und die Luft flotte teilgenommen. Orlow erklärte in einer Unter redung, datz die Manöver ven Zweck gehabt hätten, fest zustellen, inwieweit Kronstadt von einem feindlichen An ariff aus der Luft und vom Wasser her geschützt ist. Nordische Staaten für Mstungsfeiersahr. Italienischer Vorschlag kommt in den Abrüstungsausschuß. In Kreisen der italienischen Abordnung wird zu dem von Grandi in der Vollversammlung gemachten Vorschlag aus zeitweilige Aussetzung der Rüstungen bis zum Abschluß der Abrüstungskonferenz der Standpunkt vertreten ,daß zunächst die Aufnahme dieses Vorschlages bei den übrigen Regierungen, insbesondere den europäischen Großmächten, abgewarlel werden müsse Man beabsichtige vorläufig noch nicht, mit einem prak tischen Vorschlag hervorzutreten Für die wettere Behandlung dieses Planes wird die Stellungnahme entscheidend sein, die die Außenminister von Deutschland und Frankreich sowie der Vertreter der englischen Regierung entnehmen werden. Es verlautet, datz die drei skandinavischen Staaten, Schweden, Norwegen und Dänemark, die Absicht haben, den italienischen Vorschlag aufzunehmen und im Abrüstungs- ausschutz der Völkerbundversammlung zu Sprache zu bringen. Die Generaldebatte tn der Vollversammlung des Völker bundes wird fortgesetzt. Nach den bisherigen Dispositionen soll am Freitag Briand und am Sonnabend Dr. Curtius sprechen. Das veriragsbrüchige Frankreich. Sprengung des deutsch-französischen Handelsvertrages. Die französische Regierung hat ein zeitlich n.cht be grenztes Einfuhrverbot für Holz und Wein erlassen. Während die von Deutschland nach Frankreich aus geführten Weinmengen nicht besonders groß sind, ist das französische Einfuhrverbot für die deutsche Holz ausfuhr von außerordentlich großer Bedeutung. Be sonders die badischen Holzerporteure werden durch die französische Maßnahme schwer geschädigt. In der ge samten deutschen Forst- und Waldwirtschaft ist infolge dessen eine große Beunruhigung entstanden. Der grundsätzliche deutsche Standpunkt geht dahin, datz die beiden französischen Einsuhrverbote dem deutsch- französischen Handelsvertrag widersprechen. Nach dem Handelsvertrag ist Frankreich berechtigt, Einfuhrverbote zu erlassen, falls lebenswichtige Interessen auf dem Spiele stehen, oder es gezwungen ist, aus einer Zwangslage heraus zu handeln. Bon deutscher Seite wird bestritten, datz die von den Franzosen angeführten Boraussehungcn varliegen. Wenn Deutschland nach den Gesichtspunkten der Arbeitslosigkeit Einfuhrverbote er tasten würde, so würde überhaupt jede französische Ein fuhr nach Deutschland unterbunden werden müssen. Die deutsche Regierung ist mit der französischen Re gierung wegen dieser Frage in Verbindung getreten. Der ieure Völkerbun-raissitz. Guatemala kann ihn nicht mehr bezahlen. Die Vollversammlung des Völkerbundes setzte die Generalaussprache fort. In den Kreisen des Präsi diums zeigt sich das Bestreben, die diesjährige Vollver sammlung im Hinblick auf die Weltkrise so kurz wie möglich zu halten und die Tagung bereits bis zum 26. September zum Abschluß zu bringen. Entgegen den Gepflogenheiten beginnt bereits am dritten Tag die Arbeit der Ausschüsse. Die Regierung von Guatemala hat dem General sekretär des Völkerbundes mitgeteilt, datz sie aus ihren Natssitz aus finanziellen Gründen verzich ten müsse. Guatemala war im vorigen Jahr in den Völkerbundrat gewählt worden und hätte satzungsgemäß noch zwei Jahre diesen Sitz innegehabl. Jedoch bedeutet der Austritt Guatemalas aus dem Völkerbundrat nicht gleichfalls einen Austritt aus dem Völkerbund. Man nimmt nunmehr an, datz anstatt Guatemala Mexiko in den Völkerbundrat gewählt wird, falls die Ratifizierung durch die betreffenden Organe rechtzeitig bis zu der am nächsten Montag stattfindenden Neuwahl des Rates er- folat. Der englische G 48. In erster Lesung angenommen. Ministerpräsident MacDonald brachte im Unterhaus ein Gesetz ein, durch das die Regierung zum Erlaß von Kabinettsverfügungen, sogen. „Orders in Council", zu dem Zwecke ermächtigt wird, Einsparungen in den öffent lichen Ausgaben zu erzielen und Verbesserungen in der Begrenzung der Ausgaben herbeizuführen. Dieses Gesetz, das der englischen Regierung neue bedeutende Vollmach ten, etwa im Sinne des 8 48 der deutschen Verfassung, gibt, passierte die erste Lesung. Die zweite soll am Frei tag stattfinden. Die neuen englischen Haushalworschläge. Snowdons Steuerbukett. Das englische Kabinett trat zu einer Sitzung zusam men, um den neuen Haushaltsvorschlägen ihre endgültige Form zu geben. Die englische Presse rechnet damit, daß der Schatz kanzler dem Unterhaus ein Steucrbukctt überreichen wird, das insgesamt 1,2 bis 1,4 Milliarden Mark Mehrbeträge einbringen soll. Grundsätzlich würde er an der gegen wärtigen direkten Besteuerung mit Ausnahme vielleicht ver hohen Einkommen festhalten, jedoch durchgreifende Ände rungen in den Bestimmungen für Steuerrabatte usw. vor nehmen. Auch glauben die Londoner Blätter, eine Er höhung der Tabakzölle, der Abgaben auf Bier, Zucker und Tee sowie der Lustbarkeitssteuer sür Theater und Hunde rennen und endlich auch eine Erhöhung der Rundfunk beiträge Voraussagen zu können. StMelmMer Wei die »reoMe RezierW Berlin, 9. September. Wie Rechtsanwalt Dr. Everling mitteilt, habe er im Auftrage der Bundesführer des Stahlhelms Seldte und Duesterberg wegen zahlreicher Behauptungen in dem von der preußischen Regierung den Zeitungen auf Grund der Notverordnung kurz vor dem Voksentscheid zum Abdruck zugegan genen Aufruf und wegen in diesem enthaltener formaler Beleidi gungen bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Strafanzeige er stattet. Es werde Durchführung der Sache im Offizialverfahren verlangt, da anerkannte Führer des nationalen Deutschland sich eine überall verbreitete Bezeichnung als „gewissenlos" ebenso wenig gefallen zu lassen brauchten wie Verdächtigung ihrer poli tischen Ziele. Begnadigung Schmidlins?. Wie in französischen Kreisen verlautet, soll die fran zösische Regierung angeblich die Absicht haben, den im Oberelsaß verhafteten Professor Schmidlin aus dem Wege eines Gnadenakies sreizugeben. Eine Bestätigung dieser Nachricht war noch nicht zu erhalten. Schulflugzeug in Giaaken abgestürzt. Der Pilot getötet. Auf dem Flugplatz Staaken stürzte ein Schulflugzeug der Fliegerschule Staaken, ein Klemm-Eindecker, ab. Die Ur sache des Absturzes ist vermutlich ein Tragflächenbruch. Der Pilot, der Rechtsanwalt Reischauer aus Berlin- Zehlendors, wurde getötet. Lujo Brentano P. München In München ist der bekannte Volkswirtschaftler, Oozialpolitilcr und langjährige Dozent an der Münchner Uni versität, Geheimrat Prof. Dr. Lujo Brentano, im Alter von 87 Jahren gestorben. Der Tod des Gelehrten kommt über raschend. Brentano befand sich zwar vor mehreren Wochen schwerkrank in einer Münchner Klinik, wurde aber von dort bald wieder als gesund und geheilt entlassen. s Äus unlerer keimst j Wilsdruff, am 10. September 1931. Merkblatt sür ven II. Seplemver. Sonnenaufgang 5^ I Mondausgang 4" Sonnenuntergang 18'" j Monduntergang 18^ 1816: Der Mechaniker Karl Zeiß geb. Herbstliche Zeit. Noch lange vor dem kalendermätzigcn Herbstbeginn hat sich bei uns der Herbst eingestellt. Einem verregneten Sommer scheint jetzt ein ebenfalls verregneter Nachsommer folgen zu wollen. Der vielgerühmte Altweibersommer mit seinen zauberhaften Stimmungen konnte sich noch nicht oder doch nur wenige Stunden entfalten. Seit Tagen hängt der Himmel wieder voller schwerer, grauer Regen- wölken und wenn schon einmal die Sonne sich durchkämpft, so nur selten oder für kurze Stunden. Was der Sommer, ver keiner war, eingeleitet hat, scheint der Herbst über- nehmen und fortsetzen zu wollen, über die Felder, Wiesen und Wälder schweben bereits im Morgengrauen die Herbst nebel; wenn der Tag früh versinkt, lagern sie sich wieder über den Gefilden. Da und dort ist bereits der erste Reif gefallen. In den Bergen dal die kühle und feuchte Witte- rung zu verfrühten Schneefällen geführt. Die Herbstzeit lose verkündet auf grüner Flur schon den Einzug herbst licher Zeit. Vom unwirschen Äußeren der Umwelt ab gestoßen, flüchten wir uns in die Räume des Hauses zurück und sinnen dem Sommer nach, um den wir diesmal ge kommen sind. werden sollte. Da Deutschland das einzige Land ist, das abge rüstet hat, so war die Rubrik über die Landstreitkräfte — mit 1-00 500 Mann — fast die einzige, die nusgefüllt werden konnte- Bei vielen andern Fragen steht in der deutschen Liste: „Keine"-) Michel zu Lehrer Völkerbund: „Hier, Herr Lehrer, mir ist die Lö- !" (Zur Vvbereitung der Weltabrü- Die Eröffnungssitzung der 12. Völkerbundvollversammlung. Die 12. VÄkerbundvMverfammlung wurde von dem Ratspräsi- i " HI . denten, dem spanischen Außenminister Lerroux, eröffnet. Als sung nicht schwergefallen!" (Zur Vvbereitung der Weltabrü- Präsident der Versammlung wurde der rumänische Botschafter in stungskonferenz 1932 hat der Völkerbund allen Staaten eine Liste London, Titulescu gewählt. , zugehen lassen, in die der Stand der Bewaffnung eingetragen