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Den Tag, an dem die politisch reis gewor dene Kolonie sich vom Mutterlande England lossprach. Aber das Wort war noch nicht Wirklichkeit; diese Wirklich keit, die Befreiung selbst mußte erst schwer und hart erkämpft werden und so manches Mal schien es, als ver möchte England doch den jungen «Unerikanischen Staat wieder in die Unfreiheit zurückzuzwingen. Es ist eine Art Höflichkeit des Schicksals, daß die Aktion des amerikanischen Präsidenten Hoover gerade am 4. Juli doch noch zu einem Erfolg führte, daß an diesem Tage die schwierigen Verhandlungen zwischen Amerika und Frankreich zu einer Art von Abschluß kamen, der immerhin aber doch eben nur ein Kompromiß dar stellt. Nicht ganz unabhängig von Schuldenlast und Young-Plan für die Dauer eines Jahres wurde Europa und die inneren nur zu bekannten „Abhängigkeiten" Frank reichs waren es, die ein gutes, wohl das beste Stück des Hoover-Planes zum Teil zerbröckeln ließen: den welt wirtschaftlichen „Elan" — vielleicht darf man hier ^inwal dieses französische Wort wählen —, den eine schnelle, glatte Annahme der Grundidee Hoovers unbedingt ausgelöst hätte und anslösen sollte. DieserElanwurde durch ^.Eiligkeiten um Einzelheiten zersplittert, gedämpft, zer- murvt. Aber er ist nicht ganz zerstört worden. Denn — »vgesehen von einigen Schönheitsfehlern und Bedenklich- renen — jene Grundidee ist ja doch wenigstens einiger maßen durch die Klippen der Pariser Verhandlungen hin- durchgeführt worden. Und darum ist doch zu hosfen, daß das „Schuldenfeierjahr" jetzt der Welt eine Rettungsplanke in den Fluten der Krise werden kann. Zu hoffen ist aber auch, daß in diesem Jahr gewisse Abhängigkeiten sich lockern. Sie ganz zu zerstören, würde auch jetzt, wie am 4. Juli 1776, ein Wort allein nicht aus reichen. Zur Wirklichkeit kann es ebenfalls erst durch Kämpfen werden; nur zu reden genügt nicht, wie es niemals ausreicht. Und daß dieses Schuldenseierjahr be sonders für Deutschland nur eine Atempause ist. „Atempause" — dieser Ausdruck ist nicht ein mal glücklich gewählt, weil er ein „Rasten-Wollen" in sich schließt. Wir können und dürfen aber nicht rasten am Rand des Abgrundes, in den wir hineingestürzt wären, wenn nicht die Botschaft Hoovers uns vor diesem Sturz bewahrt hätte. Aber unser Fall hätte noch so manchen mit hinabgerissen, mit dem wir durch das Seil wirt schaftlicher Abhängigkeiten und Bedingt heiten verbunden sind. Stürzt erst einer in dieser „Seil- gemeinschaf t", dann gibt es oft für die andern kein Halten mehr, nützt das allzu späte „Sichern" nichts. Das hat Hoover rechtzeitig erkannt; sein Staatssekretär Mellon hat in London aus den Mitteilungen Macdonalds, aber auch aus dem nur allzu sichtbaren Abgleiten der deutschen Reichsbank nach unten einen klaren Überblick über die Lage erhalten können. Da hat er gehandelt, zog das Seil straf, „sicherte" es durch seine Botschaft. Es ist ihm nicht leicht , gemacht worden, den Protesten entgegenzuwirken, die von dieser Nettungsarbeit nichts wissen wollten, weil die Protestler selbst sich für gesichert genug hielten. Es ist das dritte Mal, daß Amerika entscheidend in die Entwicklung der „N e p a r a t i o n s"frage einge griffen hat. Dawes, Young und Hoover sind die Namen, die über den einzelnen Etappen dieser Geschichte stehen. Immer freilich waren es nur Kompromisse, keine radikalen Lösungen dieses auf dem Europa der Nach- kriegszett und nun auch der Welt lastenden Problems, . esabren durch die Weltwirtschaftskrise derart ver- melsaltigt wurden, daß Amerika als wichtigster Träger Weltwirtschaft das Zittern und Beben des Bau- Überdeutlich verspürte. Auch jetzt wieder Anfang, erfolgte der Aufschub einer elnmal kommen muß. Man braucht aus Einzelheiten Nicht allzusehr zu achten, über Buchstaben des nicht zu stolpern; denn im Mittel- dw nackte Tatsache, daß der Noung-Plan em Jahr lang außer Kraft gesetzt ist. Damit ist der Be weis geliefert — die Amerikaner haben es in 5-wovers Botschaft festgestellt und alle Gläubigermächte stimmen schließlich zu -, daß der Young-Plan c»en nicht so durchzu führ e n ist wie seine Väter es geglaubt haben. Die Weltwirtschaftskrise hat die „Unabänderlich keit" des Wortes von Paris und dem Haag beiseite geschoben und das „heilige Recht der Verträge" als eine — Buchstabengläubigkeit erkennen lassen, die mit Geist, mit weltwirtschaftlicher Lebensnotwendigkeit nicht das geringste zu tun hat, sich aber freilich noch nicht als ge schlagen ansteht. Jedoch auch jetzt noch hat der Satz seine Richtigkeit nicht verloren, daß der Buchstabe tötet, der Geist aber es ist, der lebendig macht. Abbruch der diplomatische« Beziehungen zwischen Bolivien nvd Paraguay London, 6. Juli. Einer Meldung der „Daily Mail" aus Buenos Aires zufolge hat Bolivien dem Völkerbund seinen Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Pa raguay mitgcteilt. Es wird angenommen, daß der Grund hierzu in den Streitigkeiten um den Gran Chae zu su chen ist. Amer wieder «eile BeWgermW Die Hoover-Verhandlungen in Paris Endkampf Mellon—Laval. Am Unabhängiglcitstag, dem großen amerikanischen Feiertag, kam es in Paris in einer nächtlichen Sitzung der amerikanischen und französischen Delegierten zu einer gewissen Einigung über die Durchführung des Hoover- Planes. Es wurde in wesentlichen Punkten Übereinstimmung erzielt. Die amerikanische Seite hat der Aufrechterhaltung der deutschen Zahlungen in bezug aus die ungeschützte Annuität nach dem Wortlaut des Young-Plans zugc- stimmt. Noch in der Nacht wurde folgender amtlicher Bericht herausgegeben: „Im Gebäude des Ministerpräsidiums fand eine erneute Konferenz statt. Ministerpräsident Laval wurde infolge der parlamentarischen Arbeiten in der Kammer abberufcn und konnte nur dem Beginn der Ver handlungen beiwohnen. Die Delegationen der beiden Regierungen haben die Prüfung des Vorschlages des Präsidenten Hoover und der französischen Note fortgesetzt. Schatzsekretär Mellon bestätigte, daß die amerikanische Negierung beschlossen hat, die Beibehaltung der Zahlungen der ungeschützten Tranche, wie im Young-Plan vorge sehen, anzunehmen. Andere Meinungsverschiedenheiten wurden behoben. Noch vorhandene strittige Punkte von geringerer Bedeu tung werden einem Ministerrat vorgelegt. Das Ab kommen über den technischen und finanziellen Teil der Verhandlungen scheint, unter dem Vorbehalt der Zu stimmung der anderen interessierten Mächte, unmittelbar bevorzustehen." * Der Abkommenseniwurf ferüggestelli. Entscheidung bei Hoover. In einer Sitzung im französischen Ministerpräsidium, an der von amerikanischer Seite Schatzsekretär Mellon und Botschaftssekretär Edge und von französischer Seite Ministerpräsident Laval, Finanzministcr Flandin, Außenminister Briand und Unterstaatssekretär Francois Poncet teilnahmen, wurde von beiden Seiten ein Abkommensentwurf gebilligt. Dieser wurde sofort nach Washington gedrahtet. Am Montag soll die endgültige Entscheidung des Präsidenten HPover in Paris vorlicgcn. Im Fall der Annahme findet die französisch amerikanische Schlußsitzung am Montag um 15 Uhr statt. Nach der Sitzung wurde folgende amtliche Ver lautbarung herausgegeben: Im Laufe der Konferenz haben die französischen Unterhändler dem Schatzsekretär Mellon und dem Botschafter Edge den Wortlaut der vom Minister rat am Sonnabend ausgearbeiteten „Abkom mens- grundlage" überreicht. Ter festgelegte Text wird in der Nacht mit den während der gemeinsamen Verhand lungen vorgenommenen Änderungen nach Washington ge drahtet. Die Regierung der Vereinigten Staaten wird Montag vormittag bekanntgeben, ob sie diesen Text als mit dem Wortlaut des Hoover-Vorschlages in Einklang stehend erachtet. In diesem Falle würde die endgültige Entschei dung noch am gleichen Tage getroffen werden. Eine neue Sitzung findet am Montag um 15 Uhr statt. Kompromiß m allen strittigen Fragen. Wie aus amerikanischer Quelle zu den abgeschlossenen Verhandlungen verlautet, ist in bezug auf alle strittigen Punkte ein Kompromiß erzielt worden. Für die Rückzahlung wurde angeblich eine Marimalfrist von zwölf Jahren festgesetzt. Die Frage des Garantie- fonds soll diplomatischen Verhandlungen beziehungs weise einer Konferenz der Noung-Mächte zur Lösung Vorbehalten bleiben. Von anderer Seite heißt es, daß die Frage der Sa ch l i e f e r u n g e n während der letzten Nachtsitzung angeblich besondere Schwierigkeiten bereitet habe, da die französische Regierung entgegen der amerikanischen Auffassung auf ihrer Fortsetzung bestehen wollte. In welchem Sinne diese Frage gelöst worden ist, läßt sich zur Stunde nicht übersehen, da der Inhalt der nach Washington gedrahteten Abkommensgrundlage streng ge heimgehalten wird. * Oie neue amerikanische Denkschrift in Krankreich. Völlige Einigung in allen Hauptfragen Wie das Staatsdepartement in der der Pariser Regie« rung überreichten Denkschrift feststcllt, ist in allen Haupt fragen völlige Einigung erzielt worden. Verständigung sei nur noch über die Höhe der deut schen Sachlieferungen herbeizuführen. Die Washingtoner Regierung bleibt bei ihrem Vor- schlag, dieses Problem einer Sachverständigenkonferenz der interessierten Mächte zu unterbreiten, fügt aber hinzu daß die Lösung dieser Frage i m G e i st e d e s H o o v e r - Vorschlags erfolgen müsse. Als Nichtunterzeichner des Young-Plancs lehnt di« Washingtoner Negierung es ab, offiziell auf dieser Kon ferenz vertreten zu sein, sie ist aber bereit, einen Beob achter zu entsenden, der gleichfalls den anderen Mächten als Berater dienen soll. Soweit man erfährt, ist die Pariser Regierung dami: einverstanden, daß die noch ausstehenden technischen Ein zelfragen im Sinne der Washingtoner Anregung einem Sachverständigenausschuß zur Entscheidung vorgelegt wer den, so daß die offizielle Ankündigung über die Inkraft setzung des Hoover-Planes für Montag zu erwarten ist. * Oer Inhalt des pariser Abkommens. Lbwohl die Einigung zwischen Frankreich und den Aereiniaten Staaten nunmehr endgültig zu sein scheint, und doch noch eine Reihe von Fragen offen geblieben. Das neue Abkommen kann in zwei Abteilungen gegliedert werden: 1. Fragen, die von Amerika und Frankreich allein oeregelt werden können; 2. Fragen, an deren N-aelung Amerika nur indirekt interessiert ist, und die eine Einigung der Signatarmächte des Young-Planes voransseben. Unter die erste Abteilung fällt zunächst die Frage der Rückzahlung des Deutschland zu eröffnenden Kredits. Wäh rend Amerika ursprünglich 25 Jahre und Frankreich fünf Jahre voraet-bsagen hatten, ist man zu einem Kompromiß gelangt, das die Höchstdauer des Kredits auf 12 Jahre lestsetzt. Wegen der Unterstützung anderer mitteleuro- väischer Staaten hat man sich insofern geeinigt, als eine gemeinsame Zentralkaste den bedürftigen Ländern An leihen gewährt. Unter die zweite Abteilung fällt die Frage der Sachlieferungen. Man einigte sich schließlich dahin, daß diese Angelegenheit auf dem Wege der Verhandlungen mit Deutschland und den anderen Mächten geregelt werden soll, die ebenfalls Empfänger von Sachlieferungen sind. Was die Rückzah lung des ungeschützten Teiles der Reparationen in Form eines Kredites an Deutschland anbelangt, wurde beschlos sen, diese Summe der Reichsbahn zur Verfügung zu stellen mit dem ausdrücklichen Hinweis, daß diese sie der Reichsregiernng zur Verfügung stellen kann. Eine für Deutschland ganz besonders wichtige Frage ist die der Garantien, die die französische Negierung für die Verwendung der Kredite von Deutschland verlangt. Was die Frage einer allgemeinen Konkerenz der Signatarmöchte des Young-Planes betrifft, so rechnet man allgemein da mit, daß diese bereits in den ersten Tagen der kommen den Woche stattfindet. Konferenzort -er Houng-Plan-Mächte. Washington ist für London. Einer Washingtoner Meldung zufolge, begünstige man in den dortigen zuständigen Kreisen nich 1 Paris, sondern London als Zusammcnlunftsort für eine Konferenz der hauptsächlichsten Signatarmächte deS Young-Planes. * Deutscher Rüstungsverzicht. Note an das amerikanische Staatsdepartement. Wie aus Washington gemeldet wird, ist dem Stoots- dcpartcmcnt eine von ven Berliner amerikanischen Bot schafter Sackctt übermittelte Note des Reichskanzlers Brü ning Vorgelcgi worden, worin die Rcichsrrgierung die Zusage gibt, daß die durch den Zahlungsaufschnb einge- sparlen Gelder nicht für Rüstungszwcckc verwandt werden sollen. * Washington durch neue Verzögerung beunruhigt. Neu York, 6. Juli. Die Hoffnung, daß die Frage des Zahlungsanfschubcs heute endgültig geregelt werden würde, ist in Washington beinahe aufgegcbcn worden, nachdem neue Hindernisse in der Frage der Sachlieferun- gcn aufgctaucht sind. Obwohl die am späten Abend des Sonntag an die Pariser Regierung abgcsandtc Antwort der Washingtoner Regierung streng gehcimgchalten wird, steht doch fest, daß die Washingtoner Note die französi schen Sachlieserungsvorschläge ablehnt, weil sie nicht mit dem Geiste des Hoover-Vorschlages übcreinstimmtcn. Die Note lehnt auch den weiteren Pariser Vorschlag ab, die