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M1230 vos Mr? Schulden an den MchMus flüchtig. Der Kaufmann Eugen Wollermann, früherer Geschäfts führer der Spandauer-Korndrennerci G. m. h. H. in Spandau, ist am 12. Juni v. I. von der Grosten Strafkammer beim Landgericht in Berlin wegen Branntweinmonopolhinter ziehung zu sechs Monaten Gefängnis, WO 000 Mark Geld strafe oder weiteren sechs Monaten Gefängnis und zu 270 000 Mark Werlersatz verurteilt worden. Gegen das Urteil wurde von dem zuständigen Hauptzollamt Revision eingelegt, weil für den verlangten Wertcrsatz keine Ersatzstrase ausgeworfen sei. Wollermann ist flüchtig. Die Ladung zur Nevisionsvcr- handlung konnte ihm nicht zugestclli werden. Der Senat des Reichsgerichts in Leipzig hat die Angelegenheit an die Vor instanz zur Festsetzung einer Ersatzstrase geleitet. Selbstmord zweier Aeichswehrsoldaten. Das Reichswehr Minister; um untersucht. Anläßlich des Selbstmordes eines Reichswehrmusikers und des Selbstmordversuches eines Obergrenadiers in Gießen sind schwere Vorwürfe gegen den dortigen Obermusikmeister Löbe erhoben worden. Es wurde u. a. behauptet, daß Löbe sich schwere Schikanen und Mißhandlungen seiner Untergebenen habe zuschulden kom men lassen. Von seiten des Reichswehrministe riums wird dazu mitgeteilt, daß die sofortige Unter suchung die Richtigkeit der behaupteten krassen Fälle nicht ergeben habe. An dem Selbstmorde und dem Selbstmord versuche trage der Obermusikmeister keine Schuld. Der Obergrcnadicr habe viele Schulden gehabt, so oaß der Selbstmoroversuch erklärlich sei. Da jedoch festgcstellt wor den sei, daß sich Löbe nicht richtig gegen sein: Unterge benen verbalten habe, sei ein Verfahren gegen ibn einge leitet worden. Friseurkrieg gegen Gelbstrasierer. Rasierklingen sollen besteuert werden. Daß es den Friseuren nicht besonders gut geht, weiß man schon seit längerer Zeit. Von den Männern, die sich früher ein- oder mehreremal in der Woche von einem Friseur rasieren ließen, sind viele, sehr viele — in den Röten dieser Zeit zum Selbstrasieren übergegaugen. Nun kann man wohl keinem Manne verbieten, sich selbst zu ra sieren, aber die Friseure scheinen der Meinung zu sein, daß man es ihm wenigstens erschweren könnte. Auf einer Tagung der 1000 Mitglieder umfassenden Arbeitsgemein schaft selbständiger Fxifeure im Regierungsbezirk Frank furt au der Oder beschloß man, den Reichsverband der Friseure auszufordern, sich für die Einführung einer Reichs oder Staatssteuer ans Klingen der Selbstraster apparate einzusetzen. Es wurde behauptet, daß bei einer Besteuerung von je fünf Pfennig jährlich etwa dreißig Millionen Mark erzielt würden. Was hätten aber schon die Friseure davon! Bestenfalls ein Lob des Reichssinanz- ministers für freundliche Unterstützung bei der Steuer findung. Der Schuh als Sparkasse. Wenn man vor seiner Frau Geheimnisse hat. In Berlin-Tempelhof erschien an einer Wohnungs tür ein Bettler und fragte, auf seine gründlich durch löcherten Schuhe zeigend, die Hausfrau, ob sie ihm nicht ein Paar alte Schuhe schenken könnte. „Das kann ich zu fällig," sagte Vie Frau, ging an einen Schrank, holte ein Paar abgetragene Schuhe, die ihr Mann vorl schon vor vielen Monaten hingestellt hatte, heraus und gab sie dem Bettler. „Besten Dank, meine Dame, und Adieu!" sagte vei Bettler. 2lls der Ehemann gegen Abend aus dem Geschäft nach Hause kam, berichtete die Fran so nebenbei: „Du, ich habe deine alten Schuhe, die im Schrank standen, weg- geschenkt. Doch kaum war ihr das Wort entfahren, möcht' fie s im Busen gern bewahren, denn der Ehemann bekam zunächst einen gelinden Ohnmachts- und dann Pnen richtigen Tobsuchsa hatte er doch in den alten Schuhen yetmuch, stlll und leise, d. h. ohne daß seine Frau etwas davon wußte, 1500 Reichsmark, die er sich gespart hatte. Beinahe hätte die Frau gesagt: „Geschieht dir ganz recht — warum hast du Geheimnisse vor mir!" Aber sie sagte eS lieber nicht, sondern begann nur zu weinen. Und dann gingen die beiden selbander zur Kriminalpolizei „und brachten die Sache zur Anzeige. Aber den Bettler mit den Schuhen des Glückes hat man noch nicht. Eine Neuerung beim Sparen ist immerhin festzustellen: früher pflegte man das Spargeld in den Strumpf zu stecken, jetzt ist man beim Schuh angelanat. Aber ganz sicher scheint es auch dort nicht zu sein! j Hues 2us aller Weil ! Bei einem Autounglück in einem Tümpel ertrunken. Bei Ostenfels tm Kreise Warendorf ereignete sich ein schwerer Uuglücksfall. Ein Kaufmann wollte mit seinem Auw zu einem Landwirt in der Nahe von Ostenselde fahret,. Aus dem schlechten Landwege blieb der Wagen stecken und stürzte, als man ihn wieder flott machen wollte, in einen am Rande des Weges befindlichen Wassertümpel. Die Frau des Autobesitzers, die im Wagen geblieben war, stürzte mit in den Tümpel und ertrank. Dreister Naubübersall am Hellen Tage. In Stettin wurden am Hellen Tage drei weibliche Angestellte des Zigarettenfrischdtenstes von drei unbekannten Tätern auf dem Platze vor dem Stadtthealer überfallen und einer Aktentasche mit 3200 Mark und Verrechnungsschecks in Höhe von 16 000 Mark beraubt. Während die Täter in einem nachts zuvor gestohlenen Personenauto an den An gestellten vorüberfuhren, sprang einer der Räuber heraus, entriß der einen die Tasche und sprang wieder in den Wagen, der sich dann in schneller Fahrt entfernte. Der Wagen wurde kurze Zeit später leer aufgefunden. Die Täter sind entkommen. Der Dampfer „Calder" als verloren betrachtet. Der englische Dampfer „Ealder", der Hamburg mit dem Be stimmungshafen Goole in England verlassen Hai und seit neun Tagen verschollen ist. wird mitsamt seiner Besatzung von 18 Köpfen als verloren betrachtet. Der nördliche Teil der Nordsee ist durch neun Flugzeuge vergeblich abgesucht worden. Anklagcerhcbung gegen einen belgischen Industriellen wegen der Giftgasangelegenheit im Maaslaie. In Verfolg der gerichtlichen Untersuchung der Gistgasangelegenheil im Maastale ist jetzt der Direktor der „Societö des Produkts Chimigues de la Mense" vor Gericht gestellt worden. Die Anklage wirf! ihm vor, keine ausreichenden Maßnahmen Eine Generaldirektorin der spanischen Gefängnisse, Senorita Victoria Kent, eine bedeutende spanische Advo katin, ist von der neuen Regierung mir der obersten Leitung des Gefängniswesens betraut worden. zur Unschädlichmachung der giftigen Gase, die den Hütten entströmen, getroffen zu haben. Durch die giftigen Gase — lange Zen sprach man von einem „Giftnebel" — sind, wie mau sich erinnern dürfte, viele Personen im Maastale getötet worden. Die Papageien bringen sich selbst an den Tag. In der Nähe des Ortes Leuth an der deutsch-holländischen Grenze entdeckte ein deutscher Zollwächter nachts einen Mann, der einen Transport von 300 Papageien ein schmuggeln wollte. Er wurde verhaftet, die Tiere be schlagnahmt. Die Papageien halten durch den großen Lärm, den sie machten, sich selbst und den Schmuggler verraten. Zugzusammenstoß in Polen. Bei der Station Rogow bei Lodz stießen zwei Güterzüge zusammen, wobei 48 Wagen entgleisten und zum Teil zertrümmert wurden. Ein Eisenbahnbeamter wurde getötet, zwei Beamte wur den schwer und acht leicht verletzt. Die Ursache des Un glücks soll in der Unterspülung des Bahndammes zu suchen sein. Ein Autobus in einen Fluß gestürzt. Ein vollbe setzter Autobus, der aus der Fahrt nach Lodz eine Brücke über den Nerfluß passieren mutzte, hatte in dem Augenblick, als er sich aus der Brücke befand, einen Achsenbruch. Der Wagen wurde gegen das Brückengeländer geschleudert, durchbrach es und stürzte in den Fluß. 15 Personen wur den schwer verletzt. 14 000 Patentinder des Reichspräsidenten. Reichs präsident von Hindenburg ist jetzt Pate von mehr als 14 000 Kindern, ein Beweis dafür, wieviele Familien es noch heute in Deutschland aus sieben lebende Kinder brin- gen. Da das Patengcschenk meistens 20 Mark beträgt, hat der Reichspräsident bisher schon mehr als 280 000 Mark für diese Zwecke verausgabt. Bunte Tageschl-onik Halle. Aus Schacht 113 der Grube Rositz bei ^eit erlitten dreizehn Bergleute schwere Grubsngasvergistungen. Neumünster. Ter bei dem Brande der hiesigen Leder fabrik von Adler und Oppenheimer anqerichtete Schaden beläuft sich aus mmdeN-'-^ -in- snmmn Der Deutsche Städtetag gegen erhöhte Brotprcisc. Berlin. Der Deutsche Städtetag hat in einer dringlichen Eingabe das Reichsernährungsministerium gebeten, in so fortigen Verhandlungen eine Wiederherabsetzung der Berliner Brotpreise durchzusetzen. Der Deutsche Siädielag verweist namentlich auf die großen Gefahren, die das Berliner Beispiel nichl nur für die Entwicklung in den übrigen Städten, sondern auch für die gesamte Preis-, Lohn- und Wirtschaftspolitik haben mutz. Der bisherige spanische Botschafter verläßt Berlin. Berlin. Amtlich wird mitgeteilt: Seine Erzellenz der Botschafter Espinoza de los Monteros, der Berlin >n den nächsten Tagen verläßt, hat die Geschäfte der spanischen Bot schaft dem ersten Botschaftssekretär Prieto Villabrille über geben. Verschärfung der Geschäftsordnung des Preußischen Landtages Berlin. Der Geschästsordnungsausschutz des Preußischen Landtages beendete die zweite Ausschußlesung einer Reihe von Änderungen der Geschäftsordnung Es wurde insbesondere beschlossen, daß die Ordnungsbestimmungen für das Plenum auch sür die Ausschüsse gelten sollen. Zur Einschränkung oei Kleinen Ansragen, die vielfach propagandistisch bewerte, wurden, soll von ihrer allgemeinen Verteilung abgesehen wer den. Wann das Plenum des Landtages sich mii diesen Vor schlägen des Geschäftsordnungsausschusses beschäftigten wird steht noch nicht fest. Ein Ufatonfilm verboten. Berlin. Der Ufatonsilm „D-Zug 13 hat Verspä tung" ist von der Zensur verboten worden. Die Ufa hat bei der Oberprüfstelle Beschwerde eingelegt. Eine neue Stahlhelmbeschwekde. Hagen (Wests.). Der Stahlhelm, Landesverband Westmark, teilt mit: „Die Stadtverwaltung Trier ließ stillschweigend die Eintragungslisten zum Volksbegehren abschreiben. Der Stahl helm, der dies überraschend seststellte, hat Beschwerde erhoben und ein Disziplinarverfahren gegen die verantwortlichen Be amten beantragt." Olbekersciiutr äurcb O. Z^clcermsoa. Komsareotrsle 5tuttxsrt. 40 s Und Paulus Jackson scheute auch diesen Wels nicht. Am nächsten Tage stieg er in dem alten hohen Palast, der seit Jahrhunderten den Colanps gehörte, die Treppe empor. Sämtliche Grafen Colanis waren diensttuende Offiziere gewesen, bis der letzte dieser Linie jetzt in Un gnade fiel. Und nun wartete Paulus Jackson in einem mit alt modischer Pracht ausgestatteten Zimmer. Jeder einzelne Stuhl hier war ein antikes Stück und ein Vermögen wert. Da wurde die Tür gegenüber der Eingangstür ge öffnet und ein jüngerer Herr stand vor Jackson. Er be grüßte seinen Besuch, dabei noch einmal einen orientie renden Blick auf die Karte werfend, die der Diener ihm vorhin gebracht. Ein ganz kleines erstauntes Lächeln stand dabei auf seinem sympathischen Gesicht. Und dann hing eine ganze Weile ein schweres Schweigen im Zimmer. „Herr Graf, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir den kleinsten Anhaltspunkt geben könnten, wo Seine Kaiserliche Hoheit Erzherzog Rainer sich jetzt aufhült." Colanys Hand fuhr nach dem Kragen, lockerte ihn hastig, als sei er ihm plötzlich viel zu eng. „Rainer!, alter, lustiger Kerl, — die erste Nachricht von dir, wenn auch ohne dein Wissen und wahrscheinlich auch gegen deinen Willen!" dachte er. Dann richtete er sich auf, sah den alten Herrn groß und offen an. „Es tut mir sehr leid, Sie enttäuschen zu müssen, Mister Jackson. Ich höre durch Sie zum ersten Male wie der etwas von Seiner Kaiserlichen Hoheit. Darf ich fragen, wie es Seiner Kaiserlichen Hoheit ging, als Sie seine Bekanntschaft machten?" Jackson blickte ratlos umher. Also auch hier nichts — oder dachte Graf Colany ganz und gar nicht daran, dem fremden Manne Aufschluß zu geben? Beschwörend hob er die Hände. „Herr Graf, ich stehe nicht als Neugieriger vor Ihnen — das Lebensglück zweier Menschen hängt von dieser Auskunft ab." Graf Colanys Gesicht zuckte. „Wie habe ich das zu verstehen?" Der Kopf Jacksons sank auf die Brust. „Erlassen Sie es mir bitte. Ihnen darauf zu antwor ten. Es wäre ein grober Vertrauensbruch." Graf Colany nickte. „Ich glaube Sie zu verstehen, Mister Jackson. Auch ich werde Seiner Kaiserlichen Hoheit immer die Treue halten. In diesem Falle tut es mir leid. Ihnen nicht zu Diensten sein zu können. Mein Ehrenwort: Ich weiß nichts. Erzherzog Rainer ist für mich verschollen, seit er mir in seinem Zimmer in der Hofburg zum letzten Male die Hand drückte. So froh es mich auch gemacht hätte, einmal etwas von ihm zu erfahren, werde ich doch seinen Wunsch, verschollen bleiben zu wollen, jederzeit ehren und achten. Es ist mir eine Beruhigung, daß sich außer mir noch ein Mensch um den Erzherzog sorgt. Er ist der beste, liebenswerteste Mensch, den es gibt." Mit festem Händedruck schieden die beiden Männer von einander. 16. Kapitel. „Im Prater blühn wieder die Bäume," sang man in Wien. In Scharen zog man hinaus. Noch immer weilte Paulus Jackson mit seiner Tochter hier. Evelyn konnte sich nicht zur Abreise entschließen. Ohne daß jemals zwischen ihnen ein Wort darüber gesprochen worden wäre, so war es bei beiden doch eine feststehende Tatsache, daß nie jemand hier in Wien durch sie etwas über Rainer erfahren würde. Jackson trat zu seiner Tochter ins Zimmer. Sie saß in dem hohen Lehnstuhl und hatte den blonden Kopf an den lila-Brokat geschmiegt. Ihr schönes, weißes Ge sicht wirkte wie ein Gemälde auf dunklem Grund. Jackson betrachtete seine Tochter schweigend. Noch immer lebte diese suchende Liebe und schmerzende Ge wissenspein in ihr, er wußte es wohl. Er trat näher. „Evelyn, könntest du dich endlich entschließen, mit mir nach Hause zu reisen?" fragte er vorsichtig. Sie wandte ihm ihr blasses Gesicht zu. „Ja, Vater, wir wollen heim," sagte sie dann müde. „Alles Suchen hat keinen Zweck. Seine schöne, frohe Hei mat reißt nur aufs neue alle Wunden wieder auf. Ich muß verwinden, — vergessen werde ich nie." Jackson streichelte das blonde Haar. Er wußte, daß Rainer eher an seiner Sehnsucht nach Evelyn zugrunde ging, ehe er noch einmal um ihr Vertrauen bat. „Dann darf ich unsere Abreise auf den Ersten fest setzen, mein Kind?" Sie nickte. „Gewiß, mir ist alles recht, wie du es anordnest." Er sah eine Weile vor sich nieder, dann meinte er: „Wollen wir jetzt nicht ein Stück fahren? Das Wetter lockt zu sehr und du bist wirklich sehr blaß." Wieder nickte sie. „Gewiß, Vater. In einer halben Stunde bin ich fertig." Und sie fuhren dann langsam durch die Straßen dP lustigen Kaiserstadt. Mit klingendem Spiel zogen Soll daten vorüber. Die Leute, die nebenher liefen, langes das Deutschmeisterlied. Die Sonne brannte heiß Herm und Evelyn spannte ihren weißen Sonnenschirm auf. Jackson hatte dem Kutscher gesagt, er solle fahret wohin er wolle. Der lustige Wiener wußte nur ein Platz, den jeder gesehen haben mußte: den Prater! (Fortsetzung folg^