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MsdmfferTageblatt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrenlamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Naumzeilc 20 Apfo., die < gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 «eichs. Pfennig, die 3gespaltene Reklamezeile im rötlichen Telle 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Aelchspsenrnge. Vor geschriebene Erscheinungs- ec tage und Platzvorschriste« werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksrchtiot. Anzergew. annabme bis > orm.10Uhr. —— — ' Richtigkeit der durch FernrufübermitteltenAnzeigen übernekmen wir Keirle Garantie. ^ederRabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oderder Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da, »Wilsdruffer Tageblatt» erschein! an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in »kr GeschLftsstcllc und den Ausgabestellen 2 AM. im Monat, bei Anstellung durch die Bolen 2,3» AM., bei Postdcstellung , Abzüglich Abtrag- . . gebühr. Einzelnummern ISRpsg.AllePostanstalten W0chenvlat1 für Wllsdruff u. Umaeaend Postboten undunsereAus- trägerundGeschäftsstellen - U—N nehmen zu ftder Zeit Be. Peilungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Nr. 96 — 90. Iahrgana Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 25. April 1931 Rauhreif im Frühling. Schwerstarbeit im Ncichskabinctt — Deutsches Gepäck für Saüetts Reise — Zermahlene Milliarden. Stall freundlicher Willkommensgrüße empfingen den aus seinen Osterferien zurückgekehrten Reichskanzler sehr viel unfreundlichere Klagen und Mahnungen, Wünsche und Beschwerden, Sorgen und Aufgaben. Er und sein Kabinett müssen fortan allein regieren, un gestützt, freilich auch ungestört vom Reichstag, der auch in die Ferien ging, aber gleich für mehr als sechs Monate dort verbleiben will. Das hindert aber die Parteien nicht, dem Reichskanzler Wünsche und Klagen zu über mitteln, kaum daß er den Fus; wieder auf den Boden Berlins gesetzt hat. Und die Politik wischt die letzte Er innerung aus Badenweiler an den beginnenden Frühling mit rauher Hand hinweg. Hat doch der Anfang dieses Frühlings noch immer nicht eine wirklich entscheidende Wendung in unserer wirtschaftlichen und sozialen Not gebracht, wagen sich doch nur schüchtern d i e ersten Knospen einer Besserung hervor. Aber an manchen Ästen des Baumes will sich noch gar nichts zeigen. Mit Zwang ist da nichts zu machen, man muß nur geduldig hoffen; schon Bismarck warnte ja davor, das Blühen und Reisen mittels einer daruntergehallenen Lampe beschleunigen zu wollen. So wird die Regierung erst noch die Beendigung der Arbeiten jener „Brauns- Kommission" abwarten, deren Aufgabe es ist, für die Be kämpfung der Arbeitslosigkeit Vorschläge zu machen. Er- nährungs- und damit zusammenhängende handelspoli tische Wünsche und Differenzen werden dagegen wohl eher jetzt im Schoße des Kabinetts behandelt und — aus getragen werden müssen. Sie sind ja nur ein leises Echo des wirren Lärms, der wegen der agrar- und handels politischen Pläne und Gegenpläne den europäischen Kon tinent durchtobt. Nur ist zum mindesten das Hemd der ge genwärtigen Not uns erheblich näher als ein vielleicht ganz gut passender Nock späterer Generalregelung. Und jenes unmittelbar am Körper sitzende Kleidungsstück hat eine peinliche Ähnlichkeit mit dem Nessushemd, das den Träger tödlich vergiftet, auch wenn er — ein Herkules ist. Namentlich dann, wenn dieser Körper anch unter finan ziellen Lasten stöhnt. Es ist heute wirklich kein Geheimnis mehr, daß zu den nächsten Aufgaben der Negierungsarbeit auch sehr energische Streichungen auf der Ausgabenseite des Reichshaushalts ge hören, da es auf der Einnahmenseite noch bedenklicher auszusehen scheint, als befürchtet wurde, nun also der 'm Ermächtigungsgesetz vorgesehene Fall eingetreten ist oder einzutreten droht. Ein Trost ist dabei: eine Er höhung Lasten darf nicht erfolgen; dies kann selbst das, sozusagen allmächtige Kabinett Brüning nicht be- IchUeßen. s _. Schon am Bahnhof, auf dem Dr. Brüning aus seinem Dsterurlaub wieder in Berlin eintraf, standen neben die- sen und anderen innendeutschen auch die außenpoli tischen Sorgen in grauem Gewand. Aus sie Mag er hingewiesen haben, als er, von ihnen immer be gleitet, den Abschiedsbesuch des amerikanischen Botschaf ters Sackett empfing, der jetzt in die Heimat zu einem gewiß sehr viel fröhlicheren Urlaub fährt, als ein solcher dem deutschen Reichskanzler beschieden sein kann. Sackett Wird ein ganzes Paket deutscher Wünsche mit hinüber nach Washington nehmen müssen und da mag wohl ganz oben in seinem Koffer das dringende Verlan gen der deutschen Reichsregierung liegen, daß man von i!? ^" endlich ein wenig mehr Tatkraft und entwickelt als bisher und E" 2 Agus dem Reden heraus und zum Han- deln ommt. ^lcherUch h^n sich die beiden Staatsbank- A.A Eilands und Amerikas kaum nur über die beste Art, „Golf zu iptt-len, so lange unterhalten! lind von der Kreditpolitik bis zur Frage der Reparationen ist ja nur ein Schritt. Wenn nur den allerdings auch nur zu machen versuchen, stellt uns Frankreich flugs ein Bein und schreit, wenn wir einmal drauftreten. Dagegen hat man es in Paris gar nicht eilig, sich entschuldigen, wenn sich höhere, in Deutschland Gastrechj genießende Offiziere der art aufsühren, wie es me photographiersüchtigen Herren in Königsberg ausgerechnet auch noch im Beisein dec dortigen diplomatischen Vertreters Frankreichs fertig brachten. Es ist schon mehr als eine ganze Woche her, wir auf diese Entschuldigung ans Paris warten dür fen, die doch zum mindesten auch von einer Bestrafung s>er Schuldigen begleitet sein mußte. Statt dessen ver ekel man im Elsaß „deutsche Spione", erklärt freilich bereits, daß man „zu früh zugcgriffen" habe. Da lohm sich's also kaum den Goethe zu zitieren: „M an in e r k > die Absicht und man w i r d v e r st i m m t!" Aber die Art, wie diese Dinge von Paris aus behandelt wer den, zeig, rech, unzweideutig — und kann auch gleich dein amerikanischen Botschafter mit in den Reisekoffer hinein gesteckt werden —, wie tief das Barometer der deutsch-französischen Beziehungen ge genwärtigsteht' aewiß nicht durch deutsches Ver schulden! «ie sind wenig frühlingshaft. Immer noch pfeift aber anch in den jetzigen Früh- eisige Wind aus der sogenannten Vergangenheit, aus der Zeit des Krieges nämlich, der Neuer MM Pol« uns MW MWWM Erklärungen des Senatspräsidenten. Das demonstrative Rücktrittsgesuch des polnischen diplomatischen Vertreters in Danzig, Minister Straß burger, bildete wie zu erwarten war» nur den Auftakt zu neuen polnischen Bestrebungen auf eine weitere Einschränkung der Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Freien Stadt Danzig. Polen erstrebt dadurch vor dem Völkerbundsrat die An wendung eines Beschlusses des Völkerbundsrates vom 22. Juni 1ll2l, wonach die polnische Regierung unter be sonderen Voraussetzungen dazu berufen sein soll, die Aufrechterhaltung der Ordnung im Gebiet der Freien Stadt Danzig sicherzustellen. Der Präsident des Danziger Senats Dr. Ziehm hielt im Danziger Senat eine bedeutungsvolle Rede, in der er sich eingehend mit der durch den bedrohlichen polnischcnVor- stoß geschaffenen Lage beschäftigte. Mit diesem Schritte erstrebe Polen die Hoheit über Danzig, insbesondere einen Einfluß auf die innere Verwaltung Danzigs auf dem Ge biete der Polizei und des Gerichtswesens. -i- Polnischer TruMueiniMslh noch MM? Berlin, 25. April. Ein Moskauer Blatt wußte vor eini gen Tagen von einer Absicht der War'chLuer Regierung zu be richten, polnische Truppen Mr Wahrung der angeLM bedrohten polnischer! Meressen nach Danzig zu entsenden. Dieses von ssw- jetrussischer Seite verbreitete Gerücht, das anfänglich starten Zweifeln begegnete, hat sich hartnäckig erhalten und ist bis zu einem gewissen Grade durch die inzwischen bekannt gewordene Absicht der Polen bestätigt worden, den Beschluß des Völker- bMdxrates vom 22. Juni 1921 in Anwendung zu bringen. Die ser Beschluß, den Polen jetzt in Gens für seine Zwecke verwenden will, hat jedoch, ganz andere VvrouLsetzMgen, als die polnische Regierung Vorsicht. Polen hat Danzig gegenüber weder ein selbständiges Schutzrecht noch viel weniger eine Schutzpflicht. Ein eventueller militärischer Schutz Danzigs stehe dem Völker bund zu. Der Völkerbund hat in seinem Beschluß vom 22. Juni 1S21 Posen nur als besonders geeignet erklärt, unter gewißen Umständen diesen Schutz übertragen zu erhalten. Aus jeden Fall müßte der Völkerbundsrat eine einstimmige Entscheidung hier über herbeisühren, Nach Lage der Dinge ist es aber vollkommen ausgeschlossen, daß Deutschland (von anderen Mächten abge sehen) Polen dazu verhilft, auch in Danzig militärisch festen Fuß zu fassen. Eine Bestätigung der Gerüchte über geplante Truppenentsen- dungen war am Freitagabend noch an keiner Stelle zu erhalten. Immerhin wird es in Berlin nicht für ausgeschlofsen gehalten, daß die Polen mit Rücksicht auf den oberschlesischrn Streitfall, der auf der Maitagung des Völkerbundsrates wieder zur Spra che kommen wird, den gegenwärtigen Augenblick für geeignet halten, mit einen derartigen Manöver die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit vcer der Tatsache abzulenken, daß die Polen vom Völkerbundsrat auserlegten Verpflichtungen in Oberschle sien noch nicht in vollem Maße erfüllt worden sind. Deutsche Note an Litauen. Gegenmaßnahmen gegen die litauische Ausweisungspolitik notwendig. Die deutsche Gesandtschaft in Kowno hat am Freitag der litauischen Regierung wegen der am 20. April erfolgten Aus weisung des Studienassessors Hartung aus dem Memelgebiet eine Note überreicht, in der erneut darauf hingewiescn wird, daß die Ausweisung im Widerspruch zu den Bestimmungen des deutsch-litauischen Handelsvertrages steht und daß die deutsche Regierung auch diesen Fall dem tm Handelsvertrag vorgesehenen Schiedsgericht übergeben werde. Wie aus zuverlässigster Quelle verlautet, stehen noch Weitere Ausweisungen von Reichsdeutschen auch tm übrigen Litauen bevor. Dem in Litauen seit zehn Jahren ansässigen juristischen Berater der deutschen Gesandt schaft in Kowno, Rechtsanwalt Baumgärtel, ist die Aufent haltsgenehmigung nicht mehr verlängert worden. Dem eben falls feit zehn Jähren in Litauen wohnhaften Prediger Hühn wurde wegen Richtbesitzes einer Arbeitsgenehmigung, obgleich er dieser als Prediger nicht benötigt, eine Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung verweigert. Angesichts der herausfordernden litauischen Ausweisungs politik wird es jetzt höchste Zeit, daß Deutschland energische Vorstellungen in Kowno erhebt. Sollte hierdurch die litauische Regierung nicht zur Vernunft gelangen, so sind schärfste Gegenmaßnahmen am Plätze. Nachkriegszeit, und immer wieder trifft schüchtern sich hervorwaaende Knospen der tödliche Rauhreif. Eine „Erbschaft" des Krieges ist jetzt aber doch — wenigstens zur Hälfte — vernichtet worden, wofür aller dings auch wir Deutsche die Kosten zu bezahlen haben Es sind die P a p ! e r m a r k m i l l i a r d e n , die die zum Teil deutsche Besatzung in Belgien nach dem Zusammen bruch in den Händen der Einwohner zurückließ, die aber später in Brüssel zusammenströmten aus Belgien und allen Nachbarländern, weil die belgische Staatsbank sie, wenn auch zu einem geringen Betrag, einlöste Bis 1066 müssen wir allmählich eine Summe von 600 Millionen in be stimmten Jahreszahlungen dafür an Belgien abführen, daß nun jene rund sechs Papiermarkmilliarden zwar nicht in Feuer aufgehen, sondern etwas „wirtschaftlicher" ihr Ende finden, nämlich zu Packpapier verarbeitet werden. Leider wird mit ihnen längst nicht alles zer stampft und zermahlen, was an Verhängnisvollem aus dem Kriege zurückblieb. Wir spüren es jetzt wieder an jenen eisigen Winden, die nicht bloß von Westen her über Deutschland hinstreichen und die ein wirkliches Früh- linasboffen nicht aufkommen lassen. Dr. Pr. Das Reichskabmett läßt sich berichieu Waffen gegen die Arbeitslosigkeit werden geschmiedet. Das R e i ch s k a b i n e t 1 Hai in seiner ersten Sitzung nach der Osterpause in Anwesenheit de^ Reichsvank- Präsidenten getagt, dessen Hinzuziehung durch den ausführlichen Bericht, den der Reichsfinanzminister über die Finanzlage des Reiches, der Länder und der Gemein den erstattete, notwendig geworden war. Der zweite Be richt des Reichsarbeitsministers über die Arbeits losigkeit und die vom Reichsarbeitsministerium zu er ledigenden Aufgaben scheint zu einer wenigstens vor läufigen Stellungnahme des Reichskabinetts zu den bisher vorliegenden Vorschlägen der Brauns-Kommission geführt zu haben, unter deren Berücksichtigung die Gutachter- kommission zur Arbeitslosenfrage jetzt ihre weiteren Verhandlungen durchführen wird. Sie wird jetzt wieder allwöchentlich an je drei Tagen ihre Sitzungen abhalten. Ein zweites Referat zu den Fragen der unterstützen den Arbeitslosenhilfe wird für die nächste Zeit den Hauptgegenstand der Beratungen der Kommission bilden. Inzwischen wird auch die letzte Redaktion des Gut achtens zur Frage der Arbeitsbeschaffung vorge nommen werden. Mit Rücksicht auf die kommenden Be ratungen über die Frage der unterstützenden Arbeitslosen hilfe hat die Kommission ein weiteres Mitglied hinzu gewählt, nämlich Geheimrat Dr. Aurin-Freiburg-Breis- gau, der aus Grund seiner Lebensarbeit ein genauer Sach kenner der nunmehr zur Beratung stehenden Fragen ist. Das vom Neichskabinett festgesetzte Arbeitsprogramm sieht bereits für Sonnabend wieder eine Sitzung vor. Die allgemeine Aussprache dürfte sich mit den Fragen der Er- nährungswirtschaft, der Lohnpolitik und der der Preispolitik befassen. Die zuständigen Kabinettsmitglieder werden hierüber eingehend berichten. Verhandlungen mit den Parteien. Der Reichskanzler legt selbstverständlich Wert darauf, die Arbeit des Kabinetts in enger Fühlung mit den Ver tretern der wichtigsten Reichstagsparteien durch zuführen. In diesem Zusammenhang haben der volks parteiliche Abgeordnete Dingeldey und der konser vative Abgeordnete Gras Westarp persönlich Unter redungen mit dem Kanzler gehabt. Vorbereitung des Zollprogramms. Ferner halte der Reichskanzler eine Besprechung mit Reichsernährungsminister Schiele, in der es sich um die Vorbereitung des agrarpolitischen Teiles der Kabinettsarbeil handelte. Es ist anzunehmen, daß das Kabinett sich daraufhin in der nächsten Zeit über die Frage des Umfanges der Zölle für sogenannte Ver- edlungsprodukte, Fleisch, Vieh, Molkereiprodukte, Butter, Eier usw., sowie für Weizen- und Futter gerste schlüssig werden wird. Das Programm der Sitzung des Reichskabinetts. Das Programm der Sitzung des Reichskabinetts um faßt voraussichtlich unter anderem ein Referat des Reichs ernährungsministers Schiele über die Entwicklung der Zollpolitik, ein solches des Reichsarbeitsministers Steger wald über die Lohnsragen nnd eines des stellvertretenden Reichswirtschaftsministers Trendelenburg über die Preis fragen. Ferner stehen auf der Tagesordnung die Handels- vertragsverhandlungen mit Rumänien und Ungarn. Die Empfänge der Parteiführer beim Reichskanzler. Der Reichskanzler hat mit dem Parteiführer der Deut schen Volkspartei und dem Führer der Konservativen, dem Grafen Westarp, eine Aussprache gehabt. Von zuständiger Seite wird Wert darauf gelegt, daß es sich hierbei nicht um die Wiederaufnahme irgendwelcher offizieller Partei führerverhandlungen gehandelt hat. Die Unterredungen hätten lediglich informatorischen Zweck gehabt.