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Das Iod als Heilmittel. Von vr. Walter Ehmke. Wer beim Militär gewesen ist, erinnert sich aus dei Kriegszeit her des Soldatenspruches „Aspirin und Jod sink des Soldaten Tod". Umgekehrt aber: das Gegenteil wai richtig; und nur, weil leichte Fieberanfälle mit Aspirin uni leichte Wunden, Furunkel, Schnittverletzungen und ähnliche- mit Jodtinktur behandelt wurden und somit diese beider Mittel die am häufigsten gebrauchten aus dem Medizinschat des Stabsarztes darstellten, entstand das humoristisch du Wahrheit ins Gegenteil kehrende Wort. Die Wissenschaft ha sich daher durch solche absprechende Meinung auch nicht beein flussen lassen, sondern dem Jod sogar eine noch größere Rolb zugewiesen. Von der Bekämpfung des Kropfes durch Jod fol hier nicht gesprochen werden, auch nicht von der Anwendung von Jodpräparaten gegen Arterienverkalkung, obgleich so interessant genug ist; aber das „Hausmittel" Jod verdien eine Betrachtung. Den Schnupfen als eine regelrechte Krankheit zu be reichnen, wäre übertrieben, und doch ist er ein Uebel, das der davon Betroffenen krank macht. Jeoer hat schon darunter gelitten und sich geärgert, mit geschwollenen Nasen schleimhäuten, tränenden Augen, häufigem Niesreiz unt leichtem Fieber gar nur ein halber Mensch zu sein. Wei einen Schnupfen hat — und manche haben ihn alle sechs Wochen —, ist auch seiner Umgebung nicht angenehm. Zr leicht kann er sie mit seinem Uebel anstecken, unter einei Nies-Serie leiden die Hörer ebenso wie der Nieser, und du schönste Frau verliert an Charme und Reiz, wenn sie einer Schnupfen hat. Schnupfen müsse man „ausrasen" lasten meinte man früher, wenoete ohne Glauben Schnupfensalb! und -Watte dagegen an, unappetitliche Verfahren, die jedock nichts halfen. Professor Bier von der Universität Berlin Hai das große Verdienst, den „Bierschen Jodtropfen" eingesühv zu haben. Er hat sich ihn nicht patentieren lasten, sondern großzügig aller Welt zur Verfügung gestellt. Weil es einer „Jooschnupfen" gibt, der nach übermäßigem Gebrauch vor Jodpräparaten auftreten kann, so schloß er nach den Regelr der Homöopathie, daß kleine Mengen Jod den Schnupfer beseitigen müßten. Er probierte es praktisch aus, und seine Ueberlegung erwies sich als richtig. Also empfiehlt er, bei den ersten Anzeichen eines nahenden Schnupfens — Anzeichen die jeder aus eigener Erfahrung kennt —, beim ersten Niesen, bei leichtem Frösteln und den ersten kleinen Schluckbeschwerder in ein Glas Wasser einen Tropfen Jodtinktur zu geben und diese Mischung zu trinken. Inzwischen haben sich viele MWWe Mmen m Wilsdruff md Umgegend halten sich bei Bedarf bestens empfohlen: Agentur für Versicherungsgesellschaften Wilhelm, Berthold, Feldweg 283 v. Anzeigen- Annahme Wilsdruffer Tageblatt, Zellaer Straße 2S, 8 (auch für auswärtige Zeitungen). AutoR-Paraturwertstatt Zobel, Alfred, Friedhofstraße (Elektrizitätswerk). 143. Autovermietung (Kraftdroschke) Fischer, Fritz, Meitzner Straße 266. »»» 104. Otte, Richard, Markt 13/14 (Hotel weist Adler). 405. Badeanstalt Stadtbad, Pächter Erich Hausmann, Löbtauer Stratze, Bank- und Wechselgeschäfte Dirok alle und Spartake, Rathaus, o-^> 1 und 9. Wilsdruffer Bank, e. G. m. b. H., Freiberger Stratze Nr. 108. »-»- 491. Bau- und Möbelindustrie Siering, Am unteren Bach 250B. Botensuhrwerk Ilschner, Otto, Bahnhofstraße 12^. ^» 584. Buchbinderei Zschunke, Arthur, Zellaer Stratze 29. o-» 6. Färberei und Reinigung, Pliffeeprefferei, Hohlsaum, und Schnurstichnäherei Dürre, Alfred, Zedtlerstratze 183. Auto-Reparaturwerkstatt, Kraftfahrzeug- Vertrieb, Tankstelle, Oele, private Automobilfahrschule, Fahr räder und Motorfahrräder, Nähmaschinen Fa. Arthur Fuchs, Markt 8, S-s»- 499. Fahrrad- und Nähmaschinenhandlungen mit Reparaturwerkstätten * auch Motorrad-Reparaturwerkstatt. Dürre, Alfred, Zedtlerstratze 183. * Marschner, Fritz, Dresdner Stratze 234. Fell- und Häutehandlung Stolle, Robert, Bahnhofstraße 1S8. Gärtnereien Kesselsdors: Beyer, Rob., Bäume, Topfpflanzen, Kranzbinderei Glaserei (Bildereinrahmung) und Glashandlung Hombfch, Wilhelm, Marktgage 89 Grabsteingeschäst (Steinbruchbetrieb) Wolf, Karl, Meißner Straße 263. Heilkundiger für alle Krankheiten (Homöopathie, Biochemie, Naturbehandl.). — Urin-Untersuchungen Schubert, Joh., Meitzner Stratze 266. o-e- 145. Herrengarderobegeschäst Plattner, Curt, Dresdner Straße 68. Holzbildhauer Birnick, Kurt, Zedtlerstratze 79. Jnseraten-Annahme Wilsdruffer Tageblatt, Zellaer Stratze 29. 6 (auch für auswärtige Zeitungen). Installateur Lotter, Ferd. (Inh. Sudro. Hellwig), Markt 10. 542. Maschinenbau und Reparatur Schwepcke, Franz, Ingenieur, Bismarckstr. 35. »-»> 511. Hunderttausenbe von der Wirksamkeit dieses Mittels überzeugt und nehmen den Bierschen Tropfen auch dann, wenn der Schnupfen bereits ausgebrochen ist und sie keine Lust haben, ihn sich ausrasen zu lassen. Die Jodtinktur nun wenden wir nach dem Vorbild der Stabsärzte des Krieges zur Wunddesinfektion an. Es ist jo bekannt, daß aus einem Schnitt mit dem Küchenmesser, aus einem Mückenstich und jeder anderen noch so unbedeutenden Wunde unter ungünstigen Umständen und falls es das Un glück will eine schwere Blutvergiftung, und wenn nicht das, dann doch langwierige, schmerzhafte Eiterungen entstehen können. Bakterien sind die Erreger der Eiterungen, und da Jod bakterientötende Wirkung hat, ergibt sich seine Anwen dung von selbst. Mit einem Wattebausch wird Jod direkt aus die Wunde gebracht. Es dringt in das Zellgewebe ein, tötet die Eitererreger ab und verhindert dadurch, daß es die Wunde mit einem Ueberzug versieht, das Eindringen weiterer Bakterien. Um den unhygienischen Wattebausch zu vermeiden, ist Jodtinktur als Jodalan in halbfeste Form gebracht und in Tuben abgefüllt. So kann sie auch bequem auf Wanderungen und Reisen mitgeführt werden, was bisher, da Jodtinktur in Behältern aus Glas aufbewahrt wird, nicht angängig war. Aus der Tube träufelt man Jodtinktur direkt auf die Wunde, ohne sich eines Zwischenträgers zu bedienen. Eine Verbesserung der Jodoformgaze, die als anti septischer Wundverband bekannt ist, stellt die Jodseide Seta- jodum in schmalen und breiten Binden dar; sie wird in ein facher Lage auf die Wunde gelegt und mit einem Pflaster befestigt. Die Binde besteht aus Tussahseide, der Seide eines in Ost asien wild lebenden Seidenspinners, enthält zehn Prozent freies Jod in Lösung und ebensoviel chemisch gebundenes Jod. Das freie Jod wird in der Faser festgehalten, solange sie nicht mit chemisch wirksamen Mitteln wie Schweiß, Wund sekret usw. in Berührung kommt. An die Haut und Wunden gibt sie das Jod automatisch und dauernd ab. Das Material kann ruhig offen liegen bleiben, es bleibt dauernd steril. So eignet es sich wegen der Tiefenwirkung des Jods als Wund verband jeder Art: für Verletzungswunden als aseptischer Verband, für Furunkel, eiternde Wunden, Ekzeme usw. Die Verwendung von schmierenden Salben, Wundpulvern und Aehnlichem ist also unnötig. Die äußerliche Anwendung des Jodes beschränkt sich nicht aus die Behandlung von offenen Wunden usw. Man trägt auch Jodtinktur und ähnliche Präparate auf die heile Haut auf, um sie gegen tiefer liegende Entzündungen wirken zu lassen. Ich gebe den Kannibalen eine Vorstellung. Wie ich beinahe aufgesressen worden wäre. Das grausige Geschenk des Kannibalenhäuptlings. Von Ben Beno, dem bekannten australischen Equilibristen. Ich hatte Wohl kaum wieder so begeisterte Zuschauer wie damals bei den Kannibalen. Es war während meiner letzten Südseereise, als ich von der Mannschaft hörte, daß die Bewohner der Solomon-Inseln Menschenfresser seien. Ich dachte, was das für ein Nervenkitzel sein würde, ihnen eine Vorstellung zu geben. Ich sprach mit unserem Kapitän darüber, aber er war schon bei dem bloßen Gedanken entsetzt und wollte nichts davon hören. Ich ließ aber nicht locker, und endlich nach vielen Warnungen und gruseligen Geschichten von weißen Menschen, die in diesen Breiten umgekommen waren, erklärte er sich bereit, mich für einen Tag an Land gehen zu lassen. Zur festgesetzten Zeit ruderten wir nach der gelben Küste, wo eine Menge von neugierigen, unbekleideten Einge borenen sich zusammendrängte. Das Wasser war von einer himmlischen blauen Farbe, tief unten in den Fluten konnten wir die Fische beobachten, deren Schuppen hin und wieder aufblitzten. Alles glitzerte im Sonnenlicht, und wir sehnten uns bei dieser kurzen Fahrt auf dem schattenlosen Meere nach der kühlen Dunkelheit unter den Kokospalmen und Sträuchern, die an der Küste wuchsen. Die Menschenmenge am Strande beobachtete uns gespannt. Es waren magere, kräftige Burschen mit krausen Haaren und langen, scharfen Zähnen. Der Anblick dieses Gebisses beunruhigte mich sehr, ich mußte an die schrecklichen Geschichten des Kapitäns denken. Ich hatte mein Trapez und einen Holzstuhl mitgebracht, und mit Hilfe eines Dolmetschers bat ich zwei Eingeborene, das Trapez zwischen zwei Bäumen zu befestigen. Ich beob achtete sie von einem schattigen Platz aus und erfreute mich an der Art, wie sie die nackten Baumstämme herauf und her unter kletterten. Als ich ihnen etwas Kupfergeld gab, waren sie begeistert und fingen gleich mit einem Spiel an, bei dem sie die Münzen ein glattes, aber etwas schräges Holz herab rollen ließen und dann feststellten, wessen Geldstück zuerst den Boden erreichte. Ich kletterte nun an meinem Trcheez hoch, und alle beobachteten mich scharf. Zuerst machte ich einige einfache Hebungen, dann bat ich nnr den Stuhl heraus zu reichen Was nun den Stuhltrick anbetrifft, so sitze ich aus dem Stuhl, dessen Hintere Beine aus dem Trapez stehen, und schaukele recht langsam. Dann Plötzlich lasse ich den Stuhl unter mir wegrutschen. Beim Fallen aber fasse ich die Stange mit der Füßen und klettere wieder hoch, während der Stuhl mit großem Krachen herunter fällt. Bis jetzt hatten die Schwarzen weder Interesse noch Erstaun«, gezeigt. Als ich aber den Stuhltrick ansing, yörte ich Beifallsgemurmel. Wie der Stuhl nun weg rutschte und ich mit dem Kopf nach unten am Trapez hing, da waren sie entzückt und schrien vor Vergnügen. Als ich wieder auf der Erde stand, brüllten sie mir von allen Seiten etwas zu, und mein Dolmetscher erklärte mir, daß sie den Trick noch einmal sehen wollten. So kletterte ich nochmals hoch und wiederholte die Sache öfter. Der Häuptling bat mich nun, noch einen Tag auf der Insel zu bleiben und auch im Hauptdorf eine Vorstellung zu geben. Ich war einverstanden und wurde als Ehrengast nach dem Wohnsitz des hohen Herrn geführt. Am Abend, als wir beim Essen saßen, erzählte er mir ganz ernst, daß einige seiner Leute ihm geraten hätten, mich aufzuessen. Mit dem Vertilgen von Menschenfleisch bezweckten sie, daß die guten und klugen Eigenschaften des Opfers aus sie übergehen. Und wie nützlich würde es sür ihn sein, an Stricken von Baum zu Baum zu eilen. — Als ich dieses hörte, beschloß ich doch lieber, die Nacht auf dem Schiff zuzubringen Am nächsten Tage fand ich eine Menge Zuschauer vor, und meine Vorstellung wurde begeistert ausgenommen. Die größte Ueberraschung hatte ich aber, als ich wieder wegfahren wollte. Da kamen sie alle an die Küste und brachten mir Früchte, Blumen und Schmuckstücke als Achtungsbezeugung. Ein Mann brachte mir sogar seine Tochter zur Frau! Es fiel mir schwer, diese Gabe auszuschlagen, ohne ihn zu verletzen Doch noch aufregender war das Geschenk des Häuptlings. Er kam trotz seines Hinkens sehr würdig heran, hinter ihm erschienen drei Männer, und jeder von ihnen trug einen riesigen geräucherten Menschenkopf! Mit einem Schauder empfing ich diese scheußlichen Trophäen, tat sie eilig in das Boot und sagte, wie gerührt ich wäre von der Ehre, die mir erwiesen wurde. Der Häuptling erklärte mir unter lebhaftem Gebärden spiel und Lächeln, daß dieses die Köpfe von Menschen wären, die auf der Insel aufgegessen waren, und daß es das höchste Zeichen der Anerkennung sei, das ein Solomon-Insulaner bieten könnte. Ich brauche Wohl kaum zu bemerken, daß ich, so bald wir außer Sehweite waren, diese Köpse über Bord warf. Ich hatte sie ganz bestimmt nicht nötig, um mich noch lauge an die aufregendste Vorstellung meines Lebens zu erinnern. phantattilehrs Skizze von Franz Friedrich Oberhauser. Ein Nebelhorn fing Plötzlich während der abendlichen Unterhaltung zu rufen an. Die Passagiere des Dampfers, durch das unerwartete Dröhnen erschreckt, ließen die Spielkarten aus den Händen gleiten. Teetassen klirrten leise, und die Musik, die ohnehin spärlich aus dem kleinen Saal herüberkam, ging ganz verloren. Auf einer kleinen Tafel, an der eine etwas ältliche Dame mit einem großen Saphirring am Finger saß, begann sonderbarer weise der zierliche leichte Löffel in der Tasse zu tanzen. Jede Maus wäre imstande gewesen, die heimliche Un ruhe unter den Passagieren ins Grenzenlose zu jagen. Man war mitten auf dem 'Meere; kein Sturm hing an den hohen Wogen, und der Friede einer guten Fahrt hatte die Gemüter eingelullt. Aber dann war plötzlich ein dichter Nebel ein gefallen. Der Himmel bedeckte sich, und die Wasser schimmer ten heimlich und verstohlen. Die Lichter an den Masten lockten aus der eigenartigen Dunkelheit wie kleine Augen Versteckter Tiere; Augen, die sich öffneten und schlossen, wenn eine Nebelhand darüber glitt. Immer deutlicher wuchs ein fremdes Schiff in die Nähe; es schwankte; man glaubte das blaue Licht einer Signallaterne zu erkennen. Das Nebelhorn hatte mit seinem Rufe aus gesetzt. Dünn und segellos griffen die Maste der Fregatte in die Höhe. Wie das Trugbild eines bösen Traumes schwankte es in der grauen Gesahr. Kein Laut, kein Ton. „Es legt am unrechten Bug bei", sagte jemand. — „Wenn sich ein Sturm erhebt, ist es verloren", erwiderte ein anderer. Der Dampfer fuhr mit gestoppten Maschinen weiter; es war gefährlich, sich dem fremden Schiffe zu nähern; still und ver lassen hing die Fregatte in der grauen Dämmerung, und plötzlich war sie verschwunden. In solchen Augenblicken quält die Phantasie die Menschen; man glaubt das Entsetzen aus der Dämmerung kriechen zu sehen, fratzenhafte Wildheit stürzt sich auf die Opfer, und die Hexe der Einsamkeit... Wie eine scharfe Lanze schoß jetzt der Ruf einer gepeinig ten Kehle über das Verdeck; er mußte sich zwischen Tod und Leben losgerissen haben, von der tollen Kraft einer Angst empor getrieben. Wie ein sengender Blitz einen starken Baum zerreißt, so zerriß dieser durchdringende Schrei die Gleich gültigkeit und Besinnlichkeit der Reisenden. „Schiffbrüchige!" sagte ein Mann mit tonloser Stimme. Aber man glaubte es ihm nicht, obwohl man innerlich davon überzeugt war. Ein Blinklicht zielte in die Nebclnacht hin ein, tastete über die Wasser, mühsam zwischen den dichten Nebelsalten hindurch. Da kam abermals jener durchdringende, schrille Ruf; er schwang sich von unten herauf, von ganz rückwärts. Es war ein kurzer, aber heftiger Ruf, von jemandem, der auf dem Wasser dahintrieb. Lwilcbenlpiel. Mit aufgeregten Ohren standen die Menschen an den Relings; die Osfiziere riesen durch ein Megaphon in die Finsternis hinein. Antwort! Sie wollten die Antwort haben! Sie kam ihnen entgegen. Von rückwärts, als trieben dort Menschen auf einem schwankenden Floß. Eim halb zerrissener und wilder Ruf, der jetzt wieder laut und schrill zur Höhe flog. Wie das Angstgeschrei der australischen Buschneger klang es, ein deutliches „Oihui!" Vielleicht Menschen jenes Schiffes im Nebel, das man nicht anlaufen konnte, von dem man ohne Zeichen und Ant- wort geblieben war. Die Ueberlcbenden hatten sich auf ein Boot oder Floß gerettet. Vielleicht waren sie schon halb ver hungert, vom Durst ihrer Sinne beraubt... Das Grauen sprang auf das Verdeck, und es wuchs, je unsicherer und aus sichtsloser es wurde, den Rufenden beizustehen. Jetzt erscholl es von der Breitseite heraus, und wieder nach einer Weile kam es von vorne her, vom Bug sie mußten am Schiff vorüber getrieben haben. Wie Leucht kegeln stießen die Blinklichter in die Nacht, glitten über das ruhige, schimmernde Wasser, am Schiff entlang. Nichts! Grauenhaftes Nichts! Ein phantastisches Spiel unsichtbarer Mächte. Immer quälender wurde diese Last des Unsichtbaren, unterbrochen durch die Peitschenhiebe der schrillen Ruse, verstohlen, gedämpft, laut, die Ohren schmer zend, von vorne, von oben... Und die Einsamkeit, das Be wußtsein, allein zu sein, mitten auf dem Meere, ausgeliefert den höhnischen Gewalten nebelhafter Gefahren! Immer deutlicher, immer wilder, immer lauter kamen die Rufe aus allen Richtungen. Sie tanzten über dem Verdeck, hoben sich grell von unten herauf. Wie eine Spinne die Beute einfängt, so fingen die geheimnisvollen Rufe dieser Unsichtbaren den kleinen Dampfer ein. Und plötzlich war es ganz laut, zwischen den Menschen. Ganz in der Nähe. Mit sausendem Flügelschlag tanzten ge flügelte Nebelgespenster in das breite Licht des Blinkstrahles. Seevögel! Jene wilden, stürmischen Meervögel, die hier, hinter den Nebelwänden in den Nebelspalten ein Spiel der Liebe trieben. Das Schiff jäh übersallend, mit ihren Lock rufen, die wie die Rufe der australischen Buschmänner tönen, aus dem halbwilden, ausgetrockneten Munde eines Schiff brüchigen die Menschen täuschten! Die Maschinen liefen wieder zur vollen Dampfstärke an. Wie ein phantastischer Traum versank das Zwischenspiel. Das Nebelhorn schwieg. Man hörte wieder deutlich die Musik der kleinen Kapelle zum Abendessen aufspielen. „Wozu eigentlich die Aufregung?" fragte die etwas ält liche Dame mit dem großen Saphirring an den durchsichtigen weißen Fingern und sah gelassen und gefaßt, ein wenig ver ärgert auf die langsam zurück Kommenden. „Das hätte ich Ihnen schon früher verraten können!" Dann stand sie aus und legte vor einem verstohlenen Spiegel etwas Rouge aus die blassen Wangen.