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MsdmfferTageblati Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20 Rpfg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile I Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Dor- geschriebeneLrscheinungs- —, . , tage und Platzvorschristen werden nach Möglichkeit ??ernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis oorm.10 Uhr. ! Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. JederRabatlansprvch erlischt, wenn derBeirag durch Klage eingezogen werden muß oderderAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend ftÄüngcn rnig?gkn^Im Falle höherer Dewale, Krieg oder sonstiger B-triebostörungen bestehl kein Anspruch auf Lieferung ^er Ieilung oder Kürzung de» Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Nr. 133 — 90. Jahrgang Wilsdruff-Dresden Telegr.»Adr: .Amtsblatt' Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag, den 11. Juni 1931 Zusammenschluß der bürgerlichen Mitte. Das sozialdemokratische Blatt „Der Abend" berichtet über angebliche Verhandlungen, die zum Zusammenschluß der Volkskonservativcn, der Staatspartet und der Deut schen Volkspartei führen sollen. Der Führer des Gedankens sei Neichsfinanzminister Dietrich. Wie die Nattonallibe- rale Korrespondenz dazu mitteilt, ist der deutschen ^>olks- Parte von solchen Verhandlungen nichts bekannt. Untragbarkeiten. Man hat sich tn Deutschland gar nicht übermäßig auf geregt, wenn — und das ist noch nicht allzu lange her, es wiederholt sich auch immer noch von Zeit zu Zeit — in Frankreich „höchste", ja „allerhöchste" Persönlichkeiten wie etwa der jetzige Präsident Doumergue, Herr Poincard, Herr Maginot, derzeitiger Kriegsminister, oder andere vor enthüllten Kriegsdenkmälern ihre bekannten, immer auf den gleichen antideutschen Ton gestimm ten „Sonntagsreden" hielten. War es unbescheiden, für uns ein ähnliches, allerdings sehr viel gemäßigter aus geübtes Recht zu verlangen? Ein Protest recht gegen dteLüge von der deutschen Schuld am Kriege, gegen die Vergewaltigung in Versailles oder, wie vor kurzem auf dem Slahlhelmtag in Breslau, gegen die Fortsetzung dieser antideutschen, selbst vom Völker bund als solcher verurteilten Gewaltpolitik tn Polen? Deutschland hat auch vor dem Kriege nie offiziellen Pro test dagegen erhoben, daß man in Paris von 1871 bis 1914 die Statue der Stadt Straßburg mit einem Trauerflor umhüllte und alljährlich entsprechende Feiern vor ihr abhieli mit den Reden des „Nie-Ver- gessens". Der französische Außenminister Briand hat sich in seiner langen Amtszeit von jenen „Sonnlagsreden" im allgemeinen ferngehalten. Aber womöglich noch „demonstrativer" Hai er sich nicht selten in der französischen Volksvertretung selbst bemüßigt gesuhlt, gegen den „natio nalistischen Geist" in Deutschland loszuziehen. Jetzt machte er es wieder und dieser zweifellos kluge Politiker merkt gar nicht, daß er durch seine jedem diplomatischem Gebrauch widersprechende Einmischung in inner deutsche politische Verhältnisse die Lage des Kabinetts Brüning nur erschwert. Wir Deutsche können ja nur dagegen protestieren, daß man in Frankreich die Schuld allein uns in die Schuhe dafür schieben will, wenn es mit der „friedlichen Regelung der Differenzen zwischen den beiden Ländern nicht vorwärts gehe". Denn schließ lich ist die Genfer Konferenz noch sehr jungen Datums und das von den Franzosen besetzte Saargebiet liegt vor den Toren Deutschlands! Und wenn nun Briand gar erklärt, der Young-Plan könne nicht abgeänderi werden, weil er einen „endgültigen Charakter" habe, so vergißt diese scharfe Formulierung aeaen eine solche Revision nun erst recht, daß das Schicksal auch des Kabinetts Brüning selbst abhängt von einem Erfolg oder Richterfolg in der Revisionsfrage. Briand „möchte nicht", daß das Kabinett Brüning „durch Nationalisten ersetzt werde", aber — abgesehen auch hier wieder von dieser Einmischung in deutsche innen- politische Verhältnisse - es kann doch dem französischen Außenminister nicht unbekannt sein, daß auch für die Not verordnung gerade die Frage der Young-Plan-Revision den Hintergrund abgibt. Von allen Seiten her hat sich die Kritik einerseits natürlich der Opposition gegen die Notverord nung, dann aber andererseits auch der Regierungs parteien selbst gegen einzelne oder viele der dort ent haltenen Bestimmungen gewandt. Allerdings läßt sich selbst aus der Schärfe dieser Kritik heute noch nicht eine absolute Gewißheit dafür ableiten, daß es nun auch zu einem parlamentarischen Kampf um die Notverordnung, also zu der baldigen Einberufung ves Reichstages kommt. Wesentlich hängt das natürlich oon der Haltung der Sozialdemokratie ab, die durchaus nicht verhehlt, daß ihr besonders die Herabsetzung der sozialpolitischen Leistungen durch die Notverordnung über aus bedenklich erscheint. Wieweit Dr. Brüning etwaige Änderungen oder Milderungen, die von einzelnen Parteien oorgeschlagen werden, nun "auch wirklich zulassen will und zulassen kann, wieweit andererseits einzelne Minister ihr Schicksal mit gewissen Bestimmungen der Notverordnung verknüpft haben —. das alles wird recht erheblich auch von der Stellung der großen Berufsverbände beeinflußt, auf ^Parteien Rücksicht nehmen müssen, dow^was^^ Endes freilich dabei aber nun Sunt'crarunb den Parteiführer über jenen Nouna-Planes einer Revision des MmnerS nu(<Ä. Nn» »in den,"was -? dm V-Pamen" »c mch! zur InnnwEMch-n s-U- damit erhielte auch die deutsche Außen Politik ein aanz anderes Gesicht. Aber aus der Gegenseite steh, die Tat sache, daß die scharfe Krittk an dieser Verordnung immer neue Unzweckmäßigkeiten, Widersprüche, Untragbarkeiten enthüllt — und diese sollten abgefeilt werden können weil selbst die Not nur das auf unsere Schultern legen "kann was wir zu tragen vermögen. Der Kamps am die Mmdmg. Noch keine Entscheidung über Reichslagseinberufung. Kanzler und Parteien. Um die Abänderung der Notverordnung. Der Reichskanzler ist am Mittwoch abend zusammen mit dem Reichsautzenminister von seiner Englandreise nach Berlin zurückgekehrl und steht nun vor der Notwen digkeit, den Kampf um seine Notverordnung mit den Parteien und Organisationen auszunehmen. Er findet folgende Lage vor: Zufrieden ist mit der Notverordnung niemand, keine Partei, keine Organisation, kein Mensch, auch nicht die eigene Partei des Kanzlers, das Zentrum. Wäh rend die Oppositionsparteien Aufhebung der Notverord nung durch den Reichstag fordern, rufen die Regierungs parteien mehr oder weniger stark nach Abänderung. Daß eine Abänderung erfolgt, dürfte kaum mehr zweifel haft sein, denn es ist nicht anzunehmen, daß es Brüning auf eine Kraftprobe ankommen lassen will. Die Frage ist nur: Soll der Kampf offen im Reichstage aus- gefochten werden oder hinter verschlossenen Türen in Neichstagsausschüssen und im Sitzungszimmer des Kabi netts? Der Kanzler ist unbedingt gegen die Einberufung des Reichstages. Das geht auch unzweideutig aus der Haltung der führenden Zemrumspartei hervor, die sich beschwörend an die anderen Regierungsparteien wendet, doch ja nicht auf den Zusammentritt des Reichstages zu bestehen, und damit den Wünschen der Opposition nach zugeben. Aber die anderen Regierungsparteien haben, — obwohl ihnen der Gedanke der Reichstagseinberusung nicht sonderlich sympathisch sein dürfte, — doch keine rechte Lust, sich ohne weiteres den Wünschen des Zentrums zu fügen. Sie sind bisher der Entscheidung der Frage ausgewichen. Deshalb ist auch der Ältestenrat des Reichstages tn seiner Mittwochsitzung zukeinem Beschluß gekommen, als er sich mit den Anträgen der Opposition auf Ein berufung des Reichstages beschäftigte. Die Entscheidung soll erst nächste Woche fallen. Am schwierigsten ist die Lage für die Sozial demokratie. Die Parteiführung würde sich ohne Zweifel gegen die Austragung des Kampfes im Reichstag anssprechen, wenn nicht aus den eigenen Reihen die Forderung käme, den Reichstag einzuberusen und die Notverordnung mit allen Mitteln zu bekämpfen. In diesem Sinne hat sich die SPD. in Frankfurt a. M. und die SPD. Ostsachsens ausgesprochen. Der Vorstand der SPD.-Fraktion hat in einer Sitzung zunächst dringend eine Abänderung der Notverordnung verlangt, man will zunächst feststellen, ob diese Abänderung durch direkte Ver handlungen mit dem Kanzler erreicht werden kann. Dann erst will man weitere Beschlüsse fassen. Der Reichskanzler findet also allerhand Arbeit vor. Die Kabinettssitzungen haben sofort nach seiner Rückkehr aus England begonnen, und am Freitag will Brüning zum Reichspräsidenten nach Ost preußen fahren, um ihm über die Lage Bericht zu erstatten. * Zwischenfall bei der Abfahrt des Reichskanzlers. Als der Sonderzug, mit dem Reichskanzler Dr. Brüning und Reichsaußenminister Dr. Curtius an der Waschanstalt des Norddeutschen Llohds in Bremer haven vorbeifuhr, wurde von einer Gruppe Natio nalsozialisten die Hakenkreuzfahne gezeigt. Die Schutzpolizei schritt sofort gegen die Demonstranten ein Der Redakteur der Sturmwelle. Bruns, und drei andere Nationalsozialisten, die sich an der Demonstration be teiligt hatten, wurden dem Polizeigericht zugeführt. * Noch keine Entscheidung des Ältestenrats. Über die Sitzung des Ältestenrates des Reichstages wird noch bekannt: Der Ältestenrat des Reichstages hatte sich am Mittwoch abend mit den Anträgen der National sozialisten und der Kommunisten zu beschäftigen, wonach der Reichstag für den nächsten Dienstag einberufen werden sollte. Für diesen Antrag stimmte auch der Vertreter der Wirtschaftspartei, Abg. Mollath, während sich der Ver treter des Landvolkes der Stimme enthielt. Mit ven Stimmen der übrigen Parteien wurden die Anträge gegen den entschiedenen Widerspruch der Abgg. Stöhr (Nat.-Soz.s und Berndt (Dtn.) abgelehnt. Auf Wunsch mehrerer Fraktionen wurde dann mit Rücksicht aus die bevorstehen- oen Fraktionssitzungen beschlossen, noch keine Entscheidung über eine frühere Einberufung des Reichstages zu fällen, sondern am Dienstag, den 16. Juni eine neue Sitzung des Ältestenrates zu diesem Zwecke abzuhalten. * Ein neuer Äberbrückungskredit des Reiches. Die bereits seit längerer Zeit beabsichtigten Be sprechungen des Reiches mit der Reichsbank zwecks Be schaffung eines Kredites zur Überbrückung der durch die in den ersten Monaten des Haushaltsjahres regelmäßig spärlicher eingehenden Einnahmen entstandenen Schwie rigkeiten sind begonnen worden. Von seilen des Reiches wird versucht, eine Summe von rund 250 Millionen Mark auf mehrere Monate zu erhallen. * Oer proteflsiurm gegen die Notverordnung. Besprechungen der Reichsregierung. , Das Reichskabinett wird am Donnerstag zu einer Ministerbesprechnng über die in Chequers geführte Aus sprache zusammentreten. Es ist nicht ausgeschlossen, daß sich die Beratung auch auf die Proteste gegen den Inhalt der neuen Notverordnung erstreckt. Diese Proteste häufen sich von Tag zu Tag. So hat der Gesamtvorstand der Wirtschaftspartei einstimmig eine Entschließung angenommen, in der es u. a. heißt: Die Notverordnung hat das deutsche Volk bitter enttäuscht. Sie stellt im wesentlichen die Fortsetzung der bisherigen Politik mit Mitteln dar, die Reichskanzler und Reichsregierung selbst wiederholt als verfehlt, wirt schaftsfeindlich und als Ursache des deutschen Nieder ganges bezeichnet haben. Daher fordert die Wirtschafts- Partei die sofortige Einberufung des Reichstages und die Aufhebung der Notverordnung und die sofortige Auf rollung des gesamten Reparationsproblems mit dem Ziele der Einstellung sämtlicher Tributleistungen. Die Ncichsführung des Christlich-Sozialen Volksdienstes teilt mit, daß sie der Auffassung ist, daß die durch die Notverordnung dem deutschen Polke auferlegten neuen Lasten nur einstweilen tragbar sind, wenn die Reichsregie rung unverzüglich die Revision der Tributzahlungen in Angriff nimmt. Der Volksdienst ist bereit, die unerläß liche Abstellung offensichtlicher Mängel der Notverordnung hinter diesen Gesichtspunkt zurückzustellen. Die Neichstagssraktion der Bayrischen Vollspartek erhob in einer Fraktionssitzung gegen mehrere Bestim mungen der Notverordnung erhebliche Bedenken. Die Fraktion gab der Anschauung Ausdruck, daß durch Ver handlungen Änderungen herbeigeführt werden müßten. In den nächsten Tagen wird die Fraktion nochmals zu-> samenentreten, um endgültige Stellung zu nehmen. SPD. Ostsachsens gegen die Notverordnung. Der erweiterte Bezirksvorstand der ostsächsischen SPD. billigte einstimmig die Zustimmung der ostsächsi schen Delegierten auf dem Leipziger Parteitag zur Ent schließung Aufhäuser, ferner den Beschluß, daß die Frak tionen in allen Körperschaften einheitlich und geschlossen aufzutreten haben. Von den Abgeordneten des Bezirks erwartet der Bezirksvorstand, daß sie in der Reichstags fraktion die neue Notverordnung energisch bekämpfen und wenn keine andere Möglichkeit bleibe, sei der Reichstag einzuberusen. Dr. Brünings Ankunft in Berlin. Starke polizeiliche Absperrung. über die Ankunft von Dr. Brüning und Dr. Curtius in Berlin werden folgende Einzelheiten bekannt: Der Lloydsonderzug mit dem Reichskanzler Brüning und Rcichsanßcnminister Dr. Curtius lief aus dem Bahnhof Friedrichstraße ein. Zum Empfang hatten sich auf dem Bahnsteig eingefundcn: Reichsfinanzministcr Dietrich, Reichsminister Trcviranus, Staatssekretär Pünder, Staatssekretär von Bülow. Reichspressechcf Dr. Zechlin sowie Frau Curtius. Außerdem waren anwesend der eng lische Botschafter Sir Horace Rumbold, der amerikanische Botschafter Gordon, der amerikanische Generalkonsul Messcrsmit und andere Herren der amerikanischen Bot schaft. Die Polizei hatte auf dem Bahnhof selbst nur geringfügige Absperrungsmaßnahmen getroffen, dagegen war der Bahnhof in ziemlich weitem Um fange von der Polizei abgefperrt worden. Als erster entstieg der Reichskanzler dem Zuge, der sofort vom Neichsfinanzminister Dietrich begrüßt wurde. Die Herren begaben sich zu den vor dem Bahnhof warten den Automobilen. Bein: Besteigen der Kraftwagen wur den von dem mehrere hundert Köpfe starken Publikum Rufe „Deutschland erwache!" laut. Die Polizei säuberte die Umgebung des Bahnhofes, ohne aber zu Gewaltan- i Wendung gezwungen zu sein. Die Abfahrt der Minister I vollzog sich dann in voller Ruhe.