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Bild links: Estenarügcs Unglück im Hamburger Hafen. Im Hamburger Hafen ist dieser Tage ein 4600 Tonnen schwerer schwimmender Kohlenkran umgekippt und auf einen Dampfer auf geschlagen. Unsere Aufnahme zeigt den schweren Schaden, " »»"""""»UW""""»"""""" ! K! Um bei milchen Herd! G! s f llntrrvattungsbeilsge 2UM „wllsamNei« cageblstt" — rimisblstt. . » Die Räuberherberge. Erinnerungen von Max Grube-Meiningen. Es war zu der Zeit, als die Bevölkerung des schlesischen Riesengebirges noch nicht vorwiegend aus Berlinern bestand. Die Bauden waren noch nicht elegante Hotels mit Five-o'clock- und Tanztees, sondern recht einfache Gaststätten. Damals trug sich in meinem Gymnasiastendasein ein be merkenswertes Ereignis zu. Ich war rechtzeitig in die Oberprima versetzt worden. Das wurde auch von meinen lieben Eltern gebührend aner kannt, ich durste eine kleine Flußreise durchs Gebirge antreten. Es war herrlich! Jedes Bächlein plauderte mir vor: Noch ein Jahr auf den unlieblichen Schulbänken, dann bist du frei! Alle Tannen rauschten: Und dann geht's auf die Bühne! Am ersten Tage hatte ich mich natürlich so überlaufen, daß mich der zweite ziemlich sauer ankam, aber ich stieg doch tapfer weiter. Gegen Abend gelangte ich in ein sauberes Dorf, besten freundliches Wirtshaus ein annehmbares Nacht quartier anzubieten schien; doch ich hatte mir's in den Kopf gesetzt, noch die Baude zu erreichen. Welche es war, habe ich leider vergessen. Und schlapp machen — das gab's doch nicht. Auf die Fragen, wie weit es noch zur Baude wäre, bekam ich die tröstliche Antwort: „Enne gutte Stunde." Ich wußte damals noch nicht, daß Gebirgsbewohner ein anderes Zeit maß haben als Leute aus der Stadt, und schritt mutig fürbaß. Der Weg klomm in endlosen Schlangenwindungen empor. Ich kürzte ihn, hin und wieder grade aufsteigend, ab. Aber als ich ein Stück Wald durchquert hatte, fand ich ihn nicht wieder und mußte wohl oder übel einen Fußsteig einschlagen, der mich endlich an eine etwas verfallene, einsame Schenke führte. Ich trat in eine niedrige Gaststube, die von übelriechendem Tabaksqualm erfüllt war. In einer Ecke saßen vier Männer mit seltsam geschwärzten Gesichtern und droschen Karten. Es war mir wenig angenehm, vom Wirt erfahren zu müssen, daß ich zur Baude wieder „enne gutte Stunde" zu gehen hätte und den Weg in der Dunkelheit kaum finden würde; er könne mir jedoch eine „scheene" Kammer und „a reenliches Pocht" anbieten. Pocht heißt aus schlesisch Bett. Ich mußte wohl hier bleiben, obwohl mir die Stätte recht ungemütlich, ja fast unheimlich vorkam. Wer waren die schwarzen Kerle dort unter dem trüben Licht der Hänge lampe? Kohlenbrenner? Oder gar Schmuggler, die ihre Gesichter unkenntlich gemacht hatten? Plötzlich erinnerte ich mich, daß vor einiger Zeit eine Mordtat im Riesengebirge großes Aussehen erregt hatte. Raubmorde waren damals noch nicht so üblich wie heutzutage. Die Schwarzen beachteten mich gar nicht, desto mehr der Wirt, besten aufdringliche Höflichkeit mich höchst unangenehm berührte. Er setzte sich zu mir, und als ich mein Käsebrot und das Glas entsetzlich schalen Bieres bezahlte, blickte er neugierig in meine Börse. „Jccses, Jeeses, das sein wull gar Guldsticke. Zeigen Se mal eens här, ich ha noch nie reens nich gesähn." Er beäugte es eingehend und schien es nur widerstrebend zurückzugeben. Ich sah nach der Uhr, auch sie erregte sein Staunen. „Das ieß aber amal a seltenes Sticke. Daß ieß wull gar pur von Gulde." Dann führte er mich über eine schmale, wacklige Treppe in das „scheene" Zimmerchen und wünschte mir mit einem seltsamen Grinsen „enne geruhsame gutte Nacht." ! . Ich wollte die Tür hinter ihm abschließen, mußte aber bemerken, daß sie keinen Schlüssel hatte. Daß mir das miß fiel, wird mir niemand verargen. Ich begann mich zu entkleiden, aber die Uebermüdung hatte nur meine Nerven erregt. Ich fühlte, daß ich nicht fchlafen würde. Auch war die Lust der abgeschrägten Kam mer heiß und stickig. Ich öffnete oas kleine Fenster. Wun dervoller Mondschein erhellte die Gegend. Silbern leuchteten die Dächer eines Dörfchens im Tale. Aus einem Hause drang freundliches Licht. Das mußte der Ort sein, den ich vorhin verlassen hatte. Wäre ich von da gerade emporgestiegen, ich hätte, wenngleich auf steilem Wege, wohl in einer „gutten" Stunde hierher gelangen können. Ich warf mich auf das recht harte „Pocht". Aber sofort sprang ich wieder auf. Unten ein Gepolter! Schwere Schritte schienen sich meiner Tür zu nahen! Nein! Es wurde wieder still. Ganz still! Totenstill! Tas war noch viel gräßlicher! Nein! Hierbleiben? — Nicht um alle Schätze Indiens! Nasch Weste und Rock wieder überaeworsen! Den Stock faßte ich fest. Wenn mir der tückische Wirt auslauerte, wie ein Löwe wollte ich mich meines Lebens wehren. Mein junges Leben! Und welch' ein Verlust wäre das für die deutsche Bühne gewesen! Im Dunkel tastete ich mich die Hühnerstiege hinab, er schrocken stehen bleibend, wenn sie knarrte. Unten war's etwas besser. Ein Mondstrahl fiel durch eine klaffende Ritze der Haustür. Wenn sie verschlossen war! Nein! Nur ein Querholz war vorgelegt. Nicht ohne Ge räusch konnte ich es entfernen. Da wurde eine Stimme laut, aber schon war ich draußen, und über Stock und Stein jagte ich hinab, dem friedlich blinkenden Lichte dort unten zu. Erst nach einer Weile blieb ich Atem schöpfend stehen. Da! Was war das? Hinter mir klappte ein Fußtritt auf den Steinen! Ich' sah eine dunkle Gestalt. Das konnte nur der Wirt der Räuberberge sein, der sein Opfer nicht fahren lassen wollte. Hinab in rasender Eile. Die Schritte immer hinter mir her! Das rettende Haus war erreicht, ich sank mehr tot als lebendig auf eine Wandbank. Ehe noch der erstaunte Wirt ein Wort hervorbringen konnte, tat sich die Tür aus und — war das wohl zu glau ben? — der Räuberherbergsvater stürzte herein. Schweißtropfen standen auf seinem Gesichte, die Augen schienen aus ihren Höhlen zu treten. War dieser Mensch denn wahnsinnig, daß er mich bis hierher verfolgte? Keuchend trat er vor mich hin: „Jeeses, Jeeses, aber Sie kcnn'n loosen! Un Ihre scheene guldne Uhre Han se üben liegen gelußen. Da Han Se se!" Am andern Tage erzählten mir die Bäche wieder, daß ich bald vom Schulbann erlöst, mich der goldenen Freiheit freuen würde. Die Tannen rauschten aufs neue: Und dann zur Bühne! Einige Birken jedoch wiegten bedenklich die zarten Häupter, als wollten sie sagen: Aber zum Fache der lugendlichen Helden dürfte der junge Mann sich kaum eignen. Die Silberhochzeit. Ein Gleichnis von W. Müller-Gordon. Im Amalienpark steht eine Silberpappel, die man vor 25 Jahren pflanzte. Es dauerte nicht lange, da wurde eine Eseuranke auf den schmucken Baum aufmerksam, machte sich leise an ihn heran und heute feiern beide ihre Silberne Hochzeit. , Keiner von den Nachbarn hätte das für möglich gehalten, so stürmisch ging es zuweilen in dieser Ehe zu. Im Anfang machte es „ihm" Spaß, daß „sie" allen Ernstes der Meinung war, die Welt drehe sich nur um sie und der Park werde auch nur ihretwegen Amalienpark genannt, denn Amalie hieß sie selber. Es tat auch seiner Eitelkeit wohl, daß sie ihr Auge gerade auf ihn warf. Er war eine künstlerische Natur, ideal veranlagt und in die Höhe strebend. Das lag ihr nun eigentlich gar nicht, aber sie hätte keine Evastochter sein müssen, wenn es ihr nicht leicht gefallen wäre, sich ihm anzupassen und für alles zu schwärmen, was er liebte und lobte. Und diese Seelenverwandtschaft war denn auch schließlich das Entscheidende für ihren Bund. Sie Paßten eoen beide zusammen. Später war das nicht immer seine Meinung. Sie wurde ihm viel zu energisch. „Hätte ich es doch bedacht", sagte er, „daß Du im Grunde ein Mann bist! Wofür hieße man Dich sonst der Efeu?" „Und Du heißest d i e Pappel, weil Du ein Waschlappen bist und gar kein Mann!" „Weil ich mich so von Dir habe umgarnen lassen, aus reinem Mitgefühl?" „Ach, was Du sagst! Also aus Mitleid hast Du mich geheiratet?" „Na, was wäre denn sonst aus Dir geworden?" „Lächerlich! Ein ganzes Dutzend anderer hätte ich haben können." „Na, frage doch mal jetzt bei dem Dutzend an." „Du verhöhnst mich? Das steht Dir gut, Du ein gebildeter Lasse. Aber damit Du die Wahrheit weisst: Ich War es, die Mitleid mit Dir hatte. Du weißt Wohl nicht mehr, wie kahl Du damals im Herbst dastandest. Kein Blatt, keinen ganzen Fetzen hattest Du mehr am Leibe. Wer hat sich denn da Deiner erbarmt und Dich gewärmt und ein gekleidet?" „Bon meinem Gelbe, ;a! Ausgcsogen hast Tu mich warst nur auf Aeußerlichkeiten bedacht." „Ich, wo ich Sommer uud Winter dasselbe Kostüm trage? Du bist ein Scheusal. Und sowas nennt sich Silberpappel!" „Scheu bin ich allerdings bei Dir geworden, und —" „Ach, hör' ans zu Pappeln; vielleicht bleibt dann das Silber übrig." „Damit Du es ausgeben kannst! Ihr Weibsbilder seid doch alle gleich." Solche Auftritte gab es öfter im Hause Silberpappel- Efeu, und gewöhnlich war das letzte Wort: „Ich laste mich scheiden!" Gesprochen wurde es meistens von der Seite, die von der Natur den Vorzug mitbekommen hat, das letzte Wort zu behalten.. Da aber gewöhnlich am nächsten Tage die Sonne schöner schien als je, so blieb alles wie zuvor, und die Nachbarn sagten verständnisinnig: „Frau Efeu bleibt natürlich auch bei ihrem Alten." So gingen die 25 Jahre hin. Eigentlich doch viel zu schnell für das kurze Dasein zu zweien. Und trotzdem schien dies kurz vorher noch einen ernsten Knacks bekommen zu sollen. Das Paar wollte seine Silberne Hochzeit feiern, wogegen kein Mensch etwas cinzuwcnden haben wird. Aber Frau Amalie bestand darauf, daß sie im Spätherbst stattfinden müsse, weil sonst ihr Kleid nicht zur Geltung käme. Del Silberbräutigam war energisch dagegen, denn schließlich wollte er nicht wie ein entlaubter Greis chastehcn. Und das wird ihm auch niemand verdenken. Da Amalie nicht nachgab und der Zwist zuletzt groteske Formen annahm, so erregten sie die Aufmerksamkeit des Obergärtners. Er sah sich die Sache eine Weile an, dann rief ür einem Gehilfen herbei und sagte: „Kunze, die beiden müssen aus einander; das hätten Sie eigentlich schon längst sehen müssen." Kunze holte eine Leiter und ein paar gefährliche » Werkzeuge. Es schien ernst werden zu sollen. Herrn Silber- » Pappel durchfuhr es kalt und heiß. Schwer ging sein Atem... t Plötzlich fühlte er sich umschlungen, und eine Stimme k flüsterte: „Ich gehe nicht von Dir weg; dann sollen sie uns beide umbringen." Kunze brummte allerlei vor sich hin. Dann ging er zum Obergärtner und sagte: „Die beiden sind schon zu sehr mit. einander verwachsen. Sowas läßt sich nicht mehr trennen. Man kann den einen nicht wegnchmen, ohne das Leben des anderen zu gefährden." Da ließ es der Obergärtner zu, und so kam diese ver-- - znügte Silberhochzeit zu Stande. Heitere Umschau. Der Anfang. Sie: „Wir Frauen verlangen ja gar keine besonderen Rechte. Nur ebenso wie Männer wollen wir be handelt werden." — Er: „Mit Vergnügen. Dars ich Ihnen eine Zigarre anbieten?" Auch ein Zweck. Lehrerin: „Anna, wozu hast du denn deine Ohren?" — Anna: „Damit Mama sehen kann, ob ich mich gewaschen habe." Ein Krankheitssymptom. Berühmter Spezialarzt: „Haben Sie nicht auch manchmal Summen im Kopf?" — Patient: „Ab und zu, wenn ich an Ihre Rechnung denke!" Vorgeschmack. Onkel (zum Besuch anwesend): „Komm Fritzchen, gib mir die Hand. Du fürchtest dich doch nicht? — „Ach nein ... gar nicht; ich habe ja gestern erst einen Elefan ten gestreichelt." Ein Lebenslauf. In Glück und Sonne begann die Reise ins Leben. Die Ferne lag duftend und blitzend, die Straße war eben Da stieg ein brodelnder Dunst aus dem Schoße der Erde.' Da kam Verwrrrung in die Gesttänge der Pferde. Da stockte die Reist, begann ein mühsam Gewänder. Aas SOsEe Ziel im Dufte der Zukunft erreichte ein andrer. Der Mittag war heiß und hart; die Hoffnungen schieden, ^m Abendlicht kam ein gebrochener Mann zu traurigem Frieden. Frida Schanz. der durch den aufschlagenden Kran auf dem Dämpfer ungerichtet wurde. * Bild rechts: Die schwere Explosion in den belgischen Wesser werken Coquerlll. In den berühmten Waffenwerken von Cockerill in Lüttich-Seraing ereignete sich ein schweres ExPIo- sionsunglück, das ein Todesopfer und fünfzehn Schwerverletzte forderte. Der Schaden wird auf 3)4 Millionen Mark berechnet.