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Bericht Wer die VerbandMrsWMng für die Oeffentliche Versicherungsaustalt der Sächfischen Sparkaffen. In der am 20. Juni 1931 unter dem Vorsitz des Herrn Prä- ßdenten vr. Eberle in Dresden abgehaltenen Verbandsver- ammlung für die Öffentliche Versicherungsanstalt der Sächsischen Sparkassen wurde der Jahresabschluß 1930 verabschiedet und die Verwendung der Überschüsse geregelt. Die Anstalt hat im Jahre t930 in allen ihren Abteilungen, insbesondere in den Abtei lungen „Große und Kleine Lebensversicherung" mit erheblichem Uberschuß, insgesamt 3 227 203,93 Ml abgeschlossen. Die all gemeinen Wirtschaftsnöte haben naturgemäß Werbung und Be- itandserhaltung beeinflußt; im ganzen aber darf das Ergebnis ves Geschäftsjahres 1930 als ein durchaus günstiges bezeichnet werden. Die Überschüsse in der Großen und Klemen Lebensver- sicheruna — 2 712 087.07 M beim. 425 010.78 .Mt — fließen atzungs- und geschäftsplanmäßig in voller Höhe in die llöer- chußrücklage der Versicherten, die nunmehr eine Höhe von > 068 761,20 Mt bezw. 943 358,58 IM erreicht hat. Als überschuh anteile an die Versicherten lDividende) können nach dem Divi dendenplan für das im Kalenderjahr 1932 beginnende Versiche- cungsjahr verteilt werden: s) Nach 2 jährigem Bestehen der Versicherung eine Erund- dioidende von 10 d) nach 5 jährigem Bestehen der Versicherung eine 1. Zusatz dividende von 5 A und eine 1. Ausgleichsdividende, letz tere errechnet nach einem Zinsertrag der Kapitalanlagen von 7 A, c) nach 10 jährigem Bestehen der Versicherung eine 2. Zusatz dividende von ebenfalls 5 A und eine 2. Ausgleichsdivi dende, diese gleichfalls errechnet nach einem Zinsertrag der Kapitalanlagen von 7 A. Die unter a) und b) genannten Sätze kommen auch für die Kleine Lebensversicherung in Betracht; 10 jährige Versicherungen be stehen hier noch nicht. Für Großlebensversicherungen, die im Jahre 1924 abge schlossen wurden, hat nunmehr unter Berücksichtigung der drei maligen Tarifsenkung, die sich auf etwa 20 A des erstmalig ge zahlten Beitrages beläuft die Beitragsermätzigung eine Höhe bis zu 42 A erreicht Die Überschüsse in der Krankenversicherung sowie in der Unfall-, Haftpflicht- und Kraftfahrzeugversicherung wurden den für diese Abteilungen gebildeten besonderen Eicher- heits- und Ausgleichsrücklagen zugeführt, die nunmehr eine Höhe von 106 069,18 Ml bezw. 179 593,03 IM erreicht haben. Aus dem von dem Direktor der Anstalt vorgetragenen Bericht find noch folgende Zahlen von besonderer Bedeutung: Der Bestand in der Großen und Kleinen Lebensversicherung belief sich am Jahresschluß auf 104 097 Versicherungen über 262 438 710,— M Versicherungssumme bei einer Durchschnitts oersicherungssumme in der Großlebensversicherung von 5840,— Mk und in der Kleinlebensversicherung von 665,— IM. Dazu kom men noch 3552 Bausparerversicherungen über 14 987 580,— IM Versicherungssumme. Die Beitragseinnahme betrug in der Gro ßen Lebensversicherung aus selbst abgeschlossenen Versicherungen 9 702 516,63 IM, in der Kleinen Lebensversicherung 2 981923,98 IM, in der Krankenversicherung 832 662,57 KN, in der Unfall-, Haftpflicht- und Kraftfahrzeugversicherung 1647 309,76 M. An Schäden wurden fällig einschließlich der zurückgestellten Schadensummen in der Großen Lebensversicherung 1355706,97 KN, in der Kleinen Lebensversicherung 189 314,42 M, in der Kran kenversicherung 738 251,44 KN und in der Unfall-. Haftpflicht- und Kraftfahrzeugversicherung 2 004 362,42 M. An Hypotheken wurden bis Ende 1930 ausgeliehen — nicht mitgerechnet die Hypotheken der früheren Sächsischen Renten- versicherungsanstalt — 2454 Stück mit 28104 403,42 IM, dabei waren 1622 Hypotheten mit Beträgen zwischen 1000,— und 10 000— KN. Grundsätzlich wurden, wte stets, Dorfgemeinden, Klein-, Mittel- und Großstädte gleichmäßig nach Maßgabe des Veitragsaufkommens bedacht 1248 Hypotheken wurden in Ge meinden bis zu einer Einwohnerzahl von 5000 Seelen, 339 in Gemeinden zwischen 5001 und 10 000 Seelen gegeben. Der Durch schnittsbetrag einer Hypothek stellt sich aus 11450,— IM. Der Anstalt gehören zurzeit 38? Gemeinden als Mitglieder an, während weitere rund 200 Gemeinden und Eemeindeoerbände mit ihr durch Arbeitsgemeinschaftsverträge verbunden sind. Im Innendienst wurden 244 Beamte und Angestellte, im Außendienst 130 festbesoldete Angestellte beschäftigt. Für oie vei oer früheren Sächsischen Rentenversicherungs anstalt Versicherten, für die eine Sicherheitsrücklage von 910 485,91 Ml angesammelt werden konnte, soll im Jahre 1932, wenn der endgültige Zinsertrag der Aufwertungshypotheken feststeht, eine Prüfung erfolgen, in welchem Ausmaße die heute gezahlten Renten eine weitere Erhöhung erfahren können. Auch die öffentlich-rechtlichen Versicherungsverbände, denen die Anstalt als Mitglied angehört, können mit Befriedigung auf das Jahr 1930 zurückschauen. Der von den im Verband Öffent- licber Lebensverstcherunasanstalten in Deutschland vereinigten Anilatten anaeworvene Verßcherungsveltand betrug Ende 1930 unter Berücksichtigung der Erhöhung der Versicherungssumme durch die überschutzanteile rund 1,9 Milliarden K-l. Der von den im Verband Öffentlicher Unfall- und Haftpflichtversicherungs anstalten vereinigten Anstalten angeworbene Versicherungsbe- stand betrug Ende 1930 232 096 Versicherungen mit 14 896 367,— IM Jahresbeitrag. Kleine Nachrichten Perei freigesprochen. Der Oberste französische Staatsgerichtshof hat den im Zusammenhang mit dem Oustric-Skandal wegen Hochver rates angellagten ehemaligen Justiz- und Finanzminister Pöret freigesprochen. Start zur Arktisfahrt. Friedrichshafen. Der Start des „Gras Zeppelin" zur Arktis fahrt ist endgültig aus Freitag vormittag 9,30 Uhr festgesetzt worden. Diskonterhöhung in Ungarn. Budapest. Der Generalrat der ungarischen Nationalbank hat den Diskontsatz von 7 aus 9 Prozent erhöht. Brand auf dem Städtischen Gaswerk Bremen. Bremen. In dem Dachstuhl des Gebäudes der städtischen Gasanstalt in Woltmershausen entstand ein Brand, der glück licherweise sofort durch die dorr beschäftigten Arbeiter bemerkt wurde. Die umgehend alarmierte Feuerwehr konnte die Flammen, die den Dachstuhl vernichteten, nach etwas mehr als eineinhalbstündiger Tätigkeit löschen. Gegen rigorose Steuerverzugszuschläge. Berlin. Der Retchsverband des Deutschen Groß- und Über seehandels e. V hat den Reichsfinanzminister in einer Ein gabe dringend gebeten, eine die aussührenden Behörden bin dende Anordnung zu erlassen, daß Verzugszuschläge nicht zur Erhebung kommen dürfen Steuerpflichtigen gegen über, die aus Grund der gegebenen Verhältnisse an der pünkt lichen Steuerzahlung verhindert sind. Durch die Anordnung des Reichsfinanzministers soll klargestelli werden, daß nicht eine rigorose Anwendung der Steuerverzugszuschläge in den jenigen Fällen ersolgi, wo nicht böser Wille, sondern ungeheuerliche Bedrängnis die Steuerpflichtigen von pünktlicher Steuereinrichtung abhält Zwei Tote bei einer Flugzeugexplosion. Tondern. Zwei dänische Militärflugzeuge, die von Kopen hagen gekommen waren, übten über dem hiesigen Flugplatz Plötzlich hörte man eine schwere Explosion Eins der Flug zeuge geriet in Brand und stürzte mn der Spitze voran zu Boden. Als es gelungen war, die Flammen zu löschen, fand man die beiden Insassen verkohlt aus dem Führersitz aus Es handelt sich um die Piloten Fliegerleutnam Petersen aus Kopenhagen, und den Beobachter, Offiziant Larsen. Larsen hinterläßt Frau und zwei Kinder. s Neues aus aller Äelt Drei Personen gemeinsam Tn den Tod gegangen In Liegnitz wurden die 20 Jahre alte Margot Raspe, der 18 Jahre alte Günter Raspe und der 49jährige Franz Fvnlidal in ihrer Wohnung tot aufgefunden. Alle drei, Onkel, Bruder und Schwester, waren gemeinsam durch Einatmen von Leuchtgas in den Tod gegangen. Die drei Verwandten hatten ein Schnittwarengeschäft, das sie in folge schlechten Geschäftsganges vor einigen Tagen aus gegeben hatten. Die Bestechung der hannoverschen Wegemeister. Im Hannoverschen Provinzialausschutz wurde in der Ange legenheit der Bestechung zahlreicher hannoverscher Wege meister mitgeteilt, daß etwa die Hälfte der Beschuldigten ein Geständnis abgelegt habe. Es ist festgestellt, daß allein die Braunschweiger Firma Preuße den Wege meistern KOMM Mark hat auszahlen lassen. Wolkenbrüche und Erdlawinen tm Eisacktal. Durch ein schweres Gewitter wurden im Eisacktal große Ver heerungen angerichtet. Aus der Straße von Bozen nach dem Brenner sind vier Erdlawinen niedergegangen, wo durch der Verkehr unterbrochen wurde. Durch den wolken bruchartigen Regen wurden die Straßen überschwemmt und Keller unter Wasser gesetzt. Eine potnische Militärdraisine verunglückt. Unweit von Warschau ereignete sich auf einem Eisenbahngleis ein schwerer Unfall. Eine Militärdraisine der 1. polnischen Panzerzugdivision, die mit einem Hauptmann und fünf Soldaten besetzt war, entgleiste und stürzte den Eisen bahndamm hinunter. Ein Soldat war mH der Stelle tot, die übrigen fünf Insassen trugen schwere Verletzungen davon. Massensturz auf einer Budapester Radrennbahn. In Budapest gerieten bei einem Radrennen mit Motor führung zwei Motorfiihrer und vier Fahrer aneinander. Der Benzinbehälter einer der Schrittmachermaschinen ex plodierte und alle vier Fahrer stürzten kopfüber zur Erde. Die Menge drängte in größter Panik von den Tribünen auf die Bahn, so daß die Polizei mit blanker Waffe die Leute von der Bahn entfernen mußte. Die vier Fahrer, und zwar der deutsche Fahrer Klemens Grossimlinghaus und drei ungarische Fahrer, erlitten schwere Verletzungen. Der Zustand der Verletzten ist bedenklich. Keine Ausreiscgebühr für Besucher der Zoppoter Waldoper. Das Reichsfinanzministerium teilte dem Ma gistrat der Stadt Zoppot mit, daß Reichsdeutsche, die die Wagner-Festspiele in Zoppot besuchen wollen, von der Entrichtung der Auslandspaßgebühr von 100 Mark be freit sind. Die Grenzübergangsstellen haben vom Reichs finanzministerium entsprechende Anweisung erhallen. Unfall des Heinckel-Schleuderflugzeuges. In Warne münde sackte beim Start zu einem Probeflug das Seeslug zeug v 1717 in einer ungünstigen Fluglage etwa 10 Meter über dem Wasser durch und stellte sich nach dem Auf schlag auf den Kops. Es handelt sich um das von Heinckel- Flugzeugwerken gebaute Schleuderflugzeug, das den Post dienst vom Schnelldampfer „Bremen" versieht. Die nächste Ausreise des Dampfers muß ohne das Postflugzeug er folgen. Warnung vor Verschleuderung der Ernte. Ein Aufruf an die Landwirtschaft. Der Landwirlschafltlche Ausschuß der deutsch- nationalen Retchslagssraktion, verstärkt durch die Vertreter des Mittelstandes, Hai einen Ausruf beschlossen, in vem es u. a. heißt: „Die Sperre der Guthaben bei 'Banken und Sparkassen ruiniert viele Eristenzen ves kleinen Mittel standes, die Wechsel emzulösen haben Dem Lebens- miitelhanvel und ven Mühlen wird das Betriebs kapital genommen, so daß die Versorgung der Städte in Gefahr gerät Die Gefahr für die Lebensmittelversorgung wird davurch vergrößern daß der Mangel an Betriebskapital viele Landwirte zum vorzeitigen Verlaus vei Ernte treibt. Eine so entstehende Verschleuderung der Ernte muß im Frühiahr Mängel und Teuerung Hervorrusen Die Mit- alledet des Ausschusses erheben an RelchsreglerUng und Öffentlichkeit ihre warnende Stimme und fordern sofortiges Eingreifen zur Abwendung ves vrohenven Noistanves für Wirtschaft unv Volksernährung Die deutsche Landwirtschaft wird aufgesordert, ihre Ernte nicht zu verschleudern, sondern dem Druck der Not äußersten Widerstand zu leisten." Frankreichs „goldene peitsche". Diskonterhöhung tn England. Auch uns Engtanb sind seil langem von Frankreich recht umfangreiche Kredite wieder zurückgezogen worden vie von England natürlich zum großen Teil tn französischen Franken oder in Gold zurückgezabl« werden muglen Diese Kreditkündigungen nahmen am 13 Juli, als in Deutschland dte „Schwarze Woche" begann, ein geradezu stürmisches Tempo an und vermehrten sich in ven letzten Tagen sogar noch mebr, als die Vorgänge aus der Pariser und der Londoner Konferenz das Politische in den Vordergrund drängten und dte Franzosen mit tbren voltttschen Absichten und Vorschlägen nicht durchzudringen vermochten. Bisher wanderten von England aus etwa 400 Millionen Gold oder Devisen über den Kanal zurück, und da griss die Bank von England mit einer Diskonterhöhung dazwischen Man bai sich aber nicht nur nicht wte jrüker damit begnügt, den Diskont nur um 0,5 Prozent heraufzusetzen, sondern steigerte ihn gleich von 2,5 auf 3,5 Prozent. Frankreich schwingt eben die „goldene Peitsche" über jedes Land, das sich nick, der französischen Politik un- bedingi beugl. Auch der „Alliierte und Assoziierte" des Welt krieges wird dabei nlchi geschont, wenn man in London nicht nach dem Willen der Pariser Negierung handelte. i«/ cZ/s AwM MZö^ k/MM... Koman von Keims von Kellermann Lopvrlxkt dv lVIarttn keuiLtvanzsr, Halls 1831 l2 Unwillkürlich haue auch der Mann hinter dem Gebüsch eine impulsive Bewegung gemacht — ein frohes Wort schwebte schon auf seinen Lippen ... Da fuhr die Dogge herum, hob witternd ven Kopf und stieß ein tiefes, drohen des Knurren aus. Auch das Mädchen war aufgesprungen. Eine Hand auf dem Rücken des mächtigen Tieres, mit ver anderen die langen, losen Haarwellen gerafft haltend, stand sie einen Augenblick reglos lauschend, ein Bild be zaubernder Lieblichkeit — flüchtete dann mit jäher Wendung in den Wald hinein. Ein fliehendes Reh konnte nicht leichtfüßiger entschwinden. Der junge Mensch stand noch immer aus demselben Fleck. Nun strich er sich über Augen und Stirn, noch ganz be nommen von dem Gedanken — lächelte, halb traum verloren, halb ungläubig. Wie seltsam! Mit rasch entschlossener Bewegung teilte er das Gebüsch und trat vor. Hier war der Maiblumenteppich, hier der Baumstumpf, auf dem die holde Erscheinung gesessen hatte — lose Blätter und Blüten lagen verstreut umher. Und ein weißes Etwas dazwischen — er bückte sich und hob das Spitzentüchlein auf, entfaltete es behutsam. In einer Ecke war es gezeichnet: N. M. R. Und eine kleine, sieben zackige Krone darüber. Die Waldelfe war also ein Menschenkind. Er lachte leise vor sich hin. Um so besser. Menschen verschwanden nicht spurlos! Einen Atemzug lang spielte er mit dem s Redanten, die Verfolgung aufzunehmen — verwarf aber sogleich den Wunsch. Doppelt taktlos wäre das für den fremden Eindringling auf verbotenem Gebiet gewesen. Er stand da und überlegte — kniete dann nieder, pflückte ein paar der weißen Blüten und legte sie in das Spitzentuch, das er lange betrachtete — um es plötzlich an seine Lippen zu drücken in einer ganz seltsam starken Ge fühlsaufwallung. „Waldelfe — wir sehen uns wieder." „Na, Jung, endlich!" rief Professor Hardt seinem Sohne entgegen, der im Laufschritt angeeilt kam. „Dein Glück, daß Georg aus Berlin angerufen wurde und der Küchenherd rauchte. Wo warst du denn, Ausreißer??" Wohlgefällig betrachtete er die schlanke, hochgewachsene Gestalt, die straff aufgerichtet vor ihm stand. Helmut Hardt fuhr sich mit dem Taschentuch lachend über das heiße Gesicht. „Auf dem Zuckerhut. Es war herrlich." „Donnerwetter, ganz anständige Leistung für so 'nen kleinen Jung", meinte sein Freund, der soeben den Hörer angchüngt hatte, zum offenen Parterrefenster hinaus, „das kann ich nicht mehr an einem Morgen schaffen." „Na ja, du mit deiner kommerzienrätlichen Westen wölbung", spottete Hardt gutmütig, „bei dir guckt der Wohlstand ja zu jeder Naht heraus, oller Kapitaliste und Kuponabschneider —", schnell zurückspringend, da des Freundes Hand nach seinem blonden Schopf haschte. „Aus dir spricht bloß der blasse Neid, Kleiner!" „Die Aenne füttert ihn zu gut", lachte Professor Hardt, der in seiner stattlichen Grötze dem Sohne nichts nachgab. „Nö, nicht mehr, seit der Helmut hier ist, der kriegt jetzt all die besten Happen", grollte der rundliche Hausherr und schnitt seiner hübschen Ehehälfte, die vor die Tür getreten war und ihn nun, Arm in Arm mit beiden Gästen, anlachte, eine Grimasse. „Du, tu' man nich so intim, das ist meine Frau! Und Hunger hab' ich auch." „O je, dann bitte schnell zu Tisch, ihr Herren, sonst wird er gefährlich!" Helmut Hardt sprang in großen Sätzen die Treppe zu seinem Zimmer hinauf, um seine Toilette in Ordnung zu bringen. Kurz darauf faß die keine Gesellschaft in heiter ster Stimmung beim Mittagessen. „Also auf unserem Berglein warst du?!" bemerke der Gastgeber, zum zweiten Male von den angeborenen Spargeln nehmend. „Da hast du dich wohl an ven Wiesen weg gehalten, der sich erst am Ufer entlang schlängelt?" Hardt bejahte. „Aber auf dem Rückwege habe ich mich der Grenzverletzung schuldig gemacht und kam durch den kleinen Wald, dessen Betreten einem so streng verboten wird. Der gehört Wohl einem benachbarten Gutsherrn?" Er fragte es leichthin, fuhr mit der Linken über die Brust tasche seines grauen Jacketts, in der wohlverwahrt das Spitzentuch ruhte. „Ja, das sind keine Menschenfreunde, die alten Rohsens. Wo sie sich ihrer Genossen erwehren können, tun sie es. Schade. Es wäre so nett, ein bißchen nachbar lichen Verkehr mit ihnen zu pflegen, da sie die nächsten sind. Wenn Georg verreist, ist's manchmal recht einsam." Die blonde Frau Aenne tauschte einen verliebten Blick mit ihrem Gatten aus, der bei aller harmlosen Jungen- gutmütigkeit ein außerordentlich tüchtiger Geschäftsmann, Direktor der Vereinigten schlesischen Spinnereien und Auf sichtsrat in verschiedenen großen kommerziellen Unter nehmungen war. Sie entstammte einer alten Offiziers familie, die ungern die Verbindung mit dem Kaufmann gesehen hatte. Im Laufe der fünf Jahre, vie jene nun verheiratet waren, hatten sie sich vom Glück der Tochter und Enkelin überzeugt und das neue Familienmitglied schätzen unv achten gelernt. „Nohsen —", wiederholte Hardt. N. M. R. Und ein Freiherrenkrönlein. Es gab mecklenburgischen Adel dieses Namens ... „Ein Ehepaar wohl?" „Ja, mit einem kranken Sohne", gab sie vem Frager weiter Auskunft. „Der arme Mensch ist halb gelähmt, Wird meist im Rollstuhl gefahren. Er kann höchstens Ende der Zwanzig sein, so wie du. Einziger Sohn und Erbe des Riesenbesitzes — schrecklich traurig, nicht wahr?" „Ja, traurig", stimmte Hardt zerstreut zu. „Und — und weiter sind keine Kinder da?" Frau Aenne verneinte. (Fortsetzung solgl.)