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MsdmsferTageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 2V Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reich»- Pfennig, die 3 gespaltene Aeklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 2V Reichspsennige. Bor geschriebene Erscheinungs- tage und Platzvorschriste« werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeige«- annabmebis r>orm.1VUHr. > — Für Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oderder Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle VermittlungssteLenentgege». Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrenlamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das Wilsdruffer Tageblatt- erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in o^Aschaftsslelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 RM., bei Postbeftellung ^trag. gebühr. Einzelnummern lSApfg.AllePostanstalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umaeaend Postboten und unsereAus. ^agerund Geschäftsstelleu > nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. JmFalle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen bestehr kein Anspruch auf Lieferung oer Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto bewegt. Nr. 95 — 90. Jahrgang Telegr.-Adr.' »Amtsblatt" Wilsdruss-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Freitag, den 24. April 1931 Welle» Sie das MgdrMÜWblM 32 Punkte. Eine alte Erfahrung ist es, daß auf irgendeiner Sitzung, Konferenz oder Tagung praktisch um so weniger erreicht wird, je länger deren Tagesordnung ist. Wenn dieser Erfahrungssatz auch für die kommende Ta gung des Völkerbundrates zur Wirklichkeit wird, dann kann man heute in durchaus nicht unberechtigtem Pessimismus sagen, daß die Delegierten an den Gestaden des Genfer Sees zwar sicherlich einen sehr schönen Früh ling genießen werden, daß aber das Ergebnis ihrer Konferenzarbeiten erheblich weniger genußreich für die Völker Europas sein mag. Denn in der Tätigkeit von mehr als einem Jahrzehnt hat sich beim Völkerbund in allen Fällen, wo er sich von politischen Verlegenheiten bedrängt sah, sehr schnell als rettendes „Prinzip" die Ge wohnheit der — Vertagung herausgebildet. Und die dies jährige Maitagung des Völkerbundrates umfaßt 32 Punkte! Hoffentlich rettet man sich nun nicht allzu oft in und durch die Vertagung. Manche Punkte der Tagesordnung reizen ja geradezu zum — Ausreißen, zum Sichdrücken vor einer Entschei dung. Man kennt aus monatelanger Diskussion die wich tigsten Punkte, die alle nicht bloß eine, sondern gleich mehrere höchst empfindliche Seiten haben. Vor allem natürlich die A b r ü st u n g s f r a g e, die insofern, wenig stens vom Standpunkte der schwer gerüsteten ehemaligen Ententestaaten aus, etwas von ihrer Kompliziertheit zu verlieren begann, als ja die Fünfmächtekonferenz über die Seerüstung so gut wie abgeschlossen zu sein schien. Im letzten Augenblick kam es zu neuen Differenzen, weil Frankreich „kalte Füße bekam". Es bedarf keiner großen politischen Kombinationsgabe, um zu sehen, daß sich die Pariser Regierung mit dieser Weigerung nun für Gens einen „politischen Hebel" verschafft hat oder, wenn man will, eine politische Handelsware, die Frankreich möglichst teuer verkaufen will, nämlich gegen englische Zu geständnisse bei anderen Punkten der Tagesordnung in Genf. Denn inan weiß in Paris ganz genau, welch großes, nicht zuletzt aus finanziellen Gründen hervor gehendes Gewicht England auf das Zustandekommen des Fünfmächtevertrages und der durch ihn zu erzielenden Drosselung der kostspieligen Kriegsschiffbauten legt. Diese allgemein-politische Situation ist also der Hintergrund der Genfer Tagung und vielleicht — schon vorher, ehe noch die »artige Konferenz beginnt. Dann würde für jenen Punkt der Tagesordnung, der die Abrüstungsfrage umfaßt, zu nächst nur die Festlegung des Sitzungsortes für die kom mende Abrüstungskonferenz und die Wahl des Präsidenten übrigbleiben; denn ob die deutschen Anträge über eine anderweitige Feststellung des Rüstungsstandes als die Kommission sie vorgeschlagen hat sowie über ein inter- aationales Abkommen wegen der Zivilluftfahrt zu mehr als nur zu längeren Diskussionen Vordringen werden, ist nach der ganzen bisherigen Haltung der Rüstungsmächte nicht sehr wahrscheinlich und der Rest ist, frei nach Hamlet, die Vertagung. Jener allgemein-politische Hintergrund steht natür lich auch hinter dem vielleicht augenfälligsten Punkt der Tagesordnung, nämlich der deutsch-ö st e r r e i ch i s ch e n Zollunion, die übrigens auf deutfchen Antrag schon auf der am 15. Mai, drei Tage vor der Tagung des Lölkerbundrats, beginnenden Konferenz des Europa- komitces behandelt werden soll. In diesem Punkt hat ja das französische Kabinett sofort eine großzügige Gegen aktion eingeleitei, bei der mit finanziellen Versprechungen nicht gespart wird. Das braucht Frankreich ja auch nicht zu tun, denn es hat ja die Mittel dazu aus den deutschen Reparationszahlungen, und seit Ankündigung des un bedingten Widerstandes Frankreichs gegen die deutsch- österreichischen Plane ist das Pariser Kabinett nicht um einen einzigen Schritt zurückgewichen; ganz im Gegenteil letzte es den Kampf mit sich ständig verstärkender Energie and nicht ohne Erfolg fort. Auch hinter den Fragen des Minderheiten- r e ch t s und der M i n d e r h e i t e n b e h a n d l u n g in dolen steht die englisch-französische Spannung; auch Per kann jener poltttsche Hebel wirksam werden, an dessen längeren. Arm aber das militärisch und sinanziell schwer gerüstete Frankreich steht- Die Verfolgung der Deutschen und die seil der Januartagung ergriffenen oder — nicht ergriffenen Maßnahmen i>er polnischen Regierung bilden ebenso einen Punkt der Tagesordnung in Gens wie jetzt ^uch die Mißhandlungen der ukrainischen Minderheiten. sich ihretwegen die Engländer noch so tapfer ins Zeug werden wie im vergangenen Jahr — vor der Lon- ooner Seeriistungskonferenz! —, mutz jetzt als recht zweifelhaft er cheinen. Denn schließlich handelt es sich ja dabei um Vorkommnisse, von denen das englische Lebens- wteresse nicht berührt wird. Dem deutschen Außennnmster steht diesmal der Vor sitz in der Ratstagung zu. Kaum dürfte er, wie im Ja nuar, auf das Präsidium verzichten, um ftine Arbeitskraft jw. * der Wahrnehmung bestimmter Forderungen und Wunsche Deutschlands widmen zu können: denn es gibt nur wenige Punkte in der Tagesordnung der nächsten w nicht wichtigste deutsche Interessen Vor großen Aufgaben Sas Reichskabinett an der Mett. Ein reichhaltiges außen- und innenpolitisches Programm. Das Kabinett ist wieder vollzählig in Berlin versammelt. Der Reichskanzler und der Außenminister sind von ihrem Osterurlaub zurückgekehrt, und auch der Reichsinnenminister hat seine Amtsgeschäfte wieder aus genommen. Frisch gestärkt wird die Regierung an die Bewältigung der ihrer harrenden schwierigen Auf gaben Herangehen. Welch gewaltiges außenpoli tisches Programm, ganz abgesehen von den drängen den innenpolitischen wichtigsten Fragen, die das Kabinett bei seinem Wiederzusammentritt vorfindet, ersieht man durch eine kurze Vorschau auf die bevorstehenden großen politischen Ereignisse. Da ist vom 15. bis zum 23. Mai Genf mit seiner umfangreichen, Deutschland besonders interessierenden Tagesordnung, am 6. und 7. Juni folgt die Ministerzusammenkunft in Chequers und die Besprechung des deutsch-österreichischen Zollabkom mens. Dann im Oktober der Wiederzusammentritt des Reichstages und am 1. Februar 1932 der Beginn der A b r ü st u n g s k o n s e r e n z in Gens. Zu allen den Fragen, die auf den internationalen Besprechungen und Zusammenkünften verhandelt werden sollen, muß das Kabinett vorbereitend Stellung nehmen, um seine Dele gierten mit den nötigen Informationen und Richtlinien zu versehen. Bis zum Wiederzusammentritt des Reichstages ist auch noch eine gewaltige Menge innenpoli tischer Schwierigkeiten zu überwinden. Zu den wich tigsten Gegenständen, die zunächst zu besprechen sind, ge hört die Behandlung der agrarzollpolitischen Fragen, die sich an die Ausfüllung des Zollermächti gungsgesetzes anschließen. Man geht woh! nicht seh! in der Annahme, daß die Erledigung Vieser Angelegenheit im Kabinett nicht ohne Schwierigkeiten vor sich gehen wird. Die Forderungen des Reichsernährungs mini st e r s Schiele stehen denen des Arbeits- Ministers und des W i r 1 s ch a f t s m i n i st e r s in manchen Punkten gegenüber, und es wird der Geschick lichkeit des Reichskanzlers obliegen, die Differenzen zu überbrücken und einen goldenen Mittelweg bei dem heiklen Thema der Zollerhöhungen zu finden. Bei einer Zusammenkunft des Ernährüngsministers mit dem Reichskanzler, die noch vor der Kabinettssitzung stattfand, dürften ausschließlich die zollpolitischen Fragen behandelt worden sein, für deren alsbaldige Erledigung sich die Organisationen der Landwirtschaft und die ihr nahe stehenden Parteien in letzter Zeit verstärkt nachdrücklich eingesetzt haben. Außerdem hat Brüning vor der Ministerbesprechuna noch den amerikanischen Bot ¬ schafter Sackett empfangen, der von seiner Urlaubs reise nach den Vereinigten Staaten zurückgekehrt ist und wahrscheinlich über den neuesten Stand der finanziellen internationalen Pläne zur Behebung der Wirtschafts krise berichtet hat. Reichsautzenminister Dr. Curtins hat den Generalsekretär des Völkerbundes, Sir Eric Drummond, empfangen und mit ihm das Arbeits programm der Maitagung des Völkerbundrats eingehend besprochen. Reichskanzler und Autzenminister werden also im Kabinettsrat bereits manches Interessante zu berichten gehabt haben. * Kommunistischer Antrag aus Einberufung des Reichstags. Gegen soziale Abbaumatznahmen. Die kommunistische Reichstagssraktion hat einen An trag eingebracht, der die Regierung ausfordert, keinerlei Abbaumaßnahmen in der Erwerbslosen-, Knappschasts- und Invalidenversicherung wie auch in der Kriegs- beschädigtensürsorge vorzunehmen und die Krisenfürsorgc aus alle Ausgesteuerten und Nichtunterstützten auszudeh- nen. Der Vorsitzende der kommunistischen Reichstagsfrak- lion hat zugleich die sofortige Einberufung des Reichs tages beantragt zwecks Beratung dieses Antrags und einer im gleichen Sinne gehaltenen Interpellation an die Neichs- regicrung. * Besorgnis vor weiteren Gehaltskürzungen Der Deutsche Beamtenbund an den Reichskanzler. Da keine Möglichkeit vorhanden war, den Reichs- kanzler vor Beginn der Kabinettsberatungen sprechen zr können, hat der Deutsche Beamten bund noch V0t der Kabinettssitzung der Reichsregierung zu Händen des Reichskanzlers Dr. Brüning seine Besorgnisse wegen der Gefahr einer neuerlichen Verkürzung dei Beamtengehälter schriftlich zum Ausdruck ge bracht. In dem Schreiben heißt es am Schluß: „Aus Grund unserer genauen Kenntnis der Wirt schaftlichen Lage der Beamtenschaft, wie aus beamten- rechtlichcn und staatspolilischen Gründen, bitten wir drin gend, eine weitere Gehaltskürzung, die insbesondere füt die Beamten mit geringen Bezügen von katastro phalen Folgen sein würde, nicht vorzunehmen Gleichzeitig bitten wir die Reichsregierung, uns vor eine: endgültigen Entscheidung Gelegenheit zu einer Aus- fprachc zu geben." Die wahren Gründe im Kampfe gegen die Zollunion. Dr. Benesch enthüllt die Pari« er Absichten. Der tschechoslowakische Außenminister, Dr. Benesch, sprach im Außenausschuß des Abgeordnetenhauses über die geplante österreichisch-deutsche Zollunion. Benesch bezeichnete den Standpunkt des Reichsautzenministers Dr. Curtius, daß ver Plan einer Zollunion in Gens ausschließlich nach der juristi schen Seite geprüft werden solle, als unhaltbar. Da heute nahezu dreiviertel der gesamten europäischen Politik aus Wirtschaftsfragcn bestehe, seien Wirtschaftsseparationcn größeren Stils in Europa keineswegs unpolitische Angelegen heiten. Die einzige ernste Begründung sür den Zollplan sei die Erklärung der Wiener Regierung, daß Österreich in seiner wirtschaftlichen Lage auf eine europäische Lösung nicht warten könne. Wirtschaftlich erachtet Benesch den ganzen Plan sür undurchführbar Die Beseitigung der Mcist- begünstigungsklausel würde einen allgemeinen Wirrwarr in Europa und den Handelskrieg aller gegen alle bedeuten. Ganz abgesehen davon, könne die Tschecho slowakei keiner Kombination beitreten, die nicht in Gens oder im Einvernehmen mit den Hauptinter- essentcn vereinbar: wäre. Denn ohne Einigung zwischen Berlin und Paris werde in Europa kein Friede sein. Endlich hören wir also aus Prag, warum die Aktion gegen den Zolluuionplan losgebrochen ist: Man will eben keine Ver ständigung ohne politische Führung — aus Paris. Das hätte aber Herr Briand gleich sagen können, noch bevor er mit seinen! „unpolitischen" Wirtschaftsplan hervorgetreten ist. DerRaihaiSstemich nochMt ckngckaden Zu den Verhandlungen über das Zollabkommen. Von maßgebender Seite des Völkerbundsekretariaks wird mitgeteilt, daß eine Einladung der österreichi schen und tschechischen Regierung zur Teilnahme an den Verhandlungen des P ö l k e r b u n d r a t e s im Mai und des deutsch - österreichischen Zollab kommens noch nicht erfolgt ist. Jedoch hält man es im allgemeinen für sicher, daß Österreich und die Tschechoslowakei als Signatarmächte des Genfer Protokolls von 1922 und interessierte Mächte aufgefordert werden, an den Verhandlungen über das deutsch-österreichische Zollabkommen teilzunehmen. Am Deuischlanhs Zivilluftfahrt. Neue deutsche Note in Genf überreicht. Die Reichsrcgicrung Hai dem Generalsekretär des Völker bundes eine Note übermittelt, in der der Antrag aus Abschluß eines internationalen Abkommens über die Zivil luftfahrt näher begründet wird. In der Note wird erneut auf den deutschen Standpunkt hingcwiesen, daß die Zivilluft fahrt nicht in ein Abkommen über die Herabsetzung oder Be schränkungen der Rüstungen hineingehöre. Es wäre ein Wider spruch, wenn man die Zivilluftfahrt erfassen, aber das lagernde Material der militärischen Luftfahrt unberücksichtigt lassen wollte. Neue Kundgebung gegen Danzig. Die Polnischs Lügenpropaganda. Die überwiegende Mehrheit der Warschauer Studen tenschaft veranstaltete eine Protestkundgebung gegen Dan zig. In einer Entschließung werden die letzten Vorfälle in Danzig völlig lügenhaft und entstellt wiedergegeben. Nach der Prolestversammlnng begab sich die Menge zur deutschen und österreichischen Gesandtschaft sowie zum deutschen Konsulat, wo sie in Pfuiruse, Zischen und Joh len ausbrach. Mr und wider die „politische Klausel". Die Verabschiedung des Kirchenvertrages. Ter Vertrag mit den evangelischen Kirchen wird, wie verlautet, im Mai dem preußischen Staatsrat zugehen. Der Vertrag soll noch mit einer eingehenoen Begrün dung versehen werden. Es ist anzunehmen, daß der Staatsrat im Mai zusammenberufen werden wird, um den Vertrag zu beraten. Da der Preußische Landtag ins zum 13. Mai den Haushalt in dritter Beratung erledigt haben und auch den sonstigen Beratnngsstofs aufgeacbeitet haben wird, dürste AnsangIuni das Plenum des Landtages noch einmal zusammenberufen werden, um den Kirchen- vertrag zu verabschieden. Bei der Frage der Annahme oder der Ablehnung des Kirchenverlrages durch die kirchlichen Behörden spielte bekannt lich die sogenannte „politische Klausel" die Hauptrolle und die Debatte bierüber nahm auch den Lauvt-