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Wilsdruffer Tageblatt : 18.07.1931
- Erscheinungsdatum
- 1931-07-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193107183
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19310718
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19310718
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1931
-
Monat
1931-07
- Tag 1931-07-18
-
Monat
1931-07
-
Jahr
1931
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 18.07.1931
- Autor
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Der alte Priester. Ein Erlebnis von Hermann Söller. Kanonikus Jaber hatte die Siebzig hinter sich. An jenen Sonntagmorgen im Juli, da er seine Abschiedspredigt Halter sollte, wachte er mit einem Gefühl des Unbehagens aus Draußen verklangen die letzten Glockentöne vom „Engel des Herrn". „Schon halb sechs!" Mit diesen halblaut gesprochenen Worten hatte sich de: Kanonikus erhoben und stieß nun die Fensterläden auf. Herr lich! Der Garten in feiner Sommerfülle und die Sonne! Aber er... er mußte heute die Abschiedspredigt halten. Seit nahezu einem halben Jahrhundert versah er hier ir diesem weltverlassenen Neste die Pfarrstelle. Doch eine ganz, Anzahl Angehörige seiner Gemeinde, um deren Anhänglich keit er mit allen Kräften seines reichen Herzens gerungen^ hatte nicht genügend Hingabe bekundet. Der Geist der Zeil und die Fabriken, die talauf, talab entstanden waren, trugen die Schuld. Das hatte er sich schon oft gesagt, da- sagte er sich auch heute wieder während des Ankleidens. Nur war er damit fertig. Gebeugten Rückens, schneeweißen Haare- und mit dem langsamen Schritte des Greises stieg er die Holz stiege hinunter und betrat das Eßzimmer. Von der Anrichte nahm er Brille und Brevier, die ei gestern abend dort vergessen hatte. Von hier begab er sich ir die Küche und begrüßte seine alte Ursula. Sein „Guten Morgen" klang traurig. Dann wandte er sich dem Garten zu. Den Finger im Brevier, seine Abschiedspreoigt memo rierend, durchschritt der Kanonikus die von beschnittenen Buchsbaumhecken eingefaßten Kieswege. Sein Blick fiel auf die Gemüsebeete, die den Stolz der alten Ursula gebildet hatten. Auch von diesen mußte er fort Da rief es aus der Küche: „Herr Kanonikus, jetzt ist e- aber höchste Zeit!" Er holte sein Barett, öffnete die kleine Tür, die seiner Pfarrgarten direkt mit dem Zugang zu der Sakristei des Kirch leins verband, schlug das Kreuz, durchschritt das Schiff der Kirche, wo der Sigrist gerade die Wachskerzen anzündete beugte sich tief vor dem Hochaltar mit dem Allerheiligsten unk verschwand in der Sakristei. Langsam, fast feierlich, legte der alte Priester den Ornai für seinen letzten Gottesdienst an. Er gedachte der Ge treuen, noch mehr aber derer, die inmitten eines lärmenden, verwirrenden Zeitalters nicht hingebungsvoll genug der Ge meinde dienten. Fast alle waren heute im Gotteshaufi zugegen. Gebeugt über die Schublade, in der er die notwendiger Gegenstände aufbewahrte, den priesterlichen Schmuck, der gleich ihm selber alt geworden, betrachtete er das alles mit eine: tiefen Wehmut und wählte schließlich das schönste unter seiner Meßkleidern aus. Ein reich mit Gold gesticktes Damast gewand, das ihm einst eine in der Gegend zur Sommer frische weilende, fromme Herzogin verehrt hatte. Als er endlich mit zitternden Händen feine Ankleidunc vollendet hatte, ließ der Kanonikus die beiden Chorknaben, unter deren roten Gewändern die ausgefransten Hofer hervorguckten, vor sich hintreten, nahm den uralten Meßkelck mit einer feierlichen Bewegung zur Hand, hob die Schulter» unter seinem priesterlichen Gewände und schritt dann hoch erhobenen Hauptes, würdevollen Ganges und fast verklärter Auges hinaus in den Chor der Kirche. Während des ersten Teiles der heiligen Handlung sah uni hörte er nichts. Ganz langsam ließ die Traurigkeit darüber, daß es heute das letzte Mal sein sollte, in seinem Innern nach Ein tiefes Gefühl der Ruhe, der Verzeihung, des Vergessens, > Und sie kommen und gehen im bunten Wechsel: Blü ten im Schnee. Große Bewegung der Zeit voll Hoffen und Wollen, aber der Frühwind kam, der rauhen Wirk lichkeit und hat sic zerknickt. Und rch sehe euch, ihr jungen Buben und Mädels — Blüten seid ihr — kommt auch euch der Schnee —- werdet ihr ausblühen können? Kro kusblüten im Schnee, welch prachtvoller Anblick. Nach dem Kompaß uns richtend steigen wir im Laub wald nun direkt nördlich auf, tief im Schnee versinkend. Nach einer Stunde hört der Wald auf. Jetzt ging es über schlüpfrigen Grasboden und Steingeröll und schließ lich über Schnee und Eis hinaus nach dem Gipfel, der mit einer Steinmauer gekrönt war. Wir waren vom Meer direkt 1700 Meter hoch gestiegen. Da — welch eine Weltschau voll Pracht! Tief in der Ferne ragen empor gewaltige Firsten — Adlergehorst, gehüllt in duftige Schleier aus bläulichem Gewebe. Da liegt vor unseren Augen das ganze Velebitgebirge, ein langgestreckter Höhenzug, in scharfen Konturen vom Hori zont sich abhebend, hier flach und sanft ansteigend zu einem Hochplateau, dort steil und schroff abfallend zu tief ein gerissenen Schluchten. Und über den Wellenlinien des Ge birgsstockes ragen hin und wieder hochaufgereckte Gipfel empor, die um ihre Scheitel Wolkenkränze tragen, die einen massig und schwer, als wollten sie mit ihrer Wucht eine Mauer schaffen, die anderen kühn aufwärtsdringend in steilem Anstieg, als wollten sie den Himmel stürmen — in ihrer reichen Abwechselung einen wundervollen Anblick bietend. So liegen sie vor uns die Berge des Velebit, grüne Gebirgskuppen und herrliche Almen in sonnigen Tälern hinaus — weiße Gipfel, unter ihnen schwarze Wälder im tiefen Weißen Schnee — köstliche Alpenszene rien und dazwischen stille Täler. — Und unsere Seele sinnt und lauscht, lauscht der Sprache der Berge! Ein Zittern, ein Sehen, ein Jauchzen, ein Lachen, die Ewigkeit starrte uns an. Seltsamer Glanz verschleiert unser Auge. Urzeitrauschen erhellt unsere Sinne, wir lauschen am pochenden Herzen der Welt; Hauch Gottes umfängt uns. Wir erleben das Höchste, das Heiligste, was ein Sterb licher erleben darf in seinem zerbrechlichen zeitlichen Leibe: das Nahen der Gottheit. Durch unsere Sehnsucht zieht Gottesschauer. Kennst du den Gottesschauer, liebes Men schenkind? Unser Blick haftet an den Eisströmen zu un seren Füßen, unsere Seele verliert sich in den Feldern des stillen, schweigenden Schnees. Rasch geht unser Puls, straff stellen wir uns auf die bebenden Füße. Die Hände umklammern den Stein. Stumm stehen wir, starr, wir wagen uns nicht zu rühren. Jedes Geräusch scheint uns die Heiligkeit des Ortes zu stören. Ruhe, Rühe, stau nende Ruhe, Weiße Ruhe, stumm redende Ruhe; redend von Gottesschauer, der unsere Seele umsing. Oh, ihr un ergründlichen Berge, unergründlich wie selber die Gott heit mit der Entwicklung der Welt, mit Pflanzen und Tie ren, pflegt ihr geheimen Bund und Zwiesprache, in ihre Geschicke, waltend, greift ihr ein. Ewigkeit ist ein Ge heimnis, überall Leben. In eurem Eise ist Kraft, in eurem Schnee liegt Entfaltung, doppelte Wunder wirket die Sonne im freien Bereiche: satter der Blumen Pracht und leuchtender alle Geschöpfe, großes zu kleinem gestimmt, olles in schaffender Lust, so spüre ich der Gottheit ewiges der Lteoe ohne Grenzen beschlich mehr und mehr sein 'alte? Herz. Und als er sich jetzt seiner Gemeinde zuwandte, als ei mit einem einzigen Blicke diese ganze Versammlung von Män nern und Frauen, deren Seelsorger er doch in fast fünfzig langen Jahren gewesen, umfaßte, da konnte und durfte er ohne Bitterkeit grüßen: „Friede sei mit Euch!" Und geschah wirklich ein Wunder? Fast kam es den Kanonikus vor, als ob seine Gemeinde ohne Ausnahme in diesem Augenblick etwas von dem begreife, was an namenloser Traurigkeit und stiller Größe in der Seele des alten Priesters vor sich ging. Je länger er sprach, desto stiller wurde es in der Kirche. Und als der fünfundsiebzigjährige Priester die letzter Sätze seiner Abschiedspredigt beendete, war es so ruhig, das man es gehört hätte, wenn eine Stecknadel zu Boden gefallen wäre. Und immer wärmer redete sich am Schluß der Kanoniku- in die eigene Begeisterung hinein. Er hob die Stimme und nahm in tiefster Bewegung Abschied von seiner Gemeinde Seinen Nachfolger empfahl er ihrer Liebe und Treue. Er betete Gereimte Zeitbilder. Von Gotthilf. Es ist nicht schwer, in guten Tagen, Wenn alles geht in gleichem Schritt, Mit schönem Brustton mal zu sagen: „Was mich betrifft, ich halte mit!" Es ist nicht schwer, in Freud' und Wonne Mit Überzeugung zu gesteh'n: „Ich hab' mein Plätzchen an der Sonne — Was kann da mir denn noch gescheh'n?" Sich aber dann auch zu bewähren, Wenn man vor Schreck kaum weiter kann, Wenn jeder kommt mit bösen Mären — Seh'n Sie, das zeigt den rechten Mann! Der Unkruf der Gerüchtemacher, An diesem, seh'n Sie, prallt er ab, Und Banksturm und Devisenschacher, Ihn machen sie so leicht nicht schlapp. Da steht er da in fester Haltung Und sagt: „Na, Kinder, ruhig Blut! Es ist nun mal 'ne Neugestaltung, Und dann wird alles wieder gut. Mit eurem Schlottern, eurem Schwanken, Glaubt ihr, ihr kommt damit zurecht? Es macht der bängliche Gedanken Die schlechte Lage doppelt schlecht. Ihr seid in eurer Ruh' gestöret, Und nun entlädt sich eurer Grimm — Wenn ihr bloß nicht den Kopf verlöret, Es wäre alles halb so schlimm! Ihr deutet ängstlich jedes Zeichen, Was Brüning tut, wo Luther ist, Und meint, es ließ' sich leicht erreichen, Daß alles schön in Butter ist. Wenn ihr nur bloß nicht planlos schaltet, Dann überwinden wir die Not, Nur wenn ihr gut zusammenhaltet, Kommt alles wieder gut ins Lot. Nur nicht die Fenster eingeschlaaen! Zu teuer kommt uns sonst der Kitt — Kops oben . . . auch in bösen Tagen . Ein wack'rer Deutscher forcht sich ntt!" Leben, auch wenn sie sich hüllt in ewige Rätsel. In mir lebt Jubel und Schmerz, Besitz der Gottheit und Sehn sucht nach ihr. Welch urtiefe heilige Liebe ergreift mich zu diesen frostigen Bergen, zu diesen Zacken von Eis, diesen Gewachten von Schnee, zu diesen starren Gebilden des sonnenbeschienenen Erdballes. Euch wühlende Müh len, euch klaffende Spalten, euch rollende Donner, euch berstende Gletscher, euch liebe ich, das ist die Liebe zur Gottheit, denn nahen wir uns, so scheint sie, je näher wir kommen, unnahbar wie blendende Berge. Ja, die Liebe zur Gottheit, erhaben über die Berge, über die Erde, über die Menschen. So nah und doch so unergründlich. In reinstem Aether, der den Atem beklemmt und doch so voll von lebenergänzender Urkraft. Hier oben gibts keine Ver wesung in diesem gläsernen Eise, keine Vergänglichkeit. Hier beschleicht uns Ewigkeitsschauer, Erstarrung und doch, sie können glühen, diese Gipfel, feurig erglänzen, so bald der Sonnenstrahl naht und sie küßt. Wunderbares Schauspiel. Glühendes Eis, das ist der ewigen Liebe Bild; so wohnt Gott in Aethers Reine, durchglüht von der ewi gen Liebe. Nach dieser glühenden Ruhe verlangt sein warm schlagendes Herz. Oh, Menschenkind, hier sind wir in der Gottheit Nähe. Eis und Schnee, starrende Gipfel ragen hinein in die Bläue der Welt, sie grüßen durchs Weltall die Brüder und Schwestern auf anderen erstarrten Kugel gebilden. Zwiesprache halten sie untereinander, Zwie sprache der Ewigkeit. Selten gewährt uns Mutter Natur, zu schauen so reiche Entfaltung. Selten er kennen wir Gott in Werken vollendeter Schönheit der Sprache der Berge. Scheinbar der Tod, in Wirk lichkeit das Leben umgibt dich auch in Berges Ein samkeit. Hier merkst du ewiger Kräfte stilles Weben, hier siehst den leeren Wandel du der Zeit. Es zieht ein ewiges Schaffen durch die Berge und keiner Menschen hand bedarf hier Gott. Geheimnisvoll ist die Natur am Werke, der Menschen Kunst und Witz wird hier zum Spott, hier lerne, Mensch, demütig dich verneigen vor einer all gewaltigen Schöpferkraft, hier lerne staunen, beten, fürch ten, schweigen, du bleibst doch klein mit dem, was du er raffst. Und doch wie groß, das Größte aller Wesen, du, du allein empfindest Ewigkeit, du kannst im Buch der stol zen Berge lesen. Erkennen, Macht und Schöpferherrlich keit. * Es ist ein großes Verdienst der jugoslawischen Regie rung, die das Velebitgebirge mit seinem Park von Natur schönheiten, ähnlich den Gestaltungen der Sächsischen Schweiz, mit gewaltigen Mitteln erschließen will. Und unsere Blicke gehen nach Süden und Südwesten. Dort liegt tief unten die blaue Adria mit ihren Inseln und Inselchen. Und dort aus der tiefblauen Flut, vom gol denen Morgensonnenlicht umflossen, erhebt sich das Thron juwel der dalmatinischen Inseln, Rab, mit dem ihm vor gelagerten Dignarosagebirge, das nach Norden in pitto resken Bildern steil ins Meer abfällt. Wir tranken uns voll von all der Schönheit. Zu gern wären wir länger verweilt. Aber die eisige Kälte trieb uns hinab. Der Abstieg war zunächst nicht schwer, wie auch der Aufstieg von Dundovic bis zur Höhe erträglich war. Beim Abstieg erkannten wir erst, wie wundervoll die Mi- Heitz und aufrichtig, Satz man ihm verzechen möge, wenn er jemals durch sein Verhalten gefehlt habe, wie er seine» Brüdern und Schwestern alles Uebel verzeihe, das man ihn: zugefügt. Und nachdem er so durch diese Worte sein Herz erleich tert hatte, fühlte er plötzlich, wie der Strom eines unsagbare» Glücks durch seine Seele zu rinnen begann. Während viele Frauen in ihre Tücher schluchzten und in den Augen mancher Männer eine Träne schimmerte, wandte sich der alte Priester wieder dem Altäre zu. Und sich selbst wiederfindend in des eigenen Herzens tiefster Tiefe, vollzog er das heilige Opfer, führte er den Leib des Herrn über seine Lippen, indessen das kleine Glöcklein drei mal anschlug. Zum letztenmal hatte der Kanonikus vor dieser Gemeinde heute auch das Opfer seines eigenen Jchs in alles verzechender Liebe dargebracht. Als sich das Gotteshaus langsam leerte, erhob Kanonikus Faber das schneeweiße Haupt. Er war erfüllt von der Wonne, daß auch sein Herz, das sich nun erleichtert hatte, noch zur Liebe ohne Bitterkeit sich fähig gezeigt. Vermischtes Medizinische Sprechstunde auf der Straße. Auf einer lebhaften Verkehrsstraße in Berlin steht ein Mann, der eine medizinische Sprechstunde abhält oder vielmehr mehrere medizinische Sprechstunden, denn er behandelt den ganzen Tag hindurch bis zum Einbruch der Dunkel heit, und das macht er Tag für Tag so. Wer sich nicht ganz gesund fühlt, nähert sich dem gänzlich unstudierten Medi- zinmanne und läßt sich „eine Diagnose stellen". Jede Diagnose kostet 50 Pfennig, was außerordentlich billig ist. Das bemerkenswerteste aber ist die Art, wie der Professor von der Straße seine Diagnosen stellt. Von dem großen Zeileis in Galspach, dem es jetzt nicht mehr ganz gut gehen soll, erzählte man, daß er seinen Patienten sich mit einer Art Wunderstab nähere und dann sofort erkenne, welche Krarkheiten in Frage kommen. Der Berliner Straßen diagnostiker macht das ähnlich, aber anders. Er besitzt eine Anzahl Glasröhrchen, die mit geheimnisvollen, von einem geheimniskundigen Amerikaner zusammengesetzten Säuren gefüllt sein sollen. Mit einer solchen Glasröhre berührt der Stratzendoktor den Patienten, der gern über seinen wahren Zustand unterrichtet sein möchte, und ver kündet dann, ob es „die Niere" oder ob es „das Herz", oder ob es „der Magen", oder ob es irgend etwas anderes ist. Das ist die Diagnose — 50 Pfennig pro Stück! Ver ordnet wird natürlich auch: daß man nicht zuviel Kaffee trinken soll, oder daß man nicht zuviel Sport treiben sollte, oder das; man sich vor Erkältungen zu hüten habe, und so. Die Verordnung kostet nicht einen Groschen extra — sie wird zur Diagnose zugegeben. Der Mann versteht's, und die „Gläubigen" werden nicht alle. Amerika zieht immer und unbedingt,und wenn's auch bloß als „Säure" auftritt. Bücherschau. Der erfolgreiche Afrikaforscher Hugo Bernatzik ist von einer neuen Forschungsreise zurückgekehrt, deren außergewöhnlich in teressante Bilder-Ausbeute in der Münchner Illustrierten Presse erscheint. In Portugiesisch-Guinea traf er mit der deutschen Flie gerin Elly Beinhorn zusammen. -Bon ihrem kleinen Flugzeug aus machte er unter Lebensgefahr eine Reihe von Luftaufnahmen ch diesen bisher wissenschaftlich fast unbekannten Gegenden, 'die w der neuesten Nummer der Münchner Sllustrierteü Presse (Rr. 28) veröffentlicht werden. litärstraße angelegt war, die sich durch das Gebirge und über das Gebirge gedeckt gegen Sicht vom Meer aus ins Binnenland zieht. Nie aber werde ich den Abstieg durch die nackten Felsen des Karst in der Mittagsglut zwischen elf und fünf Uhr vergessen. Durch diese kahlen, nack ten und doch so heiß glühenden Steine, auf sie brennt die Sonne und sie nun ihrerseits geben diese Hitze wieder ab. Gewiß ist die Schönheit der Felsenszenerien ganz wunder voll in ihrer Eigenart. Aber die Hitze, die über Mittag in diesen grotesken Engpässen und in dieser Gesteins- und Felsenwüste, in diesem Durcheinander der zersägten Karst klippen herrscht, ist schier unerträglich. Und dazu ist diese Steinwüste gefährlich. Mein guter Kamerad und ich waren beim Suchen nach einem Weg durch die Steinwüste nur- wenige Meter auseinander gegangen. Wir haben lange suchen müssen, bis wir uns wieder sanden. Die Felsen fressen alle Ruslaute und die Felsgebilde machen eine Sicht unmöglich. Schließlich fanden wir uns aber in einer engen Schlucht, die in die Tiefe hinabführte, wieder zu sammen. Unterwegs trafen wir nur ein paar Menschen. Eine Frau und einen Mann. Die Frau hatte eine ganz einzig artige, schön geschmückte Wiege auf dem Rücken. Ein Sonnendach sorgte für Luft und schützte gegen die heißen Strahlen der Sonne. Es war die Freundin der Ehefrau des sie begleitenden Mannes, die das Neugeborene, zwei Tage alt, dem Priester zur Taufe gebracht hatte. Nun wanderten sie wieder hinauf in ihre Siedlung. Wir grüß ten mit einem „guten Tag". Die Leute aber dankten mit einem boj dai — gebs Gott. Müß man bei diesem sinnigen Gruß nicht auch sagen wie bei dem herzlichen deutschen „Grüß Gott": Wem dieser Gruß so recht von Herzen geht, gilt bei dem lieben Gott der Gruß soviel wie ein Gebet... Um fünf Uhr waren wir wieder in Jablanac. Früh hatten wir in Eis und Schnee gestanden. Hier lud das warme Wasser zu einem erfrischenden Bad in der blauen Adria. Das Boot von Jablanac brachte uns, die überall bestaunten Velebit-Wanderer, nach Rab zurück. Reich an tiefen Eindrücken — voll des Erlebten kehrten wir heim. Wir hatten ein Stück Erde gesehen mit tausend Reizen — aber auch mit tausend Gefahren. Hatten Menschen kennen gelernt in ihrer urwüchsigen Freundlichkeit und Gütigkeit. Wären doch unsere deutschen Brüder und Schwestern der Heimat nur einigermaßen so anspruchslos und bedürfnis los, aber auch so zufrieden wie diese armen Kroaten im Velebit — es wär vieles besser bei uns. Wer einmal einen Frühling, den Herbst oder Sommer an der lichtblauen Adria verlebt hat, wer das kahle Ge birge zu nächtlicher Stunde im Mondlicht geschaut hat, wer aus unseren Zonen in Wintertagen nach Dalmatien reiste und das traumschöne Meer bewundern durfte, wer Er holung suchte und wer Erholung fand, der wird und kann dieses Stückchen Erde nun und nimmer vergessen. Wie ein Märchen offenbart ihm das Land seine Pracht, wo er auch weilen mag. Wohin immer rhn sein nimmermüder Fuß führen wird, er wird sicher immer beglückt, oftmals jedoch auch bewegt und still sein, trinkt er in seine dur stende Seele hinein, was ihm in anderen Ländern der gestalt und außerdem in einem so reichen Maße kaum zu teil wird.
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