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Wilsdruffer Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Dav Wilsdruffer Tageblatt* erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der GeichänsstcUc und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 RM., bei Postbestellung 2 RAi rnisiulick Antrag* gebühr. Einzelnummern ibRP!g.Rtt-r°'>°nstau-» Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend P°std°t-nun»>-n,n-Aus. IrL°-rund (Sejchäflsft-Urn ! nehmen ,u I-dee Zeil Be. stellungen entgegen. ImFallehöherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreise». — Stücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Naumzeile 20 Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reich«. Pfennig, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. 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Einen schnellen Blick zurück in die letzten Wochen: Hoovers Botschaft hatte infolge der langwierigen, häufig scharf zugespitzten Perhandlungen, die sich ihr anschlossen, ihren ersten Erfolg immer stärker einschränkten und zer schmelzen lietzen, nicht die Wirkung erzielen können, daß das Mißtrauen — das wirkliche und das künstlich erregte — in der Welt gegen Deutschlands wirtschaftliche und finanzielle Lebenskraft gründlich beseitigt oder gar in ein Vertrauen zu "hm umgedreht wurde. Die Kredit- und Devisenabzüge bei der Reichsbank stiegen nach kurzem Rückgang wieder an und verzehrten fast rest los auch die etwa 600 Millionen Mark Hilfskredite, die der Reichsbank selbst bzw. ihrer „Tochter", der Golddis kontbank, zur Verfügung gestellt wurden. Daneben setzten sich fort bzw. stiegen ebenfalls wieder die auslän dischen Kredite, die über die deutschen Banken in unsere Wirtschaft kurzfristig hineingeflossen waren und nun wieder zurückgegeben werden mußten. Daß daneben aus dem Inland selbst nicht bloß die Flucht in die De visen, sondern die wirkliche Kapitalflucht „hinaus in die Ferne" erfolgte, ist leider eine durch frühere Erfahrungen und heutige Feststellungen erhärtete Tatsache, die eben ?uf denselben Grund zurückging: das Mißtrauen hier der Deutschen selbst gegenüber der deutschen Wirtfchafts- und Währungsstabilität. Wenn man schon im Auslande hier über ein pessimistisches Urteil fällte, so ist dieser Pessimis mus in Deutschland selbst noch viel größer, viel tiefer emgedrungen und fast unausrottbar. Natürlich bleibt derartiges wieder nicht ohne Rückwirkung auf das Aus land: „Wenn die Deutschen selbst es sagen, daß sie der Katastrophe ihrer Wirtschaft nicht entgehen können, dann.. Ein zweiter Blick auf die unmittelbare Gegenwart: Es ist erreicht, daß Deutschland für ein Jahr keine Re parationszahlungen zu leisten hat. Infolgedessen ist es notwendig, zunächst einmal die Welle des ausländischen Mißtrauens zum Stehen und zum Zurückrollen zu bringen, also „die Neichsbank zu sanieren". An sich kommt sie zu einer gewissen Erholung schon durch den Rückgang des Notenumlaufs und durch die fortgesetzte Kreditein schränkung gegenüber den Finanzierungswünschen der Wirtschaft bzw. der Banken. Aber zum 16. Juli ist der 420 - M i l l i o n e n - K r e d i 1 an die ausländischen Notenbanken fällig. Wird er verlängert, dann hilft dies der Reichsbank nicht bloß aus der gegenwärtigen Klemme, sondern ist vor allem und entscheidend der Beweis dafür, daß die maßgebenden Geldinstitute sich von jener Miß trauenswelle nicht fortreiben lassen wollen, sondern sich ihr ausdrücklich und absichtlich zusammen mit der Reichsbank entgegenstellen, die stürmischen Gewässer be ruhigen helfen. Damit wäre also ein Doppeltes ge wonnen, würde die Beunruhigung zum großen Teil aus der Welt geschafft. Ein übriges geschieht nun durch die deutsche Wirtschaft selbst in engem Zusammenhang mit jenem auf dasselbe Ziel gerichtet: Der amerikanische 50- Millionen-Dollar-Kredit der Deutschen Golddiskontbank ist f"st aufgebraucht worden, nachdem er sieben Jahre überflüssig gewesen war. Auch er soll verlängert werden 1 udie nötige Garantie dafür da ist, haben sich üH ° Großunternehmungen der Wandels und des Bankgewerbes bereit- Ausfallbürgschaft zu übernehmen Millionen. Es sind dieselben Betriebe, des Dawes-Planes auf- swattt^trotw^m "n'l diese ist im Young-Plan zwar abge- kür wc » b i s k beibehalten worden, um die Kredite AMNU-L-F» Mor nick« ."uen. Mittelbar aber mehr, Deutschlands Wirtschaft wäre. Sondern das ^alles"soll nur erst der Anfang sein zur Wiederherstellung des allge meinen Lertrauens des deutschen „Kredits" im Aus- land und lM Inland. Aber dieser „Kredit", dieses Ver trauen soll und dars rncht wieder — finanziell und ideell — kurzfristig sein. Davon haben nur genug und Übergenua! Langfristig festgelegtcK^ allein können Ruhe schaffen, die immer sich wiederholende Beunruhigung er tragbar machen, als wenn diese gleich noch durch Kredit- und Devisenabmärsche verschärft werden oder gar bis dicht an die Katastrophe Herangehen. Konsolidierung durch solche Kapitalzufuhr und auch durch we Ersparnisse des „Hoover-Jahres" bei den öffentlichen Haushalten Hai soeben der Reichsfinanzminister als Srmgends-e deutsche inuenwirtschaftliche Aufgabe der öffentlichen Hand bezeich ne! Natürlich darf das nicht heißen, daß etwa die Lander und Gemeinden sich hemmungslos auf den Kapltalmarkl stürzen dürfen, um ihre kurzfristigen Schlüden rn .lnleihcn umändern zu wollen. Dann käme rasch dns T mit Schrecken. Sondern auch hier ist die Selbsthilfe das erste und vordringlichste. Und wenn man den Willen zum Emvorkommen Hai trotz des harten Weges, auf dem Wir SaOerstöMWkMserW m 17.3M Anschließend Ministerkonferenz Frankreichs Konferenzangst. Hoovers Reparationspläne. Ganz abgesehen davon, daß der Hoover-Plan durch die französischen Gegenmanöver sehr stark an Wirkung einbüßte, hat sich in Amerika — vielleicht gerade durch die französische Hartnäckigkeit — sehr schnell die Über zeugung durchgesetzt, daß mit dem einjährigen Zahlungsaufschub nur ein Ansang gemacht ist, und daß der entscheidende Kamps um die Wendung der Weltpolitik erst im Laufe dieses Jahres durchgefochten werden muß. Die „N e w Y o r k T i m e s", das bedeutendste Blatt Amerikas, erklärt in einem Artikel an hervorragender Stelle, das Moratoriumsjahr müsse zu einem Jahr schärfster Aktivität werden, es sei kein Finanzprophet nötig, um vorauszusagen, daß der Young- Plan geändert werden müsse. Der Plan könne in der alten Form nicht mehr fortgeführt werden, die Weltkrise habe feinen Zusammenbruch verursacht. Diese Erkenntnis, die durch Hoovers Aktion sich sehr schnell in der Welt verbreitet, mach! den Franzosen natürlich nicht geringe Sorgen, denn sie fürchten — und hoffentlich nicht mit Unrecht —, daß das Moratoriumsjahr den Entscheidungslampf um den Young-Plan bringen wird. Nur ungern hat sich deshalb Paris mit der Sachverständigenkonserenz in London einverstanden erklärt, es wittert dahinter die Gesahr, daß daraus leicht eine Konserenz größter Bedeutung herauswächst, wie sie die Ameri kaner von Anfang an wollten, nämlich die große Tributkonferenz. Die Darstellung, die der amerikanische Staatssekretär Castle in Washington von der Vorgeschichte des Hoover-Planes ge geben Hai, läßt erkennen, daß Hoover ursprünglich sofort an eine endgültige Regelung der Tributfrage Herangehen wollte. Nur die verzweifelte Lage der deutschen Finanzen Hal ihn in letzter Stunde zu einer Änderung der Taktik veranlaßt. Damit ist aber der große Plan keineswegs aufgegeben worden. Hoover Hai absichtlich seine beiden hervorragendsten Kabinettsmitglie- ver gleichzeitig nach Europa gesandt, um auch nach der An nahme des Zahlungsaufschubes mit der notwendigen Aktiviiäi die Verhandlungen über die Abrüstung und Tribute gleichzeitig aufnehmen zu können. Die französische Regierung lehnt vorläufig die Teilnahme an einer großen Tributkonferenz ab. Aber es ist leicht möglich, daß aus der Londoner Sachverständigenkonferenz doch etwas anderes wird, da die Engländer dieser Konferenz eine größere Bedeutung geben wollen. Mit Mißtrauen beobachtet man die Zurückhaltung der Reichsregierung. Während der amerikanische Finanz minister Mellon seine europäischen Besprechungen in London begann, reist Stimson zunächst nach Rom. Man schließt daraus in Paris, daß Italien in der Abrüstunasfrage etwa die Rolle spielen wird, die Eng land in der Tributfräge gespielt hat und weiter spielen will, während Deutschland hinter den Kulissen bleibt. Gewisse Kreise der französischen Politik, die mit der jetzigen Regierungs- laktik nicht zufrieden sind, drängen die Regierung, der Ent wicklung in der Tributfräge zuvörzukommen und den Young- Plan dadurch zu retten, daß man Deutschland eine langfristige Anleihe anbiete, die selbstverständlich an eine Reihe von politischen Bedingungen geknüpft sein müsse. Eine dieser Bedingungen sei die Verpflichtung der Reichs regierung, auf leinen Fall die Rüstungen zu vermehren, und zwar während der ganzen Dauer der Anleihe, nicht nur wäh rend des Hoover Moratoriums. * Londoner Konferenz erst Ende nächster Woche. Die englische Regierung hat sich mit dem französischen Vor schlag einverstanden erklärt, die Londoner Hoover-Plankonfercnz erst gegen Ende der nächsten Woche beginnen zu lassen. Sie hat dementsprechend die französische Regierung unterrichtet. Die Konserenz soll mit Sitzungen von Sachverständigen beginnen; sobald diele die Vorarbeiten hinreichend gefördert haben, soll sich eine Ministcrtonferenz daran anschlictzen. In diesem Sinne beabsichtigt die englische Regierung, sofort Eintadungen an die am Young-Plan interessierten Mächte einschließlich Deutschland zu entsenden. Auch Amerika wird eine Einladung zur Teil nahme an der Konserenz erhalten, wobei es den Vereinigten Staaten überlassen bleiben wird, sich in der Eigenschaft ver treten zu lassen, die ihrer besonderen Stellung und ihren Wünschen entspricht. Verhandlungen über das Programm der Konfe renz sind noch nicht eingeleitet. Ihre Dauer ist noch nicht zu übersehen. Wenn auch die englische Regierung sich bemühen wird, die Verhandlungen möglichst abzukürzen, so herrscht doch Weitergeyen müssen, dann wird auch in Deutschland selbst der unfruchtbare, hemmende, ja wirtschaftlich geradezu zerstörende Pessimismus in seine dunklen Löcher zurückkriechen. Deswegen brauchen wir aber auch nicht gleich in einem ebenso gefährlichen, vorläufig auch noch gar nicht berechtigten Optimismus hinüberzukippen. Der Weilermarsch wird uns noch unter dem Gepäck, das wir zu tragen haben, und insolge des harten, steinigen Weges noch schwer genug ankommen. in den diplomatischen Kreisen Londons die Ausfassung, daß man sich aus eine längere Dauer gesaßt machen muß. Diese Ansicht wird damit begründet, daß dem Bestreben der Franzosen, möglichst bindende Erklärungen über die weitere Wirksamkeit des Young-Plans zu erhalten, der Wunsch der anderen Mächte gcgcnüberstehl, sich die Wege zu einer Revision oder zu einer Verlängerung des Hoover-Moratoriums offen- zuhaltcn. Hinzu treten die nicht zu unterschätzenden Schwierig keiten der finanztechnischen Einzclprobleme, die sich aus Fragen wie z. B. den Sachlieserungen usw. ergeben. * Die Sachverständigenkovfereuz in London London, 8. Juli. Wie der amtliche englische Funkdienst meldet, wird die Sachverständigenkonserenz der am Youngplan beteiligten Mächte am 17. Juli in London eröffnet werden. Die ses Datum lst auf Grund von Besprechungen zwischen der eng lischen und französischen Regierung bestimmt worden. Nach Be endigung der Arbeiten der Sachverständigen wird eine Minister- kvnserenz einberufen werden. Der Beginn dieser Konferenz ist je doch noch nicht bestimmt. * Brüning über die Verwendung der Moraioriumsgelder. Offizielle Erklärung in Paris. Botschafter von Hoesch hat den Ministerpräsidenten Laval aufgesucht und ihm eine Abschrift der Erklärung des Reichskanzlers an den Präsidenten Hoover überreicht, wonach im Laufe des Feierjahres keinerlei Mittel zur Erhöhung des Reichswehr- oder des Marinehaushaltes verwendet werden würden. Er hinterließ dem Minister präsidenten auch eine Niederschrift der Erklärung des Reichskanzlers im Aufruf der Ncichsregierung über das selbe Thema. Hierzu ist festzustellen, daß Ministerpräsident Laval bis jetzt eine derartige Erklärung amtlich nicht gefordert hat. Es handelt sich also um einen spontanen Schritt der Reichsregierung. Weitere Forderungen einer neuen förm lichen an die französische Negierung zu richtenden Erklärung über die Verwendung der freiwerdenden Mittel würden mit größter Entschiedenheit abgclehnt werden. * Luther fährt nach London. 1,6-Milliarden-Anleihe für Deutschland? Die Bank von England hat bisher die Meldung von einer Verlängerung des an die Reichsbank gegebenen Vor schusses weder bestätigt noch dementiert. In City-Kreisen rechnet man damit, daß den deutschen Banken eine Anleihe von mindestens 1,6 Milliarden begeben werden muß. Eine englische Nachrichtenagentur verbreitet die Meldung, daß Reichsbankpräsidcnt Luther zu Verhandlungen nach Lon don kommen werde. * Paris zu Hoovers Schuldearevifiovs- Ov. Paris, 8. Just. Die Meldung, daß die amerikanische Ne gierung eine Revision sämtlicher Schulden und Reparationen ins Auge safte, falls der Hooverplan nicht die erwarteten Ergebnisse zeitige, wird in Paris mit größter Zurückhaltung ausgenommen. Die Blätter beschränken sich vorläufig auf die Wiedergabe der Washingtoner Meldung und vermeiden es, dazu Stellung zu nehmen. Genau so verhält es sich mit den Meldungen über allge meine Abrüstungsvorschläge Hoovers. Nur die „Liberte" gibt der Befürchtung Ausdruck, daß Frankreich zum zweiten Male vor eine vollendete Tatsache gestellt werden könnte. * Hoover dementiert sich? Washington, 8. Juli. Die Erklärung des Unterstaats- sekrelärs Castle vom Dienstag, daß Hoover anfänglich die allge meine Herabsetzung der politischen Schulden vorzuschlagcn beab sichtigt habe, hatte den Eindruck erweckt, daß das einjährige Schuldennoratorium lediglich als Austakt einer substanziellen Reduzierung der Reparationszahlungen und der interalliierten Schulden gedacht seien. Der heftige Widerspruch, den diese Aus legung im Lager der unbedingten Revisionsgegner unter den Kongreßmitgliedern ausgelöst hat, veranlaßte Castle, auf dem Presseempfang am Mittwoch, anscheinend auf Veranlassung Hoovers die Erklärung vcm Dienstag zu widerrufen. Der Unter staatssekretär betonte, daß Hoover zu keiner Zeit „irgendeine ständige Revision" der bestehenden Schuldenabmachungen vorge schlagen oder in Erwägung gezogen habe. Zweck des Hoover- Planes sei lediglich gewesen, die durch die Meltdepression hervor- gerusene wirtschaftliche Bürde zu erleichtern. Die Washingtoner Regierung habe ihren Standpunkt in der Erklärung Hoovers vom 2V. Juni klar zum Ausdruck gebracht. Die Unantastbarkeit Mr