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Wilsdruffer Tageblatt : 07.08.1931
- Erscheinungsdatum
- 1931-08-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193108073
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19310807
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19310807
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1931
-
Monat
1931-08
- Tag 1931-08-07
-
Monat
1931-08
-
Jahr
1931
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 07.08.1931
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Wilsdruffer Tageblatt 2. Blatt. Nr. 182 - Freitag, Seu 7. Aug 1S31 Tagcsspruch. Freund! Unrecht tun und Unrecht leiden. Was wähltest du dir wohl von beiden? Ich? Kems! Denn Herz und Ehre spricht: Laß jenes, dulde dieses nicht. Kretschmann. Sie deutsche Spruche im Urteil der Resormtionszeit. Von vr. Karl Schottenloher-München, Abteilungsdirektor der Bayer. Staatsbibliothek. Als Martin Luther und Ulrich von Hutten deutsch zu schreiben begannen, um für ihren kirchlichen und nationaler Kampf einen starken Widerhall im Volke zu finden, Hub für die deutsche Sprache ein neuer Aufschwung an. Nicht al- !vb es bis dahin kein deutsches Schrifttum gegeben, als ok Man nicht deutsch gesprochen, deutsch geschrieben hätte. Wir Wissen, daß unmittelbar vor Luther der älteste Buchdruä durch rege Vervielfältigung deutscher Schriften und Ueber- setzungen wirksam zur Pflege der deutschen Sprache beitrug, daß Kaiser Maximilian I. und sein Hof bedeutsame Anregun gen in der gleichen Richtung gaben. Schon befand sich also dir deutsche Sprache in langsamem Aufstieg. Aber ihr Gano !war noch schwerfällig und unbeholfen, ihre Stimme noch rauh und abgerissen. Noch stand ihr ein großer Teil des deutschen Volkes fern, vor allem die geistliche und die gelehrte Welt, die von Kirche und Schule her zur lateinischen Sprache schwor, ;aber auch das niedere Volk, das in dem bis dahin dargebote- ^nen Schrifttum nicht viel von den Zielen und der Not seiner 'Zeit und seines eigenen Lebens fand. Johann Cochlaeus hatte so unrecht nicht, als er in seiner Schrift „Gloß und Comment ans 154 Artikel, gezogen aus einem Sermon Doctor -Martin Luthers von der hl. Meß" über die deutsche Sprache schrieb: „Sag an, Luther, teutsche Sprach, was ist für eine .Sprach? Ist sie nit grob und barbar gegen den künstlichen und regulierten Sprachen hebräisch, griechisch und lateinisch? Frag Deine Poeten darum, willst Du sie dann denen ver gleichen? Sag weiter, was Buchstaben hat deutsche Sprach? Wie lang ist sie geschrieben worden? Zeig mir ein deutsch Buch, das 600 Jahr alt sei, ja das 400 Jahr alt sei, ich will Dir für jedes Blatt einen Gulden geben." Nur vergaß Coch- laeus, daß Jugend kein Fehler, sondern eher ein Vorzug ist, weil sie Entwicklung und Zukunft besitzt. Und schon hatte man sprachgewaltige Stimmen gehört, welche die Not und Erregung der Zeit in wuchtige deutsche Worte zu kleiden ver standen und damit tief in die Herzen der Zeitgenossen drangen. Mit einem Male redete, predigte, schrieb und las alles in deutscher Sprache. Niemals vorher und nachher hat diese, durch die Druckvervielfältigung mächtig gefördert, einen so ge waltigen Aufschwung wie in den Flugschriften und in der Bibelübersetzung Luthers erlebt. Dessen waren sich bereits die Zeitgenossen vollkommen bewußt. Als Kaspar Goldwurm im Jahre 1545 seine deutsche „Lcstemata ibetorica" für die Prediger herausgab, warnte er vor allem vor den Solözismen und Barbarismen, welche die Sprache verunstalteten, und wies auf das Vorbild Luthers in sprachlichen Dingen hin. Der Prediger soll, meinte er, „ein artige, gewöhnliche Sprach an sich nehmen und die Barbarei ins Hinterland... in das Elend schicken. Denn Lutherus, wiewohl er in Sachsen wohnet und darin viel und lang erzogen ist, jedoch gebraucht er in seinen Schreiben nit dieselbige, sondern ein zierliche, feine artige und gewöhnliche teutsche Sprach, darumb er billich ein deutscher Cicero geacht werden soll. Diesen sollen wir mit höchstem Fleiß uns zu imitieren eben wie den Ciceronem in siutina linauL fürsetzen, so werden wir befinden, was recht, förmlich und artificiose teutsch reden heißt." Luthers deutsche -Bibelübersetzung vor allem wurde als bedeutsames Sprach denkmal von Freund und Feind anerkannt. Als Johann Zanger im Jahre 1563 eine Erwiderung gegen seinen katho- lischen Gegner Johann Albert schrieb, verteidigte er Luthers -Bibelübersetzung, indem er in zahlreichen Beispielen die Fort schritte gegenüber den früheren Uebertragungen nachwies und EU bemerkte: „Wir haben hier zu Braunschweig auf der Bibliotheca ein deutsche Bibel vor 70 Jahren gedruckt, darin ist seltsam wunderlich, arm elend deutsch ... Will nur wenig Exempel daraus nehmen, daß dis Jugend ex eoUatione sehen möge, welch groß, herrlich Licht die deutsche Bibel aus Gottes Gnaden durch D. Luther entpfangen hat." Und Jakob Andreä schreibt im Jahre 1568 in seiner „Notwendigen Er innerung von der teutschen Bibeldolmetschung", daß man bei der elenden jämmerlichen rotwelschen Bibel, die man vor Luthers Zeiten gehabt habe, an etlichen Orten nicht wisse, „ob sie teutsch oder lateinisch, Heu oder Stroh sei, so eine elend tolle Arbeit ist es gewesen". Luther aber habe die deut sche Sprache wiederum zu Ehren gebracht, wie ihm sogar von vielen Gegnern bezeugt worden sei, daß vor ihm keiner besser deutsch geschrieben habe. Was der deutschen Sprache aus dieser Aufwärts bewegung der Reformationsfrühjahre als dauernder Ge winn verblieb, war ihre bedeutsam gehobene Bewertung im Volke und in der Gelehrtenwelt. Man verglich und pflegte sie, man schätzte und liebte sie. Luther selbst rühmte sie zu wiederholten Malen. „Wollt Gott", heißt es 1520 in seiner Schrift vom heiligen Sakrament, „daß wir deutsche Meß zu deutsch läsen und die heimlichsten Wort aufs allerhöchst sängen! Warum sollen wir Deutschen nicht Meß lesen aus unsere Sprache, so die Lateinischen, Griechen und viel andrs auf ihre Sprach Meß halten." Leidenschaftlich eiferte Johann Creß in seiner deutschen Uebersetzung von Ulrich Burkharts „Dialogus von dem rechten wahren Glauben" gegen die latei nische Sprache, die schuld daran sei, „daß wir unsere eigne Sprach veracht und andre mehr geliebt haben." Der gelehrte Humanist Johann Altensteig schrieb im Jahre 1523 in seinem . Unterricht, was ein Christenmenscb nm oder lasten soll", ci yaoe oeuisch gescyrleven, „so man oas mehr wm yaven uni lesen, dann das Latein". Er habe aber nicht das köstliche un! schöne Deutsch gebraucht, „sondern wie das der gemein Mani bei uns braucht und redet, darumb es w-chl möcht nicht jet- lichem gefallen und voran, die gern hübsch und kanzleiisck schreiben." Johann Agricola hoffte mit seiner Sprichwörter- Ausgabe des Jahres 1529 seinen Lesern die ganze deutsch! Sprache zu geben, „welche Sprach wir Deutsche so gar fm nichts achten, daß sie auch fast gefallen ist." In scharfen Wor ten wandte sich Lorenz Fries im Jahre 1530 gegen seins Gegner, die ihm verargt hatten, daß er seinen „Spiegel de, Arznei" deutsch geschrieben habe. „Auch bedünkt mich", beton: er, „teutsche Zung nit minder würdig, daß alle Ding darin beschrieben werden, dann Griechisch, Hebreisch, Lateinisch, Jtalianisch, Hispanisch, Französisch, i» welchen man doch gar- bei alle Ding verdolmetschet findet. SsTt «nser Sprach minder sein? Nein, ja Wohl viel mehr. Ursach, daß sie ein ursprüng liche Sprach ist, nit zusamme gebettlet von Griechisch, Latei nisch, der Hunnen und Gothen als Französisch, auch mehr reguliert." Im gleichen Sinn klagt 1540 Valentin Boltz in seiner Terenz-Uebersetzung: „Das ist das alt Gift und pesti- lenzisch Uebel, daß wir Teutsche nit viel Acht auf unsere Muttersprach gehabt haben, wie sie gepflanzt aufbrachi werd, die ja gleich ihr Facundiam und Zier so Wohl hat als andere Sprachen. Wer das erfahren wolle, der besehe und lese den verdeutschten Josephum, Senecam, Officia Ambrosii und viel treffliche Authores, die der hochberedt Mann deutscher Nation Caspar Hedio zu Straßburg bracht hat. Darob werden auch viel Stolzgelehrte murren und sagen, es sei nit löblich, daß man alle Ding also in Teutsche Sprach bring; das Latein werd dadurch verachtet. Ich sag nein dazu. Es ist der latei nischen Sprach ein trefflicher Ruhm und hoher Preis, daß sie so hohe Wunderbarlich Ding hinter ihr verborgen hat getan und macht uns Deutschen, daß wir erst ansachen unser eigen Sprach regulieren und Wohl stelln." Auch Wilhelm Holtzmann, griechisch -khlander genannt, klagte in seiner Euklides-Ueber- setzung des Jahres 1562 über die Zurücksetzung der deutschen Sprache und meinte: „Mich dauert der Teutschen, so sich durch diesen Wahn haben verblenden lassen, gleichsam alle Sprachen seien reicher, lieblicher und zum Beschreiben schöner Ding bequemer wie die unsere. Wollte Gott, wir achteten uns selber und unsere von ihm empfangenen Gaben nit fo gering. Wann wir wollten uns wie andere bemühen und unsere Sprach brauchen, man sollte bald sehen, was uns mangelt oder nit. Ja ob nit unser teutsche Sprach an eigenem Reichtum und Zier der Red vielen andern fürzusetzen. Aber nach der Zeit gefällt uns schier nichts denn was auslän disch ist." Im Gegensatz zu diesen Klagen freut sich Simon Miner- vius in seiner Odyssee-Uebersetzung des Jahres 1537 des nun bereits Errungenen. Durch die Gnade Gottes sie die uner meßliche Gabe kunstvoller Sprache wie vorher zu den Griechen und Lateinern, nunmehr auch zu uns Deutschen gekommen, wodurch die deutsche Sprache „in Zierlichkeit, in rechter Kunst Redens und Schreibens" so gewachsen sei, daß jetzt mehr Weis heit, Kunst und Wissen in deutscher Sprache als in italienischer verfaßt werde und die deutsche Nation nunmehr „nicht allein mit Waffen und Triumphen, sondern auch mit Weisheit, Ver nunft, Höflichkeit, Sitten, Redbarkeit, in Summa mit aller Wohlkündigkeit geziert ist und von Tag zu Tag gezierter wird." Ja sogar ein so gelehrter und lateinkundiger Humanist wie Joachim Camerarius suchte in ein engeres Verhältnis zur deutschen Sprache zu kommen und schrieb in der Vorrede zur Psalter-Uebersetzung seines Freundes Johannes Claus am 24. Dezember 1541 aus Leipzig: „Ob ich Wohl in der deut schen meiner Muttersprache mich sonderlicher fleißiger Hebung mein Tage nicht gebraucht, habe ich doch in der Jugend deutsche alte Bücher zu lesen und folgendes in Erfahrung an derer Sprach mit ziemlicher Aufmerkung, wie ich hoffe, nicht unerschieslich beiweilen deutsch zu schreiben mich unterfangen und meines Erachtens dennoch soviel begriffen, daß ich auch in ein nicht gar ungründliche Erfahrung dieser Sprache Eigen schaft, Bedeutung der Wort und Gestalt zu reden geraten bin." Auch der schweizerische Humanist Heinrich Glareanus betont in seinem „Neuen Lied zu Ehren römisch kaiserlicher Majestät Caroli des Fünften" vom Jahre 1547, daß die Deutschen zu Unrecht ihre Sprache vernachlässigten, die es an Klang, Schön heit und Fülle mit der griechischen und lateinischen gut auf nehmen könne. Das war gerade das unsterbliche Verdienst Luthers um seine Muttersprache, daß er nicht bloß überhaupt deutsch, sondern auch ein gutes Deutsch schrieb, wie man es bis dahin kaum gekannt hatte. Seine freiheitlichsten Jahre Waben zugleich die Höhepunkte seiner sprachschöpferischen Tä tigkeit. Nicht lange konnte sich die deutsche Sprache auf dem Gipfel behaupten, den sie mit Luther erreicht hatte. Das Latein eroberte sich wieder ein gut Teil seiner früheren Vor machtstellung zurück, und Sprachgewaltige wie Luther gab es nicht viele. Vor allem war es die Sprachmengerei, die das Deutsche bald schlimm entstellen sollte. Zu den ersten, die da rüber Nagten, gehörte Heinrich Pantaleon, der sich in seinerSlei- danus-llebersetzung des Jahres 1556 gegen den Unfug der Schreiber ausläßt, die behaupteten, man könne nicht anders recht deutsch schreiben als durch Vermischung mit dem Latei nischen und anderen Sprachen. „Man könne nit mehr sagen: fürfaren, ins Werk bringen, ledig sprechen, gerecht machery urteilen und tausend anders dergleichen, sondern es muß zehl procedicren, exequieren, absolvieren, justivicieren, indicierev und weiß wie heißen. Wenn auch die Reden gnugsam ge- radbrechet und seltsam durcheinander gemischet, dann ist es erst gut kanzleiisch. Als man die teutsche Sprach an ihr selbS unvollkommen und einer anderen bedürfte, ihren Mangel zv ersetzen." Diese Anklage weist bereits ahnend und warnend in die weitere Entwicklung der deutschen Sprache, in das un selige Fremdwörtergemisch des 17. Jahrhunderts hinüber. Meirich der Große und Gräfin Srezelska. Von Otto R. Gervais. Nachdem Preußens König Friedrich Wilhelm sich ent schlossen hatte, der Einladung des Sachsenkönigs August des Starken Folge zu leisten und den „Lasterhof" Dresden zu be suchen, zerstreuten auch seine Berater, Grumbkow und Secken dorfs, die Bedenken, die er gegen die Mitnahme seines Sohnes Friedrich geltend machte. Der Thronsolgcr sei zu jung und in Dresden vielen Versuchungen ausgesetzt, die seinem Charakter schaden könnten. Es waren jedoch auch Gründe da, die für die Reise des Kronprinzen sprachen, der einmal lernen sollte, Ver gleiche zwischen der eigenen und der fremden Residenz zu ziehen. So kam Friedrich an den Dresdner Hof. Für ihn war es ein Besuch im Himmel, wenn man berücksichtigt, wie un erträglich ihm die letzten Jahre der strengen Erziehung er schienen. Bereits am zweiten Abend von Friedrichs Ankunft in Sachsens Hauptstadt standen sich zwei Menschen gegenüber, deren Augen beim ersten Anblick ineinander glommen. Von tausend Kerzen im Festsaal des Schlosses umloht, inmitten eines wogenden, heiteren Gästemeeres, umrauscht von ita lienischen Weisen, sahen sich diese beiden Menschen — nur einen Augenblick lang. Er genügte, um in beiden jene heim liche Leidschaft für einander zu entfachen, der sich Friedrich noch in seinem hohen Alter dankbar erinnerte. Friedrich sah die Gräsin Orczelska. Er fand sie aus der skulle sckiöner skrauen ÄS ist 6^6 A/'öMs . Komsn von Helma von lkellormann copvisM dv Martin reucktvsnLer, NsIIe ISA s3ö Stummes Verneinen. -Es hätte euch auch nicht viel genützt. Die Zahlungen der letzten Tage sino als ungültig erklärt; sie wurden aus ungesetzlichen Reserven geleistet." „Hat.." Dieser würgende Druck im Halse erstickte schier... „Direktor Markmann hat die Depots angegriffen, um noch einmal sein Glück an der Börse zu versuchen. Es war ein letztes verzweifeltes Va-banque-Spiel. Er verlor, ver lor unglaubliche Summen. Das war vorgestern. Ich hörte davon, kabelte euch sofort. Aber es war ja alles zu spät." Von draußen drang das Rauschen des Stadtbetriebes wie eine Sturmflut hinein, gellte in ihren Ohren wie höhnisches Triumphgeschrei. Lichter zuckten blendend auf und erloschen wieder, um in der nächsten Sekunde noch schneller und greller aufzuflammen. An manchen Plätzen hielt der Wagen in langer Reihe, auf das Freizeichen des Verkehrsreglers wartend, schoß dann wieder brummend vorwärts, um scharfe Kurven... Helmut Hardt wußte es nicht. Halb betäubt vom eben Gehörten, saß er in seiner Ecke versuchte zu fassen, was geschehen. Sein Kopf schmerzte wie von einem schweren Schlage. Merkwürdige schwarze Schatten tanzten vor seinen Augen, wollten nicht weichen auch wenn er sie schloß. Dicht nebenan gellte eine Hupe. Es klang wie ein Schrei um Hilfe... Nun hielten sie vor der Bank. Sättler ließ den Chauf feur warten Er sah auf seine Armbanduhr. Es war genau Mitternacht. Im Erdgeschoß war Licht; die anderen Stock werke und Nebengebäude lagen im Dunkeln. Sie beher bergten zum großen Teil Büros und Geschäftsräume. Zwei Polizisten standen vor der Tür der Bank, drei weitere gingen in kurzer Entfernung langsam auf und ab. Eine größere Gruppe Neugieriger lungerte vor der Bank herum, sprach miteinander. Ein junger Bursche mit schief sitzender Mütze, eine Zigarette im Mundwinkel, machte eine freche Bemerkung. Etliche lachten. Es klang roh -und häßlich. Als das Auto heranfauste und an der Bordschwelle hielt, trat einer der Polizisten schnell den beiden aussteigen den Herren entgegen, die sofort von neugierig musternden Menschen umdrängt waren. Nach einigem Hin und Her klopfte der Polizist an die Tür. Man hörte, wie diese aufgeschlossen wurde. Hardt und Sättler traten in den Vorraum, baten, den anwesen den Prokuristen einen Moment sprechen zu dürfen. Saßen dann stumm in bequemen Ledersesseln neben den kleinen Tischchen, auf denen noch die letzten Börsenberichte aus lagen. Fremde Menschen gingen hin und her. Irgendwo knarrte eine Schuhsohle bei jedem Schritt — wie ein körper licher Schmerz schnitt das häßliche Geräusch in die zum Zer reißen gespannten Nerven. Die Tür zum Konferenzzimmer ging auf. Man sah einige Herren um einen Tisch unter hellbrennendem Kron leuchter sitzen. Der alte Prokurist kam herbeigeeilt mit zerwühlten Haaren und verstörten Augen. Die Hand, die er Helmut reichte, war feucht und zitterte stark. „Herr Helmut, daß wir das erleben müssen! Ich habe es ja schon lange kommen sehen; aber so doch nicht — so doch nicht..." „Sie haben es schon lange gewußt?!" Der weißhaarige Mann sah den Fremden groß an. „Aber ja! Wenn man zweiundvierzig Jahre lang, erst mit dem Vater, dann mit dem Sohn gearbeitet hat, weiß man doch Bescheid." „Konnten Sie uns nicht warnen, Herr Domke?" fragte Helmut leise. Der Alte schüttelte mit dem Kopfe. „Das wäre doch Verrat an meinem Vrotgeber ge wesen", antwortete ckr schlicht. „Und dann hofften wir doch bis zuletzt auf eine Wendung zum Besseren. Wir haben doch schon viele böse Zeiten durchgemachr, alle Stürme des Krieges und der Inflation gut überstanden. Herrn Leos Glück in Geldgeschäften war ja sprichwörtlich. Mein guter Herr Leo! Und dann — das! Ich kann's gar nicht fassen!" Er zog sein Taschentuch, wischte sich die Schweißtropfen von der Stirn. „Siebenundfünfzig Jahre lang hochgeachtet und in Ehren gelebt... Das ist alles wie ein böser Traum." Sie schwiegen. Nun hörte man wieder das Stimmengemurmel neben an. Eine Schreibmaschine begann zu klappern nach lautem Diktat... Helmut Hardt sah stumm vor sich hin. Wie hatte der Alte gesagt: ein böser Traum. Der hielt auch ihn umfangen. Wie war das doch? Hatte er ihn nicht schon einmal geträumt: Onkel Mark mann, die Hände voller Geldscheine, lachte ihn an, wich oor ihm zurück, da er sich nähern und das Geld nehmen wollte — verschwand... Ein leises Grauen rieselte ihm bei dieser Vision kalt über den Rücken. Hatte auch Rosemarie im Unter- bewußtsein das Kommende geahnt, das ihr junges, seliges Glück bedrohte? Gab es denn kein Erwachen aus dem bösen Wahn? Das konnte doch alles gar nicht wahr, gar nicht geschehen sein... Er fuhr sich über den schmerzen den Hinterkopf — dort faß der Druck, der lähmte. Neben ihm sprach Georg: „Ist es wahr, daß die Depots angegriffen wurden?" Eine leise Bejahung. „Ich habe nichts davon gewußt, bis vorhin. Schreck lich! Schrecklich!" „Wie mag es um das Vermögen unseres Freundes hier stehen?" „Schlimm, mein Herr! Der Direktor, der so genau auf Sicherheit in allen seinen Börsenspekulationen hielt, hat diesmal alle Vorsicht außer acht gelassen. Tausende, viele Tausende sind bei dem Zusammenbruch der märki schen Malzbrauerei verloren gegangen . " (Fortsetzung folgt.)
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