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MsdmfferTageblatt Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gerrchts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20 Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs pfennig, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Dor- geschriebeneLrscheinungs- tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annahme bis vorm.10Uhr. - - - - Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabatlansprn ch erlischt, wenn derBelrag durch Klage eingezogen werden muß oderderAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, SSLSL !-r Wilsdruff L Nr. 124 — 90. Jahrgang Telegr.-Ldr.: .Amtsblatt" Wilsdrufs-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Montag, den 1. Juni 1931 Der Rest ist - zahlen! Nun weiß man wenigstens ungefähr, was die neue Notverordnung — vielleicht sind es deren gleich mehrere — enthalten wird; die bisher hierüber gebrachten Nachrichten sind amtlicherseits nicht dementiert worden, dürsten also im großen und ganzen das Richtige treffen. Und wenn nun das trüb blickende Auge des schon jetzt zer marterten und zerquälten Steuerzahlers über die lange Reihe der Mehrbelastungen schweift, dann denkt er voller Wehmut an die vergeblich gebliebenen Bemühungen Dr. Brünings und seines Reichsfinanzministers Dr. Dietrich zurück, die beide im Dezember vergangenen Jahres auch durch Notverordnungen die Reichsfinanzen zu sanieren hofften, ohne dabei der Wirtschaft und den Steuerzahlern neue Lasten aufzubürden. Das ist mißlungen; der mühsam ausbalancierte Haushalt des Reiches geriet ins Wanken, sehr bald tat sich unter dem Druck weiterhin sinkender Einnahmen und schnell steigender Ausgaben vor allem für die Erwerbslosenfürsorge ein neues Defizit auf; auf eine rasche Erholung der Wirtschaft und damit auch der öffentlichen Finanzen ist nicht zu rechnen, und gar bei den Gemeindefinanzen . . . nun, die unabsehbar lange Reihe der Staalskommissare macht hierüber jedes er klärende Wort überflüssig! Was man den Kommunen als neue oder erweiterte Besteuerungsmöglichkeit gewährte oder aufoktroyierte, war nur ein Tropfen auf den glühend heißen Stein der Fehlbeträge, die von den Kosten der Krisen- und Wohlfahrtsfürsorge schnell vergrößert wurden und werden. Bekanntlich wirkt sich das Zurückgehen des Wirtschaftslebens und -ertrages in der Regel sichtbar erst nach etwa drei Monaten auf die Steuereinnahmen aus; so kann man, wenn die Wirt schaftskonjunktur nicht weiter nach unten geht, erst nach einem entsprechenden Zeitraum auf ein einigermaßen gleichmäßiges Niveau der Steuer- und Zolleinkünfte rechnen —, aber bis dahin ist ein so gewaltiges Loch in sie öffentlichen Haushalte gerissen, daß man eben um eine rechtzeitige Sanierung — oder zum mindesten um den Versuch dazu — nicht'länger herumkommt. Und jenes trüb blickende Auge des Steuer- Zahlers muß auch feststellen, daß diese kommende Mehr belastung fast mit ihrem vollen Schwergewicht aus die Seite der direkten Besteuerung fällt. Sieht man ab von der Ausgabenverkürzung im Betrage von 200 bis 250 Millionen, die durch Abstriche beim Reichshaus halt erfolgen soll, so sind direkte Mehrbelastungen die "Krisensteuer" und die Beamtengehalts- ver kür zu na. Auch jetzt wieder wählt man den Weg einer .besonderen" Steuer, obwohl doch die Krisensteuer nichts anderes ist als einfach ein Zuschlag zur Ein kommensteuer, als eine Erhöhung dieser Steuer; aber das Reich entgeht dadurch der gesetzlichen Verpflichtung, den Ländern und Gemeinden ihren 70prozentigen Anteil von den Mehrerträgen überweisen zu müssen. Und da iker Fiskus zwar sehr gerne neue Steuern einführt bzw. bereits bestehende erhöht, dafür aber sehr ungern sich eine Steuer aus den Fingern — oder soll man sagen: Fängen! — reißen läßt, so bleibt auch der Zuschlag auf die Ein kommensteuer der über 8400-Mark-Pflichtigen nach wie vor erhalten. Infolgedessen wird diese Steuer einen überaus stark progressiven Charakter haben, da auch die „Krisen- stcuer" nach oben hin gestaffelt wird und von 1 bis 5 Pro zent ansteigt. Gestaffelt wird diesmal auch die Beamtengehalts kürzung, die wohl ebenso wie die „Krisensteuer der Be schäftigten" bis an die Grenze des Eristenzminimums her untergehen dürfte. Sicherlich werden wohl auch die Be amten der „öffentlich-rechtlichen Einrichtungen" wieder „dran glauben" müssen; etwas Neues soll aber vorge- schriebcn werden: die in den Länderverwaltungen infolge der Gehaltskürzung erzielten Ersvarnisse werden den Ge meinden überwiesen werden. Es mag sich dabei um eine Summe von insgesamt IW Millionen handeln; hinzu treten die Ergebnisse der Gehaltskürzung in den Gemein- dcn selbst, so daß diesmal mehr an die Kommunen ^embcr 1930 " Notverordnungen im De- Kw?ecksteu^r"^c^ ist in der Hauptsache als teuer gedacht, ihre Erträae sollen vor allem ZugunMn der lrbelts- und Erwerbslosen verwendet wer den. Man sieht „oben darin eine besonders schwer wiegende und überzeugende Begründung für das kräftige nrckt: der Rest lst frei nach Hamlet — zahlen! DmivsichM Mittwoch llAerzeWW der men Moerordo««,. Berlin, 1. Juni. Das Reichskabinett, das am Sonntag nicht getagt hat, wird die Beratung der neuen Sanierungsnot- Verordnung wahrscheinlich am Montag beenden. Am Dienstag werden dann die Ministerpräsidenten der Länder über die Ein zelheiten der Notverordnung und die gesamtpolitischen Zusam menhänge unterrichtet werden. Die Notverordnung dürste dann cm Mittwoch dem Reichspräsidenten zur Unterzeichnung vorge- lcgt werden. Reichskanzler Brüning und Außenminister Curtius werden am Abend desselben Tages nach Chequers abreifen. In unterrichteten Kreisen wird, wie die Telegraphenumon er fährt, damit gerechnet, daß die Notverordnung während des Lon doner Besuches veröffentlicht wird. Der ZtalMelmag in vreslau Der 12. Frontsoldatentag. Breslau im Zeichen des Stahlhelms. Schlesiens Hauptstadt, Breslau, steht in diesen Tagen im Zeichen des 12. Stahlhelmtages. Zahlreiche Sonder züge haben die Teilnehmer aus allen Teilen des Reiches nach Breslau gebracht, das reichen Flaggenschmuck an gelegt hat. Die Polizei hat umfangreiche Sicherheits maßnahmen getroffen, da die Kommunisten zu Gegenkund- gebungen aufgerufen hatten. Umer anderen war auch Berliner Polizei herangezogen worden. Den offiziellen Auftakt des 'Siahlhelmrages bildete eine Rede des Führers des schlesischen Stahlhelms, Oberst a. D. von Marklowski, oer allen Teilnehmern an der Stahl- helmtaanna den Gruß des schlesischen Stahlhelms entbot. Fahnenabordnungcn aus dem 12. Reichssroutsoldatcntag in Breslau. Oberst von Marklowski ging weiter auf die Taten des Selbstschutzes ein, die tM Gegensatz zu den lähmenden Verhandlungen, die regierungsseitig mit der Entente geführt wurden, gestanden hätten. Weil diese Stellen das letzte Risiko nicht gewagt hätten, sei Oberschlesien das Land unter dem Kreuz geworden. Die Geschichte werde klarstellen, warum wir Ostoberschlesien, nach unseren, Willen nur aus Zeir, verloren. Unter den Klängen des Liedes vom Guten Kameraden gedachte dann der schlesische Stahlhelmführer der deutschen Volksgenossen, die vor zehn Jahren und seitdem ihre Treue zun, Vaterland mit dem Tode bezahlten, und schloß mit dem Mahnruf: „Wir wollen mit heißem Herzen und kühlen Verstand die Hoffnung schüren, daß, wie 1913, wie 1914 und 1921 deutsche Brüder aller Stämme sich zusammenfinden, um das Köstlichste zu er ringen und zu bewahren, was ein Volk nur haben kann: seines Landes und feiner Menschen Freiheit!" Abnahme von Paraden. Am Sonnabend marschierten in Ols 10 000 Mann des Gaues Brandenburg im Paradeschritt am ehemaligen Deutschen Kronprinzen vorüber; der König von Sachsen nahm auf seinem Besitztum Schloß Svbillenort (zwischen Ols und Breslau) die Front der 6000 Mann ab, die vom Gau Sachsen nach Schlesien gekommen sind. Kommunistenüberfälle auf Stahlhelmleute. In Berlin kam es bei der Abfahrt von Stahlhelm- lcutcn nach Breslau zu blutigen Überfällen durch die Kommunisten. Ein Polizeibeamter und ein Stahlhelm mann wurden hierbei getötet, fünf weitere Personen ver letzt. Die Kommunisten schossen bei diesen Überfällen aus dem Hinterhalt auf die sich aus dem Wege zum Görlitzer Bahnhof befindlichen Stahlhelmer. Wie vom Berliner Polizeipräsidium mitgeteilt wird, handelt es sich bei den Überfällen auf die abführenden Stahl- Helmer in Berlin um einen wohlvorbereiteten Akt. Der Polizei ist ein in der Gegend des Görlitzer Bahnhofs ver breitetes Flugblatt tu die Hände gefallen, in dem es u. a. heißt, daß dem Stahlhelm die Abreise nach Breslau recht schwer gemacht werden solle. In dem Flugblatt wird weiter von Stahlhelmhordcn gesprochen. Die Berliner Arbeiterschaft müsse zum Abschied recht zahlreich zugegen sein Insgesamt hat die Polizei bisher 15 Personen in Hast genommen, von denen einzelne bereits überführt worden sind Sämtliche verfügbaren Kräfte der Abteilung I -1 sind frei gemachi worden, um die Aufklärung des Vorfalles zu beschleunigen. Wie weiter mii- geteili wird, ist der Görlitzer Bahnhof rechtzeitig polizeilich ge sichert worden. Trotzdem habe sich der Vorfall leider nicht ver hindern lassen. Auch in Breslau ist es, wie der Polizeibericht meldet, zu einem kommunistischen überfall aus Stahlhclmleute ge kommen. Hierbei wurde ein Stahlhelmmann am Hinterkops und an der Stirn verletzt. * Stahlhelm - Skagerrak - Feier in Sreslau. Eine Rede Düsterbergs. Auf einer im Breslauer Stadion veranstalteten Feier zur Erinnerung an die Skaaerrakschlackt bielt der Zweite Rundes führer des Stahlhelm, Oberstleutnant Düsterberg, eine Ansprache, in der er u. a. ausführte: Am Vorabend der 15jährigen Wiederkehr des Siegestages der deutschen Flotte vor dem Skagerrak gedenken wir in Ehr furcht der Gefallenen. Vor unserem geistigen Auge ziehen noch einmal die stolzen deutschen Kriegsschiffe vorüber, die den Sieg über Englands doppelt überlegene Flotte davontrugen. Es ist ein Gebot geschichtlicher Wahrheit, in diesem Zusammen hang des in Verbannung lebenden deutschen Kaisers zu ge denken, der sich den Ausbau der deutschen Flotte als Lebens aufgabe gestellt hatte. Heute streiten wir kür eine Stärkung der deutschen Land- und Luftstreitkräfte, aber auch der deutschen Flotte. Der Stahlhelm tritt sür die Wiedergewinnung der deutschen Wehrhoheit ein. Wenn ein Staai den moralischen Anspruch hat, von Sicherheit zu reden, so ist es Deutschland. Den vertraglichen Bestimmungen zum Trotz haben die angeblichen Siegerstaaten nicht ab-, sondern ausgerüstet. Eine Verstärkung der dentschen Wehrmacht gibt uns den Schutz der uns gebliebenen Grenzen, vermindert die Arbeitslosenzifser, führt Industrie und Land wirtschaft zu fruchtbringende» Aufträgen, zur Wiederbelebung sterbender deutscher Städte durch Garnisonen und fördert schließlich die Volksgesundheit und Volkserziehung. Deutscher Nationalismus will nur gleichberechtigtes Deutschtum unter allen Völkern. Nach der des öfteren von Fronthcil-Nufen unterbrochenen Rede Düsterbergs sang die Menge mit erhobener Schwurhand die dritte Strophe des Deutschlandliedes. Oie Ziele des Stahlhelm. Auf einem Presscempfang gab in Anwesenheit des ersten Bundesführers Seldte der Bundeskanzler Wagner einen üher- bliü über die Entwicklung und den Charakter des Stahlhelm. Bei Beurteilung der Stahlhelmidee dürfte man sich nicht von den „Parademärschen" leiten lassen. Es bandele sich viel mehr um eine eminent geistige Bewegung. Falsch sei, die Stahlhelmbewegung als rechtsgerichtet zu be zeichnen. Der Stahlhelm erstrebe die Volksgemeinschaft, ver stehe darunter aber nicht Volksvermanschung, sondern Zu sammenfassung der Individuen zu einer größeren Idee, zur Nation. Der Nationalismus köune bis zum Chauvinismus, der durchaus undeutsch sei, gezüchtet werden. Trotzdem werde der Stahlhelm so lange „chauvinistisch" sein, wie das deutsche Volk unter den Nachkriegswirkungen zu leiden habe. Es wäre früher einmal nichi ausgeschlossen gewesen, daß ein überragender, autzerbalb des Stahlhelm stehender Staatsmann sich des Bundes zur Erreichung seiner Ideen bütlc bedienen dürfen. Eine derart überragende Führerqualität habe jedoch der Stahlhelm außerhalb seiner Reihen nicht gefunden. Darum sei er nur zu gern wieder aus sich selbst zurückgekommen. Wagner sprach dann über vie innenpolitische Einstellung des Bundes. Der Stahlhelm bekämpfe die unproduktive Macht des Parla ments und trete für die Erweiterung der Rechte des Reichs präsidenten ein. Dieser Kamps gelte beute in Preußen erst recht einem Parlament, das veraltet und nicht mehr dem Volkswillen gemäß zusammengesetzt sei. Beim Volksbegehren habe der Stahlhelm nicht an eine parteipolitische Einstellung appelliert, sondern überparteilich an die vaterländische Seele. Der 12. Reichsfrontsoldatentag stelle in der Kleinarbeit des Stahlhelm ein Intervall dar, das es ermögliche, alle Kame raden im Großen wieder einmal zusammenzuriiscn Käme die Bewegung an die Führung, so würde sie ihre Sache so gut machen, wie sie könne. Dabei würde sie aber nicht mit den scharfen, sondern mit den starken Geistern geben. * 1401)00 Stahlhelmen beim Appell des 12. Reichsfrontsoldaten-Tags. Auf der Brückenaue, einem Wiesengelände zwischen Oder und dem Breslauer Vorort Oswitz fand der Appell des 12. Reichsfrontsoldatentages statt. Die Brückenane, aus der die Stahlhelmer nach Landesverbünden geordnet an getreten waren, glich einem großen Heerlager. Bundes führer Seldte und Duesterberg sowie der Landesführcr von Schlesien, Oberst von Marklewski, nahmen an der Festkanzel Aufstellung. Nachdem die Kapelle den Choral „Wir treten zum Beten" gespielt hatte, ergriff Divisions- Pfarrer a. D. Dr. Hoinka das Wort zu einer Ansprache, die besonders dem Gedächtnis der Gefallenen gewidmet war. Nach dem Liede „Großer Gott wir loben dich" bielt Sup. Roth eine Rede, der das Lied „Ich batt' einen Ka meraden" folgte. Nach der Ansprache des Bundcssührcrs Seldte erklang der gemeinsame Gesang des Deutschland liedes, worauf 25 Stahlhelmfahnen durch den zweiten Vundesführer Duesterberg geweiht wurden. Nach der Fahnenweihe schritten die Bundesführer die Fronten der aufmarschiertcn Abteilungen ab, worauf dann der Vor beimarsch der 140 000 Teilnehmer erfolgte. An der Spitze marschierten Österreich und die Ortsgruppe Straßburg- Elsaß, denen die Landesverbände West- und Ostpreußen folgten. Die übrigen Länder, von denen Sachsen besonders stark vertreten war, schlossen sich an.