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^erceyungen oavonr "meorere Retsenve wurden durch Glas splitter und Gepäckstücke leich« verletz!. Die zur Untersuchung entsandte technische Kommission bezeichnet das Verbleiben aller Wagen bei dem Unglück auf der Brücke als ein Wunder. j politische ^unclsGan deutsches Reich Besprechung der süddeutschen Regierungen. In Stuttgart fand eine Besprechung von Vertretern der süddeutschen Negierungen von Württemberg, Bayern, Baden und Hessen stall. Der württembergische Staats präsident Dr. Bolz führte den Vorsitz. Ferner waren u. a. erschienen der bayerische Ministerpräsident Dr. Held, der badische Staatspräsident Witlemann, der hessische Staats präsident Adelung. Die Beratung beschäftigte sich in der Hauptsache mit der Auswirkung der Notver- ordnungfür die Länder und mit der Frage, wie ein Ausgleich zwischen den Einnahmen und Ausgaben der Staatshaushalte geschaffen werden könne. Bei den Be sprechungen zeigte es sich, daß die Politik der Reichsregie- ! rung in den süddeutschen Ländern eine sehr starke Stütze hat. Unpolitisches Wochenende im Rheinland«:. Der Regierungspräsident von Köln hat die zuständi gen Bürgermeister angewiesen, bis auf weiteres während der Sommermonate an den Sonn- und Feiertagen und am Vortage ab 12 Uhr politische Versammlungen und Auf züge unter freiem Himmel nicht zuzulassen. Begründet Wird diese Maßnahme u. a. damit, daß politische Aufzüge und Versammlungen unter freiem Himmel in den Er- holungs- und Ausflugsgebieten vielfach eine besondere Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bedeu ten. Von den polizeilichen Gesichtspunkten abgesehen, hätten die Bürger andererseits einen Anspruch darauf, nach der harten Arbeit und Sorge der Woche sich ungestört durch politische Ausschreitungen in der freien Natur zu erholen. Erwerbslosenlundgebungen vor Berliner Arbeitsnachweisen. Berlin. Vor dem Arbeitsnachweis in der Seydelstraße unternahmen etwa 25V Erwerbslose eine lärmende Demonstration, tn deren Verlaus sie in den Hos des Ge bäudes und schließlich auch in die Arbeitsräume eindrangen. Da die Aufforderung des Leirers des Arbeitsnachweises zum Verlassen des Grundstücks erfolglos blieb, wurde ein stärkeres Poltzeikommando eingesetzi, das die Straße säuberte. Etwa eine Stunde später ereignete sich eine gleiche Kundgebung vor dem Arbeitsnachweis in der Lothringer Straße, an der sich etwa 300 Personen beteiligten. Auch hier mußte die Polizei einschreiten. Zu ernsteren Zwischenfällen ist es nicht gekommen. Hindenburgs Telegramm an Hoover im Englischen Unterhaus. London. Im Unterhaus wurde der Vertreter des Aus wärtigen Amies über die Stellungnahme der englischen Regie- rung zu dem Telegramm befragt, das Reichspräsident von Hindenburg an den Präsidenten Hoover sandte. Mr. Dalton, der Unterstaatssekretär für auswärtige Angelegenheiten, ant wortete, daß der Tert dieses Telegramms ver traulich sei. Soweit her Außenminister wisse, sei es bisher noch nicht veröffentlicht worden. Aus Zn- und Ausland Berlin. Die sozialdemotraitfche RetchstagsfraUion wand» sich an den Reichskanzler mit dem Ersuchen, die versprochenen Erleichterungen in der Notverordnung angesichts der bevor- stehenden Annahme des Hoover-Planes möglichst bald zu ver wirklichen. Berlin. Das Ministerialblatt für die preußische innere Verwaltung veröffentlich! einen Runderlaß des preußischen Innenministers, in dem die Polizei unter Hinweis auf die politischen Ausschreitungen der letzten Zeil, die gezeigt hätten, daß sich in den Händen der Mitglieder radikaler politischer Organisationen noch immer Schußwaffen befänden, ersucht wird, dem Mißbrauch mit Scbußwassen, ins besondere dem ungesetzlichen Führen von Schußwaffen sowie auch leglichen ungesetzlichen Handel mit Schußwaffen oder Munition aus das nachdrücklichste entgegenzutrelen. Berlin. Anläßlich des Todestages Malier Rathenaus am 24. Juni haben die Walter-Rathenau-Stistung und die Walter- Rathenau-Gesellschafl am Grabe Walter Rathenaus aus dem Kriedkoi in Oberschöneweide und an der Walter-Rathenau- Gedenktafel in der Königsallee tn Berlin-Grunewald Kränze niedergelegt. Berlin. Reichsbannerleute und Nationalsozialisten hatten an zwei Stellen Berlins blutige Treffen, wobei es auch Ver wundete gab. Die Polizei mutzte eine Reihe von Zwangs gestellungen vornehmen. Hamburg. In Brandstwiete entstand zwischen Kommu nisten und Nationalsozialisten eine Schlägerei, bei der auch einige Schüsse gewechselt wurden. Ob Personen ver letzt wurden, ist nicht bekannt, da die Teilnehmern an der Schlägerei bereits verschwunden waren, als die Polizei Herbeieille. . Rom. Der italienische Botschafter beim Heiligen Stuhl, Graf de Vecchi, Hai die zweite italienische Antwortnote tm Streit um die Katholische Aktion dem Kardinalstaatssekretär überreicht. Der Inhalt dürste erst später bekannt werden. Neuer aus aller wen Strafverfahren wegen der Münchener Glaspalast, katastrophe. Die Staatsanwaltschaft München l hat auf Grund der Feststellungen der Münchener Polizeidirektion und gemäß dem Gutachten des Vorstandes des gPichtlich- medizinischen Instituts über die Enlstehungsursache der Glaspalastbrandkatastrophe das Strafverfahren gegen den Malermeister, der mit seinen Gehilfen die Malerarbeiten im Glaspalaste ausgeführi Hal, eingeleitet. Der Brand soll durch Unvorsichtigkeit der Maler entstanden sein. Massenerkranlungen durch Streuselkuchen. In Sie- mensstadl bei Berlin sind mehr als 20 Menschen unter Vergiftungserscheinungen erkrankt. Alle hatten bei ein und demselben Bäcker Streuselkuchen gekauft. Der benach richtigte Kreisarzt nahm in der Bäckerei eine Untersuchung vor und beschlagnahmte eine Anzahl Backpulver. „Soll und Haben" — letztes Kapitel. Die beiden In haber der Breslauer Großhandelsfirma Molinari und Söhne, Jakob Molinari und Arnold Grzimek sind in der Berufungsinstanz wegen betrügerischen Bankrotts, Ur kundenfälschung und Betruges zu Gefängnis verurteilt worden; Molinari zu sechs, Grzimek zu vierzehn Monaten. Das Haus Molinari ist das Handelshaus T. O. Schröter, das Gustav Freytag in seinem berühmten Roman „Soll und Haben" schildert. Sieben Danziger Stahlhelmer in Polen verurteilt. Das polnische Gericht in Dirschau verurteilte sieben Dan ziger Stahlhelmer, die versehentlich in Uniform die pol nische Grenze bei Dirschau überschritten hatten und fest genommen worden waren, zu je einem Monat Haft. Der Senat der freien Stadl Danzig hatte gegen die Verhaftung der Stahlhelmleute Protest eingelegt und um ihre so fortige Freilassung ersucht. Zum Spatz erhängt. Einige Lehrlinge tn einer Werk statt in Reichenberg wollten einander den Hergang bei einer Hinrichtung durch den Strang zeigen. Sie brachten zu diesem Zwecke in einer Ecke der Werkstatt eine Schlinge an, durch die sie abwechselnd den Kopf steckten, ohne freilich den Halt unter den Füßen aufzugeben. Einer von den Jungen indessen glitt aus und blieb in der Schlinge hängen. Obwohl er sofort abgeschnitten wurde, hatte er schon so starke Strangulierungen erlitten, daß er ins Krankenhaus gebracht werden mutzte. Hier ist er seinen Verletzungen erlegen. Aus der Weltreise im Paddelboot umgelommcn. Zwei junge Augsburger, Hans Böck und Johann Büffel, beide arbeitslos, hatten sich am l6. April d. I. im Paddelboot auf eine Weltreise begeben. Jetzt wird bekannt, datz sie beide im Ägäischen Meere umgekommen sind. 10 Todesopfer eines Wirbelsturmes. Nach einer Mel dung aus Rio de Janeiro wurde die brasilianische Stadt Sao Luiz de Caceres von einem Wirbelsturme heimge sucht, dem zehn Personen zum Opfer fielen. Der Sach schaden ist bedeutend, etwa 30 Häuser wurden vollkommen zerstört. Bunte Tageschronik Amsterdam. In Tombolo (Celebes) lötet» ein Polizet- beamter als Amokläufer drei Personen, MWWe Mm von Wilsdruff und llMMd halten sich bet Bedarf bestens empfohlen: Agentur für Versicherungsgesellschaften Wilhelm, Berthold, Feldweg 283 v. Anzeigen-Annahme Wilsdruffer Tageblatt, Zellaer Straße 29, 6 (auch für auswärtige Zeitungen). Auto-Reparaturwerkstatt Zobel, Alfred, Friedhofstraße (Elektrizitätswerk), r-s- 143. Autovermietung (Kraftdroschke) Fischer, Fritz, Meißner Slraße 266. 104. Otie, Richard, Markl 13/14 (Hotel weiß. Adler). 405. Badeanstalt Stadtbad, Pächter Erich Hausmann, Löbtauer Straße. Bank- und Wechselgeschäste Giro! ässe und Sparkasse, Rathaus, 1 und 9. Wilsdruffer Bank, e. G. m. b. H., Freiberger Straße Nr. 108. 491. Bau- und Möbelindustrie Siering, Am unteren Bach 250B. Botensuhrwerk stlfchner, Otto, Bahnhofstraße 12^. »^-584. Buchbinderei Zschunke, Arthur, Zellaer Straße 29. 6. 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Jnseraten-Annahme Wilsdruffer Tageblatt, Zellaer Straß« 29. 6 (auch für auswärtige Zeitungen). Installateur Zotter, Ferd. (Inh. Ludw. Hellwig), Markt 10. o-s- 542. Maschinenbau und Reparatur Schwepcke, Franz, Ingenieur, Bismarckstr. 35. »-»- 511. Die große Liebe. Roman von Emmi Lewald. 53) (Nachdruck verboten.) Man hatte den „Fall Gristede" der leidenden Her zogin in vorsichtigen kleinen Dosen, gewissermaßen schluck weise beigebracht. Man hatte diese Mission dem Leibarzt anvertraul, der zuerst das Fortbleiben der beiden Gristedeschen Kinder von den Proben des Märchenspiels mit einer Hals- erkättung motiviert und dann mit entsprechenden Gaben von Baldrian und Brom die ganze Affäre mit möglichster Ruhe vor ihr entfaltete. Nach dem anfänglichen Schreckt half ihr allmählich das stolze Bewußtsein ihrer eigenen Menschenkenntnis, von der sie tief überzeugt war. „Ja," erklärte sie, „irgendwie habe ich ihm von A. fang an nicht ganz getraut. Er war doch zu anders wie die anderen alle. Die Leeven sagt auch, er habe eine zu kühle, mysteriöse Art gehabt, ein Mensch, der immer nur unpersönlich und zeremoniell und niemals gemütlich sein konnte. Im Grunde war es ja auch nur Karen Holger gewesen, die mit blinder Liebe vom ersten Augenblick an auf ihn zugekommen sei und seinen äußeren Vorzügen zum Opfer fiel. Und das sei auch ganz charakteristisch, denn die Holgers hätten eben dieses Schrankenlose im Blut, daß sie nicht Herr ihrer selbst bleiben konnten, wenn eine Leidenschaft sie ergriff. Aber das Land habe ja die Holgers nicht zu verantworten. Denn die seien eben dänischer Import. Sie hatte lange Rücksprachen über den Fall mit all den Unbescholtenen ihres Hofes. Das Hochgericht der scharfen Zungen über Gristede war in vollem Gange. „Was kann man für diefe arme Karen tun?" fragte sie ihren Bruder. „Wenn man sie freundlich herzitiert, um ihr sein Mitleid auszusprechen, sagt sie einfach ab, verschanzt sich hinter Gesundheitsgründen. Ich würde sie so gern recht mütterlich in die Arme schließen und ihr sagen, wie unendlich ich sie beklage. Dieses schöne Kind, und einem Hochstapler in die Hände zu fallen! Es ist eine so horrende Sache, und dabei die Länge der Zeit, während derer wir alle getäuscht waren. Es will mir gar nicht in den Sinn, daß es keine Rechtsmittel geben soll, so einen vor Gericht zu stellen. Es scheint mir auch un klug zu sein, gerade in solcher Zeit der Erregung. Der Pferde dieb wird festgesetzt, und er, der viel mehr und viel Höheres stahl, der verschwinde« ungestraft. Das ist doch wirklich die Sache, daß man die kleinen Diebe hängt und die großen laufen läßt." Der Herzog hörte nervös, aber geduldig den Aus führungen der Schwester zu. Sie war die einzige, die es Wagen durfte, dieses Thema vor ihm zu verhandeln, das er sonst keinem mehr zugestand. Erik Holger empfing den Herzog an der Pforte. „Und nun habe ich das Patenkind, den kleinen Hein rich von Gristede, eines Betrügers und Bedienten Sohn! Es ist unglaublich, was man erlebt!" Und sie hob die Arme gegen den gemalten Decken plafond. „Ich werde mich dieser Tage bei Karen Holger an sagen und zu ihr fahren," sagte der Herzog. „Ich will sie fragen, ob ich ihr irgendwie helfen kann. Ich schulde es ihrer Großmutter und auch ihr. Sie ist mehr als be klagenswert, gerade weil sie ihren Mann so geliebt hat. Aber sie ist eine Natur, zu stolz, um sich bemitleiden zu lassen, und ich verstehe schon, daß sie lieber die Tore der Holgersburg verrammelt, damit nicht die Meute der falschen und der guten Freunde ankommt, um festzustellen, Ivas für ein Gesicht nun die schöne, stolze Karen bei diesem Debakel macht." — „Du bist warhaft rührend!" „Nein, es ist mir ganz einsach Bedürfnis, ich möchte auch, daß jedermann bei Hofe genau erkennt, daß sie, die Schuldlose, in meinen Augen darum nicht weniger ge worden ist, weil sie durch diese Katastrophe muß. Und schließlich auch um des Sohnes willen. So und so ist er ja nun doch irgendwie ein letzter Gristede, und ich hing seit meiner Jugend an der Familie und dem Namen, man hätte das Wappenschild zwar zerbrechen müssen beim Tode des Alten." „Ja, hätte man das geahnt!" „Es bleiben von derartigen unerwarteten Evenements oft Nachgefühl übrig, die in eine ganze andere Richtung schlagen," sägte der Herzog scharf und rieb sich nervös die mageren Hände. „Mir ist von dieser Affäre ein heftiges Mißgefühl gegen Klaus von Leeven geblieben. Ich will durchaus nichts einwenden, wenn du deine alte Leeven behalten willst. Dieser Klaus aber mutz fort aus meinem persönlichen Dienst. Das Gesicht weckt mir fatale Ge fühle. Die Flamme war da, durch des anderen Schuld, aber er blies hinein, damit es schnell ein großes Feuer würde, und das ist ihm denn auch trefflich gelungen." „Es klingt ja fast, als wenn dir der Hochstapler Gri stede noch heute lieber wäre als der einwandfreie Leeven?" Sie sah den bewunderten Bruder fast erschrocken an. „Ich gebe zu, es klingt beinahe ein wenig un moralisch," sagte der Herzog. „Aber es ist nun einmal etwas Seltsames um menschliche Sympathie. Wo sie hinfällt, löschen auch fatale Entdeckungen sie nicht gleich wieder aus. Mir war dieser Herr von Meerwarfen wert. Und Leeven ist mir höchst fatal geworden. Mag er seinen Kohl auf seiner Klitsche bauen. Ich lasse Stetten avan cieren. Stettens haben sich musterhaft benommen in dieser Sache, alle beide. Das Ehepaar hatte stets eine besondere Vorliebe, ja, Schwärmerei beinahe für Gristede. Solche Affären sind wie ein Prüfstein für den seelischen Wert aller Beteiligten, der fernen wie der nahen." Sie faltete die Hände und sah ihn groß an. „Dir wäre es offenbar im Grunde wirklich lieber, die ganze Sache wäre nicht ans Tageslicht gekommen? Du bist ja beinahe wie Pastor Bardenwiek, der mir das auch angedeutet hat." (Fortsetzung folgt.)